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Hagener Woche der Philosophie Gunnar Schumann

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Präsentation zum Thema: "Hagener Woche der Philosophie Gunnar Schumann"—  Präsentation transkript:

1 Hagener Woche der Philosophie 14.11.2016 Gunnar Schumann
Lockes Ideentheorie der Bedeutung und das Problem der privaten ostensiven Definition

2 Überblick John Locke: Versuch über den menschlichen Verstand (1690), Hamburg 2006. Kann als Gründungsschrift des neuzeitlichen Empirismus angesehen werden Empirismus = das Wissen und Erkenntnis allein oder zuerst auf Sinneserfahrung beruht Programm: Verstand erhebt den Menschen über die anderen empfindenden Lebewesen daher ist eine Untersuchung des Verstandes sicherlich wichtig „Wie das Auge lässt uns der Verstand alle anderen Dinge sehen und wahrnehmen“

3 Überblick 1. Ziel von Lockes Essay 2. Lockes Innatismus-Kritik
3. Lockes Erkenntnistheorie 4. Lockes Sprachphilosophie 5. Kritik an Lockes Sprachphilosophie 5.1 Benennen nicht die einzige Funktion von Wörtern 5.2 Problem des Fremdverstehens: 5.3 Probleme der hinweisenden Definition Exkurs: Bertrand Russells Logischer Atomismus 5.4 Probleme der privaten hinweisenden Definition

4 1. Ziel von Lockes Essay Lockes Programm: Untersuchung von Ursprung, Gewissheit und Umfang der menschl. Erkenntnis keine naturwissenschaftl. Untersuchung (= keine kognitionspsycholog. / neurowiss. Untersuchung, durch welche Bewegungen unserer Lebensgeister oder Veränderungen in unserem Körper wir dazu gelangen, irgendwelche Empfindungen vermittels unserer Organe in unserem Verstand zu haben) sondern, es soll darum gehen, die menschl. Erkenntnisfähigkeiten zu untersuchen; die Art und Weise, wie sich unser Verstand die Begriffe von den Dingen aneignet

5 1. Ziel von Lockes Essay I. Ursprung der Ideen / Begriffe, die der Mensch in seinem Geiste wahrnimmt, sowie die Wege, auf denen der Verstand zu ihnen gelangt II. welche Erkenntnis der Verstand durch diese Ideen gewinnt, welche Gewissheit und welchen Umfang III. Wesen und Grundlagen von Glauben und Meinung; sowie Gründe und Abstufungen von Zustimmungen zu Sätzen Nutzen der Untersuchung: Wenn wir die Grenzen des Umfangs unseres Verstandes ermitteln können, so werden wir vllt. lernen, uns mit dem zu begnügen, was wir in der Lage sind zu erkennen und Zweifel vermeiden

6 2. Lockes Innatismus-Kritik
Erstes Buch des Essays: weder Ideen noch Prinzipien sind angeboren Nichts gilt allgemeiner als ausgemacht, dass es gewisse Prinzipien (spekulative als auch praktische), denen die gesamte Menschheit zustimmen müsste – dies hätte die Seele ganz zu Anfang ihrer Existenz bekommen Locke: aber solche Prinzipien gibt es nicht bspw. „Was ist, das ist“ und „Ein Ding kann unmöglich sein und zugleich nicht sein“ denn Kinder und Idioten haben keine Vorstellung von diesen Sätzen Bei prakt. Prinzipien: kaum Übereinstimmung unter den Menschen zu finden alle müssen begründet werden (unverträglich mit ihrem Angeboren-Sein): selbst die unerschütterlichste Regel der Ethik: „Handle so, wie du selbst behandelt werden möchtest“ ist in dieser Hinsicht nicht wie „Ein Ding kann nicht zugleich sein und nicht sein“ – denn wer letzteres nicht akzeptiert – an dessen Menschenverstand müsste man zweifeln im Ggs. zum ersten

7 2. Lockes Innatismus-Kritik
auch hier wieder: bei den am wenigsten Verbildeten (Kinder und Ungebildete) müssten sich am klarsten zeigen lassen, dass sie angeborene prakt. Prinzipien haben, haben sie aber nicht in Wirklichkeit kommt die Versuchung, gewisse Sätze als angeboren prakt. Prinzipien zu sehen durch Gewöhnung

8 2. Lockes Innatismus-Kritik
die angebl. angeborenen Prinzipien bestehen aus Ideen Aber diese Ideen sind nicht angeboren, also erstere auch nicht Neugeborene und kleine Kinder haben vllt. Ideen von Hunger, Durst, Wärme, Schmerzen, aber sicher nicht die Ideen, aus denen die als angeboren angesehenen Prinzipien bestehen (etwa Unmöglichkeit und Identität) weitere Bsp.: „Das Ganze ist größer als eines seiner Teile“, „Gott muss verehrt werden“ – aber „Ganze“, „Teil“, „Gott“ und „Verehrung“ sind sicher nicht angeboren Ist die Idee Gottes angeboren? die Gottesidee wäre wahrsch. noch der eheste Kandidat für eine angeborene Idee, aber die Ideen von Gott gehen soweit auseinander, bspw. Anthropomorphisten wenn schon Gottesidee nicht, dann auch keine anderen

9 2. Lockes Innatismus-Kritik
einigen Sätzen den Status „angeboren“ zu verleihen, war einigen Menschen nützlich, denn sie erhoben sie so in einen unbezweifelbaren Rang [hier Locke als Aufklärer] Locke: hätte man stattdessen untersucht, auf welche Art und Weise die Menschen zur Erkenntnis zahlreicher allg. Wahrheiten gelangen, so würde man gefunden haben, dass sie sich aus Fähigkeiten des Verstandes selbst ergeben zu zeigen, wie der Verstand dabei verfährt, ist Aufgabe der folgenden Untersuchung

10 3. Lockes Erkenntnistheorie
Angenommen, der Geist ist ein unbeschriebenes Blatt – Wie bekommt er dann seine Ideen? Locke: aus der Erfahrung äußere, wahrnehmbare Gegenstände oder innere Operationen des Geistes auf sie gründet sich unsere gesamte Erkenntnis Erfahrung durch Sinne: sensation alle Qualitäten (Farbe, Formen, Gerüche, Geschmack, Raum, Ruhe, Bewegung) Erfahrung durch Wahrnehmung der Operationen des eigenen Geistes: reflection Wahrnehmen, Denken, Zweifeln, Glauben, Schließen, Erkennen, Wollen

11 3. Lockes Erkenntnistheorie
Ideen sind einfach oder komplex Zu einfachen Ideen: nichts kann für den Menschen klarer sein, als die klare und deutliche Wahrnehmung, die er von den einfachen Ideen hat diese sind nicht zusammengesetzt, also einfach, lassen sich also auch nicht zerlegen so wie der Mensch nicht in der Lage ist, ein einzelnes Stück Materie oder ein Atom neu zu erschaffen oder zu vernichten, so auch keine Ideen niemand kann sich einen Geschmack vorstellen, den er noch nie genossen, einen Duft den er noch nie gerochen hat

12 3. Lockes Erkenntnistheorie
Zu komplexen Ideen: Bspe.: Schönheit, Dankbarkeit, Mensch, Armee, Universum Eine wichtige Fähigkeit des Geistes ist das Zusammensetzen 1. Kombination mehrerer einfacher Ideen zu komplexen 2. Zusammenstellen mehrerer Ideen so, dass man sie gleichzeitig überblickt – daher stammen die Ideen der Relationen 3. Trennung / Abstraktion, so dass allg. Ideen entstehen

13 3. Lockes Erkenntnistheorie
Komplexe Ideen sind entweder: 1. Modi, hängen von Substanzen ab 1.1. einfache Modi Kombination von gleichen Ideen – Verallgemeinerung: ein Dutzend, ein Schock 1.2. gemischte Modi Kombination gemischter Ideen: Schönheit (angenehme Zusammensetzung von Farbe und Gestalt) oder Diebstahl (wiederechtliche Aneignung fremden Eigentums) 2. Ideen von Substanzen (= Kombinationen von Ideen zu Ideen selbstständig bestehender Dinge) 2.1. einfache Substanzen: Mensch, Schaf 2.2. kollektive: Armee, Herde 3. Relationen: entstehen durch Betrachtung und Vergleichung zweier Ideen größer als, heller als

14 4. Lockes Sprachphilosophie
Erstes Mal systematisch Untersuchung der Frage: Wie gelangen die Wörter zu ihrer Bedeutung? Locke: Die Gedanken sind alle in der Brust des Denkenden verschlossen Der Zweck der Wörter besteht darin, sinnlich wahrnehmbare Kennzeichen der Ideen zu sein Bedeutung haben die Wörter nur, wenn sie sich auf Ideen beziehen Aber die Verknüpfung wird willkürlich durch Menschen gemacht Es gibt keine natürliche Verbindung zwischen ihnen – denn Wörter können untersch. Ideen wachrufen streng genommen beziehen sich Wörter nur auf die eigenen Ideen

15 4. Lockes Sprachphilosophie
Zwar bezeichnen die Wörter zwar nur die Ideen im Geist, aber beziehen sich insgeheim auf zwei weitere Dinge: 1. Auf Ideen im Geiste Anderer Denn sonst wäre Kommunikation unmöglich 2. Auf reale Dinge der Außenwelt Denn wir wollen ja zumeist über Dinge der Außenwelt sprechen

16 4. Lockes Sprachphilosophie
3. Buch, III. Kapitel: Über allgemeine Ausdrücke: Allg. Ausdrücke – wie entstehen sie, wo wir es doch nur mit Einzeldingen zu tun haben? Durch Abstraktion von Zeit und Ort (u.a. Merkmalen, die sie partikularisieren) Locke: Das Definieren mithilfe des genus (und diffentia specifica) ist der kürzeste und bequemste Weg, aber nicht der einzige Sprachen sind nicht immer so, dass sich die Bedeutung eines Wortes anhand einer strengen Definition exakt wiedergeben ließe Universalien sind Schöpfungen des Geistes, keine realen Dinge

17 4. Lockes Sprachphilosophie
3. Buch, IV. Kapitel: Über die Namen einfacher Ausdrücke Die Namen der einfachen Ideen lassen sich nicht definieren – bei allen komplexen Ideen ist das möglich Denn nicht alles lässt sich definieren – regress ad infinitum Einfache Ideen sind nicht zusammengesetzt und lassen sich daher nicht definieren Bspw. „Bewegung“, „Licht“ (keinem Blinden könnte man mittels einer Definition die Bedeutung von „Licht“ erklären) Oder: die Bedeutung von „Geschmack von Ananas“ lässt sich nicht geben, in dem man den Ausdruck durch Worte (Definition) erklärt

18 4. Lockes Sprachphilosophie
komplexe Ideen lassen sich durch Definition vermitteln einfache Ideen werden uns nicht durch eine Definition vermittelt, sondern nur durch die Eindrücke der Gegenstände Locke legt sich damit auf die hinweisende („ostensive“) Definition als bedeutungsgebender Akt fest Locke: Namen für einfache Ideen weniger zweifelhaft und unsicher als die Namen der gemischten Modi und Substanzen, denn sie bezeichnen nur eine einfache Wahrnehmung

19 4. Lockes Sprachphilosophie
Locke wurde einflussreich – Warum? Weil sein Ansatz so einfach ist – alle Ideen verdanken sich letztlich innerer oder äußerer Wahrnehmung und sind nicht angeboren Alle komplexen und abstrakteren Ideen werden letztlich durch den Verstand aus einfachen Ideen zusammengefügt Einfache Ideen verknüpfen die Sprache mit der Wirklichkeit semantischer Kompositionalismus [Russell, Wiener Kreis]

20 5. Kritik an Lockes Sprachphilosophie
= hier: Kritik aus der Position des späten Wittgenstein 5.1 Benennen nicht die einzige Funktion von Wörtern Wir reden nicht nur von Dingen: die Bedeutung von „Feuer!“, „Wasser!“,, „Hilfe!“ oder „Schön!“ ist sowieso nicht „von Dingen reden“, sondern sind Exklamationen „Danke“, „Guten Tag!“, „Achtung!“ Selbst bei Eigennamen: beim Unterschreiben referieren wir nicht auf uns – sondern machen etwa einen Scheck gültig oder legen uns auf einen Vertragsinhalt fest

21 5. Kritik an Lockes Sprachphilosophie
5.2 Problem des Fremdverstehens: Lockes Bild zufolge erfassen und haben beide Sprecher eben nicht die selbe, sondern höchstens jeweils sehr ähnliche, eben die gleiche Idee, wenn sie einander verstehen. offensichtliche Folgeproblem: Wie kann man sicher sein kann, dass der andere überhaupt die richtige Idee bzw. Begriff erfasst, wenn beide Sprecher dasselbe Wort verwenden? die cartesianische Grundannahme, dass jeder Sprecher nur Zugang zu seiner eigenen geistigen Innenwelt hat, schließt ein Vergleich der beiden Ideen bzw. Begriffe aus die für die Kommunikation geforderte Übereinstimmung der Ideen wäre niemals sicher gegeben; Sprecher könnten sich nie sicher sein, dass sie über dasselbe sprechen; dass sie vom anderen verstanden werden; dass sie verstehen, worüber der andere spricht

22 5. Kritik an Lockes Sprachphilosophie
Sprecher derselben Sprache können sich aber in aller Regel problemlos verständigen Locke hatte diese absurde Folge aus seinem Modell sprachlicher Bedeutung gesehen und zu vermeiden gesucht , in dem er davon spricht, dass sich Ideen insgeheim auf zwei weitere Dinge beziehen: nämlich auf Ideen im Geiste Anderer und auf reale Dinge der Außenwelt Aber er war von seiner Bedeutungstheorie her nicht dazu berechtigt und es brachte ihn auch nicht dazu, diese aufzugeben

23 5. Kritik an Lockes Sprachphilosophie
Nach diesem cartesianisch-lockeschen Bild stellen Ideen oder Begriffe abstrakte, d.h. sinnlich nicht wahrnehmbare Gegenstände im Geist dar, zu denen ein jeder Sprecher einen privaten Zugang hat, der für andere prinzipiell ausgeschlossen ist. Aber dieses Bild verdankt sich dem szientifistischen Missverständnis, Ideen bzw. Begriffe zu reifizieren und sich den Geist als eine Art Raum, in dem diese Quasi-Entitäten fest verschlossen sind, vorzustellen In Wirklichkeit gebrauchen wir aber den Ausdruck „Idee“ / „Begriff“ gar nicht so, als würden damit Gegenstände (und seien es solche in einer metaphysischen Geistsphäre) bezeichnet

24 5. Kritik an Lockes Sprachphilosophie
Wenn zwei Sprecher über dasselbe sprechen, dann haben sie ein- und denselben Begriff, nicht zwei gleiche oder sehr ähnliche (so wie zwei Leute, die dasselbe Ziel verfolgen, dieselbe Absicht haben und nicht zwei sehr ähnliche und so wie zwei Leute, die einen pochenden Schmerz in der rechten Schläfe haben, denselben Schmerz haben, nicht zwei sehr ähnliche) Hier könnte man einwenden: „Aber es könnte doch sein, dass die Idee des Pferdes des Anderen nicht meine Idee des Pferdes ist – so wie sein Schmerz nicht mein Schmerz ist. “ – Ja, wenn es Unterschiede bei den Schmerzen bzw. Unterschiede bei den Begriffen gibt. Aber „eine Idee / einen Begriff (von etwas) haben“ ist nicht dasselbe wie „einen Gegenstand haben.“

25 5. Kritik an Lockes Sprachphilosophie
Dass zwei Sprecher verschiedene Begriffe von „Pferd“ haben, zeigt sich darin, dass sich in ihrem linguistischen oder nicht-linguistischen Verhalten ein Unterschied zeigt, nicht dadurch, dass die Sprecher zwei verschiedene ätherische Entitäten in ihrem Geiste vorliegen haben Die Anwendung der Unterscheidung zwischen numerischer und qualitativer Identität hat bei Begriffen (so wie auch bei bspw. Schmerzen, Absichten und Überzeugungen) keinen Sinn Wir individuieren und unterscheiden Begriffe danach, wovon sie Begriff sind, nicht danach, wem sie gehören

26 5. Kritik an Lockes Sprachphilosophie
In den Worten Elizabeth Anscombes (Studienbrief 03325: Private Ostensive Definition) von zwei gleichen Ideen desselben Dinges in meinem Geist und in deinem zu sprechen, ist so verkehrt wie von zwei Zahlen zu sprechen: der Anzahl von vier Kieseln in meiner und der der Anzahl von vier Kieseln in deiner Hand die Kiesel sind verschieden, aber nicht die Anzahl die Idee ist ebenso beide mal die selbe Eine Wahrnehmung „haben“ heißt hier „empfinden“ – und genau so, wie mein Gehen nicht darüber identifiziert wird, das es meines ist, sondern eine bestimmte Art des Gehens ist, so auch beim Erfahren/Empfinden Erfahren/Empfinden (Schmerz, mentales Bild, Hörwahrnehmung)

27 5. Kritik an Lockes Sprachphilosophie
Redeweise vom Haben eines Begriffes wird missverstanden als Besitzen eines Gegenstandes Aber wenn jemand den Begriff des Pferdes hat, dann heißt das genau so wenig, dass er einen Gegenstand besitzt, wie wenn man davon spricht, dass er noch eine Menge zu tun hat. Eine Idee/Begriff vom Pferd zu haben, heißt, Pferde hinreichend sicher identifizieren zu können, wahre Aussagen über Pferde tätigen zu können, Anderen erklären können, was ein Pferd ist, usw. Es heißt also ein Bündel von Fähigkeiten zu öffentlich beobachtbarem Verhaltensweisen zu haben, die die Zuschreibung der Idee gestatten, aber nicht: einen (metaphysischen) Gegenstand zu besitzen den Gebrauch eines Ausdrucks in einer Sprache zu beherrschen.

28 5. Kritik an Lockes Sprachphilosophie
5.3 Problem der hinweisenden Definition Bei Locke sind alle komplexen Ideen letztlich aus einfachen Ideen zusammengesetzt und diese erwerben wir durch direkte Erfahrung mit den Dingen der Welt Deshalb kennen wir die Bedeutung der Wörter, die sich auf komplexe Ideen beziehen, aus Definitionen, die wiederum aus Wörtern aufgebaut sind, die komplexe oder einfache Ideen bezeichnen Die Bedeutungen der Wörter, die einfache Ideen bezeichnen, müssen ostensiv erlernt / gelehrt werden

29 Bertrand Russell: Bei Bertrand Russell (“Knowledge by Acquaintance and Knowledge by Description” 1910/11) ähnliche Konzeption wie bei Locke: unsere Begriffe lassen sich definieren anhand von basalen „logischen Eigennamen“, mit denen wir „bekannt“ („acquainted“) sind Russell unterscheidet zwei Arten von Wissen: “Knowledge by acquaintance“ „Knowledge by description“

30 Bertrand Russell: 1. Knowledge by acquaintance
Bringt den Ggst. selbst vor den Geist, direkte kognitive Relation zum Objekt, z.B. wenn ich mir des Objekts direkt bewusst bin Haben wir nur von: Sinnesdaten (bspw. Farben, Geräusche, aber auch innere Zustände) Universalien (bspw. die Röte) Relationen (bspw. rauf und runter, zuvor und hinterher, Ähnlichkeit, Begehren, Bewusstsein) 2. Knowledge by description Haben wir, wenn wir Wissen von einem Ggst haben, der eine bestimmte Eigenschaft hat, mit der wir bekannt sind Solches Wissen ist Wissen von Gegenständen und anderen Geistern Bspe.: „Der Mann mit der eisernen Maske“, „Der Kandidat mit den meisten Stimmen, gewinnt.“ Die log. Form einer solchen Beschreibung ist die einer (def. oder indef.) Kennzeichnung

31 Bertrand Russell: Gewöhnliche Eigennamen und gewöhnliche Wörter sind nur definite Kennzeichnungen, logische Eigennamen im strikten Sinn sind nur „Ich“ und „dieses“ (später „Ich“ auch nicht mehr) Jede Proposition, die wir verstehen können, muss aus Bestandteilen zusammengesetzt sein, mit denen wir bekannt sind – denn womit wir nicht bekannt sind, das ist für uns unintelligibel Wenn wir ein Urteil vor uns haben, dann müssen wir mit den Bestandteilen des Urteils bekannt sein

32 Bertrand Russell: Wenn nicht (Normalfall), macht sich eine Urteilsanalyse erforderlich Es gibt dann definite Kennzeichnungen, die weganalysiert werden müssen, bis wir bei strikten (logischen) Eigennamen angelangt sind, mit denen wir dann bekannt sind „Der Autor von Waverley ist der Autor von Marmion“ enthält kein Objekt, mit dem wir bekannt sind (Sir Walter Scott) Wenn das Urteil angemessen analysiert wurde, dann sind seine Bestandteile nur noch Objekte, mit denen wir bekannt sind

33 5. Kritik an Lockes Sprachphilosophie
Kritik an dem Bild der hinw. Def. als Grundlage der Bedeutung aller anderen Wörter Gilt sicherlich nicht von Partikelwörtern wie „von“ oder log. Junktoren Gegeben, A will B die Bedeutung des Wortes „toff“ erklären A zeigt B einen Bleistift zeigt und sagt: „Das ist toff“ B weiß nicht, worauf sich die hinweisende Definition bezieht Auf die Farbe? Material? Form? Härte? Anzahl? A mag sagen: „Ich meine die Farbe / Anzahl von diesem hier“ – aber wie erklärt er B „Farbe“ / „Anzahl“? – durch weitere Wörter vllt., aber was steht am Ende dieser Kette? Wie B die Erklärung auffasst, zeigt sich darin, wie B von dem erklärten Wort Gebrauch macht / wie er es anwendet

34 5. Kritik an Lockes Sprachphilosophie
Wittgenstein ist nicht gegen die Zweckmäßigkeit von hinweisenden Definitionen Spracherwerb ist ja möglich; und manchmal erklären wir die Bedeutung eines Wortes, in dem wir auf einen Gegenstand zeigen Aber mit dem Lehren eines Namens geht das Lehren der korrekten Weise seines Gebrauchs einher Namen gibt es für eine ganze Reihe von log. verschiedenen Kategorien Und wenn das Kind sich zu Weihnachten nicht nur eine Eisenbahn, sondern zur Vervollständigung des Geschenks einen Satz Signale und außerdem einen Eisenbahnunfall wünscht, dann hat es die Grammatik (= die log. Kategorie) von „Eisenbahnunfall“ nicht verstanden Ereignis, nicht Ggst. „Was ist unter dem Bett?“ - „Nichts“ - „Und neben dem Nichts?“ (Wittgenstein: philosoph. Probleme sind genau der Art, dass Kategorien verwechselt werden – bspw., dass man den Geist oder eine Idee für ein Ding / Gegenstand hält)

35 5. Kritik an Lockes Sprachphilosophie
Einwand: um nun bspw. die Bedeutung eines Farbwortes hinweisend zu definieren, könnte man doch bspw. eine Farbtabelle benutzen (also eine Regel) Anscombe: aber wir müssen lernen, wie die Regel anzuwenden ist, ohne Interpretation hängt sie in der Luft Wenn wir ein rotes Muster benutzen, um „rot“ zu definieren, 1) die „Grammatik“ oder Logik eines Wortes kann nicht durch Zeigen gelehrt werden die „Grammatik“ oder Logik eines Wortes fließt auch nicht aus dem Gegenstand, sie gehört nicht zu seinen intrinsischen Eigenschaften 2) wir müssen wissen, wie das Muster zu gebrauchen ist Die Farbe des Musters ist gemeint, nicht etwa ihr Material (Form) Das Muster gehört bereits zur Sprache

36 5. Kritik an Lockes Sprachphilosophie
Dass die Farbe des Musters mit „rot“ gemeint ist, ergibt sich aus dem Gebrauch des Wortes „rot“, den wir Sprecher des Deutschen machen Denn durch die Art und Weise unseres Gebrauchs wird klar, dass es sich um ein Farbwort handelt; wir schließen bspw. aus, damit auf Gegenstände oder Zahlen oder Tätigkeiten zu referieren

37 5. Kritik an Lockes Sprachphilosophie
5.4 Probleme der privaten hinweisenden Definition Wenn ein Wort eine private hinweisende Definition braucht, dann steht es für ein privates Objekt (oder private Tatsache) Man ist geneigt zu sagen, dass da ein Objekt im Inneren ist, was empfunden wird oder „mit dem man bekannt ist“ Diese inneren Objekte gewährleisten zugleich, dass die Bedeutung meines Wortes nicht leer ist und legen seine Bedeutung fest All unser empirisches Wissen sei darauf aufgebaut

38 5. Kritik an Lockes Sprachphilosophie
aber niemand kann wissen, was ein Sprecher meint, wenn die Bedeutung eines Wortes durch ein privates Objekt festgelegt wird Die Bedeutung eines Wortes kann man sich als eine Regel denken, anhand derer man das Wort zu gebrauchen hat Aber wenn es so etwas wie eine private hinw. Def. gäbe, dann wäre das innere Muster die Regel und daher privat, so dass niemand wüsste, wie das Wort zu gebrauchen wäre Das Muster wäre für andere unzugänglich und nicht zu kennen Aber dann kann mittels privater hinw. Definition die Bedeutung von Wörtern unserer Umgangssprache nicht festgelegt sein, denn diese ist ja lehr- und lernbar und wird von Sprechern verstanden

39 5. Kritik an Lockes Sprachphilosophie
Aber Wittgensteins berühmtes Gegenargument gegen die Möglichkeit einer privaten Sprache (sog. „Privatsprachenargument“) ist nicht, dass die anderen es nicht verstehen würden, sondern, dass noch nicht einmal der Sprecher selbst sie verstehen könnte Man kann also nicht von einer Privatsprache in diesem Sinn sprechen

40 5. Kritik an Lockes Sprachphilosophie
Wittgensteins Bsp.: Erinnerungstagebuch: Angenommen, ich versuche, die Bedeutung eines Wortes für einen inneren Zustand privat zu definieren, in dem ich immer, wenn der Zustand auftaucht, ein bestimmtes Wort („sanf“) in mein Tagebuch niederschreibe Ich fokussiere meine Aufmerksamkeit auf eine Wahrnehmung (sensation) und assoziiere damit ein Wort Aber das ist kein Taufakt, der dem Wort eine Bedeutung verleiht! Eine Definition oder Erklärung der Bedeutung eines Wortes ist eine Regel, die uns sagt, wie wir das Wort bei der nächsten Gelegenheit zu gebrauchen haben Aber mein Konzentrieren auf eine Wahrnehmung tut das nicht, denn es bestimmt keine Regel und legt keine Methode der Vergleichung fest

41 5. Kritik an Lockes Sprachphilosophie
Man ist versucht zu sagen, der innere Zustand (sensation) gibt mir das Muster, das die Regel für die Gebrauchsweise des Wortes bei zukünftigen Gelegenheiten liefert Aber eine privates Bild ist kein Muster, denn a) Es bleibt nicht bestehen wie bspw. ein öffentliches Muster für Rot in einem Farbenkatalog; Farbmuster in einem Katalog können aufbewahrt und anderen gezeigt werden; es muss als Standard für zukünftige Vergleiche dienen können; es muss mgl. sein, das Muster neben die Realität zu legen und Übereinstimmung oder Nichtübereinstimmung festzustellen Aber ein Vorstellungsbild von rot oder eine Schmerzempfindung können nicht aufbewahrt (und wieder hervorgeholt), anderen gezeigt werden

42 5. Kritik an Lockes Sprachphilosophie
Einwand: aber ich kann mich doch an ein Vorstellungsbild erinnern! Nein, man wäre zugleich Angeklagter und Richter in eigener Sache Die Bestätigung, dass man der Regel richtig folgt, die kann man sich nicht selbst geben, denn das wäre keine Bestätigung D.h. der Punkt ist nicht, dass ich mich vllt. falsch erinnere, sondern: von „richtiger“ oder „falscher“ Erinnerung zu sprechen, hat hier gar keinen Sinn, denn bei privaten Vorstellungen existiert kein Kriterium / Maßstab der Richtigkeit Der begriffl. Unterschied zwischen „eine Empfindung richtig erinnern“ und „eine Empfindung falsch erinnern“ bricht zusammen, denn es gibt keinen etablierten Gebrauch von „sanf“; die Tagebucheinträge sind die einzigen Anwendungen des Wortes, so dass es keinen objektiv richtigen Gebrauch von „sanf“ gibt

43 5. Kritik an Lockes Sprachphilosophie
Eine Bestätigung kann nur von außen kommen – der Ausweis, dass man ein Wort richtig gebraucht, kann nur von der Sprechergemeinschaft, prinzipiell durch Andere, gegeben werden Sprechen ist regelkonformes Sprechen, aber Regelkonformität kann nur anhand der Übereinstimmung bzw. Nicht-übereinstimmung mit einer durch eine Sprechergemeinschaft etablierten Praxis des Gebrauchs eines Wortes zustandekommen

44 5. Kritik an Lockes Sprachphilosophie
Außerdem: ich erkenne eine bestimmte Vorstellung nicht als eine alte wieder, denn vom „Erkennen einer Vorstellung“ kann nur da sinnvoll die Rede sein, wenn es möglich ist, sich auch zu irren Es hat aber keinen Sinn zu sagen: „Ich dachte ich hätte eine Vorstellung von ‚rot‘ / Schmerzgefühl, aber nun sehe ich, dass ich mich geirrt habe“ oder: „Entweder habe ich eine Rot- oder Blauwahrnehmung, ich weiß noch nicht welches von beiden – lass mich nochmal nachsehen“ oder: „Ich glaube, ich hab Schmerzen“

45 5. Kritik an Lockes Sprachphilosophie
Ich kann eine mentales Bild von einer Farbe erst dann wiedererkennen, wenn ich bereits über den Begriff von dieser Farbe verfüge – aber den wollte ich ja erst durch mein Erinnern bestimmen! So, wie von dem Urmeter nicht ausgesagt werden kann, dass es ein Meter lang ist (das wäre keine Tatsachenbeschreibung), denn das Urmeter ist das Muster – nicht das, was mit dem Muster verglichen wird So kann bei nächster Gelegenheit einer Empfindung nicht überprüft werden, ob sie „sanf“ ist, denn „sanf“ hat noch gar keine etablierte Gebrauchsweise außerhalb meiner eigenen Tagebucheinträge, gegen die es verglichen werden könnte

46 5. Kritik an Lockes Sprachphilosophie
Und wenn man dann sagt: es gilt, was immer ich sage, ob ich korrekt erinnere oder nicht – dann hat es gar keinen Sinn mehr von „richtig“ (oder „falsch“) zu sprechen

47 Vielen Dank!


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