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Projekt Tschechen und Deutsche

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Präsentation zum Thema: "Projekt Tschechen und Deutsche"—  Präsentation transkript:

1 Projekt Tschechen und Deutsche
Eine Arbeit der Klasse 9b G der Geschwister-Scholl-Schule Bensheim unter der Leitung von F.J. Schäfer

2 -- INHALTSVERZEICHNIS --
HIER ANKLICKEN -I- EINLEITUNG -II- GESCHICHTE DER TSCHECHOSLOWAKEI VON -III- ARNAU UND DER KREIS HOHENELBE -IV- DIE VERTREIBUNG DER DEUTSCHEN AUS ARNAU -V- GESCHICHTE DER PARTNERSCHAFT BENSHEIM-ARNAU -VI- SCHLUSSBETRACHTUNG -VII- ANHANG -VIII- MITWIRKENDE Inhaltsverzeichnis

3 I. Einleitung Inhaltsverzeichnis
Die Klasse 9 G b der Geschwister-Scholl-Schule Bensheim beteiligt sich am Wettbewerb „Osteuropa“. Wir fanden ein lohnenswertes Thema. Bensheim hat seit dem Jahre 1956 eine Patenschaft mit Arnau übernommen. In unserer Stadt Bensheim gibt es auch ein Riesengebirgs-Heimatmuseum, das eine Unterabteilung des Museums der Stadt Bensheim ist. Unser Geschichtslehrer, Herr Schäfer, stellte den Kontakt zu der Gruppe her, die das Museum betreut. Am 27. Februar 2002 besuchten wir das Museum und sahen uns in den ersten drei Unterrichtsstunden dort um. Es gibt vier Räume, durch die wir in drei Gruppen geführt wurden. Die Arnauer gaben sich viel Mühe und haben uns die Ausstellungsstücke erklärt, die vielen Fotos, Poesiealben, Haushaltsgegenstände, Trachten, Modelle usw. Aus dem Archiv des Museums hat uns Herr Johann Müller einige Berichte von Arnauern gegeben, die nach dem Zweiten Weltkrieg aus ihrer Heimat vertrieben wurden. Besonders gefreut hat uns, dass uns ein Professor besucht hat in unserer Klasse, Herr Dr. Otto Weiss aus Berlin, der an einem Heimatbuch über Arnau schreibt und am 13. März sich in Bensheim aufhielt, um im Archiv des Riesengebirgsmuseums zu arbeiten. Er berichtete über die Flucht und Vertreibung der Deutschen aus dem Sudetengebiet, insbesondere aus Arnau. Im Geschichtsunterricht zeigte uns Herr Schäfer einen Film von Guido Knopp: „Die große Flucht“, so dass wir schon eine Vorstellung darüber hatten, was mit den Deutschen im Sudetengebiet geschehen war. Wir haben in unserer Klasse Gruppen gebildet. Eine Gruppe hat sich mit der Geschichte der Stadt Arnau befasst, eine andere mit dem Ablauf der Vertreibung beschäftigt und die dritte mit der Geschichte der Patenschaft Bensheim-Arnau. Wichtig ist, dass am 27. April 2002 eine Partnerschaft der Stadt Bensheim mit Hostinné, wie der tschechische Name von Arnau heute lautet, beschlossen wurde. In der Faktorei wurde vom 26. April 2002 bis 12. Mai 2002 eine Ausstellung gezeigt mit Fotos aus dem heutigen Hostinné, die von Tomas Andĕl zusammengestellt wurde. Auch bei der Besiegelung der Partnerschaft Bensheim-Hostinné im Wappensaal des Dalberger Hofes waren wir Gäste. Wir empfinden es als eine besondere Ehre, dass Herr Bürgermeister Georg Stolle uns als Gäste besonders begrüßt hat. In unserem Beitrag stellen wir zum einen die Geschichte der jüngsten Partnerstadt [1]Bensheims, Arnau / Hostinné, dar, dann befassen wir uns mit dem traurigen Kapitel Flucht und Vertreibung und zuletzt mit der Geschichte der Patenschaft Bensheim- Arnau. Im Anhang bilden wir Fotos aus dem alten Arnau ab. Außerdem geben wir die Berichte der Vertreibung wieder, die bisher noch nicht veröffentlicht worden sind. Herr Schäfer hat uns den Bericht einer Vertreibung aus dem Sudetengebiet zur Verfügung gestellt, der von dem Urgroßvater einer ehemaligen Schülerin von ihm stammt. Wir möchten uns ganz herzlich bedanken für die große Unterstützung bei Herrn Helmut Hollmann, Herrn Johann Müller, Herrn Gerhard Fritsche, Herrn Ernst Grof, Herrn Anton Wrabetz, bei Herrn Bürgermeister Georg Stolle und dem Stadtverordnetenvorsitzenden der Stadt Bensheim, Herrn Franz Treffert, für die Einladung zur Feier der Besiegelung der Partnerschaft Bensheim - Hostinné und vor allem bei Herrn Prof. Dr. Otto Weiss, die uns sehr geholfen haben. [1] Zu folgenden Städten unterhält die Stadt Bensheim Partnerschaften: Beaune / Frankreich (1960), Amersham / Großbritannien (1977), Mohács / Ungarn (1987), Riva del Garda / Italien (1988), Kłodzko / Polen (1988), Hostinné / Tschechien (2002). Zudem bestehen Partnerschaften des Stadtteiles Bensheim – Zell mit Manlay / Frankreich (1968) und Bensheim – Gronau mit Pfaffenheim / Frankreich (1994). Inhaltsverzeichnis

4 II. Geschichte der Tschechoslowakei von 1938 - 1948
Die Gründung der Tschechoslowakischen Republik Die Staatsgründung der Tschechoslowakei am 28. Oktober 1918 geht auf die beiden Politiker Tomaš G. Masaryk und Edvard Beneš zurück. An diesem Tag wurde gleichzeitig in Washington und Prag die Tschechoslowakische Republik ausgerufen. Basis für die Zerschlagung der K. und K. Doppelmonarchie bildeten die Vierzehn Punkte des US-amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson, die auch das Selbstbestimmungsrecht der Völker enthielten. Trotz der Proteste der mehrheitlich von Deutschen bewohnten Sudetengebiete wurde im Friede von St. Germain am 10. September 1919 von den Entente-Mächten die Zuordnung dieser Gebiete zum neu gegründeten Staat verfügt. In dem Staat der Tschechen und Slowaken waren 22,5 % Deutsche und 4,9 % Ungarn. Im ersten tschechischen Parlament waren 72 von 300 Abgeordneten Deutsche. Die deutschen Parteien verharrten zunächst in Opposition, wohingegen die von Ludwig Czech geführten Sozialdemokraten sich zu konstruktiver Mitarbeit entschlossen, ohne dadurch aber eine spürbare Entkrampfung der unterschiedlich gehandhabten Rechte der Nationalitäten zu erreichen. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Deutschen Reich gründete sich die Sudetendeutsche Heimatfront unter Konrad Henlein, die von der NSDAP finanziell unterstützt wurde. Inhaltsverzeichnis

5 Münchener Abkommen Die verbrecherische Politik der Nationalsozialisten war von Anfang an auf Eroberungspolitik ausgerichtet. Nach der heimlichen massiven Aufrüstungspolitik gab Hitler im November 1937 in einer Wehrmachtsbesprechung an, dass in absehbarer Zeit die Tschechoslowakei niederzuwerfen sei (Hoßbach-Protokoll). Nach dem Anschluss Österreichs heizte die Sudetendeutsche Partei die Stimmung an. Hitler wollte mittels der nun ausbrechenden Sudetenkrise den Krieg entfachen. Die Außenpolitik Frankreichs und Großbritanniens war vom Appeasement-Gedanken erfüllt. Vor der geplanten deutschen Generalmobilmachung gelang es dem italienischen Diktator Benito Mussolini Hitler die Zustimmung zur Abhaltung einer Konferenz der Regierungschefs von Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien am Folgetag in München abzuringen. In diesen Verhandlungen war die Regierung in Prag nicht beteiligt worden. Die Staatschefs Hitler, Daladier, Chamberlain und Mussolini verständigten sich darauf, die Sudetengebiete dem Deutschen Reich anzuschließen. Darüber hinaus musste die Prager Regierung auch den ungarischen und polnischen Gebietsforderungen entgegenkommen. Knapp 3 Millionen Sudetendeutsche, Ungarn, Polen, aber auch Tschechen und Slowaken waren von der neuen Grenzziehung betroffen. Ein halbes Jahr später, am 14. März 1939, erklärte sich die Slowakei für unabhängig. Am 14. März 1939 reiste Staatschef Emil Hácha nach Berlin. Am nächsten Tag wurde er von Hitler und Göring unter Druck gesetzt, so dass er „das Schicksal des tschechischen Volkes und Landes vertrauensvoll in die Hände des Führers des Deutschen Reiches“ legte. Inhaltsverzeichnis

6 Vertreibung und Aussiedlung der Deutschen
Es wurde das „Protektorat Böhmen und Mähren“ errichtet. Nach dem Angriff NS-Deutschlands auf die Sowjetunion knüpfte die „Protektoratsregierung“ unter General Alois Eliáš Kontakte zur Londoner Exilregierung unter Edvard Beneš. Die Zahl von Widerstandsaktionen nahm zu. Hitler ersetzte darauf hin den Reichsprotektor für Böhmen und Mähren, Konstantin von Neurath, am 27. September 1941 durch den Chef des Reichssicherheitshauptamtes, Reinhard Heydrich als „Stellvertretender Reichsprotektor“. Er ließ Eliáš in einem Schauprozess zum Tode verurteilen, verhängte das Standgericht und ließ innerhalb von zwei Monaten 404 Personen erschießen und 4000 bis 5000 in Konzentrationslager einweisen. Heydrich wurde am 27. Mai 1942 Opfer eines Attentats. Folge davon war eine Terrorwelle, mit denen die Nationalsozialisten das Land überzogen. In der Zeit vom 28. Mai bis zum 1. September 1942 wurden 3188 Tschechen verhaftet und 1357 von Standgerichten zum Tode verurteilt. In Lidice wurde die gesamte männliche Bevölkerung ermordet, die Frauen in ein KZ verbracht und die Kinder bis auf 16 „Eindeutschungsfähige“ vergast. Vertreibung und Aussiedlung der Deutschen Bereits im September 1938 entwickelte Beneš einen Plan durch Teilaussiedlung die Zahl der Sudetendeutschen so weit zu reduzieren, dass die Restminderheit ungefährlich bzw. assimilierbar würde. Die Alliierten berieten erstmals im Dezember 1941 die Frage der Zwangsaussiedlung der Deutschen. Stalin sicherte Beneš im Dezember 1943 seine Zusicherung bei der Vertreibung zu. Im Potsdamer Abkommen einigten sich die Siegermächte auf die Vertreibung der Deutschen aus den deutschen Ostgebieten und den Sudetengebieten. Inhaltsverzeichnis

7 Der Niedergang des Ostblocks – Die Wende in der Tschechoslowakei
Tschechische Politiker begründeten die Vertreibung mit der Beteiligung der Sudetendeutschen an der Unterdrückung im Protektorat. Die Dekrete des Präsidenten handelten von „Deutschen, Magyaren, Verrätern und Kollaborateuren und anderen Staatsfeinden“. Bereits vor Abschluss der Potsdamer Konferenz wurden zahlreiche Sudetendeutsche vertrieben. In dieser Phase waren auch viele Todesopfer zu beklagen. Die angegebene Zahl schwankt zwischen und Der Niedergang des Ostblocks – Die Wende in der Tschechoslowakei Im Jahre 1948 erfolgte eine kommunistische Machtübernahme in Prag. Die Tschechoslowakei wurde fester Bestandteil der sozialistischen Staatenwelt (COMECON, Warschauer Pakt). Infolge wirtschaftlicher Schwierigkeiten suchten die tschechischen und slowakischen Sozialisten einen eigenen Weg zum Sozialismus („Prager Frühling- Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ unter Alexander Dubček). Dieses Experiment wurde am 21. August durch Panzer des Warschauer Paktes niedergewalzt. 1977 konstituierte sich die „Charta 77“, eine Gruppe von Intellektuellen, die den Führungsanspruch der kommunistischen Partei in Frage stellte. Mitglied dieser Gruppe war auch Václav Havel, der tschechoslowakische Staatschef nach dem Zusammenbruch des Sozialismus infolge der „sanften Revolution“ Auslöser hierzu war die neue Lage im Ostblock („Glasnost“ und „Perestrojka“) des sowjetischen Regierungschefs Gorbatschow. Seit 17. November 1989 waren in Prag an jedem Tag der folgenden Woche Hunderttausende auf dem Wenzelsplatz und forderten Freiheit, Demokratie, Beendigung des kommunistischen Machtmonopols, den Rücktritt der Regierung und Herstellung eines freien und demokratischen politischen Systems. Am 27. November kam es zu einem Generalstreik. Inhaltsverzeichnis

8 Zwei Tage später wurde der Artikel über die führende Rolle der KPČ durch die Nationalversammlung entfernt. Am 29. Dezember 1989 wurde Václac Havel zum Staatspräsidenten gewählt. Die Slowaken wünschten einen souveränen Staat. Die Tschechische und Slowakische Föderative Republik (ČSFR) wurde mit Wirkung vom 1. Januar 1993 geteilt in eine Tschechische Republik und eine Slowakische Republik. Inhaltsverzeichnis

9 III Arnau und der Kreis Hohenelbe
Arnau liegt am Zusammenfluss der Elbe und des Seifenbaches, der sämtliche südlichen Abflusswässer des Schwarzenberges in sich aufnimmt und zur Zeit der Schneeschmelze im Gebirge zum reißenden Fluss werden kann. Es ist ringsum von abwechslungsreichen Waldbergen umgeben. Die Ortschaften der Umgebung sind nicht geschlossen, sondern der Eigenheit der Gebirgdsgegend entsprechend gehötsweise im tal und an den Berghängen zerstreut. So konnte man nach allen richtungen in einer Gartenlandschaft bis an den Fuß des Riesengebirges fahren. Jedes Haus hatte einen anderen Charakter, keine Schablone, keine Monotonie. Arnau 360 m hoch gelegen, ist eine der ältesten Städte Ostböhmens, reich an Industrie und ein vielfrequentierter Luftkurort, dank der waldigen Umgebung mit ausgedehnten Fichtenwäldern, die zum größten Teil Eigentum der Stadt waren, mit eigenem städtischen Forstamt. Die reiche Industrie und der Fremdenverkehr im Winter und Sommer machten Arnau, das schon 1870 einen Bahnhof hatte, zur Schnellzugstation auf der Hauptstrecke Trautenau-Prag. Zwei Autobuslinien (1927/28) nach Norden stellten für Touristen und Wintersportler die Verbindung mit dem Fuß des Riesengebirges her bis in die Engtäler des Hochgebirges. Die westlichere (16 km lang) führte im Tal der kleinen Elbe über Langenau und Niederhof in den westlichen Talkessel des Fuchsberges. Die östliche ging im Silberbachtal aufwärts über Forst, Forstbad (natürliche Schwefelquellen) und Schwarzental (600 m) bis unmittelbar an den Fuß des 1209 m hohen Schwarzenbergs mit seiner markanten Waldblöße, dem Spiegel. Inhaltsverzeichnis

10 Gegen Süden führte eine dritte Autobuslinie elbeabwärts nach Königinhof in deutsche und tschechische Gemeinden. Arnau ist vom Schwarzenberg Luftlinie 10 km entfernt, 6 Wegstunden trennten von der Quelle der Elbe und der Schneekoppe (1603) Arnauer Schulen Einen alten, wohlbegründeten Ruf hatte Arnau als Schulstadt. Sein Unterrichtswesen ging weit über den Durchschnitt gleich großer Orte hinaus. Außer der Volksschule hatte die Stadt die Lehranstalt des Ursulinenkonvents (1877) mit einer Volksschule und Bürgerschule, später Mittelschule genannt, mit Öffentlichkeitsrecht, eine Fachschule für Frauenberufe, verschiedene Spezialkurse. Dem Nonnenkloster war ein Mädchenpensionat in großer Parkanlage angegliedert. Die Anstalt übte bis in die Ferne ihre Anziehungskraft aus. Außer diesem Nonnenkloster war in Arnau ein Franziskanerkloster (1684) mit großem Gemüse- und Obstgarten, der gewerblichen Zwecken diente. Die Klosterkirche ist aber seit 1945 ein Lagerraum der Kunstseidenfabrik in Theresiental bei Arnau. Nach dem Braunauer Stiftsgymnasium hatte Arnau das älteste humanistische Gymnasium (1872) in ganz Ostbähmen, später Staats-Real-Obergymnasium, mit eigenem städtischen Studentenheim, das nicht nur die Jugend des Umkreises, sondern wegen der gesunden, waldreichen Lage der Stadt auch die Söhne der Großstädter anzog. Mustergültig war die Betreuung der Gymnasiasten. Private Hilfsbereitschaft und Opferwille wowie die Tätigkeit des Studentenunterstützungsvereins wetteiferten gegenseitig, talentierte Schüler der ärmeren Schichten an das Gymnasium heranzuziehen. Inhaltsverzeichnis

11 An führender Stelle stand die Stadt in industrieller Hinsicht.
Das soziale Empfinden so stark, dass man ärmeren Gymnasiasten Kosttage (freies Essen) in Familien und Bücher verschaffte und sie mit Kleidung bedachte. Ein Frauenverein nahm sich ebenfalls der Nöte mittelloser Schüler an. Später nahmen diese Schüler einflussreiche Stellungen im öffentlichen Dienst, im Schulwesen, in der Wirtschaft und Wissenschaft, als Ärzte und Rechtsanwälte usw. ein. Eine Gründung der neueren Zeit (1921) war die landwirtschaftliche Fachschule, die für die Weiterbildung des ländlichen Nachwuchses sorgte. Arnau war Sitz des bekannten Riesengebirgs-Symphonieorchesters, das in allen Städten des Riesengebirgsvorlandes unter seinem Dirigenten Guido Kaiser, einem Sohn der Stadt Arnau, Konzertabende veranstaltete. Drei größere Büchereien sorgten für Bildung und Lesestoff. So ergibt sich ein Bild regen geistigen Lebens neben dem wirtschaftlichen Leben. An führender Stelle stand die Stadt in industrieller Hinsicht. Industrie Mit der Mechanisierung ging im 19. Jahrhundert die Leinenheimindustrie unter. Die Ausnützung der Wasserkraft der stark fallenden Gebirgswässer erleichterten die Umstellung. Inhaltsverzeichnis

12 Es entstanden Betriebe von großer wirtschaftlicher Bedeutung
Es entstanden Betriebe von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Die Firma Eichmann erzeugte Banknotenpapier für die USA und andere Staaten. Seit 1842 bestand in Arnau die Papierfabrik Eichmann & Co., die 1942, also im Zweiten Weltkrieg, 938 Bedienstete beschäftigte. 243 Bedienstete wurden in den Jahren zur Wehrmacht einberufen. Mit den Schwesterwerken in Marschendorf und Sandhübel und den Filialen hatte diese Firma einen Gesamtpersonalstand von 1532 Mitarbeitern: 396 waren bei der Wehrmacht. Der Friedenspersonalbestand war noch größer. Über die Produktionskapazität und sozialen Einrichtungen gibt die Jubiläumsschrift ( ) Auskunft. Die Firma Eichmann war nach 1918 die größte Feinpapierfabrik in der Tschechoslowakei. Ein zweiter Großbetrieb auf dem Gebiet der Papierindustrie war die Prager Elbemühl AG. Beide Fabriken, insbesondere die Firma Eichmann, hatten einen ausgedehnten Export. Die Firma Eichmann erzeugte feine und feinste Schreib- und Druckpapiere, techn. Spezialpapiere, Fotopapier und Banknotenpapier sowie Geschäftsbücher und Schulhefte für das ganze ehem. Österreich-Ungarn, ab 1918 für die Tschechoslowakei und für den Export. Bereits 1849 hatte die Firma eine eigene Krankenkasse, 1850 eine eigene Sparkasse, 1865 eine eigene Altersversorgung. Der Fabrik gehörten viele Wohnungen für die Bediensteten, ein eigener Werkskonsum und Fabrikrestauration. Acht papierverarbeitende Betriebe entstanden in Arnau im Laufe der Zeit. Arnau war der Geburtsort von Karl Klietsch, des Erfinders der Heliogrävüre und des Rakeltiefdrucks. Inhaltsverzeichnis

13 Weiterhin war die Stadt der Sitz von Seidenwarenfabriken, einer Flachsspinnerei und zwei Maschinenfabriken und Gießereien. Ausgedehnte Betriebe waren in den Landgemeinden. Die alte Tradition der Leinenerzeugung war in der Firma J.A. Kluge (Spinnerei, Weberei, Färberei) in Hermannseifen konzentriert. Baumwolle verarbeitete die mechanische Spinnerei und Weberei Adolf Mandel in Mastig. Bekannt waren diese und andere Betriebe durch die Errichtung moderner Arbeiterhäuser. Bekannt war auch die mechanische Baumwollweberei Pfefferkorn in Arnau-Kalna. Auch der jüngste Teil der Textilindustrie ist durch die erste Böhmische Kunstseidenfabrik AG „Viskose“ mit dem modernsten Erzeugungsverfahren in Theresienthal bei Arnau vertreten. Dem Geldverkehr dienten 2 Geldinstitute, die Städtische Sparkasse mit dem Kreditverein und die Landwirtschaftliche Bezirksvorschußkasse. Bekannt war im In- und Ausland die Firma Günther & Lohse in Hermannseifen mit ihren patentierten Lochleistungs-Sägegattern, automatischen Transporteinrichtungen für Holzmaterial und Wasserturbinen. 2 landwirtschaftliche Großbetriebe, die Domäne Neuschloß, früher Graf Deym, und die Herrschaft Mohren seien hier noch erwähnt. Sehenswürdigkeiten Das Rathaus auf einem ebenen quadratischen (90 X 90 m) geräumigen Marktplatz mit den bekannten zwei fünf Meter hohen Steinfiguren, den Riesen, die altertümliche Dekanalkirche (1270 urkundlich erwähnt) mit den Waldstein’schen Grabsteinen usw., die Dechanei mit Sgraffito-Malerei. Das Stadtwappen wurde 1768 Arnau durch Kaiserin Maria Theresia verliehen. Inhaltsverzeichnis

14 Einwohnerentwicklung
Die höchste Einwohnerzahl von 4502 Seelen hatte Arnau im Jahre Danach setzte die Weltwirtschaftskrise ein, die eine Abwanderung zur Folge hatte, weil durch sie hauptsächlich die Textil- und Maschinenindustrie betroffen war. Die krisenhaften Auswirkungen waren in Arnau nicht so katastrophal wie anderwärts, denn die Papierfabriken arbeiteten, vielleicht geringfügig eingeschränkt, weiter. Die Einwohnerzahl wird auf folgender Tabelle ersichtlich. Gerichtsbezirk Arnau: Volkszählung vom 17. Mai 1939 ha Einwohner Arnau 2. Anseith 3. Arnsdorf 4. Großborowitz 5. Hermannseifen 6. Kleinborowitz 7. Kottwitz 8. Mastig 9. Mönchsdorf 10. Mohren 11. Niederöls 12. Niederprausnitz 13. Oberöls 14. Oberprausnitz Inhaltsverzeichnis

15 Der Politische Bezirk Hohenelbe
15. Öls-Döberney 16. Polkendorf 17. Proschwitz 18. Switschin 19. Tschermna Aus dieser Tabelle ist zu ersehen, dass wohl ein Großteil der in Arnau beschäftigten Arbeiter sich aus den Dörfern rekrutierte. Ganze Ketten von Lampen konnte man im Winter nach Feierabend oder zur Arbeit auf Feld- und Waldwegen sehen, wenn die Dorfbewohner den Weg von und zu den Fabriken zurücklegten. Im Jahre 1881 hatte Arnau Einwohner, darunter 238 Tschechen. 1901: 4.194, davon 104 Tschechen. Der Politische Bezirk Hohenelbe Diese Verwaltungseinheit, die den heutigen Landkreisen entspricht, erstreckte sich vom Grenzkamm des Riesengebirges nach Süden bis zum Switschin. Im Jahre 1900 war der Politische Bezirk Hohenelbe 359,7 Km² groß und gliederte sich in die Gerichtsbezirke Arnau und Hohenelbe. Inhaltsverzeichnis

16 Gerichtsbez. Gerichtsbez. Zusammen Arnau Hohenelbe
Selbständige Gemeinden Einwohner davon Deutsche davon Tschechen davon andere Nationalitäten davon römisch-katholisch davon evangelisch davon mosaisch davon andere Bekenntnisse Nach dem Anschluss des Sudetengebietes an das Deutsche Reich im Jahre 1938 entstand der Landkreis Hohenelbe. Zu den beiden Gerichtsbezirken Arnau und Hohenelbe wurden Gebiete der Politischen Bezirke Starkenbach, Naupaka und Königinhof zugeschlagen. Inhaltsverzeichnis

17 Der Landkreis Hohenelbe gliederte sich in die drei Gerichtsbezirke Arnau, Hohenelbe und Rochlitz, hatte eine Fläche von 522,8 qkm und zählte Einwohner in 62 selbständigen Gemeinden. In drei Gemeinden hatten die Tschechen die Mehrheit. Es gab 16 Gemeinden mit nahezu vollständigem tschechischem Bevölkerungsanteil. Von den 62 selbständigen Gemeinden des Landkreises Hohenelbe hatten vier Stadtrecht: Arnau, Hohenelbe, Rochlitz und Schwarzental. Geschichte Das Gründungsjahr Arnaus ist nicht bekannt. Heinrich I., der Städtegründer, soll verschiedene Grenzfesten errichtet haben. Erstmalig urkundlich ist dieser befestigte Platz (Arnau) 1139 erwähnt. Ausschlaggebend für die spätere Besiedlung war wohl die beherrschende Lage der Siedlung an der Pforte von 3 bzw. 4 Tälern, die gleichzeitig auch die Gebirgszugänge bilden. Wechselvoll ist die Geschichte der Stadt und seiner jeweiligen Besitzer. Die Stadtmauer hat manchem Ansturm standgehalten. Vergeblich wurde sie von den Hussiten 1424 berannt war Arnau im Besitz der Familie Wallenstein. Während des Schwedenkrieges wurde Arnau 1639 ganz ausgeplündert. Arnau war die älteste Stadt im Riesengebirge und soll um 1260 gegründet worden sein. Seinen Namen soll Arnau von Arno, dem Lokator, hagben, der vor ca. 800 Jahren vom Landesfürsten mit der Gründung der Stadt beauftragt wurde. Inhaltsverzeichnis

18 Es gibt noch ein Arnau in Ostpreußen
Es gibt noch ein Arnau in Ostpreußen. Sehr zu leiden hatte die Bevölkerung im Dreißigjährigen Krieg und in den Schlesischen Kriegen. Im Bayerischen Erbfolgekrieg 1778/79 hatte Kaiser Josef II. im nahen Dorf Oels sein Hauptquartier marschierten zweimal russische Dragoner durch die Stadt und 1866 hatte die Stadt viel leiden durch kriegsbedingte Requisitionen bei der Einquartierung des 2. Preußischen Armeekorps. Nach 1866 folgte eine ruhige Zeit, während Handel, Gewerbe und Industrie einen großen Aufschwung nahmen bis zum Ersten Weltkrieg Seine Folge war der Untergang der Österreich-Ungarischen Monarchie, aus der die Siegermächte mehrer Nachfolgestaaten gründeten, u.a. die Tschechoslowakei. In der Zwischenkriegszeit blühten Handel und Gewerbe wieder auf. Die längste Amtszeit eines Bürgermeisters war von 1898 bis 1919 die des Heinrich Schwarz, eines geborenen Arnauers. In seine Amtszeit fällt 1902 der Bau der städtischen Wasserleitung, die aus den Bergen Wasser heranbrachte. Er ließ auch 1913 das städtische Armen- und Waisenhaus erbauen. Turnhalle, städtisches Studentenheim und eine geräumige Stadthalle ließ er ebenfalls bauen. Im Jahre 1938 wurde das Sudetengebiet nach den Bestimmungen des Münchener Vertrages dem Deutschen Reich angegliedert besetzten sowjetische Truppen die Stadt, worauf die Ausweisung der Deutschen begann. Inhaltsverzeichnis

19 Der Heimatkreis Hohenelbe /Riesengebirge e.V.
Der Heimatkreis Hohenelbe ist eine Organisation innerhalb der Sudetendeutschen Landsmannschaft. Im Jahre 1955 wurde er in Kempten gegründet. Insgesamt 44 Heimatortsgemeinschaften gehören dem Heimatkreis an. Die Arnauer haben sich darüber hinaus als „Arbeitskreis Arnau“ organisiert. Am 23. April 1956 hat Bensheim die Patenschaft für die Stadt Arnau übernommen und die Stadt Marktoberdorf am 17. Juli 1957 die Patenschaft für die Stadt und den Landkreis Hohenelbe. Dem Verein gehörten im Jahre Mitglieder an. Gemeinsam mit dem Heimatkreis Trautenau gibt er die Monatsschrift „Riesengebirgsheimat“ heraus. Der Heimatkreis unterhält in Marktoberdorf das Riesengebirgsmuseum, das bereits 1956 gegründet wurde. Es arbeitet zusammen mit dem Riesengebirgsmuseum in Hohenelbe/Vrchlabí. In Bensheim wurde im Jahre 1962 die Arnauer Riesengebirgsstube als Sonderabteilung des Bergsträßer Heimatmuseums eröffnet. 1991 wurde eine Vereinbarung unterzeichnet zwischen dem Riesengebirgs-Nationalpark in Hohenelbe/Vrchlabí und dem Heimatkreis Hohenelbe/Riesengebirge e.V. über eine kulturelle Zusammenarbeit zwischen diesen beiden Institutionen und 1995 wurde von diesen die Wanderausstellung „Das Riesengebirge in der Graphik des 18. und 19. Jahrhunderts“ in vierzehn deutschen Städten gezeigt, u.a. in Bensheim. Allerdings hat der Stadtrat von Vrchlabí 1992 mit 15 zu 7 Stimmen eie Errichtung eines Deutsch-tschechischen Begegnungszentrums abgelehnt. Inhaltsverzeichnis

20 Vertreibung und Rückkehr
IV. Die Vertreibung der Deutschen aus Arnau Vertreibung und Rückkehr Im Juni 1945 geht die Zeit zu Ende, dass Familie Weiss von den Mitteln leben konnte, die Otto für seinen Soldatendienst bekam. Es gibt keine Unterstützung für die Deutschen mehr und deutsches Geld ist nichts mehr wert. Frau Weiss meldet sich auf dem Arbeitsamt und erhält eine Arbeit, jedoch ohne Verpflegung und Lohn. Frau Weiss Tochter Helga ist immer mit dabei. Dann beginnt Frau Weiss doch noch eine geregelte Arbeit. Die Familie lebt sehr bescheiden, sie gehen häufig in ein Gasthaus, dort erhalten sie eine kleine Mahlzeit. „Nun sind wir dran“ Ein Soldat überbrachte die Botschaft, dass sie sich in einer Stunde an der Turnhalle einfinden sollen, zur Aussiedlung. Sie sollen auch Verpflegung für sieben Tage mitbringen. Nun werden in aller Eile die wichtigsten Dinge eingepackt. An der Turnhalle empfängt Familie Weiss eine große Menschenmenge. Polizei und Militär fordern sie auf ihr Gepäck abzugeben und sich dann einer strengen Leibesvisitation zu unterziehen. Sie bekommen alle Wertsachen weggenommen. Frau Weiss beschreibt immer wieder in ihrem späteren Leben, was ihnen alles weggenommen wurde. Inhaltsverzeichnis

21 Der Kreuzweg nach Hackelsdorf
Nachmittags bringt ihnen ihre Großmutter ein Töpfchen Suppe vorbei; das Töpfchen ist noch heute im Familienbesitz. Es erinnert sie noch heute an diese schlimme Zeit der Vertreibung. Abends wurden sie in ein Kriegsgefangenenlager gegenüber dem Bahnhof gebracht. Im Kriegsgefangenenlager standen sie knöcheltief im Wasser. An Schlaf war jetzt nicht zu denken. Der Kreuzweg nach Hackelsdorf Am nächsten Morgen wurden sie in offene Eisenbahnwaggons verfrachtet und weitertransportiert. Leute bewarfen sie mit Steinen und Schmutz. „Ordnungsgemäße und humane Aussiedlung“ wurde dies genannt. Otto Weiss wird diesen Transport sowie den langen Fußweg mit dem Gepäck sein Leben lang nicht vergessen. Im selben Transport entdeckte er auch seine erste große Liebe. Inhaltsverzeichnis

22 Das Lager in Hackelsdorf
Ein Lager, das von einem hohen Zaun umgeben ist und von russischen Soldaten und tschechischen Partisanen bewacht wird, nimmt Familie Weiss schließlich auf. Es sind zweigeschössige Baracken, die der Reichsarbeitsdienst erbaut und genutzt hat. Am Tor spielen sich herzzerreißende Szenen ab. Immer wieder bekommen die Lagerinsassen von Freunden, Bekannten und Verwandten Besuch. Oft versuchen die Besucher den Lagerinsassen noch Speisen, Kleider und Betten zu bringen oder die bei der Gepäckvisitation weggenommenen und gestohlenen Dinge zu ergänzen. Das Wachpersonal bemerkt das natürlich und führt somit genauere Visitationen durch. Doch es gibt auch Zeichen einer nicht erwarteten Solidarität. Als eine Frau mit mehreren Eimern Suppe erscheint, die sie für Leute aus dem Lager gekocht hatte, wird diese sofort als Spende verteilt. Hier beobachtete Otto zum ersten Mal, dass die Russen viel humaner und freundlicher sind als die Tschechen. Das wundert ihn, da die Russen doch viel mehr Gründe hätten, auf die Deutschen mit Hass und Rachegefühl zu reagieren als die Tschechen. Besucher sind sehr willkommen, da sie volle sieben Tage nichts zu essen und zu trinken bekommen, jedoch die Besucher meistens etwas mitbringen. Auch Familie Weiss bekommt Besuch. Inhaltsverzeichnis

23 Das Eichmannlager in Arnau
Otto stellt fest, dass auch ein alter Schulfreund sich unter den Lagerinsassen befindet, das freut sie beide, denn geteiltes Leid ist halbes Leid. Immer wieder werden Deutsche von Tschechen für Tage oder Wochen zum Arbeiten geholt. Eines Tages kamen ein paar Leute aus der Firma Eichmann in Arnau mit einem Lastauto, sie suchten nach Arbeitern. Ottos Mutter meldete sich und so kamen sie zurück nach Arnau. Das Eichmannlager in Arnau In einer alten Fabrikanlage, in der teilweise noch Maschinen und alte Materialien untergebracht waren, befand sich das Eichmannlager. Familie Weiss kommt im ersten Stock unter. Dort befindet sich ein großer Saal und in der Mitte ein mächtiger Schornstein. An den Fensterseiten stehen Doppelstockbetten und in der Mitte lange Reihen mit Tischen und Stühlen. Sie erhalten Betten an der „Hauptstraße“. Weitere kleinere Zimmer gibt es einen Stock tiefer. Das Lager selbst ist eingezäunt, man kann es jedoch ohne Kontrolle verlassen. Wieso es trotzdem eine Bewachung gibt, ist niemandem klar. Zwei Partisanen übernahmen im Lager den Wachdienst, der „Posten“ genannt wird. Ottos Mutter wird schon nach ein paar Tagen beim ’Eichmann’ angestellt und ist deshalb den ganzen Tag über in der Papierfabrik. Inhaltsverzeichnis

24 Die größeren Jungs, auch Otto, wurden durch die Posten zu handfesten Arbeiten eingeteilt. Er durfte oder musste zusammen mit anderen Holz hacken, viele Stunden am Tag. Lagerleben Schon bald bildet sich eine auf ein gedeihliches Miteinander bedachte Gemeinschaft. Die Not lässt eine besondere Solidarität in solch einer unfreiwillig festgehaltenen und zusammengewürfelten Gesellschaft entstehen. Allen mangelte es an Tausenden von Dingen, die man in der Wohnung sonst immer parat hatte. Es fehlten zum Beispiel Werkzeug, Nägel, eine Schüssel zum Wäschewaschen, Seife, Salz, Schuhanzieher, Wischlappen, Kleiderbürste oder auch mal eine Brotbüchse für die Arbeit. Wer denkt auch schon an solche Gegenstände, wenn man nur 30 kg Gepäck mit sich führen darf. So wurde untereinander alles geteilt. Bald wusste man, zu wem man hingehen musste, wenn man etwas Bestimmtes suchte. Mit der Zeit entstanden in den Reihen der Doppelstockbetten richtige kleine abgeteilte Wohnungen und in der Mitte des Saales waren die öffentlichen Plätze. Hier wurde gesessen, diskutiert, gestritten und sehr häufig gesungen, gelacht und Witze gerissen. Sogar so manchen Geburtstag haben sie hier bescheiden gefeiert oder auch Weihnachten und Fasching in der Gemeinschaft begangen. Häufig saßen auch die Posten mit am Tisch. Da ging Otto das erste mal in seinem Leben auf, dass der Mensch nicht immer nur schlecht und nicht immer nur gut ist. Die Posten wurden mit einem Rest von Distanz ganz liebe Kerle. Inhaltsverzeichnis

25 Tschechen und Deutsche nach dem Kriege
Sie waren sich auch ohne große Worte einig über die ungerechte und teilweise schikanöse und bösartige Behandlung der Tschechen. Es gab im täglichen Leben viele Begebenheiten, in denen man als Kriegsverlierer böse mitspielt. Die Erwachsenen mussten nach dem Muster des Judensterns weiße Armbinden mit einem großen „N“ für „Nemci“ tragen und waren so schon von weitem mit einem Kainsmal gekennzeichnet. Ottos Mutter erzählt immer noch mit Tränen in den Augen, dass sie beim Einkaufen sich immer an das Ende der Schlange stellen musste. Die Tschechen gingen einfach vorbei und wurden zuerst bedient. Es kam sogar vor, dass sie nichts einkaufen konnte, weil der Laden schon schloss. Sie bekamen das ganze Jahr keine Milch, keine Butter, kein Ei und kein Fleisch. Auf der Straße wurde man von alten Bekannten nicht mehr erkannt, man war einfach Luft für sie. Man wurde auf tschechisch angesprochen, obwohl man sein ganzes Leben lang nur deutsch gesprochen hatte. Manche spuckten die Deutschen mit der Binde am Arm sogar an oder warfen Steine auf sie, obwohl sie ihnen nichts getan hatten. Immer wieder hörten sie Hiobsbotschaften, dass dieser und jener angepöbelt, abgeholt, verprügelt oder gar tot aufgefunden worden sei. Am schlimmsten verhielten sich durchweg fremde Tschechen, die sogenannten Partisanen oder der Pöbel, aus dem Inneren der Tschechoslowakei kommend, zu den Deutschen. Manche werden sich vielleicht fragen, ob es nicht möglich war sich zu wehren, die Häscher in die Schranke zu weisen. Aber dies hätte die Situation nur verschlimmert, wahrscheinlich sogar zur Vernichtung des sich auflehnenden Deutschen geführt. Man musste alles über sich ergehen lassen, das Gebot der Vernunft. Inhaltsverzeichnis

26 Nun mussten die Gäste wieder gehen.
Die Tschechen hatten die Macht, sie fühlten sich als moralischer Sieger nach dem von den Deutschen angezettelten Krieg. Was noch besonders hinzukam, war die über Jahrzehnte im Grunde genommen unbewiesene These, dass die Tschechen die Eigentümer des Landes wären und die Deutschen nur als Kolonisatoren ins Land geholt worden seien. Für die Tschechen was dies das beste Argument vor, während und nach dem Krieg die Vertreibung der Deutschen als ungehorsame, aufmüpfige und unbequeme Gäste zu begründen. Nun mussten die Gäste wieder gehen. Dem Ende des Kriegs entgegen Herr Weiß merkte anfangs nur sehr wenig vom Krieg, außer im Kino und Radio wurden ihnen keine Kriegsnachrichten mitgeteilt. Im Herbst 1944 fand in Arnau kein geordneter Schulunterricht mehr statt, denn die Schulen wurden als Unterkünfte für Flüchtlinge und Verwundeten hergerichtet. In Deutschland werden die letzten Kräfte mobilisiert und sogar die alten Männer ,die im Ersten Weltkrieg für Deutschland kämpften, werden eingezogen. Herr Weiß und Gleichaltrige werden von der Waffen - SS zu einem Vorstellungstag eingeladen, einige von ihnen melden sich auch zu einer Ausmusterung zum Soldaten. Die Deutsche Armee in Auflösung Die Stadt Arnau wird wie so viele Städte in Deutschland und Böhmen zu einer Festung ausgebaut. Die Stadt wird mit Panzersperren, Minen und Schützengraben versehen.Eine ganze Flutwelle deutscher Flakgeschütze, Panzer, Autos und Soldaten ziehen durch Arnau. Herr Weiß muss mit ansehen, wie ein Offizier, der einen Streit schlichten will, erschossen wird. Später sagte man, es sei ein englischer Agent gewesen. Inhaltsverzeichnis

27 Das Wehrmachtsarsenal in Obertor
Ganz Arnau wurde mit Kriegsarsenal der Deutschen zugebunkert. Herr Weiß und seine Freunde ergriffen die Chance ein kleines Stück Krieg zu bekommen und deckten sich mit Kriegsmaterialien wie Sturm- und Scharfschützengewehren, Handgranaten, Gasmasken, Stahlhelmen, Koppelzeug etc. ein. Als die Mutter von Herrn Weiß das sah, befahl sie ihm das Zeug zurück zu bringen, weinte und weigerte sich den Befehl auszuführen.Als Strafe dafür musste er früher ins Bett. Alle Menschen machen sich auf die Suche nach Kriegsmaterial und bald war jeder bis an die Zähne bewaffnet. Der Tod des Schulkameraden Wie jeder andere ging auch der tschechische Junge Chluopac mit Bruder und Vater auf die suche nach brauchbaren Sachen. Einer von ihnen ist auf eine Tellermine getreten und ganz Arnau wurde von einer Detonation erschüttert. Herr Weiß war in der Nähe bei einem Freund zu Besuch. Sie dachten, dass eine Bombe in das Haus eingeschlagen wäre, sie rannten aus dem Haus und sahen das Unglück. Bei dieser Detonation sind viele Menschen in Arnau ums Leben gekommen. Einen Tag später fand Herr Weiß beim Rosengießen ein Bein mit Stiefel im Hof. Diesen Anblick wird er nie vergessen. Wenige Tage später kamen Deutsch und versorgten die Bürger mit Zucker, Lebensmitteln und Kleidung einige Bürger überfielen auch einen Geldtransporter und verteilten das Geld. Inhaltsverzeichnis

28 Der Krieg ist aus die, Russen kommen
Am 8. Mai 1945 ereichte die Nachricht :"Der Krieg ist aus und Hitler ist tot" Arnau. Alle Menschen hoffen, dass sie nicht in russische Kriegsgefangenschaft geraten. Herr Weiß wurde an diesem Tag zum ersten mal richtig bewusst, das tschechen in der Stadt leben, als er eine Frau mit einer tschechischen Fahne am Fahrrad durch Arnau fahren sah. Am 9. oder 10. Mai versiegte der Strom der Deutschen und ein anderes bedrohliches Geräusch drang in ihre Ohren, das Geräusch russischer Panzer. Herr Weiß legte sich aufs Dach schnallte sich einen Tornister und seinen Stahlhelm um, nahm ein Sturmgewehr und wollte sein Land verteidigen, als seine Mutter hereinstürmte und ihm die Trachtprügel seines Leben verpasste. Hausdurchsuchungen, Erschießungen und Wohnungsverlust Als die Russen nach Arnau kamen, nahmen sich schon viele Menschen, um nicht in die grausame Kriegsgefangenschaft zu geraten, das Leben. Die Russen vergewaltigten, raubten, verhafteten und erschossen Menschen in Arnau. Sie nahmen den Leuten all ihren wertvollen Besitz. Alle Menschen in Arnau mussten sich registrieren lassen und die Deutschen wurden mit dem Buchstaben „N“ für Nemec ( Nazi) versehen. Herr Weiß wurde mit seiner Familie wie so viele andere aus ihrem Haus vertrieben und waren gezwungen bei ihrer Tante, die in ein Arbeitslager geschickt worden war, einzuziehen. Inhaltsverzeichnis

29 V Geschichte der Patenschaft Bensheim - Arnau
Arnau- Museum in Bensheim Die Ausstellungsräume, die den Arnauern von der Stadt Bensheim für ihre Erinnerungsstücke zur Verfügung gestellt wurden, bestehen schon seit Im Jahre 1985 wurde die „Heimatstube“ in die Nibelungenstraße verlegt, wo sie sich bis heute befindet. In mehreren Räumen werden verschiedene Gegenstände, wie Bilder, Urkunden, Bücher, Fotoalben, Trachten und Fahnen ausgestellt. Erwähnt werden sollte, dass sich die „Arnauer Krippe“, im Heimatmuseum Bensheim befindet. Der Umfang und die Bedeutung der Erinnerungsstücke steigt konstant, so dass seit zwei Jahren der Name „Arnau- Museum“ gewählt wurde. Eine bebilderte Broschüre erzählt die Geschichte der Stadt Arnau und die Entstehungsphase des Museums. Die Pflege und Betreuung des Museums erfolgt seitens der Mitglieder des Arnauer Arbeitskreises in enger Zusammenarbeit mit der Patenstadt Bensheim. Auch konnte durch diese Zusammenarbeit ein zwei Meter großer Holz- Rübezahl im Stadtpark der Stadt Bensheim errichtet werden. Inhaltsverzeichnis

30 Entstehung der Patenschaft Bensheim- Arnau
Die interessante Tatsache, dass Arnau in der wirtschaftlichen Struktur Ähnlichkeiten mit der Patenstadt Bensheim aufzuweisen hatte, offenbart sich beim Blättern in alten Schriften. Böhmen und damit auch Arnau wurden tschechoslowakaisches Staatsgebiet, als Österreich- Ungarn im Jahre 1918 zerfiel. Im Oktober 1938 wurde gleichzeitig mit dem Einzug deutscher Truppen die Zugehörigkeit Arnaus zum damaligen Deutschen Reich vollzogen erteilten auch die deutschen Einwohner der „Riesenstadt“ das Schicksal der Heimatvertriebenen. In den vier Besatzungszonen des besiegten klein gewordenen Deutschlands war es ein schwerer Anfang. Die Vertriebenen waren der Unterdrückung und Verfolgung der Tschechen entkommen, sie waren ihrer Gewalt nicht mehr ausgesetzt. Sie waren frei, jedoch nicht von der Not. Es dauerte Jahre bis diese Not überwunden war. Die Riesengebirgler wurden in alle Winde zerstreut, sie wohnten in Notwohnungen, Dachkammern ohne Heizung, in halbzerbombten Häusern, inmitten zerstörter Stadtteile, etc. Sie ernährten sich kümmerlich, da in den Jahren zeitweise nicht einmal das Existenzminimum der Lebensmittelrationen gesichert war. Heute leben sie in allen Landesteilen des Bundesgebietes, Österreich und wenige in anderen Ländern Europas. Inhaltsverzeichnis

31 Der letzte Bürgermeister von Arnau war der Diplomingenieur Karl Röhrich. Am 29. April 1956 übernahm im Rahmen der Festwoche aus Anlass der Verleihung des Marktrechtes, Bensheim die Patenschaft über Arnau. In einer öffentlichen Kundgebung der Heimatvertriebenen gab Staatssekretär Preißler die Patenschaftsübernahme feierlich bekannt. In der von Bürgermeister Wilhelm Kilian und Stadtrat Werner Seidel unterzeichneten Urkunde lautete es: „ Auf Grund des Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung vom 23. April 1956 übernimmt die Stadt Bensheim die Patenschaft über die Sudetendeutsche Stadt Arnau an der Elbe. Sie will den Bürgern von Arnau einen neuen Mittelpunkt geben. Es wird ihre hohe Aufgabe sein, den Gedanken an die verlorene Heimat wach zu halten. Die Pflege ostdeutscher Kulturwerte und die kulturelle Betreuung der Heimatvertriebenen ist ihr ein besonderes Anliegen. Die Patenstadt wird sich die Führung einer Heimatkartei, die Einrichtung einer Auskunftsstelle, die Abhaltung von Heimattreffen, die Benennung von Straßen und Plätzen nach der Stadt Arnau, die Anbringung von Bildern, sowie die Sammlung und Berücksichtigung ostdeutscher Kulturgüter in der Stadtbücherei, im Museum, in Ausstellungen und in den Schulen zur Aufgabe machen.“ Inhaltsverzeichnis

32 Das Riesengebirgstreffen
Die übernommene Verpflichtung der Stadt Bensheim umschließt nicht nur die Betreuung der ehemaligen Einwohner von Arnau, sondern auch die Heimatvertriebenen der Orte des gesamten Gerichtsbezirks. Der Gerichtsbezirk Arnau umfasst 19 Orte. Das Riesengebirgstreffen Für die Vorbereitung und Organisation des 37. Bundestreffens, des Heimatkreises Hohenelbe, das mit dem 21. Wiedersehensfest der Riesengebirgler aus dem Gerichtsbezirk Arnau verbunden wurde, hat der Arbeitskreis Arnau einen Festausschuss gebildet. Das Treffen findet statt, um die Pflege der heimatlichen Verbundenheit aufzufrischen. Außerdem bietet das Programm neben der notwendigen Vereinsarbeit und der Öffentlichkeitsarbeit auch kulturelle und heimatpolitische Schwerpunkte. Neben den Angeboten an kulturellen Veranstaltungen, legen die Veranstalter besonders viel Wert auf die Zwischenmenschliche Begegnung zwischen Riesengebirgslern und den Gästen. Zu dem Treffen war die Öffentlichkeit herzlichst eingeladen. Der Heimatkreis Holende wurde am in Kempten gegründet wurde die Eintragung unter dem Namen „Heimatkreis Hohenelbe/ Riesengebirge e.V.“ vollzogen. Der Verein stellt sich die Aufgabe, das geschichtliche Erbe der Bevölkerung und der Landschaft des Riesengebirges und seines Vorlandes in allen Bereichen (Kunst, Kultur, Heimatkunde, Bildungswesen, Wirtschaft, Sozialwesen, Recht, Verwaltung, usw.) zu bewahren, zu pflegen und diese Tradition weiterzugeben. Inhaltsverzeichnis

33 Außerdem erstrebt der Verein die Zusammenführung seiner Mitglieder zur Begegnung im Geiste heimatlicher Verbundenheit und gesamtdeutscher Schicksalsgemeinschaft. Der Verein ist bestrebt seine Mitglieder wirtschaftlich und sozial zu betreuen. Der Verein fordert Entschädigung für die materiellen Verluste im Zuge der Vertreibung aus der gesamten Heimat. Am hat Bensheim die Patenschaft über die sudetendeutsche Stadt Arnau an der Elbe übernommen. In Bensheim wurde 1962 als Sonderabteilung des Bergsträßer Heimatmuseums die „Arnauer Riesengebirgsstube“ eröffnet. Das kleine Museum, gleichzeitig Archiv bedeutet nicht nur für Arnauer sondern für alle Riesengebirgler eine kulturgeschichtliche Stätte. Die Stadt Marktoberdorf hat aufgrund eines einstimmigen Beschlusses des Stadtrates vom die Patenschaft für die Stadt und den Landkreis Hohenelbe übernommen. In Marktoberdorf unterhält der Heimatkreis Hohenelbe, mit Unterstützung der Patenstadt das Riesengebirgsmuseum. Inhaltsverzeichnis

34 V. Schlussbetrachtungen
Von der Patenschaft Arnau – Bensheim zur Partnerschaft Hostinné – Bensheim war ein langer Weg. Wir konnten feststellen, dass die Arnauer Vertriebenen in Bensheim und Umgebung eine neue Heimat nach ihrer Vertreibung und Flucht gefunden haben. Mit der Arnauer Stube bzw. dem Riesengebirgsmuseum haben sich die Mitglieder den Kontakt zu ihrer ursprünglichen Heimat bewahrt. Es hat uns sehr beeindruckt, wie nett und freundlich die Arnauer Gruppe sich um uns bemüht hat, wie gastfreundlich wir begrüßt und durch die Ausstellung geführt wurden. Wir haben dort viel erfahren und gelernt über ein Kapitel deutscher Geschichte, das uns zuvor fast unbekannt war. Herr Johann Müller hat uns Berichte über die Vertreibung von Familien aus Arnau aus dem Archiv der Heimatstube zur Verfügung gestellt, wofür wir ihm herzlich danken möchten. Dass uns Prof. Weiss besucht hat in unserer Schule, war eine Ehre für uns. Selten ging eine Schulstunde so schnell vorbei. Herr Weiss hat es sehr gut verstanden uns das Schicksal seiner Familie und seines eigenen Lebens vorzutragen. Wie sehr die Mitglieder des Freundeskreises Arnau erfreut waren, dass erstmals eine Schulklasse ihr Museum besucht hat und dass Jugendliche sich für ihre Vergangenheit interessieren, ist uns deutlich geworden. Inhaltsverzeichnis

35 Wir haben festgestellt, dass Herr Hollmann und Herr Dr
Wir haben festgestellt, dass Herr Hollmann und Herr Dr. Weiss trotz des Unrechtes, das sie in jungen Jahren erleiden mussten, nicht verbittert sind über die tschechischen Nachbarn, sondern viel stärker den Blick in die Zukunft richten und für die Verständigung der beiden Völker sich eingesetzt haben. Diese Gedanken haben uns ebenfalls erfreut. Im Geschichtsunterricht haben wir diese Dinge noch vertieft. Während der Beschäftigung mit der Geschichte Arnaus und der Flucht und Vertreibung der Deutschen aus ihrer Heimat erfolgte die Begründung der Partnerschaft unserer Schulstadt Bensheim mit Hostinné am 27. April 2002. Wir konnte es zunächst nicht glauben, dass wir zu der offiziellen Feier als Klasse sogar eingeladen wurden. Der Ablauf dieser Feier war für uns alle ein tolles Erlebnis gewesen, das unvergessen bleiben wird. In Bensheim wird das Museum der Stadt neu gestaltet. Gerne wollen wir an der Gestaltung der Arnau-Stube mit arbeiten. Es ist unser Wunsch, Hostinné mal zu besuchen, weil wir über die Vergangenheit unserer Partnerstadt einiges kennen gelernt haben. Inhaltsverzeichnis

36 Literaturverzeichnis Arnau
Arnau an der Elbe. Bearb. V. K. Pulz. Reichenberg 1937 Arnau-Hohenelber Gebräuche, niedergeschrieben in den Jahren von P. J. Franke, Pfarrer in Forst. In: Deutsche Volkskunde aus dem östlichen Böhmen 9, 1909, S Blaschka, A.: Die Arnauer Jesuitenresidenz. In: Jahrbuch des deutschen Riesengebirges 15, 1926, S … damit die Spuren nicht verwehen! Schicksal und Leistung der deutschen Heimatvertriebenen im Kreis Bergstraße. Hrsg.: Bund der Vertriebenen (BdV), Kreisverband Bergstraße 1995 Das Riesengebirge in der Graphik des 18. und 19. Jahrhunderts. Eine Ausstellung des Heimatkreises Hohenelbe/Riesengebirge e.V. Sitz Marktoberdorf/Allgäu ( = Veröffentlichungen des Riesengebirgs-Museums in Marktoberdorf, Heft 1, 1993) Das Ursulinenkloster in Arnau. In: Heimat 5, 1928, S. 107 f.; 111 f.; 114 f.; 120, 123, 127, 135, 139 f; 144 Dokumente zur Austreibung der Sudetendeutschen. Hrsg.: Arbeitsgemeinschaft zur Wahrung sudetendeutscher Interessen. Einleitung und Bearbeitung: Wilhelm Turnwald. 3. Auflage München 1952. 30 Jahre Patenschaft Bensheim-Arnau Jubiläumsfestschrift. Schriftleitung und Gesamtgestaltung: August-Heinrich Becker. Herausgeber: Stadt Bensheim und Arbeitskreis Arnau Friedrich, Pia: Das Ursulinenkloster in Arnau. In: Riesengebirgsheimat 1957, S. 4-6 Inhaltsverzeichnis

37 Fuchs, Hans: Die Geschichte der Wiesenbaude im Riesengebirge bis zur Vertreibung im Mai Marktoberdorf 1998 Haasis, Hellmut G.: Tod in Prag. Das Attentat auf Reinhard Heydrich. Reinbek 2002 Hanke, Albert: Das Stadtbild von Arnau. In: Jahrbuch des deutschen Riesengebirges 22, 1933, S Hanke, Albert: Das Schloß zu Arnau. In. Riesengebirgsheimat 1954, Heft 3, S. 7 Hanke, Albert: Die Franziskanerkirche in Arnau. In: Riesengebirgsheimat 1954, Heft 4, S. 1 f. Hanke, Albert: Von Kapellen und Bildsäulen in Arnau. In: Riesengebirgsheimat 1954, Heft 4, S. 1 f. Hanke, Albert: Vom Portiunkulafest in Arnau. In: Riesengebirgsheimat 1954, Heft 8, S. 5 Hanke, Albert: Arnau. In: Riesengebirgsheimat 1955, Heft 6, S. 7-9; 7, S. 7 f.; 8, S. 5 f.; 9, S. 4-6; Berichtigung: 1956, Heft 2, S. 5 Hanke, Albert: Geschichte des Arnauer Gymnasiums von In: Riesengebirgsheimat 1955, Heft 6, S. 6 Hanke, Albert: Die Dekanalkirche in Arnau. In: Riesengebirgsheimat 1956, Heft 8, S. 6-8; 9, S. 3 f. Hanke, Albert: Ein Blick ins Arnauer Museum. In: Riesengebirgsheimat 1957, Heft 2, S. 5-7 Hanke Albert: Die Dechanten und das ehemalige Obertor in Arnau. In: Riesengebirgsheimat 1957, Heft 11, S. 4 f. Inhaltsverzeichnis

38 Hanke, Albert / Hanke, Hans: Die Dekanatkirche in Arnau
Hanke, Albert / Hanke, Hans: Die Dekanatkirche in Arnau. In: Riesengebirgsheimat 1956, Heft 8, S. 6-8; 9, S. 3 f. Hanke, Albert / Hanke, Hans: Die Waldsteinschen Patronatskirchen in Arnau und Umgebung. In: Riesengebirgsheimat 1956, Heft 7, S. 6 Heinzel, Erwin: Sudetendeutsches Ortsnamenbuch. Společnost Česko-Nĕmeckého Porozumění Trutnov, H. 10: Der Bezirk Trautenau. Trutnov 2000 Jančo, Milan: Galeria antického umenia – Hostinné nad Labem. Stála expozícia odliatkov antickej plastiky zo zbierky univerzity Karlovy v. Praha. In: Historický obzor 6, 1995 č 3,4, S. 84 f. Jirasek, Franz Josef: Volks- und Heimatkunde des politischen Bezirkes Hohenelbe und der deutschen Gemeinden der im Westen angrenzenden Gerichtsbezirke Neupakau und Starkenbach. Unter Mitwirkung von Mitgliedern der Arnauer und des Hohenelber Lehrervereins sowie anderer Förderer dieses Unternehmens verfaßt von Franz Jos. Jirasek. Hohenelbe Neuauflage Herausgeber: Heimatkreis Hohenelbe/Riesengebirge e.V., Sitz Marktoberdorf/Allgäu 1986 Klug, Alois: Das Gymnasium in Arnau. In: Riesengebirgsheimat 1957, Heft 2, S. 5-7 Inhaltsverzeichnis

39 Kuhn, Franz Xaver: Die Rekatholisierung im Arnauischen unter dem Dechant Kaspar Lang ( ). In: Jahrbuch des Deutschen Riesengebirgsvereins 14, 1925, S Kühn, K. F.: Die Dechantei zu Arnau und ihre Wiederherstellung. In: Jahrbuch des Deutschen Riesengebirgsvereins 16, 1927, S Leeder, Karl: Beiträge zur Geschichte von Arnau. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen 12, 1874, S Leeder, Karl: Beiträge zur Geschichte von Arnau. Abt. II, P S. – S.A. aus: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen Maiwald, P. V. Das Arnauer Christkindelspiel. In: Mitteilungen des Nordböhmischen Excursions-Clubs 48, 1925, S Matyášová, Eva: Ikonografický rozbor a datace tympanonu u dĕkanském Kostele v Hostinném. In: Český lid 77, 1990, č 4, S Rés nĕm. Pichler, Hans (Hrsg.): die alte Heimat rochlitz im Riesengebirge. Marktoberdorf 1991 Polednik, Heinz: Stolze Erinnerungen. Die Geschichte des Wintersports in den Sudetenländern. Marktoberdorf o.J. Riesengebirgs-Heimatkunde. Arnau, das Riesengebirgsstädtchen an der Elbe. In: Riesengebirgsheimat 1952 Heft 4, S. S. 3 f; 5, S. 2 f.; 6, S. 3 f.; 7, S. 4-7; 8, S. 3; 9, S. 4; 10, S. 3-5 Schöbel, Franz: Eine Arnauer Glockengießerfamilie. In: Riesengebirgsheimat 1957, Heft 6, S. 6-8 (Fam. Schrötter, Schretter, Schritter) Seidel, Nd.: Die Besitzer der Arnauer Herrschaft. In: Riesengebirgsheimat 1957, Heft 5, S. 3 Inhaltsverzeichnis

40 (Die Anfänge v. Königinhof a.d. Elbe und Arnau)
Svobodová, Helena: Řecké geometrické umĕni v Galerii antického umĕni v. Hostinné m n. Labem. In: Muzejní a vlastivĕdná práce-Časopis Společnosti prătel starožitností 30, 1992, č 3, S. 182 f. Unauslöschlich. Erinnerungen an das Kriegsende Ein Lesebuch. Hrsg.: Sächsische Landeszentrale für politische Bildung. Dresden 1995 Wolf, V.: Počatky Dvora Králové n. L.a. Hostinné. In: Krkonoše - Podkrkonoší 1963, S (Die Anfänge v. Königinhof a.d. Elbe und Arnau) Trautenau und das sudetendeutsche Riesengebirge mit Hohenelbe und Arnau a.E. Hrsg.: E. Stein u.a. Berlin 1930, 208 (= D. sudetendt. Selbstverwaltungskörper 7) Inhaltsverzeichnis

41 A N H A N G

42 Riesengebirgler’s Heimatlied
Text: Othmar Fiebiger – Melodie: Vinzenz Hampel Blaue Berg, grüne Täler, mitten drin ein Häuschen klein. Herrlich ist dies Stückchen Erde und ich bin ja dort daheim. Als ich einst ins Land gezogen, hab’n die Berg mir nachgesehn, mit der Kindheit, mit der Jugend, wußt’ selbst nicht, wie mir geschehn: O mein liebes Riesengebirge, wo die Elbe so heimlich rinnt, wo der Rübezahl mit seinen Zwergen heute noch Sagen und Märchen spinnt. Riesengebirge, deutsches Gebirge, meine liebe Heimat du! Ist mir gut und schlecht Inhaltsverzeichnis

43 hab gesungen und gelacht, doch in manchen bangen Stunden
gegangen, hab gesungen und gelacht, doch in manchen bangen Stunden hat mein Herz ganz still gepocht. Und mich zog’s nach Jahr und Stunde wieder heim ins Elternhaus, hielt’s nicht mehr vor lauter Sehnsucht bei den fremden Leuten aus. O mein liebes Riesengebirge … Teuere Heimat, Vater, Mutter, und ich liege an ihrer Brust wie voreinst in Kindheitstagen, da vom Leid ich nichts gewußt. Wieder läuten hell die Glocken, wieder streichelt ihre Hand, und die Uhr im alten Stübchen tickt wie grüßend von der Wand: Inhaltsverzeichnis

44 hab gesungen und gelacht, doch in manchen bangen Stunden
gegangen, hab gesungen und gelacht, doch in manchen bangen Stunden hat mein Herz ganz still gepocht. Und mich zog’s nach Jahr und Stunde wieder heim ins Elternhaus, hielt’s nicht mehr vor lauter Sehnsucht bei den fremden Leuten aus. O mein liebes Riesengebirge … Teuere Heimat, Vater, Mutter, und ich liege an ihrer Brust wie voreinst in Kindheitstagen, da vom Leid ich nichts gewußt. Wieder läuten hell die Glocken, wieder streichelt ihre Hand, und die Uhr im alten Stübchen tickt wie grüßend von der Wand: Inhaltsverzeichnis

45 Und kommt’s einstens zum Begraben, mögt Ihr Euren Willen tun,
nur das eine, ja das eine: Laßt mich in der Heimat ruhn! Wird der Herrgott mich dann fragen droben nach dem Heimatschein, will ich stolz und deutsch und deutlich vor dem Himmelstore schrein: Bin aus dem lieben Riesengebirge … Zum anhören dieses Liedes bitte auf das Symbol klicken : Inhaltsverzeichnis

46 Ermordung des Josef R u m l e r, Schlossermeister in Arnau/Rsgb
Ermordung des Josef R u m l e r, Schlossermeister in Arnau/Rsgb., Sudentenland und dessen Frau am 18. Juni 1945 in Arnau/Rsgb. Ich wurde am um 17 Uhr 30 min. nachmittags im Hofe meines Betriebes in Arnau/Rsgb. von einem tschechischen Partisanen mit vorgehaltener Maschinenpistole verständigt, daß ich am gleichen Tage um 19 Uhr mit Frau und Kindern zwecks Ausweisung gestellt sein soll. Wie schwer es einem fällt, von der Scholle, auf der bereits die Eltern und Ureltern seßhaft waren, zu gehen und Hab und Gut zurückzulassen, davon kann sich nur der eine Vorstellung machen, der so etwas miterlebt hat. Um 19 Uhr waren wir am Ringplatz mit etwas Kleidung, Wäsche, Decken und Verpflegung für etwa 8 Tage gestellt. Es waren ungefähr 300 bis 400 Personen, die für die Aussiedlung mit diesem Transport in Frage kamen und dort versammelt waren. Die Tschechen (Staatspolizei, Stadtpolizei, Partisanen) gebärdeten sich wie toll und benahmen sich uns wehrlosen Sudetendeutschen gegenüber wie Banditen, Räuber und Mörder in der ordinärsten und gemeinsten Weise. Dieselben waren schwer bewaffnet und war es an diesem Abend und dem darauf folgenden Tage, als wenn die Hölle alle Teufel ausgespieen und auf uns los gelassen hätte und kann man diese Leute nur als Auswurf der Menschheit bezeichnen. Inhaltsverzeichnis

47 Der ganze Transport war Zeuge, wie Lehrer Fiedler aus Arnau mit der Reitpeitsche ganz unmenschlich geschlagen, mit Fußtritten in die Beine behandelt und geohrfeigt wurde. Grund: weil er ein ganz harmloses Abzeichen uzw. das Hubertus-Abzeichen am Hute trug. Lehrer Fiedler ist kurz nach der Ausweisung im Reich an den Folgen der Mißhandlung gestorben. Die grauenhafte Ermordung von Schlossermeister Josef R u m l e r aus Arnau und dessen Frau spielte sich am gleichen Tage um etwa 21 Uhr am Ringplatz in Arnau ab, uzw. in meiner unmittelbaren Nähe. Derselbe war bei unserem Transport und auch für die Aussiedlung vorgesehen und wurde von einem Tschechen mit der Reitpeitsche geschlagen, da er nicht so schnell gehen konnte, weil er Kriegsversehrter aus dem Ersten Weltkrieg war. Seine Frau wollte ihn schützen und warf sich zwischen den Tschechen und ihren Mann, worauf noch einige Tschechen dazukamen, die nun mit ihren Reitpeitschen wie wahnsinnig auf die Beiden einschlugen, bis ihre Köpfe unkenntliche schwarze Massen waren. Hierauf wurden Rumler mit seiner Frau, die schon am Boden lagen, auf das in unmittelbarer Nähe befindliche Polizeiamt geschleppt, wo sie im Hofe desselben den Gnadenschuß bekamen. Wir wurden vom Ringplatz in Arnau am selben Abend in ein Lager geleitet, wobei die Tschechen während des Marsches die Leute mit Reitpeitschen bearbeiteten, fluchten und schimpften und einige Gewehrschüsse abgaben. Inhaltsverzeichnis

48 In dem Lager mußten wir die Nacht stehend verbringen, da die Leute zusammengepfercht waren und keine Möglichkeit war zu sitzen oder etwa zu schlafen. Während der Nacht dauerten die Prügelstrafen ununterbrochen an und wurde u.a. auch Direktor Hylmar vom Staatsgymnasium, Ing. Höhlmann von der Holzverwertung u.v.a. aus den Lokalen geholt und schwer mißhandelt. Am anderen Tage vormittag begann die Gepäckkontrolle durch amtliche tschechoslowakische Finanzwach-Organe und Gendarmerie, wobei alle total ausgeplündert wurden. Uhren, Schmuck, Geld, Kleider und Wäsche wurden uns weggenommen und nur bis auf geringe Kleinigkeiten und 100 RM pro Person wurden uns belassen. Am 19. Juni wurden wir einwaggoniert und bis Hohenelbe geschafft, von wo es in der Nacht auf offenen Kohlenwägen bis nach Reichenberg ging, wo wir früh ankamen. Hier erwartete uns eine weitere Ausplünderung durch tschechoslowakische Finanzwach-Organe mit Leibesvisitation und mußten wir die Waggons verlassen, das wenige Gepäck jedoch im Waggon belassen, über welches sich nunmehr die `Kontrollorgane´ machten und uns das Letzte noch nahmen, sogar die Lebensmittel, sodass wir die Tschechoslowakei als Bettler verließen. Als wir in Zittau i.Sa. ankamen, fehlte jegliche Organisation über den Transport, sodaß wir bettelnd von Ort zu Ort ziehen mußten. Sogar Mütter mit 8 Kindern wurden ganz rücksichtslos behandelt und war bei unserem Transport eine Frau namens Wohlang, der ihr jüngstes Kind während des Transportes starb. Inhaltsverzeichnis

49 St. Johann, den 24.4.1947 Alfred Hofmann,
Zeugenschaft über diese Unmenschlichkeiten von den Tschechen wird der ganze Transport, der Arnau am 19. Juni 1945 verließ, ablegen. St. Johann, den Alfred Hofmann, St. Johann am Tauern „Sieglhof“ Bezirk Judenburg, Ober-Stmk. Österreich. Arnau/Riesengebirge, Ermordung eines Ehepaares Berichterin: Marie Rumler. Bericht vom Ich stamme aus Arnau im riesengebirge, Sudetenland, Gebirgsstraße. In Arnau wohnte auch unter der gleichen Adresse mein Sohn Josef Rumler mit seiner Ehefrau Marie, geb. Petrik. Mein sohn war Schlossermeister, meine Schwiegertochter Englisch-Lehrerin am Gymnasium in Arnau. Am sollte mein Sohn mit seiner Frau ausgewiesen werden. Als die Ausgewiesenen am Marktplatz in Arnau antraten, muß sich mein Sohn irgendwie an die falsche Stelle gestellt haben. Er wurde darauf sehr geschlagen, und als ihn seine Frau schützen wollte, wurde auch sie geschlagen und an den Haaren herumgeschleift. Dann wurden sie in den Hof des Rathauses getrieben, weiter geschlagen und dann beide erschossen. Die Richtigkeit dieser Information erkläre ich an Eides Statt und außerdem ist nahezu die gesamte Bevölkerung von Arnau zeuge. (Quelle: Dokumente zur Austreibung der Sudetendeutschen. Hrsg.: Arbeitsgemeinschaft zur Wahrung sudetendeutscher Interessen. Einleitung und Bearbeitung: Wilhelm Turnwald. 3. Auflage München 1953, S. 170, Nr. 47. Inhaltsverzeichnis

50 Die Vertreibung der Familie Ther
Seit mehr als zwei Jahrhunderten waren die Familien T h e r in Hohenelbe, Arnau tätig. Sie waren einst aus Schweden eingewandert und immer angesehene Geschäftsleute, hatten großen Besitz in Hermannseifen, Hohenelbe, auch in Arnau und Pilnikau. Einer der Urahnen wurde im Jahre 1894 für seine besonderen Verdienste in den Adelsstand erhoben und führte den Titel „Freiherr von Silberstein“. Sein letzter Sproß lebte in Hermannseifen und verstarb in Wien anno Seine Schwestern wurden in der Familiengruft in Hermannseifen beerdigt. Im Mai 1945, nach dem Ende des unglücklichen Krieges, begann das Verbrechen der Vertreibung aus der angestammten Heimat, dem Sudetenland, aus meinem Geburtsort Hohenelbe im Riesengebirge. In blindem Wahn wüteten die Tschechen, plünderten, stahlen und raubten alles der deutschen Bevölkerung, was sie besaßen. Hausbesitz wurde zum Staatseigentum erklärt, unliebsame Deutsche wurden mißhandelt und grundlos eingekerkert und gemordet. Blinder Haß tobte sich aus, wer sich dagegen auflehnte, wurde erschossen oder erschlagen. Alles was an Wertgegenständen in unserem Besitz war – Gold, Silber, Familienschmuck - alles an neuen Kleidern, Wäsche, Stoffe, Schuhe, mußte den Tschechen ausgeliefert werden. Nichts wurde uns belassen. Inhaltsverzeichnis

51 Aus dem Inneren Böhmens kamen Jugendliche, verhetzte Tschechen als Partisanen mit Maschinenpistolen, und raubten uns alles, was in unserem Besitz war. Wir waren machtlos und mußten alles über uns ergehen lassen. Am 8. Juni 1945 wurde ich von 16 sogenannten Partisanen verhaftet und eingesperrt, weil ich als Beigeordneter des Bürgermeisters dem Stadtrat von Hohenelbe angehörte. Partisanen waren damals halbwüchsige Burschen, die keinen Krieg erlebt hatten, weil ja alle Tschechen im Krieg 1939 bis 1945 davon verschont blieben und ihre Heimat nicht verlassen mußten. Im Juli 1945 wurde ich wieder aus der Gefangenschaft entlassen unter der Bedingung, Hohenelbe, meine Geburtsstadt, meine Heimat, schnellstens zu verlassen. Am 31. Juli 1945 sind wir mit Frau und zwei Kindern – Horst damals 10 Jahre alt, Gerlinde drei Jahre – mit wenig alten, gebrauchten Habseligkeiten bei Tagesanbruch niedergeschlagen, verzweifelt und hoffnungslos ins Ungewisse vertrieben worden. Mit einem Lastwagen sind wir über Prag, Pilsen nach Marienbad in die Villa ERNA (Hausbesitz meiner Schwiegereltern) gekommen, in der Meinung hier eine Bleibe gefunden zu haben, weil dieses Gebiet – das Egerland – von den Amerikanern besetzt war. Genau um Mitternacht 24 Uhr trafen wir ein und waren dankbar, wieder ein Dach über uns zu wissen. Inhaltsverzeichnis

52 Schon nach kurzer Zeit war ich in einem amerikanischen Hospital als Geschirrwäscher tätig und freute mich, daß mir dieses Glück vergönnt war, weil ich allen, besonders aber meiner Frau und den Kindern täglich die kargen Lebensmittelzuteilungen aufbesssern konnte. Nicht lange dauerte diese Begünstigung, und wir mußten auch den Hausbesitz meiner Schwiegereltern, die Villa ERNA, in Großeichdichfür verlassen. Die Tschechen raubten uns auch dieses Eigentum, und wir mußten in einem kleinen Häuschen in Schanz bei Marienbad unterschlüpfen. Täglich mußte ich nachts 11 Uhr meiner Beschäftigung in Marienbad nachgehen und um 3 Uhr früh kehrte ich heim. Es war für mich immer eine gefährliche Fahrt mit dem Rad durch die Wälder, und ich mußte immer fürchten, von den Tschechen überfallen zu werden. Aber das Glück war immer auf meiner Seite. Bald war auch diese Zeit vorbei, und am 26. November 1945 hatte ich das Glück und konnte mit einem Lastzug der Amerikaner über Asch nach Erlangen. Nun stand ich hilflos da und mußte sehen wie es weiter geht. Frau und Kinder blieben zurück und ich suchte eine neue Heimat. Diese Aufgabe war schwer und in der damaligen Zeit nahezu unerreichbar. Deutschland war vernichtet, arm, die Städte zerbombt, niemand wollte uns aufnehmen, alles wehrte sich gegen die Aufnahme von Heimatvertriebenen. Man gab uns die Schuld am Krieg. Alles und alle waren gegen uns gerichtet. Ich suchte in Fürth, Nürnberg, Ingolstadt, München aufgenommen zu werden. Inhaltsverzeichnis

53 Durch einen befreundeten Hohenelber, den ich durch Zufall in München traf, kam ich in ein Auffanglager nach München-Pasing. Nach langem Umherirren erreichte ich endlich eine Aufenthalts-Bewilligung, die Registrierung, und damit hatte ich Anspruch auf die damaligen Lebensmittelkarten. Das war zu jener Zeit die Grundlage für das weitere Leben. Es war ein sehr kalter Winterbeginn, und es gab auch nahezu kein Heizmaterial, das Essen im Lager war bescheiden. Aber wir waren dankbar für jede Kartoffel, für jedes Stückchen Brot, besonders aber für warme Speisen, für einen geheizten Raum. Die Nächte mußte ich in ungeheizten Räumen verbringen. Täglich suchte ich in München nach einer Beschäftigung, doch war das damals in den zerstörten Städten unmöglich. Auch war ich körperlich heruntergekommen, ausgehungert und seelisch niedergeschlagen. Immer nur der Gedanke, Frau und Kinder zu erhalten, ihnen weiterzuhelfen, zwang mich vorwärts zu streben, nichts unversucht zu lassen, in Vertrauen auf die Zukunft, mußte auch für uns wieder eine bessere Zeit kommen. So wendete ich mich nach Heidenheim an der Brenz. Dort wußte ich Heimatfreunde, und so kam ich in unsere neue Heimat Heidenheim. Schon nach kurzer Zeit wurde ich im Flüchtlingslager in der Verwaltung eingestellt und war damit für die nächste Zeit gesichert. Bald verständigte ich Frau und Kinder, wo ich mich befand und wo sie mich finden würden. Und als im Juni 1946 auch für sie die Stunde der Vertreibung schlug, fanden wir uns wieder, und von da an ging es wieder aufwärts. Viele schwere Jahre mußten wir noch durchhalten. Inhaltsverzeichnis

54 Aber das Bewußtsein, uns wiedergefunden zu haben, gemeinsam unsere Zukunft aufzubauen, gab uns Mut und Vertrauen in die Zukunft. Und so erreichten wir im Jahre 1953 auch wieder ein kleines, bescheidenes Eigenheim, das unseren Kindern eine neue Heimat sein sollte. Mein Bruder Otto T h e r starb infolge der Strapazen und der Unterernährung am in Degerndorf am Inn und wurde in Flintsbach am Wendelstein beerdigt. Meine Schwester Maria T h e r starb am in Wilhelmsfeld bei Heidelberg und ist dort beerdigt worden. Mein Bruder Rudolf T h e r starb am und ist in Niedereschbach bei Frankfurt am Main beerdigt worden. So wurden durch die Vertreibung unsere Familien in alle Winde zerstreut und auseinander gerissen. Durch diese Familiengeschichte, die ich niedergeschrieben habe, will ich festhalten, woher wir kamen und wohin wir vertrieben wurden. Unsere Kinder und Kindeskinder sollen wissen, was wir durch die Vertreibung der Tschechen ertragen mußten. Karl Ther ( – ) Inhaltsverzeichnis

55 Steig ock aus! Jetz beste doo! Oudo trauste nee dam Friedn?
Wiedo ei Oana Steig ock aus! Jetz beste doo! Oudo trauste nee dam Friedn? Sich-do ock die Stoodt gutt o! Oana is su obgeschiedn! Denk ock oos Portschunklfest! Wie sein do die Leit gespronga! Heite hoo ich – doß de’s weßt – Schunn geflennt stott laut gesonga! Gih ock uff a Rengplotz zu! Emmademm stihn noch di Laubm, oudo sitte Tuutn-Ruh watt do nee gefolln! – Drei Taubm flicha vo do Elbepfort niibo zu daan stennon Riesn, Inhaltsverzeichnis

56 on di sään kä änzich Wort, nä am Guudn, nä am Biesn.
Horch ock! Bimsch wead jetz geredtt! Olle Deitschn sein votriebn! Votohaus on Tisch on Bett, … Nescht iß iiberich gebliebm! Eiom Friedhof nescht wie Kraut, Brienassln on Gros. – Nä, weßte: Dos vobrieto Herz on Haut! Wiedo gihn iß wull dos Beste. Fohr ahääm! – ’S iß hichste Zeit! Hääm? – Fia meine letzte Reise stiht kää Autobus bereit! Flenn a bißla! Flenn ock leise! Gustav Baudisch. Inhaltsverzeichnis

57 Interview mit Prof. Dr. Otto Weiss, Berlin, vom 13. März 2002, 8. 45 h
Interview mit Prof. Dr. Otto Weiss, Berlin, vom 13. März 2002, 8.45 h. – 9.30 h vor der Klasse 9 G b der Geschwister-Scholl-Schule Bensheim Weiss.: Zunächst einmal möchte ich mich ein bisschen vorstellen, damit Sie einmal wissen, mit wem Sie es zu tun haben: Es wurde schon gesagt, ich stamme also aus Arnau, aus Böhmen, Arnau an der Elbe. Die Elbe ist da so 6,8 Meter breit, manchmal auch ein bisschen breiter, aber ansonsten ist es eine wunderschöne Ecke. Vielleicht hat der eine oder andere mal Gelegenheit, mal dahin zu kommen. Ich stamme aus einer Arbeiterfamilie. Mein Vater war Papiermaschinenführer. Wir haben in Arnau zwei große Papierfabriken gehabt. Eine davon existiert auch heute noch, also weltbekannte Firmen, die für Europa Papier hergestellt haben. Und dann gab es noch Textilbetriebe in diesem Ort. Etwa 5000 Seelen hatte Arnau. Vielleicht habt ihr euch schon ein wenig mit diesem Ort beschäftigt. Ich habe nach der Vertreibung zunächst mein Abitur gemacht, habe dann Medizin studiert, bin also Arzt, habe 47 Jahre ärztlich gearbeitet auf verschiedenen Arbeitsgebieten, habe zunächst im Krankenhaus gearbeitet, hab zwei Fachärzte, bin dann als Arzt in einer Verwaltung gewesen, habe da ein Gesundheitsamt geleitet und Amtsarzt gewesen und in dieser Aufgabe bin ich später in die Wissenschaft gegangen, habe an der Akademie für ärztliche Fortbildung in Berlin gearbeitet. Inhaltsverzeichnis

58 Das ist eine Einrichtung, die sich mit der Ausbildung von Ärzten zu Fachärzten beschäftigt. So, und jetzt bin ich, wie man mir ansieht, in diesem Jahr werde ich siebzig Jahre. Ich habe dann natürlich immer noch ein bisschen weitergearbeitet. Bis heute bin ich immer noch ein wenig tätig, bilde Assistenzberufe aus für das Gesundheitswesen, bin noch bis zum Herbst des vergangenen Jahres Leiter einer Fachschule gewesen, die ich selbst in Berlin aufgebaut habe. So, das wäre vielleicht das Wichtigste. Ich habe zwei Kinder. Meine Tochter ist Zahnärztin. Mein Sohn ist promovierter Ingenieur, hat ein Bildungsinstitut mit siebzig Mitarbeitern aufgebaut in sieben oder acht Niederlassungen in ganz Deutschland, sie sind vor allem spezialisiert auf Computerprobleme und hin und wieder noch weiter spezialisiert auf die Probleme der Medizin, also wo man in der Medizin mit Computern umgeht, also eine sehr interessante Tätigkeit. Da bin ich seit vergangenem Jahr, eben weil man auf die siebzig zurückt, da sagt man: `Na ja, hast eigentlich genug getan.´, bin ich also nur noch ein paar Stunden im Moment mehr tätig. So, das wäre zur Einführung, was mich selbst betrifft, aber also, wie gesagt, zwei Kinder, vier Enkel, zwei Urenkel in der Zwischenzeit. Es geht also weiter, das Leben und wir sind heute in Deutschland familiär voll integriert und ich betrachte mich, wenn man so will, als den Stammvater dieser Sippe der Weiss in Deutschland. Inhaltsverzeichnis

59 Nun zu dem eigentlichen Thema. Wir haben ja nicht so viel Zeit
Nun zu dem eigentlichen Thema. Wir haben ja nicht so viel Zeit. Ich habe Ihnen ein paar Seiten aus meiner Biografie mitgebracht. Das bekommt ihr dann anschließend alle, das ist für mich jetzt hier nur so ein bisschen, sagen wir mal das Geländer, an dem ich mich festhalte, um Ihnen aus diesem Kapitel meines Lebens etwas zu erzählen. Ich habe dieses Kapitel überschrieben: `Ein schreckliches Ende´ Wir haben ja, das muss man sich vorstellen, so wie wir heute, vom Krieg eigentlich nichts gesehen und gemerkt, gut, es waren Freunde, es waren Verwandte, Bekannte waren im Krieg, immer mal hörte man, dass der eine oder andere gefallen war, aber was uns als junge Menschen, ich war ja damals so etwa in Ihrem Alter, ein klein bisschen jünger, ich war also am Ende des Krieges, das kann man sich ja ausrechnen, dreizehn Jahre, und da kamen immer mal welche nach Hause und die trugen also Ritterkreuze, EK I und waren hochdekoriert und mit geschwellter Brust sind sie herumgelaufen. Das war, was wir vom Krieg mitbekommen haben. Dann brach plötzlich über uns das Chaos herein. Aus Schlesien, die Sudeten sind ja die Begrenzung Böhmens nach dem Osten. Aus Schlesien kamen in den letzten Kriegsmonaten die Trecks, viele flüchtende Deutsche mit Wagen, mit Pferden. Ich habe damals überhaupt einen Schwarzen gesehen, auf dem Kutschbock saß also ein Schwarzer, und das war ja eine Sensation für uns, und ich hatte ein sehr schönes Kinderzimmer, da waren monatelang, lagen da immer auf Behelfsmöglichkeiten dann Menschen, die also aus dem Osten flüchteten. Inhaltsverzeichnis

60 Und dann kam das Ende des Krieges
Und dann kam das Ende des Krieges. Und da kamen nach diesen Trecks oder auch zusammen mit den Trecks kamen sehr viele deutsche Truppen, also man sah richtig mit Fahrzeugen, die kaum noch Sprit hatten, stellten das alles bei uns auf den Plätzen ab. Gar nicht weit von uns war ein großer Platz, da war immer der Zirkus, dort stand alles voller Kriegstechnik. Man kann sich gar nicht vorstellen, also Kanonen und Pontons, war ein schweres Ponton-Regiment, was da seine Technik abgeladen hatte, und unendlich viele Fahrzeuge und die Soldaten wollten alle nur zum Ami. Keiner wollte in russische Kriegsgefangenschaft, denn das war schon bekannt, dass es da nicht gerade gut den Deutschen ging. So, was nun wir erlebten jetzt als Jungens, in eurem Alter fast, würde ich sagen: Wir hatten den ganzen Krieg davon geträumt mal selbst mal irgendwie Soldat zu werden. Wir waren ja in diesem Sinne erzogen, das darf man nicht vergessen. Und nun lag alles auf der Straße. Also hab ich den ganzen Tag nur Kriegsgerät nach Hause geschafft: Panzerfäuste, Kisten mit Eierhandgranaten, Schnellfeuergewehre und solches Zeug. Unsere Waschküche, die war abends immer ein richtiges Waffenlager mit allem, was man sich als Junge so wünschen kann an Kriegstechnik. Und wenn ich früh in die Waschküche kam, war das alles wieder fort. Dann hatte das meine Mutter mit dem Handwagen, weil sie Angst hatte, dass das in die Luft fliegt, wieder davongeschafft. Die halbe Nacht hat sie, ich hab geheult vor Wut und fing dann wieder an zu sammeln. Und dann kam der 8. Mai. Der Strom der Soldaten versiegte und plötzlich wurde es ganz still. Inhaltsverzeichnis

61 Und dann hörte man Panzer rollen und dann kam die Sowjetarmee, kamen die Russen. Und ich hab, unser Haus hatte ein flaches Dach, es war ein Verwaltungsgebäude einer Fabrik, und da lag ich mit einem Helm, mit einem Stahlhelm, mit einer Panzerfaust und einer Schnellfeuerwaffe und wartete nun und wollte Deutschland verteidigen. Und da erfasste mich eine straffe Hand, haute mir ein paar links und eín paar rechts runter. Das war mein Onkel, der schon ein bisschen betagt auf Anraten meiner Mutter mich da runtergeholt hatte. Denn wenn die Russen mich da oben gesehen hätten, ein Kanonenschuss und von mir wäre nichts mehr übrig geblieben. So, das war also, sagen wir mal jetzt, das letzte Erlebnis, das ich persönlich hatte mit dem unmittelbaren Krieg. Aber nun, wenn man so will, von diesem Tage an fing ja die Nachkriegsperiode an, denn wir waren ja, Hitler hatte kapituliert, Sie wissen das ja aus der Geschichte, er hatte sich das Leben genommen. Dieser schlimme Mann, der Deutschland so viel Entsetzen gebracht hatte, war also weg. Aber für uns begann erst mal das Leid. Zunächst einmal wird das russische Militär, man hörte dann alle Tage von Vergewaltigungen. Sie hielten sich also jetzt an der deutschen Bevölkerung und haben also sehr viele Menschen, viele Frauen, die mussten sich verstecken, die Frauen mussten sich anmalen, dass sie alt aussahen, und manche Frau hatte also wirklich Schlimmes erlebt, mitunter haben bis zu achtzehn Soldaten eine Frau vergewaltigt. Sie können sich das gar nicht vorstellen, was da mit dieser Frau da passierte. Und da kam es dann in einer zweiten Periode dazu, dass viele sagten: `Unter solchen Bedingungen kann ich nicht leben.´ Es nahmen sich sehr viele Leute dann das Leben. Inhaltsverzeichnis

62 Ganze Familien starben und ich mache gerade ein Buch über meinen Heimatort, auch über diese Dinge, ich habe solche Zeugnisse auch schon gesammelt, von solchen Überfällen, und werde sie also dann in meinem Buch auch veröffentlichen über Arnau. Aber ein Erlebnis, das ich auch hier dokumentiert habe, war schlimm: Das war, wenn man so will, der erste Tote, den ich jetzt persönlich erlebt habe, oder, erlebt, kann man gar nicht sagen, wie gesagt, wir hatten keine fünfzig Meter, war ein großer Platz und da war alles voller Kriegstechnik und ein Schulkamerad mit seinem Vater, mit seinem Bruder, die suchten mit diesen Pontons, die suchten nach irgendetwas. Man dachte, da könnte man sich irgendetwas holen, was man noch verwenden könnte. Und einer von den Dreien muss auf eine geschärfte Tellermine getreten sein, eine Panzermine, das waren solche Apparate, mit einer Glasplatte. Wenn die zersprang, dann kam ein chemischer Vorgang in Gang und die ganze Sache explodierte. Und der Totengräber hat also im Umkreis von etwa zweihundert Metern dann die sterblichen Überreste, überall nur kleine Fleischstückchen, beim Nachbarn im Garten fand man dann von dem Vater den Stiefel und das Bein, das war der größte Teil eines Menschen, was von dieser Explosion übrigblieb. Könnt ihr euch vorstellen, wie das auch emotional auf einen Menschen wirkt. Das zweite, was ich erlebte in diesen Tagen, bin ich also auf einen Baum gekrochen, wir hatten im Garten eine Menge Birken und während ich da oben saß, hörte ich, wie neben mir, also ein Stückchen entfernt, hörte ich wie jemand lief und ich hörte seinen Atem. Und plötzlich hörte ich Schüsse und sah, wie dieser Mensch hinstürzte und dann kamen Leute mit rot-weißen Armbinden, alles in Leder, Ledermützen, Lederjacken, MP’s und haben ein ganzes Magazin in ihn dort hineingeschossen. Inhaltsverzeichnis

63 Sie verschwanden wieder und wir sind dann dorthin zu dem Toten
Sie verschwanden wieder und wir sind dann dorthin zu dem Toten. Da hatten sie ein kleines Kreuzchen auf ihn gelegt. Nur der Name ist mir bekannt geworden. Er hieß Lederer und soll Fleischer gewesen sein. Warum man ihn erschossen hat, weiß ich nicht. Aber ich habe das eben erlebt. Für das Nächste, was dann eben weiterging, es wurden dann Aufrufe bekannt, dass alle Deutschen ihre wichtigsten und vor allen Dingen natürlich auch wertvollsten Dinge abliefern sollten. Es musste also Optik, es mussten Ausrüstungen, militärische Dinge abgeliefert werden, Ferngläser, Radioapparate, das musste alles abgegeben werden. Und dafür bekam man dann ein Papier und wir stellten uns noch vor, muss man sich mal heute überlegen, dass wir das vielleicht mal eines Tages wieder zurückbekommen. Wir waren ja in dieser Frage völlig unbedarft. Alles, keiner von uns wusste, was denn nun auf uns zukommt. Und dann begann am 18. Juni die Aussiedlung. Da wurde der erste Transport von Deutschen zusammengestellt und das müsst ihr euch mal vorstellen. Versetzt euch mal in diese Lage: Ihr seid beim Frühstück, sitzt am Tisch und plötzlich kommt ein Polizist und sagt: `Also, in einer Stunde haben Sie sich am Bürgermeisteramt in Bensheim einzufinden mit dreißig Kilo Gepäck. Es geht weg! Wir werfen euch raus! Ihr müsst fort!´ So, nun muss man wissen, das kann ich gar nicht alles erzählen, dass ja dem schon eine Etappe vorausgegangen war in den Mai- und Junitagen, wo fast jeden Tag Hausdurchsuchungen bei deutschen Familien, wir waren ja eine ganz deutsche Ecke, nicht mal ganz zwei Prozent der Einwohner waren Tschechen, nach den Zählungen von 1930, das war die letzte Volkszählung. Und in dieser deutschen Stadt kam es also jetzt dazu, dass da Tschechen kamen, ich hatte sie noch als Sechsjähriger erlebt, aber keine Erinnerungen an sie, wir gehörten natürlich zur tschechischen Republik, das darf man auch nicht vergessen, aber das Sudetenland war eben eine Fläche, wo fast ausschließlich Deutsche wohnten. Inhaltsverzeichnis

64 Und nun kamen also Tschechen in die Wohnung und machten Razzien, durchsuchten und nahmen alles, was irgendwie schön und gut war, vom Vater Stiefel und von der Mutter Kleider, Bettwäsche. Da standen noch, mein Vater hatte sehr viele Radios gebastelt, da standen noch halbe Radios mit, das wurde aufgeladen. Mein Vater war ein begeisterter Briefmarkensammler, da wurde also alles, was er da an Briefmarken hatte, in einen großen Wäschekorb geworfen und wie sie ums Haus kamen, da flogen die Briefmarken in heller Schar durch die ganze Gegend. Ich war tagelang hinterher beschäftigt auf Befehl meiner Mutter, das alles wieder einzusammeln. Man nahm uns also erst mal schon alles weg, was irgendwie wertvoll war. Das war, wirklich, das war ein Abschaum der Menschheit, der jetzt aus Böhmen kam und sich an den Deutschen da bereicherte. Und dann mussten wir aus der Wohnung raus und mussten zunächst einmal bei einer Tante, bei der Schwester meines Vaters, die man verhaftet hatte, die in einem Lager war nach 45, da fanden wir zunächst mal Unterschlupf. Und dort haben wir also dann praktisch bis Ende Juli gelebt. Es war also eine Zeit, wir sind nicht ausgesiedelt worden zunächst einmal und meine Mutter arbeitete, sie hatte ja, mein Vater war beim Militär die letzten zwei Jahre, der war in Schlesien auf einem Flugplatz und bekam natürlich für die Familie Unterhalt, und plötzlich war das aus. Und sie musste also wieder arbeiten, arbeitete in einer dieser beiden Papierfabriken und ich bin draußen rumgestromert mit einem Freund und hatte Zeit und Muße und wie das so ist im Leben, das will ich auch nicht unerwähnt lassen, ich fand da meine erste Liebe. Inhaltsverzeichnis

65 In dieser schwierigen Zeit hab ich mich in ein Mädchen verguckt, 13 Jahre und ich habe meine ersten Liebesbriefe geschrieben und dachte, das würde sich noch weiter entwickeln. Aber dann kam eben auch für uns die Zeit, wo früh plötzlich der Polizist stand, wir sollten ausgesiedelt werden. Und da ging es also dann in die Turnhalle und dort wurde wieder von dem Gepäck, das wir, also dreißig Kilo sollte jeder mitbringen, da wurde wieder alles ausgeflöht, und was ein bisschen wert war, ich hatte also da noch versteckt, mein Großvater war früh gestorben und meine Großmutter mir also als Erbe, wenn man so will, seine goldene Uhr geschenkt, eine wunderschöne alte Uhr mit Ziselierungen. Diese Uhr hatte ich auf dem Transport mit. Die wurde mir also dort weggenommen. Und nicht nur das, auch ein schöner Ring von meinem Freund und manches andere. Und dann wurde dort angetreten und dann marschierten wir in ein ehemaliges Kriegsgefangenenlager, dort wurde übernachtet und dann ging es also mit dem Transport in frisch ausgeleerte Kohlewaggons. Da wurden die Deutschen hineingepfercht und dann ging es Richtung Deutschland. So war es normalerweise. Aber unser Zug hielt plötzlich und in Hohenelbe, das ist die Kreisstadt, die werdet ihr vielleicht auch noch ein bisschen kennenlernen, wurde alles ausgeladen und dann mussten wir in ein nahes Dorf, wo es ein großes Lager gab, wo früher mal der Reichsarbeitsdienst drin gewesen war, im Gebirge, in Hackelsdorf wurden wir dorthin getrieben, nicht gefahren, sondern wir mussten diese 15 Kilometer laufen. Und ihr müsst euch vorstellen, das ist also so eine Steigung, wie wenn man da in den Odenwald hinauffährt oder läuft. So mussten wir also mit diesem Handgepäck diese 15 Kilometer. Inhaltsverzeichnis

66 Meine Mutter hat sich immer gewundert, hat gesagt: `Also, nein, wie mein Junge da fleißig´, ich hatte eine viel jüngere Schwester, oder habe sie noch, die ist damals drei Jahre alt gewesen, meine Mutter konnte ihr Gepäck gar nicht tragen, das habe also ich noch auf mich geladen, und hab’ also da als Dreizehnjähriger das ganze Gepäck da hinaufgeastet. Die wusste natürlich nicht, dass das einen Grund hatte: Denn der Zufall wollte es, dass mein angebetetes Mädchen auch in diesem Transport war. Und ich bin also dann immer schnell hinter ihr hermarschiert usw, mit diesem vielen Gepäck. Und das wurde mir natürlich dann ausgelegt als ein braver und netter und fleißiger Junge. Aber ihr seht eben, das Leben ist vielgestaltig und Freud und Leid sind häufig nebeneinander. In diesem Lager haben wir uns nicht lange aufgehalten, denn plötzlich begannen die großen Fabriken zu merken, wenn man so viele Menschen aussiedelt, dass man dann keine Arbeitskräfte mehr hat. Also wurden alle, die irgendwo in der Papierindustrie beschäftigt waren, wieder auf LKW’s verladen und wir kamen, und das war sicher nicht der Normalfall der Vertreibung, wir kamen wieder zurück nach Arnau in ein ehemaliges Kriegsgefangenenlager. Dort waren also belgische, französische Kriegsgefangene, teils auch Russen. Da wurden jetzt diese deutschen Arbeitskräfte dort hineinfabriziert. Ein großer Saal, ringsherum Doppelstockbetten, vielleicht hat der eine oder andere das schon einmal gesehen, oder auf Bildern gesehen oder vielleicht hat er es im Ausnahmefall vielleicht der eine oder andere schon mal erlebt, da haben wir also dann ein ganzes Jahr zunächst einmal dort gelebt. Und dieses Lager in Arnau, das war für mich auch, wenn man so will, heute würde man sagen, Fremdarbeiter; ich musste als Dreizehnjähriger ein ganzes Jahr mit Gleichaltrigen Holz zerhacken, zersägen, hab’ jeden Tag etwa zehn Stunden lang nichts anderes gemacht wie Holz gesägt und ich kann heute mit der Axt mit geschlossenen Augen kann ich Holz spalten. Inhaltsverzeichnis

67 So hat sich das mir als Junge eingeprägt
So hat sich das mir als Junge eingeprägt. Kohle gab es nicht, das war eine waldreiche Gegend, wo wir lebten, Holz gab es in Hülle und Fülle und so hat diese Lagerküche für viele, viele Personen eben mit Holz gefeuert. Und es musste jemand da sein, der das Holz fabriziert. Also haben wir da den ganzen Tag gesägt und gehackt usw. Und nun das nächste Kapitel: Diese Sache ging selbstverständlich mal zu Ende und eine Familie nach der anderen wurde abtransportiert und es blieben nur noch wenige. Und meine Mutter bearbeiteten sie schon, sie sollte doch da bleiben mit ihren Kindern, vielleicht kommt auch der Vater auch wieder, mein Vater war ein angesehener Mann in der Fabrik, als Papiermaschinenführer ein Spezialist, aber ich habe gesagt: `Ne, Mutti, das machen wir nicht!´. Ich habe ihr also ständig auf dem Gewissen gekniet, gesagt: `Komm, bitte, melde dich bitte, wir wollen auch fort.´ Für mich war das, wenn man so will, auch etwas Interessantes, die Welt zu erleben, raus aus dieser Schinderei. Und am letzten Tag noch, das muss man sich mal vorstellen, sehe ich noch auf der Straße einen Mann im Anzug meines Vaters. Das müsst ihr euch einmal vorstellen! Da geht ihr auf der Straße, da kommt ein, da werdet ihr sagen, wie kannst du da sagen, das ist der Anzug deines Vaters? Mein Vater war ein begeisterter Segelflieger. Der hatte die Goldene C. Und das ist ein blaues Abzeichen mit drei Schwingen, kein Buchstabe, nur diese drei Schwingen. Und das hatte er drangelassen. Und es gab im Ort nur einen, der das Goldene C hatte, das war mein Vater. Und deswegen war das unmissverständlich der Anzug meines Vaters. Das war das Letzte, was ich noch so erlebte, was ich da noch sah, und dann kam also diese zweite Etappe: Wir wurden ausgesiedelt. Wir kamen wieder in Güterwaggons und dann ging es los und das hab’ ich auch alles beschrieben, das könnt ihr hier nochmal nachlesen. Da zog plötzlich Arnau wie in einem Film an mir vorbei: die Dekanalkirche, die Schule, das Gymnasium, das Rathaus usw., das Haus, wo wir wohnten. Inhaltsverzeichnis

68 Wir wohnten ein bisschen auswärts, nördlich von Arnau
Wir wohnten ein bisschen auswärts, nördlich von Arnau. Und dann ging es über das Gebirge weg. Man sah den großen schwarzen Berg, das große Massiv. Wenn ihr mal nach Arnau kommt, dann werdet ihr diesen ja wirklich beherrschenden Berg sehen. Und dann sangen sie alle das Riesengebirgslied. Und dann ging es weiter durch das ganze Sudetenland bis nach Eger, Karlovy Vary – Karlsbad, und dort blieb der Zug plötzlich stehen. Und dort standen wir einen ganzen Tag. Da entschied sich das Schicksal. Da fuhren die Züge einmal über Brambach in die damalige Ostzone und einmal über Eger in die Westzone. Wir wurden dann also in die Ostzone transportiert. Und da ging es dann bis nach Sachsen-Anhalt. Dort wurden wir ausgeladen und wir endeten wieder, wenn man so will, kamen wieder in ein Lager und dieses Lager, das war total verwanzt, verlaust. Und dort habe ich das erste Mal Wanzen und ähnliches Ungeziefer kennengelernt, eigentlich schon das zweite Mal, in diesem Maße und in dieser schlimmen Form eigentlich nur dort. Und dann wurden wir aufgeteilt und wurden dann auf die Dörfer gebracht. Und damit war ja, wenn man so will, zunächst die Vertreibung beendet. Aber was wir ja nicht wussten, Deutschland war ein Trümmerfeld. Es gab kaum Wohnungen, die Großstädte waren total durch die Amerikaner, Engländer zerbombt. Eine kleine Ahnung hatten wir schon während des Krieges davon bekommen, denn da gab es Ausgebombte, hier aus Frankfurt, aus Hanau, aus Berlin, hatte ich Schulkameraden, die saßen da mit mir zusammen. Aber man konnte sich darunter nichts vorstellen. Und nun fuhren wir ja durch diese Trümmerfelder. Ich werde ein Bild nie vergessen. Inhaltsverzeichnis

69 Wir fuhren zunächst einmal in Sachsen von Brambach über Chemnitz nach Dresden. Abends im Dunkeln schon sah man diese Silhouette, diese Trümmersilhouette von Dresden. Dann also nach Köthen in Sachsen-Anhalt, eine Stadt mit etwa Einwohnern. Und dort also dieses Lager. Und da lernten wir, was wir in der Tschechoslowakei eigentlich nicht kennengelernt hatten, auch in diesem Jahr, Hunger. Denn jetzt gab es dort kaum etwas zu essen, auch natürlich, das muss ich noch nachtragen, auch in Arnau, wo wir da in dem Lager waren, gab es natürlich Diskriminierungen der Deutschen. In jeder Form waren wir Bürger zweiter Sorte. Wir bekamen, auch die tschechische Seite hatte nach dem Krieg Lebensmittelkarten, aber wir bekamen welche, die waren überschrieben mit: `Deutsche, Deutsche, Deutsche´, da war alles weggeschnitten, was Fleisch, was Wurst, Butter, was Eier waren. Wir Kinder hatten also ein ganzes Jahr kein Stückchen Fleisch, keine Butter gesehen. Aber es ging ja immer noch, man hatte ja wenigstens Brot. Man konnte sich satt essen und bekam eine, nicht immer gerade gut schmeckende, aber es gab dann immer so einen Eintopf über dieses Jahr. Man wurde auf jeden Fall satt. So, und jetzt bekamen wir den Hunger zu spüren. Und das war schlimm. Wir hatten auch wieder Glück. Wir wurden ausgesiedelt in ein kleines Dorf mit vierhundert Einwohnern. Und dort gab es wie überall gute und schlechte Menschen. So gab es dort auch Menschen, die sich unserer annahmen. Ich konnte dort zwar zunächst einmal noch ein Jahr die Schule besuchen, habe dort die achte Klasse nachgeholt, ich hatte ja auch viel verloren. Ich konnte dort leider kein Gymnasium besuchen, hab’ dann nach der achten Klasse versucht einen Beruf zu lernen, auch das war schwierig. Inhaltsverzeichnis

70 Ich war ein halbes Jahr arbeitslos, und dann fand ich durch Zufall eine Stelle, man griff dann einfach zu, was man eben bekommen konnte, also habe ich Schlosser gelernt. Ich werde nie vergessen, meinen ersten Lohn als Schlosser, sechzig Mark, da bin ich dort in eine Bäckerei gegangen und hab’ mir ein schwarzes Brot gekauft, so sagte man da. Für diese sechzig Mark bekam man ein Brot, drei Pfund. Und da habe ich mich bei dem Bäcker auf die Treppe gesetzt, hatte so einen Hunger, da habe ich die Hälfte von dem Brot gegessen. Und dann habe ich das fein säuberlich abgenagt und hab’ mir gesagt: `So, das musst du jetzt deiner Mutter und deiner Schwester mitbringen.´ Das habe ich getan. Voller Stolz bin ich mit dem halben Brot dann nach Hause gekommen. Und damit ihr mal wisst, was Hunger ist, nur ein kleines Beispiel. Ein Dreipfund-Brot gab es also für drei Personen, meine Mutter, meine Schwester und mich, für drei Tage. Das war so ein Brot, Kastenbrot, und meine Mutter machte genau auf dem Brot immer Striche, weil sie wusste, das durften wir heute essen, das morgen und das übermorgen. So und das musste reichen und ich bin also früh morgens um halb fünf jeden Morgen aufgestanden, denn meine Werkstatt war in der Kreisstadt und die war fünfzehn Kilometer weg, da fuhr ich mit einem wackligen alten Militäromnibus immer zur Arbeit. Wenn ich dort ankam, dann hatte ich noch nichts im Magen. Da hatte ich immer eine Kanne, eine Milchkanne, da hatte Mutter mir immer Suppe mitgegeben. Dann aß ich also die Suppe, mittags. Und das war ja auch nicht viel Fett und nicht gerade Sättigendes. Ich war dann so, wie gesagt, so in eurem Alter schon, wo man dann wächst, und da bin ich also nach Hause gekommen und da bekam ich meine Ration Brot, zwei Schnitten für das Abendbrot, kein Ei, mal ab und zu ein Rädchen Wurst, vielleicht auch mal ein bisschen Margarine. Inhaltsverzeichnis

71 „Sind die Tschechen ein böses Volk?
Das war also die Zeit, die wir dann erlebten. Und eigentlich das Schlimmste, wir sprechen heute immer über Fremdenfeindlichkeit. Der eine oder andere von euch, wenn ich mich hier umschaue, ist wahrscheinlich auch nicht in Deutschland geboren oder die Familie stammt nicht aus Deutschland. Vielleicht hat der eine oder andere auch Fremdenfeindlichkeit kennengelernt. Aber das ist heute eine andere Situation. Heute ist die Bevölkerung eine satte Bevölkerung. Damals hatten diese Leute auch nichts, die hatten auch Hunger. Die mussten von dem Wenigen, was sie da noch hatten, noch teilen. Es war also viel schlimmer als das heute ist. Da sollte sich jeder überlegen, wenn er so abfällige Bemerkungen macht zu irgendeinem, der aus Not oder vertrieben oder wie auch immer hierher kommt. Da sollte der sich überlegen, was er da tut. Ja, ich hab’ mir viel Gedanken gemacht natürlich, wieso die Tschechen solche schlimme Sachen an uns getan haben. Ich habe hier, was ich euch zur Verfügung stelle, auch zu den Ursachen der Vertreibung etwas gesagt. Und das will ich euch vorlesen: „Sind die Tschechen ein böses Volk? In der Literatur findet man mehr versteckt als offen die Meinung, dass die Tschechen vom Wesen her ein schlechtes Volk seien, sie unberechtigterweise so über die armen Deutschen hergefallen seien. Es sei ihnen doch während der deutschen Okkupation 1939/45, im Gegensatz zu Russen und Polen usw. gar nicht so schlecht gegangen. Das ist eine genau so schlimme, überhebliche wie ungerechte und sehr subjektive Auffassung, zu der nur Deutsche fähig sind. Inhaltsverzeichnis

72 Wie es in der Bibel hieß, so geschah es: Aug’ um Aug’ … Zahn um Zahn!“
Die Tschechen sind ein Volk wie jedes andere, mit guten und bösen, klugen und dummen, standhaften und verführbaren, ehrlichen und unehrlichen Menschen. In der Tat entlud sich 1945 die Wut und der Hass eines Volkes und der Mob des gleichen Volkes trat in Aktion, wie vorher die deutschen `Übermenschen´, und die Führer gossen in beiden Fällen mit aggressiven und bösen Reden noch Öl in das Feuer der chauvinistischen und nationalen Leidenschaften. Es war nach 1945 die unentschuldbare und inhumane Revanche, die da verübt wurde. Wo waren da die Vernünftigen, die Klugen, die Ausgleichenden, die Versöhnenden, die nach dem schlimmsten aller Kriege eine bessere Welt aufbauen wollten? Eine Welt ohne Mord und Konzentrationslager, ohne Enteignung und Willkür? Sie blieben feige versteckt, verhielten sich still, lehnten nur innerlich die Unmenschlichkeit ab, wie vorher die gleichen Kräfte bei den Deutschen auf der anderen Seite. Wie es in der Bibel hieß, so geschah es: Aug’ um Aug’ … Zahn um Zahn!“ So, und das will ich euch am Ende doch noch sagen: Man muss die richtigen Schlussfolgerungen aus einer solchen Entwicklung ziehen. Es wäre heute verfehlt in Revanchismus zu fordern: Tschechen, gebt dieses Gebiet wieder her! Man würde, ich glaube auch, unter den Deutschen kaum noch jemanden finden, der bereit wäre, dort wieder zurückzukehren. Wir sind alle, so wie auch einige von euch, nach Deutschland gekommen, aus dem Sudetenland, aus Böhmen, nach Deutschland, mit Gewalt hierhergekommen. Selbstverständlich ist das ein Verbrechen, ein unentschuldbares Verbrechen! Inhaltsverzeichnis

73 Mohammed Saleh: Wann wird Ihr Buch erscheinen?
Wir haben aber hier uns integriert. Wir sind heute hier Bestandteil der deutschen Bevölkerung geworden. Viele haben sich hier wie überall, wie meine Verwandtschaft, wo auch immer, oder auch hier im Odenwald gibt es auch Verwandte von mir, sie haben sich integriert, sie haben Leute aus den Orten geheiratet, sie tragen die Namen, wie auch immer, der Schwaben, der Sachsen, der Bayern und wir sind heute ein Bestandteil Deutschlands. Und wenn Sie nun fragen: `Na, warum stellt der sich nun da her und erzählt das Ganze?´ Einfach, weil man das nicht vergessen darf. Also immer sehen, dass es immer wieder Menschen gibt, die mit krimineller Energie versuchen andere Menschen dazu zu bewegen, Böses zu tun. Wir erleben das im Moment auf dem Balkan und wenn Sie gucken in der Welt, in Indien und sonstwo. Nur wenn wir Widerstand üben, wenn wir sagen: `Nein! Wir machen das nicht mit! Wir wollen Frieden!´ Dann können wir das vermeiden. Entschuldigen Sie, dass ich so emotional gespannt bin! Aber da kommt die Vergangenheit wieder hoch. Ja, vielleicht noch eins: Wir haben selbstverständlich auch Verbindung mit den Tschechen heute in unserer Heimat. An unserem Buch arbeiten auch zwei Tschechen mit. Das wird ein Novum sein. Die Sudentendeutschen haben sich immer jahrzehntelang ein bisschen abgekapselt. Aber wir wollen ja zusammen, wir müssen ja zusammen leben. Und wir wollen ja nicht in Feindschaft miteinander leben. Wir wollen ja auch, das ist ja auch eine Frage, die euch berührt und euch viel mehr als uns. Man kann ja nur miteinander leben, wenn man also diese Dinge zwar nicht vergisst, aber wenn man sie immer wieder in die richtige Relation zu den Dingen stellt. Mohammed Saleh: Wann wird Ihr Buch erscheinen? Weiss: Ich wollte das eigentlich, ich werde im Herbst siebzig Jahre alt, das wollte ich mir, wenn man so will, als Geburtstagsgeschenk bringen, aber wir schaffen das nicht. Inhaltsverzeichnis

74 Janina Hilbert: Haben Sie noch Kontakte zu Ihren Freunden in Arnau?
Es ist doch viel, viel Arbeit notwendig, um aus den Archiven Material zu finden, auch in der Arnau-Stube hier, was ich euch auch sehr empfehlen kann. Da ward ihr auch schon einmal da. Man muss sich also wirklich mit den Dingen erst einmal beschäftigen. Vielleicht ist auch der eine oder andere hier unter ihnen, wo der Großvater vielleicht aus dem Riesengebirge oder aus einer Vertriebenenfamilie stammt. Das ist ja gar nicht so selten. In den USA ist ja auch jeder Vierte, kommt ja aus einer ehemaligen deutschen Familie. So wird die Relation etwa auch so in Deutschland sein. Man muss sich mal vorstellen, dass da elf Millionen vertrieben sind und Sie können also dieses Buch vermute ich im September 2003 käuflich erwerben. Ich habe alleine schon etwa zweihundert Seiten aus der Geschichte dieser Stadt, wie es den Menschen im Dreißigjährigen Krieg gegangen ist, wie die Menschen da hin gekommen sind, die vielen Kriege, die man dort gemacht hat. Friedrich II, der Große, wie man ihn nennt, hat den Österreichern Schlesien gestohlen, wenn man so will, und vieles andere mehr. Das wird in dem Buch, immer aus der Sicht der Menschen meines Ortes behandelt, also aus ganz unten. Ich versuche zwar immer die geschichtlichen Bezüge herzustellen. Janina Hilbert: Haben Sie noch Kontakte zu Ihren Freunden in Arnau? Weiss: Leider lebt von ihnen keiner mehr. Es ist ein einziger meiner Freunde, der dort geblieben ist. Der ist aber schon mit fünfzig Jahren, vor mehr als zwanzig Jahren ist er gestorben. Ich habe dort also niemanden mehr, den ich noch kenne. Mariam Tabibi: Haben Sie Ihre Freundin wieder gefunden? Inhaltsverzeichnis

75 Weiss: Leider nicht, ich habe bis heute vergeblich versucht dieses Mädchen, das ja dann ein Jahr vor mir ausgesiedelt wurde. Ich hab’ sie nicht wiedergetroffen und ich hab’ mir viel Mühe gegeben. Ich würde natürlich gerne sehen, wie sie heute ausschaut. Und man würde vielleicht erschrecken und vielleicht ist mir da ein Schicksal erspart geblieben, denn sie würde sich sicher auch nicht gerade an mir erfreuen. Aber das ist nun mal das Leben. Wir sind alte Menschen und die sehen nicht mehr so knusprig und hübsch aus wie Sie alle aussehen, sondern wir sind alle alt und weiß und grau. Maximilian Hechler: Ich bin der Klassensprecher und ich möchte mich im Namen der ganzen Klasse bei Ihnen bedanken. Es war wirklich sehr interessant so einen lebendigen Zeitzeugenbericht zu erfahren. Dafür möchte ich Ihnen danken. Weiss: Es freut mich, dass es euch gefallen hat. Danke auch! Ja, man könnte noch viel erzählen. Ihr könnt auch darüber nachlesen. Ich habe auch noch einen anderen bösen Fall erlebt, wo ein Mann eben beispielsweise seine Frau geschützt hat vor einer Vergewaltigung, hatte also eine Waffe versteckt, die hat er herausgezogen, hat die Russen bedroht und sie mussten also weg, aber eine halbe Stunde später hat man ihn abgeholt und die ganze Arnauer Bevölkerung musste dort hin und der musste sein eigenes Grab schaufeln und wurde erschossen. Der hatte nur seine Frau beschützt. Inhaltsverzeichnis

76 Beneš-Dekrete und Beseitigung der Grundrechte
Zwischen dem und dem wurden von Edvard Beneš, der das Amt des tschechoslowakischen Präsidenten beanspruchte, insgesamt 143 sogenannte Beneš-Dekrete (Verordnungen) erlassen. Etwa fünfzehn dieser Dekrete handeln von Entrechtung und Enteignung der Deutschen und Magyaren in der ehemaligen Tschechoslowakei und sind völkerrechtswidrig. Bis heute werden die Verordnungen in der öffentlichen Diskussion als Beneš-Dekrete bezeichnet, obgleich es natürlich auch zahlreiche Beneš-Dekrete harmloseren Inhalts gegeben hat. Völkerrechtswidrig waren auch einige Ausführungsbestimmungen zu den genannten Dekreten sowie eine geringe Zahl von (nach dem Oktober 1945) erlassenen Gesetzen. Die Enteignungs- und Vertreibungsdekrete wurden am von der tschechoslowakischen provisorischen Nationalversammlung rückwirkend gebilligt und haben seitdem in der Tschechoslowakei und heute in der Tschechischen Republik sowie in der Slowakei Gesetzeskraft. Inhaltsverzeichnis

77 Die tschechoslowakische Regierung der Nationalen Front vom 5
Die tschechoslowakische Regierung der Nationalen Front vom 5. April 1945 startete ein Programm, „Kaschauer Statut“, in dem vorgesehen wurde, fast allen Sudetendeutschen die „tschechoslowakische Staatsbürgerschaft“ abzuerkennen, nachdem man sie völkerrechts- und menschenrechtswidrig wieder als tschechoslowakische Staatsbürger betrachtete und das Sudetenland erneut, wie 1918, mit Gewalt besetzte und annektierte. Die Personen, die sich „vor und nach München 1938“, das heißt dem Münchener Abkommen, zur Tschechoslowakei loyal und treu bekannt hatten und jene, die nach München 1938 ins Exil gingen und als „Antinazisten und Antifaschisten“ angesehen wurden, sollten von dem Programm nicht betroffen werden. Vorgesehen im „Kaschauer Statut“ war primär nur die Vertreibung jener Sudetendeutsche, die nach tschechoslowakischer Auffassung wegen Verbrechen gegen die Republik zu verurteilen waren und jene, die nach München 1938 einwanderten. Nach Kriegsende mussten die Sudetendeutschen weiße Armbinden oder Stoffteile mit dem schwarzen Aufdruck „N“ (Nemec = Deutscher) tragen. Ihre Lebensmittelkarten wurden auch mit dem Aufdruck „Deutscher“ versehen. Dies führte zu einer völlig unzureichenden Lebensmittelzuteilung. Eingekauft werden durfte nur zu bestimmten Stunden. Inhaltsverzeichnis

78 Die totale Enteignung, Rechtlosmachung und Zwangsarbeit wurden durch die Dekrete des Präsidenten der Republik, Staatspräsident Dr. Edvard Beneš, ausgelöst. Die menschenverachtenden Dekrete wurden zusätzlich von den Mitgliedern der Regierung beziehungsweise den zuständigen Ressortleitern unterzeichnet. Sie wurden im nachhinein von der Nationalversammlung bestätigt und bisher nicht widerrufen und besitzen daher auch heute noch Gesetzeskraft. Am Mittwoch den 24. April wurden vom tschechischen Parlament die Beneš-Dekrete wieder bestätigt. Dadurch erschwerte sich der Beitritt der tschechischen Republik zur Europäischen Union. Die Dekrete spielen noch heute eine diskriminierende Rolle. Inhaltsverzeichnis

79 Dekrete über Enteignung, Entrechtung und Zwangsarbeit
1. Das Dekret betreffend „die Ungültigkeit einiger vermögensrechtlicher Geschäfte aus der Zeit der Unfreiheit und über die nationale Verwaltung der Vermögenswerte der Deutschen, der Magyaren, der Verräter und Kollaboranten und einiger Organisationen und Anstalten“ vom 19. Mai 1945. Dieses Dekret bildete die Grundlage für die Enteignung des privaten und Volksvermögens der in der Tschechoslowakei lebenden Deutschen. 2. Das Dekret betreffend die „Konfiskation und beschleunigte Aufteilung des landwirtschaftlichen Vermögens der Deutschen, Magyaren, wie auch der Feinde und Verräter des tschechischen und slowakischen Volkes“ vom 21. Juni 1945. Dieses Dekret bot die Handhabe zur Beschlagnahme des gesamten landwirtschaftlichen Besitzes der Sudetendeutschen. 3. Die Bekanntmachung des Finanzministeriums vom 22. Juni 1945 über die „Sicherstellung des deutschen Vermögens“. Damit wurde das Gesamtvermögen der Sudetendeutschen, das bei Geldinstituten hinterlegt war (zum Beispiel Geld- und Wertpapierbesitz), konfisziert, außerdem wurden die deutschen Unternehmungen und Institutionen gezwungen, spätestens innerhalb von 15 Tagen ihr gesamtes Vermögen auf ein vom Finanzministerium bestimmtes Sperrdepot zu hinterlegen. Inhaltsverzeichnis

80 4. Das Dekret des Präsidenten der Republik vom 20
4. Das Dekret des Präsidenten der Republik vom 20. Juli 1945 über die „Besiedlung des landwirtschaftlichen Bodens der Deutschen, der Magyaren und anderer Staatsfeinde durch tschechische, slowakische und andere slawische Landwirte“. Mit diesem Dekret wurde die Konfiskation des landwirtschaftlichen Besitzes der Sudetendeutschen sowie der Magyaren bestätigt, um ihn möglichst rasch an tschechische und slowakische Neusiedler billig zu verteilen. 5. Das Verfassungsdekret des Präsidenten der Republik vom über die „Regelung der tschechoslowakischen Staatsbürgerschaft der Personen deutscher und magyarischer Nationalität“. Veröffentlicht wurde das Dekret am Im Paragraph 1, Punkt 1 heißt es: „Tschechoslowakische Staatsbürger deutscher oder magyarischer Nationalität, die nach den Vorschriften der fremden Besatzungsmacht die deutsche oder die ungarische Staatsangehörigkeit erworben haben, haben mit diesem Erwerb die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft verloren“; im Punkt 2: „Die übrigen tschechoslowakischen Staatsbürger deutscher und magyarischer Nationalität verlieren die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft mit dem Tage, an welchem dieses Dekret in Kraft tritt.“  6. Das Dekret vom 19. September 1945 über „die Arbeitspflicht der Personen, welche die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft verloren haben.“ Mit diesem Dekret wurde die Zwangsarbeit für alle Personen angeordnet, denen nach dem Dekret vom 2. August 1945 die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft aberkannt worden war. Inhaltsverzeichnis

81 7. Auf Grund der Kundmachung des Finanzministeriums vom 22. Juni 1945
mussten sämtliche Zahlungen an Deutsche auf Sperrkonten erfolgen, selbst die Zahlungen aus Löhnen und Dienstbezügen, die den Betrag von 200 Kronen überstiegen. Über die auf diesen Sperrkonten lagernden Beträge konnte nur mit besonderer behördlicher Genehmigung verfügt werden. Die verbliebenen Sperrkonto-Guthaben wurden später mit Wirkung vom 1. Juli 1953 zugunsten des Staates eingezogen. In Sperrdepots mussten ferner alle Wertpapiere, Wert- und Kunstgegenstände und sonstige Wertsachen hinterlegt werden. Sie wurden ebenfalls entschädigungslos enteignet. 8. Das Dekret vom 25. Oktober 1945 über die „Konfiskation des feindlichen Vermögens und die Fonds der Nationalen Erneuerung“. Dieses Dekret bildete die Grundlage zur Enteignung des übrigen Vermögens der Deutschen, das durch die Dekrete vom 19. Mai bzw. 21. Juni 1945 noch nicht erfasst war. 9. Das Dekret vom 27. Oktober 1945 über die „Zwangsarbeit-Sonderabteilungen“. Ihm zufolge konnten alle als staatlich unzuverlässig erklärten Personen auf unbestimmte Zeit in „Zwangsarbeit-Sonderabteilungen“ (Konzentrationslager) inhaftiert werden. Dieses Dekret wurde ergänzt durch die Inhaltsverzeichnis

82 10. Bekanntmachung des Ministeriums des Inneren vom 2. Dezember 1945
über die „Richtlinien zur Durchführung des Dekrets des Präsidenten der Republik über die Arbeitspflicht von Personen, welche die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft verloren haben.“ 11. Gesetz über die „Rechtmäßigkeit von Handlungen, die mit dem Kampf um die Wiedergewinnung der Freiheit der Tschechen und Slowaken zusammenhängen.“ Eine Handlung, die in der Zeit vom 30. September 1938 bis zum 28. Oktober 1945 vorgenommen wurde und deren Zweck es war, einen Beitrag zum Kampf um die Wiedergewinnung der Freiheit der Tschechen und Slowaken zu leisten, oder die eine gerechte Vergeltung für Taten der Okkupanten oder ihrer Helfershelfer zum Ziel hatte, ist auch dann nicht widerrechtlich, wenn sie sonst nach den geltenden Vorschriften strafbar gewesen wäre. Mit diesem sogenannten „Amnestiegesetz“ wurden praktisch alle an Deutschen und Ungarn im Zuge der Vertreibung begangenen Verbrechen legalisiert. Die verbrecherischen Anordnungen der Beneš-Dekrete, die mehrere Millionen Menschen ausplünderten und beraubten, sind ohne jedes Beispiel. Es wurden unterschiedslos auch erklärte NS-Gegner enteignet und ausgebürgert. Viele Juden, die den Krieg überlebt hatten, erhielten nach 1945 ihr von den NS-Machthabern beschlagnahmtes Eigentum nicht zurück. Statt dessen gab es nachweislich sogar eine Reihe von Fällen, in denen ermordete Juden posthum unter Anwendung der Dekrete Nr. 12 oder 108 als „Deutsche“ enteignet wurden.  Auch andere Enteignungsexzesse waren häufig. Inhaltsverzeichnis

83 Mit den Dekreten wurden beispielsweise auch das Vermögen des neutralen Fürsten von und zu Liechtenstein sowie das Eigentum von italienischen Bürgern und von Angehörigen der polnischen und kroatischen Volksgruppe in der ČSR enteignet.  Alle führenden tschechischen Politiker und Parteien und alle Verfassungsorgane halten praktisch an der Fortgeltung der Dekrete fest. Punktuell werden die Dekrete heute noch angewendet, nämlich insbesondere in Form des Ausschlusses der heimatverbliebenen Deutschen von der Eigentumsrückgabe und beim Umgang mit sogenannten „liegenden Hinterlassenschaften“ aus der Zeit vor dem Hier können Bürger der Tschechischen Republik dann heute „nachträglich erben“, wenn der verstorbene Erblasser tschechischer Volkszugehöriger war, nicht aber, wenn er Deutscher war.  Die Gültigkeit der Dekrete wurde vom tschechischen Verfassungsgericht in dem – in Widerspruch zu den Grundprinzipien abendländischer Rechtsordnung stehenden – Grundsatzurteil vom ausdrücklich bestätigt. Anlass war der Antrag des im nordböhmischen Reichenberg lebenden Deutschen Rudolf Dreithaler auf Rückgabe seines Elternhauses, der abgelehnt wurde. Diese Entscheidung belegt zugleich die anhaltende Diskriminierungswirkung der Fortgeltung der Dekrete. Die Dekrete sind aber auch in der Slowakei, aus welcher vor allem die Karpatendeutschen vertrieben wurden, noch in Kraft. Inhaltsverzeichnis

84 Hänsch: Beneš-Dekrete gefährden EU-Beitritt Prags
Das tschechische Parlament hat am Mittwoch die Beneš-Dekrete bestätigt Berlin krü - Der Beitritt der tschechischen Republik zur Europäischen Union (EU) hat sich erschwert, weil das tschechische Parlament am Mittwoch die Beneš-Dekrete bestätigt hat. Der sozialdemokratische Europaabgeordnete und ehemalige Präsident des Europaparlaments, Klaus Hänsch, sagte , der Beschluss beantworte "nicht alle Fragen, die sich im Zusammenhang mit einem EU-Beitritt stellen". Hänsch, der auch Mitglied im europäischen Verfassungskonvent ist, erwartet jetzt das Ergebnis eines Rechtsgutachtens, das der Auswärtige Ausschuss des Europaparlaments in Auftrag gegeben hat. Es soll prüfen, ob die Beneš-Dekrete, die die Grundlage der Vertreibung der Sudentendeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg bildeten, noch heute die tschechische Rechtsprechung beeinflussen. "Wir haben Beispiele, dass die Dekrete in der Rechtsprechung noch heute eine diskriminierende Rolle spielen", sagte Hänsch. Dann aber gebe es innerhalb der EU ein Sonderrecht, dem Deutsche unterliegen. Hänsch wies Forderungen wie die des tschechischen Premierministers Václav Klaus zurück, der die Beneš-Dekrete in einem Beitrittsvertrag zur EU bekräftigt wissen wollte: "Dann stimmt sogar einer wie ich gegen das Beitrittsgesuch", sagte er. Inhaltsverzeichnis

85 Verschwisterung der beiden Städte (Zeitungsartikel der BA)
Mit der Unterzeichnung der Partnerschaftsvereinbarung Ende April in Bensheim wird aus der bisherigen Patenschaft mit der heute tschechischen Stadt Hostinné die dann sechste offizielle Städtepartnerschaft der Stadt Bensheim. Die Beziehungen zu dem früheren Arnau im Riesengebirge bestehen allerdings schon wesentlich länger und gehen bis ins Jahr 1956 zurück. Damals übernahm die Stadt Bensheim eine Patenschaft für die in Bensheim und Umgebung ansässigen ehemaligen Bürger von Arnau, die sich auch im Arbeitskreis Arnau zusammengeschlossen hatten. In den ersten 35 Jahren wurde die Patenschaft ausschließlich durch die Zusammenarbeit der Stadt Bensheim mit dem Arbeitskreis bei der Ausrichtung des alle zwei Jahre in Bensheim stattfindenden Heimattreffens, beim Aufbau und der Gestaltung des Arnauer Museums an der Nibelungenstraße und bei der Betreuung der ehemaligen Riesengebirgler gepflegt. Offizielle Kontakte zwischen den beiden Städten gibt es erst seit 1991, als Bürgermeister Georg Stolle seinen Aufenthalt im polnischen Klodzko/Glatz spontan zu einem Besuch in Hostinné nutzte. Seit dieser Zeit nahm die Patenschaft durch zahlreiche interessante Begegnungen auch aus offizieller Sicht eine erfreuliche Entwicklung. Inhaltsverzeichnis

86 Die Unterzeichnung der Partnerschaft
Für den im Heimatkreis Hohenelbe/Riesengebirge eingebundenen Arbeitskreis Arnau war im vergangenen Jahr nun die Zeit gekommen, die inzwischen engen und guten Beziehungen zwischen Bensheim und Hostinné in eine offizielle Städtepartnerschaft münden zu lassen. Mit der Unterzeichnung des Verschwisterungsvertrages am Samstag, dem 27. April, im Wappensaal des Dalberger Hofes wird nun aus der Patenstadt Hostinné eine Partnerstadt, die durch eine zehnköpfige offizielle Delegation mit Bürgermeister Karel Klima und Vizebürgermeister Jan Materna in Bensheim vertreten sein wird. Außerdem wird eine acht Personen starke Musikkapelle aus Hostinné erwartet, die mit zur musikalischen Umrahmung der Festveranstaltung beitragen wird. Die Unterzeichnung der Partnerschaft Inhaltsverzeichnis

87 Lars Becker Sebastian Czaplinski Patricia Di Francesco Reinhard Duddek Koopal Ebrahimi Christian Eck Tatjana Ehrstein Josef Gerlach Max Hechler Janina Hilbert Michael Krämer Lukas Meyer Katharina Molnar Heike Pacyga Daniel Plagge Charlotte Poth Sören Ruhm Mohammed Saleh Lena Sandig Eva-Maria Schieke Simone Schlösser Andreas Schultheis Rahel Syffer Sebastian Stärtzel Christina Stein Mariam Tabibi Mina Tabibi

88 Im Namen der Klasse möchte ich mich nochmal speziell bei unserem Geschichtslehrer Herrn Schäfer bedanken, der uns zu jeder Tageszeit zur Verfügung stand und alles sehr gut organisierte hatte Vielen Dank! Hiermit endet auch unser Projekt und wir hoffen, dass es Ihnen gefallen hat. Bensheim, den 30.Mai 2002


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