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Unternehmensrestrukturierungen und Arbeitsrecht

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Präsentation zum Thema: "Unternehmensrestrukturierungen und Arbeitsrecht"—  Präsentation transkript:

1 Unternehmensrestrukturierungen und Arbeitsrecht
Risiken und Chancen Risiken und Chancen Rechtsanwalt Sami Negm Rechtsanwälte Dr. Pribilla Kaldenhoff Negm Goebenstr. 3 50672 Köln

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Worum es geht… In welchen Formen kann sich Umstrukturierung vollziehen? gesellschaftsrechtliche Vorgänge arbeitsrechtliche Vorgänge Mischformen Welche kollektivarbeitsrechtlichen Fragen stellen sich? bei Kündigungen: Anhörungspflicht des BR bei Versetzungen: Zustimmungspflicht bei Betriebsänderungen Informationspflichten gegenüber Wirtschaftsausschuss und BR, Massenentlassungsanzeige bei Arbeitsagentur Beratung mit BR Interessenausgleich Sozialplan Welche individualarbeitsrechtlichen Fragen stellen sich? Kündigungen: Erfordernis der sozialen Rechtfertigung nach dem KSchG Versetzungen: Weisung oder Änderungskündigung? Betriebsübergang Welche Lösungsstrategien versprechen Erfolg? © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

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Worum es nicht geht… steuerrechtliche Aspekte von Umstrukturierungen gesellschaftsrechtliche Aspekte von Umstrukturierungen kartellrechtliche Aspekte von Umstrukturierungen © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

5 Gestaltungsformen der Umstrukturierung
? Gestaltungsformen der Umstrukturierung Rein gesellschaftsrechtliche Vorgänge Mischformen Rein arbeitsrechtliche Vorgänge Gesellschafterwechsel, Anteilsveräußerung, Anteilstausch Neubesetzung von Unternehmensorganen Änderungen des Gesellschaftsvertrages einschließlich Formwechsel Gründung und Erwerb von Tochtergesellschaften und sonstigen Beteiligungen Konzernierung/Einführung einer Holdingstruktur/Beendigung von Konzernverhältnissen Außerhalb des Umwandlungsgesetzes Ausgliederung von Aktivitäten auf neu gegründete oder bestehende Gesellschaften Verschmelzung durch Einbringung von Einzelvermögenswerten in aufnehmende Gesellschaft Liquidation/Eröffnung des Insolvenzverfahrens Innerhalb des Umwandlungsgesetzes Verschmelzung Spaltung Vermögensübertragung Formwechsel Personalabbau/Massenentlassung Organisationsänderungen auf betrieblicher Ebene Teilung, Verschmelzung und Verlegung von Betrieben und Betriebsteilen Betriebsstilllegung/-teilstilllegung Betriebsübergang nach § 613 a BGB Kündigungen Unterrichtung und Beratung § 111 BetrVG Interessenausgleich und Sozialplan 112 ff BetrVG Betriebsübergang 613 a BGB Versetzungen Massenentlassungs- anzeige © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

6 Rein gesellschaftsrechtliche Vorgänge
Gesellschafterwechsel, Anteilsveräußerung, Anteilstausch Neubesetzung von Unternehmensorganen Änderungen des Gesellschaftsvertrages einschließlich Formwechsel Gründung und Erwerb von Tochtergesellschaften und sonstigen Beteiligungen Konzernierung/Einführung einer Holdingstruktur, Beendigung von Konzernverhältnissen © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

7 Rein gesellschaftsrechtliche Vorgänge Beispiel
A ist in dritter Generation Alleingesellschafter der C-GmbH, eines traditionsreichen, im Zentrum einer aufstrebenden Stadt gelegenen Familienunternehmens mit 150 Beschäftigten. Er beabsichtigt den Verkauf sämtlicher Anteile an einen „stadtbekannten" Spekulanten (B), dem offensichtlich in erster Linie an dem äußerst wertvollen Betriebsgrundstück gelegen ist. Der Betriebsrat verlangt die Aufnahme einer „Fortführungsklausel" in den Anteilsveräußerungsvertrag sowie die Aufstellung eines Sozialplans für den Fall, dass es innerhalb von fünf Jahren zu einer Verlegung oder gar Stilllegung des Betriebes kommen sollte. Liegt ein Betriebsübergang im Sinne des § 613 a vor? Handelt es sich um eine Betriebsänderung, bei der ein Interessenausgleich versucht werden muss und ein Sozialplan verlangt werden kann? Muss der Wirtschaftsausschuss informiert werden? © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

8 Rein gesellschaftsrechtliche Vorgänge Beispiel
Die Z-GmbH ist ein am Markt sehr erfolgreicher, wegen seines Produktdesigns höchst angesehener Hersteller von Büroaccessoires. Die überwiegend noch aus Handarbeit bestehende Produktion ist jedoch hoffnungslos veraltet. Die Geschäftsführung beabsichtigt den Kauf eines nur 35 km entfernten Konkurrenzunternehmens (K-GmbH) im Wege der Übernahme sämtlicher Gesellschaftsanteile. Die K-GmbH wäre ohne weiteres in der Lage, mit ihren fortschrittlichen Produktionseinrichtungen nach einer gewissen Umstellungsphase die Herstellung der Z-Produkte ohne wesentliche Erweiterung des bei der K-GmbH beschäftigten Personals zu übernehmen. Muss der Wirtschaftsausschuss informiert werden? Handelt es sich um eine Betriebsänderung, bei der ein Interessenausgleich versucht werden muss und ein Sozialplan verlangt werden kann? © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

9 rein arbeitsrechtliche Vorgänge
Personalabbau/ Massenentlassungen Organisationsänderungen auf betrieblicher Ebene Teilung, Verschmelzung und Verlegung von Betrieben und Betriebsteilen Betriebsstilllegung/-teilstilllegung Betriebsübergang nach § 613 a BGB © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

10 Beispiel Betriebsverlegung
Die A-GmbH unterhält am Standort X ein Fachhandelsgeschäft für Gast­stätten- und Hotelbedarf mit eigener Lager- und Versandabteilung. Auf Grund der besseren Verkehrsanbindung soll die Lager- und Versandabteilung mit ca. 70 Arbeitnehmern ausgegliedert und in ein neu bezogenes, ca. 35 Kilometer entferntes Gebäude verlagert werden. Erfordert die Versetzung der Arbeitnehmer eine Änderungskündigung? Ist der Betriebsrat hierbei zu beteiligen? Handelt es sich darüber hinaus um eine evtl. sozialplanpflichtige Betriebsänderung? © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

11 Misch- und Überschneidungstatbestände
Außerhalb des Umwandlungsgesetzes Ausgliederung von Aktivitäten auf neu gegründete oder bestehende Gesellschaften Verschmelzung durch Einbringung von Einzelvermögenswerten in aufnehmende Gesellschaft Liquidation/Eröffnung des Insolvenzverfahrens Innerhalb des Umwandlungsgesetzes Verschmelzung Spaltung Vermögensübertragung Formwechsel © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

12 Beispiel: Ausgliederung durch Einzelrechtsnachfolge
Die C-GmbH betreibt ein Unternehmen der chemischen Industrie, das sich in die Bereiche Einkauf, Produktion, Vertrieb und Verwaltung (Organisation, Buchhaltung, EDV, Personal) aufgliedert. Die Produktion soll nunmehr „rechtlich verselbständigt" werden. Zu diesem Zweck gründet die C-GmbH als 100%ige Anteilseignerin die P-GmbH, in welche die C-GmbH im Wege eines entsprechenden Veräußerung,- und Übertragungsvertrages ihr gesamtes auf die Produktion entfallendes Betriebsvermögen einbringt (Sachgründung bzw. Sachkapitalerhöhung). Liegt ein Betriebsübergang im Sinne des § 613 a BGB vor? Handelt es sich um eine ggf. sozialplanpflichtige Betriebsänderung? © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

13 1. arbeitsrechtlicher Problemkreis
Umstrukturierungen als sozialplanpflichtige Betriebsänderungen © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

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Betriebsänderungen Unterrichtung und Beratung gem. § 111 BetrVG Interessenausgleich Sozialplan Der DGB hat in einer Untersuchung  herausgefunden, dass sich mehr als jeder dritte Betriebsrat und 9,2 Prozent aller Personalräte mit Sozialplänen auseinandergesetzt hat © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

15 Vorraussetzungen für die Beteiligung bei Betriebsänderungen
ausreichende Unternehmensgröße Bestehen eines Betriebsrates Möglichkeit wesentlicher Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft geplante Betriebsänderung 1. Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen, 2. Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen, 3. Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben, 4. grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen, 5. Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

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Unternehmensgröße Unternehmensgröße: mehr als zwanzig wahlberechtigte Arbeitnehmer Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten (§ 5 Abs. 1 BetrVG). Ob es sich bei den Arbeitnehmern um Teilzeit- oder Vollzeitbeschäftigte handelt, oder ob diese befristet oder unbefristet eingestellt sind, ist irrelevant. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

17 Bestehen eines Betriebsrates
maßgeblicher Zeitpunkt für die Begründung von Beteiligungsrechten ist der Abschluss der unterneh- merischen Planungsphase. Ist die Planung noch im Fluss oder ändert ein Unternehmen beispielsweise nach der erstmaligen Konstituierung eines Betriebsrates nochmals grundlegend das Konzept der Restrukturierungsmaßnahme, so ist der neue Betriebsrat allerdings zu beteiligen. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

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Beteiligung des Gesamtbetriebsrates bei Fehlen eines Einzelbetriebsrates? vgl. § 50 I BetrVG: Der Gesamtbetriebsrat ist zuständig für die Behandlung von Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können seine Zuständigkeit erstreckt sich insoweit auch auf (betriebsratsfähige – str.-) Betriebe ohne Betriebsrat. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

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Möglichkeit wesentlicher Nachteile für Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft wesentlicher Nachteil wird bei Nr. 1-5 gesetzlich vermutet sollte Aufzählung nicht abschließend sein, wäre wesentlicher Nachteil zu prüfen © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

20 erhebliche Teile der Belegschaft
richtet sich nach der Anzahl der von der Maßnahme betroffenen ArbN. BAG greift auf die Zahlenangaben des § 17 Absatz 1 KSchG zurück. Dies bedeutet, dass bei Betrieben zwischen 21 und 59 ArbN mindestens 6 ArbN, 60 und 499 ArbN 10% bzw. mindestens 26 ArbN sowie in Betrieben mit mehr als 500 ArbN mindestens 30 ArbN betroffen sein müssen. Zusätzlich verlangt das BAG, dass mindestens 5% der Belegschaft des Betriebs betroffen sind. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

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Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebes oder von wesentlichen Betriebsteilen Betriebsstilllegung ist die Auflösung der zwischen ArbGeb und ArbN bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft, die ihre Veranlassung und zugleich ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, dass der ArbGeb die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, die Weiterverfolgung des bisherigen Betriebszwecks dauernd od. jedenfalls für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne einzustellen. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

22 Betriebsstilllegung durch ArbG
Betriebsstilllegung muss durch den Arbeitgeber veranlasst sein. Daher liegt eine Betriebsstilllegung i.S.d. § 111 BetrVG nicht bereits dann vor, wenn sämtliche ArbN wegen erheblicher Lohnrückstände selbst kündigen. Etwas anderes kann gelten, wenn der ArbGeb die ArbN durch schleppende Lohnzahlung zur Eigenkündigung veranlassen wollte bzw. diese ausdrücklich zur Eigenkündigung aufgefordert hat, um die Rechtsfolgen der §§ 111ff BetrVG zu umgehen bzw. wenn der ArbGeb ausdrücklich wegen des bevorstehenden Personalabbaus die ArbN zu Eigenkündigungen veranlasst. Eine Betriebsstilllegung ist auch dann nicht gegeben, wenn ein Betrieb geschlossen wird, der von vornherein und für die ArbN erkennbar nur für einen zeitlich begrenzten Betriebszweck errichtet worden ist und die Betriebsschließung wegen der Zweckerreichung erfolgt. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

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Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebes oder von wesentlichen Betriebsteilen Eine Betriebseinschränkung liegt demgegenüber vor, wenn der Betriebszweck zwar weiterverfolgt wird, dies jedoch unter einer nicht nur vorübergehenden Herabsetzung der Betriebsleistung geschieht. Wichtigster Anwendungsfall der Betriebseinschränkung ist der Personalabbau. Ob ein rechtlich erheblicher Personalabbau vorliegt, richtet sich nach den Zahlenwerten des § 17 Abs 1 KSchG. Dabei ist unerheblich, ob es sich um Teilzeit- oder Vollzeitbeschäftigte handelt. Hieran hat auch § 112a BetrVG nichts geändert, da diese Vorschrift nur die Erzwingbarkeit von Sozialplänen bei Personalabbau betrifft, aber die Betriebsänderung i.S.d. § 111 BetrVG nicht neu definiert. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

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Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebes oder von wesentlichen Betriebsteilen Normalerweise erfolgt der Personalabbau durch betriebsbedingte Kündigungen oder arbeitgeberseitig veranlasste Aufhebungsverträge. Im Einzelfall können auch Eigenkündigungen der ArbN Mitwirkungsrechte des BRat nach §§ 111ff BetrVG auslösen. Dies gilt immer dann, wenn sie auf Veranlassung des ArbGeb zur Vermeidung arbeitgeberseitiger Kündigungen ausgesprochen werden. Änderungskündigungen sind nur dann zu berücksichtigen, wenn die gekündigten ArbN entweder das Änderungsangebot abgelehnt oder nicht fristgerecht einen Vorbehalt iSd § 2 KSchG erklärt haben. Nicht unter den Begriff der Betriebseinschränkung fallen saisonbedingte Personalreduzierungen bei Saison- und Kampagnebetrieben. Schließlich müssen sich Betriebsstilllegung und Betriebseinschränkung nicht auf den gesamten Betrieb erstrecken, sondern es genügt, wenn wesentliche Betriebsteile betroffen sind. Die Beurteilung der Wesentlichkeit eines Betriebsteils richtet sich nach der Rspr wiederum nach der Anzahl der betroffenen ArbN, wobei erneut die Zahlenwerte des § 17 Abs. 1 KSchG herangezogen werden. Nicht entscheidend ist, ob in dem stillgelegten Betriebsteil bislang ein wesentliches Vorprodukt gefertigt wurde, das nunmehr von Dritten angekauft wird. Dies kann allenfalls i.S.v. § 111 Satz 3 Nr. 5 BetrVG erheblich sein. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

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Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen (§ 111 Satz 3 Nr 2 BetrVG). Unter Verlegung ist jede wesentliche Veränderung der örtlichen Lage des Betriebs bzw von wesentlichen Betriebsteilen zu verstehen, die mit nicht ganz unerheblichen Erschwerungen für die Belegschaft verbunden ist. Dabei stellt die Rspr relativ geringe Anforderungen. Beispiele: Umzug von 4,3 km vom Zentrum an den Stadtrand Umzug von 5,5 km innerhalb Frankfurts. Die Betriebsverlegung ist dabei von der Betriebsstilllegung abzugrenzen. Nach der Rspr des BAG stellt eine erhebliche räumliche Verlegung des Betriebs dann eine Betriebsstilllegung dar, wenn die alte Betriebsgemeinschaft aufgelöst wird und der Aufbau einer im Wesentlichen neuen Betriebsgemeinschaft am neuen Betriebssitz erfolgt. Ein solcher Fall soll z.B. vorliegen, wenn sich die ArbN weigern, am neuen Betriebssitz zu arbeiten. Diese Überlagerung von Betriebsverlegung und Betriebsstilllegung hat ihre Ursache in dem Betriebsbegriff des BetrVG und dabei insbesondere in dem Umstand, dass zum Betrieb i.S.d. BetrVG auch die ArbN zählen. Eine Auflösung der Betriebsgemeinschaft hat damit notwendigerweise eine Betriebsstilllegung zur Folge. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

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Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben (§ 111 Satz 3 Nr 3 BetrVG) Die Zusammenfassung zweier bislang selbstständiger Betriebe kann entweder durch die Aufnahme eines Betriebs in die bestehende betriebliche Organisation eines anderen Betriebs oder durch die Bildung einer gänzlich neuen Betriebseinheit erfolgen. Beide Vorgänge erfüllen den Tatbestand des § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG. Das Gleiche gilt für die Zusammenlegung eines selbstständigen Betriebsteils oder eines Nebenbetriebes mit einem anderen Betrieb oder Betriebsteil. Im Zusammenhang mit der Neuregelung des Umwandlungsrechts zum ist das Tatbestandsmerkmal der Spaltung von Betrieben in den Katalog möglicher Betriebsänderungen mit aufgenommen worden. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

27 © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen (§ 111 Satz 3 Nr 4 BetrVG) Grundlegend ist jede Änderung, die nicht nur einer laufenden Verbesserung entspricht, sondern maßgebliche Auswirkungen auf den Betriebsablauf hat. Es muss eine erhebliche Bedeutung für das betriebliche Gesamtgeschehen erkennbar sein. Im Zweifelsfall stellt das BAG dabei erneut auf die Zahl der betroffenen ArbN ab. Unter dem Begriff der Betriebsorganisation ist die Art und Weise, wie Menschen und Betriebsanlagen koordiniert werden, um den gewünschten arbeitstechnischen Zweck zu erreichen, zu verstehen. Von einer grundlegenden Änderung der Betriebsorganisation kann daher bei der vollständigen Änderung des Betriebsablaufs, der Abteilungsstrukturen sowie der Zuständigkeiten und Unterstellungsverhältnisse gesprochen werden. Beispiele hierfür können sein: Zentralisierungs- oder Dezentralisierungsmaßnahmen sowie die Einführung „flacherer" Hierarchien, Einführung von Großraumbüros, Gruppenarbeit und so genannter Just-in-time Produktion Outsourcing von Primärfunktionen und Vergabe so genannter Sekundärfunktionen (z. B. Bewachung, Kantine, Reinigung) an Drittunternehmen, lean production, d. h. Reduktion der Fertigungstiefe. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

28 Grundlegende Änderungen des Betriebszwecks (§ 111 Satz 3 Nr 4 BetrVG)
Von einer Änderung des Betriebszwecks ist auszugehen, wenn sich der arbeitstechnische Zweck des Betriebs ändert, z.B. bei Umstellung der Produktpalette, Umstellung von Produktion auf Vertriebstätigkeit Nach der Rspr des BAG kann die Hinzufügung eines weiteren Betriebszwecks ausreichen (Ergänzung eines Spielkasinos mit Spieltischen um einen zusätzlichen Saal mit Spielautomaten; aA LAG Hess: Einführung des Pokerspiels in Spielbank bewirkt keine Änderung des Betriebszwecks). Die Änderung der Betriebsanlagen betrifft schließlich die Betriebsmittel im weiteren Sinne. Beispiele: Einführung neuartiger Maschinen, Einführung eines EDV-Systems , Einführung von Bildschirmarbeitsplätzen. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

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Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren (§ 111 Satz 3 Nr. 5 BetrVG) Hinsichtlich der grundlegenden Bedeutung gilt das oben zu § 111 Satz 3 Nr. 4 BetrVG Gesagte entsprechend. Erfasst werden insbesondere Rationalisierungsmaßnahmen soweit es sich hierbei nicht lediglich um eine sich im Rahmen des Üblichen bewegende Verbesserung handelt. Die Abgrenzung kann im Einzelfall schwierig sein. während es bei Nr. 4 auf technische Änderungen der Betriebsmittel ankommt, kommt es bei Nr. 5 auf Gestaltung der Arbeit selbst an. Je nach Art der Maßnahme können gleichzeitig Mitbestimmungsrechte des BRat nach § 87 BetrVG bzw. § 102 BetrVG eingreifen; z.B. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bei Einführung von technischen Überwachungseinrichtungen. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

30 © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
neue Arbeitsmethoden Umstellung von Einzel- auf Fließbandfertigung, Einführung von Gruppenarbeit, EDV-gestützte Verwaltung und Bildschirmarbeit Auch wird vertreten, dass die Einführung von Teilzeitarbeit und so genannter kapazitätsorientierter Arbeitszeit sich als Einführung neuer Arbeitsmethoden darstellt (str.). © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

31 neue Fertigungsverfahren
Fertigungsverfahren betreffen die technischen Methoden zur Herstellung der Produkte. Die Einführung neuer Fertigungsverfahren wird in aller Regel mit der Änderung der Betriebsanlagen einhergehen. Maßstab für die Neuheit der Arbeits- und Fertigungsmethoden ist nicht die generelle Situation beispielsweise in der Branche. Es kommt vielmehr ausschließlich darauf an, ob der Arbeitgeber sich in dem in Rede stehenden Betrieb bereits dieser Methode bedient. Indiz dafür, ob eine grundlegende Änderung vorliegt, ist auch hier wieder die Zahl der betroffenen Arbeitnehmer. Wichtig ist in diesem Kontext, dass gerade bei der Änderung von Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren vielfach noch weitere Beteiligungsrechte des Betriebsrates zu berücksichtigen sind. In Betracht kommen insoweit insbesondere die erzwingbaren Mitbestimmungsrechte nach §§ 87 Abs. 1 Nr. 6, Nr. 10 und Nr. 11, 90 BetrVG. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

32 Interessenausgleich und Sozialplan
Interessenausgleich regelt das „Ob“, „Wie“ und „Wann“ der Betriebsänderung. Er muss bei Betriebsänderungen versucht werden. Sozialplan regelt das „Wieviel“. Er ist bei Betriebsänderungen erzwingbar. Was Gegenstand eines Interessenausgleichs ist, kann nicht Gegenstand eines Sozialplans sein. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

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Interessenausgleich Der Interessenausgleich ist ein Instrument der betrieblichen Mitbestimmung im deutschen Arbeitsrecht und dient zur Verhinderung wirtschaftlicher Nachteile bei einer Betriebsänderung. Der Begriff wird - anders als beim Sozialplan - im Gesetz nicht definiert sondern vorausgesetzt, etwa in § 112 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Der Interessenausgleich ist laut Betriebsverfassungsgesetz schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben. Typische Inhalte, die in einen Interessenausgleich aufgenommen werden können, sind etwa Festlegung der Termine für Entlassungen Freistellungen bei Betriebsstillegung Regelungen zur Kurzarbeit Regelungen zur Umschulung und Qualifizierung, Schaffung einer betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheit Auswahlrichtlinien für Versetzung und Entlassung © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

34 Versuch des Interessenausgleichs
Nach der Rechtsprechung des BAG (Bundesarbeitsgericht) muss der Arbeitgeber nach vorheriger Information des Betriebsrats und nach vorherigen Beratungen mit dem Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen, um vor der Einigungsstelle (weiter) über einen Interessenausgleich zu verhandeln. Da ein Interessenausgleich auch vor der Einigungsstelle nicht erzwungen werden kann, kann es passieren, dass der Arbeitgeber die Einigungsstelle vergeblich anruft. Andererseits ist die Anrufung der Einigungsstelle und das Verhandeln vor ihr ein klar definiertes Ereignis ist, das auch für den Arbeitgeber von Vorteil ist: Scheitern nämlich auch die Verhandlungen vor der Einigungsstelle, steht zumindest fest, daß der Arbeitgeber einen Interessenausgleich (ernsthaft) "versucht" hat. Letztlich hat der Betriebsrat durch diese Rechtsprechung aber die Möglichkeit, bei den Verhandlungen über einen Interessenausgleich auf Zeit zu spielen, was ihm bei wirtschaftlich dringend notwendigen Betriebsänderungen eine gewisse Verhandlungsmacht gibt, die ihm an sich bei den Verhandlungen über einen Interessenausgleich fehlt. Problem: BR kann Verfahren durch Dissens über den Vorsitzenden hinauszögern © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

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Sozialplan Nach der gesetzlichen Definition des § 112 Abs. 1 BetrVG ist unter einem Sozialplan eine Vereinbarung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile zu verstehen, die dem Arbeitnehmer infolge von geplanten Betriebsänderungen entstehen. Der Zweck des Sozialplans wird sowohl in der Überbrückungsleistung für den Arbeitnehmer, der Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes (oder anderer Nachteile) als auch in der Förderung der Akzeptanz der Betriebsänderung gesehen. Typischer Inhalt sind Abfindungszahlungen bei Verlust des Arbeitsplatzes. Regelungen zu Transfergesellschaften gemäß SGB III, Regelungen zu Versetzungen und Umsetzungen sowie zur Qualifizierung. Fahrtkostenzuschüssen oder Umzugsbeihilfen befristete Arbeitsplatzgarantien nach Umsetzung sowie Besitzstandsklauseln und Härtefallregelungen. Ein Sozialplan hat die normative Wirkung einer Betriebsvereinbarung. Im Gegensatz zum Interessenausgleich ist der Sozialplan über die Einigungsstelle grundsätzlich erzwingbar. Ausnahmen gelten jedoch bei Neugründungen (das Unternehmen besteht noch keine vier Jahre) und Betriebsänderungen, die sich in bloßer Personalverringerung erschöpfen, wenn die erforderliche Mindestzahl an Kündigungen (vgl. § 112a BetrVG) nicht erreicht wird. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

36 © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
In der öffentlichen Debatte um den Einsatz von Transfergesellschaften werden verschiedene Aspekte von Transfergesellschaften von unterschiedlichen Interessengruppen kritisiert. Die Transfergesellschaften fungieren als Vermittler von Arbeitssuchenden und erbringen somit Dienstleistungen, die eigentlich von der zuständigen Agentur für Arbeit erbracht werden müssen. Den Mitarbeitern in einer Transfergesellschaft werden zudem Leistungen von der Agentur zur Verfügung gestellt, die bei weitem den Umfang der regulären Arbeitslosenbetreuung übersteigen (z.B. durch den bis zu 12- monatigen Bezug von Transferkurzarbeitergeld, dem im Falle der Nicht-Vermittlung ein weiterer Anspruch auf Arbeitslosengeld folgt). Diese ungleiche Behandlung von Mitarbeitern in einer Transfergesellschaft und Arbeitslosen in der regulären Arbeitsagenturbetreuung wird von verschiedenen Interessengruppen als Problem angesehen. Ein zweiter Problemkontext wird in der mit der Durchführung von Transfergesellschaften beauftragten Gesellschaften gesehen. Die auf das Management von Transfergesellschaften spezialisierten Gesellschaften verfolgen meist weitergehende Interessen als die Vermittlung von Mitarbeitern. So nutzen Gesellschaften mit eigenen Weiterbildungseinrichtungen die Mitarbeiter einer Transfergesellschaft gleichzeitig als Kunden der eigenen Weiterbildungseinrichtung und profitieren somit in doppelter Weise vom Instrument der Transfergesellschaft. Dieses Problem ist auf Grund fehlender Daten nicht genau zu eruieren. Ein dritter Problembereich wird in der betriebspolitischen Auseinandersetzung und Einigung über Beschäftigtenabbau gesehen. Die weit verbreiteten gewerkschaftlich geführten Transfergesellschaften, meist von gewerkschaftlich angehöhrenden Bildungseinrichtungen bewirtschaftet, werden von unterschiedlichen Interessengruppen mit dem Vorwurf konfrontiert dem Beschäftigungsabbau nur zuzustimmen, wenn gewerkschaftlich orientierte Transfergesellschaften installiert werden. Weit verbreitet und mit zunehmender Kritik wird in diesem Kontext auch das monetäre Engagement von ehemaligen Betriebsräten als Berater für die entlassenen Beschäftigten in Transfergesellschaften gesehen. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

37 Folgen des Verstosses gegen § 111 ff. BetrVG
Nachteilsausgleich gem. § 113 BetrVG Ordnungswidrigkeit gem. § 121 BetrVG einstweilige Verfügung auf Unterlassung? streitig… © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

38 Nachteilsausgleich bei Entlassungen
Besteht ausgleichspflichtige Maßnahme in Entlassungen, muss der ArbGeb bei Nichtversuch eines Interessenausgleichs oder bei nicht begründeter Abweichung von einem solchen eine Abfindung entsprechend § 10 KSchG zahlen. Der Begriff der Entlassung ist derselbe, wie bei der Betriebsänderung und beim Sozialplan. Kündigung durch ArbG Aufhebungsvertrag vom ArbG veranlasste Eigenkündigung auch Änderungskündigungen können erfasst sein. Für den Anspruch aus § 113 BetrVG reicht die tatsächliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus. Unerheblich ist, ob die Kündigung wirksam war. Dies braucht nicht zuvor in einem Klageverfahren festgestellt zu werden. Man kann den ArbN nicht zwingen, den ArbG durch Erheben einer Kündigungsschutzklage vor den Folgen eines gesetzwidrigen Verhaltens zu bewahren. Wird jedoch im Kündigungsschutzverfahren die Unwirksamkeit der Kündigung festgestellt, gibt es auch keinen Nachteilsausgleich, weil der Nachteil - die Auflösung des Arbeitsverhältnisses - nicht eingetreten. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

39 Nachteilsausgleich in anderen Fällen
andere wirtschaftliche Nachteile sind für den Zeitraum von bis zu 12 Monaten auszugleichen, wenn die Abweichung vom Interessenausgleich nicht in einer Entlassung, sondern z.B. in einer Versetzung oder Umgruppierung besteht. Es geht nach dem Gesetzeswortlaut des § 113 Abs 2 BetrVG um einen vollen Ausgleich, nicht nur um eine Milderung. Als Nachteile kommen geringere Vergütung, höhere Fahrtkosten u.ä. in Betracht. Immaterielle Schäden werden nicht ersetzt. Der abstrakte Verzicht auf mögliche zukünftige Ansprüche auf Nachteilsausgleich ist unwirksam.   © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

40 Folgen des Verstosses gegen § 111 BetrVG - Unterlassungsverfügung?
Nein: BAG , BB 91, 2306; LAG Hamm , NZA-RR 97, 343; LAG Köln , BB 95, 2115 [LS]; LAG SchlHol , DB 92, 1788; LAG RhPf , LAGE Nr 10 zu § 111 BetrVG 1972; LAG BaWü , DB 86, 805; LAG Düsseldorf , DB 97, 1286; LAG Nürnberg TaBv 8/00, BB 2000, 2100 [LS]; ArbG Dresden BvGa 8/99, BB 2000, 363 [LS]; ArbG Herne , DB 91, 2296; ArbG Nürnberg , NZA-RR 96, 411; ArbG Kiel , BB 97, 635; ArbG Minden , BB 97, 635; ArbG Dresden , NZA-RR 98, 125; ArbG Schwerin , NZA-RR 98, 448; LAG Köln Ta 145/06 Ja: LAG Frankfurt , DB 85, 178; LAG Frankfurt , ArbuR 94, 162; LAG Bln , BB 96, 64 [LS] = NZA 96, 1284; ArbG Oldenburg , DB 94, 1195; Kreisgericht Saalfeld , DB 91, 919; ArbG Neustrelitz , BB 95, 206; ArbG Reutlingen , AiB 96, 490; ArbG Hamburg – 25 BVGa 6/97, NZA-RR 98, 127; © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

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Lösungsstrategien kreative Sozialpläne mit Vereinbarung von Transfergesellschaften statt reiner Abfindungssozialpläne individualarbeitsrechtlicher Nebeneffekt: Vermeidung von kosten- und zeitintensiven Kündigungsschutzprozessen © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

42 Beschäftigungs-/Transfer gesellschaften
Beschäftigungsgesellschaften haben zwischenzeitlich weitreichende Bedeutung als Gestaltungselement bei Unternehmenskrisen und -umstrukturierungen erlangt. Mit Hilfe der Beschäftigungsgesellschaften soll bei betriebsbedingten Entlassungen eine Alternative zur Arbeitslosigkeit geschaffen werden, indem den zu entlassenden ArbN die Möglichkeit eingeräumt wird, im Anschluss an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses für einen befristeten Zeitraum in der Beschäftigungsgesellschaft tätig zu sein und diese Zeit zu einer Qualifizierung und Bewerbung für eine neue Tätigkeit im ersten Arbeitsmarkt zu nutzen. Beschäftigungsgesellschaften können von den Unternehmen, die (Massen-)Entlassungen planen, konkret für den Einzelfall gegründet werden. Daneben existieren aber bereits regional und auch überregional arbeitende Beschäftigungsgesellschaften, welche über eine vorhandene Infrastruktur verfügen. Hinsichtlich der Bezeichnung derartiger Gesellschaften hat sich noch keine einheitliche Terminologie gebildet. Neben dem hier verwendeten Begriff "Beschäftigungsgesellschaft" sind zB auch die Bezeichnungen "Qualifizierungsgesellschaft" oder "Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft" (kurz "BQG") gebräuchlich. Die Chemische Industrie gebraucht in ihren Vereinbarungen mit der IGBCE die Bezeichnung "Transfer- und Personalentwicklungsgesellschaften". Unter dem inzwischen riesigen Angebot gibt es ein immenses Qualitätsgefälle, so dass eine sorgfältige Information unerlässlich ist. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

43 Sozialplan und Transfergesellschaften
Die Verpflichtung des ArbGeb, bei Vorliegen einer Betriebsänderung i.S.d. § 111 BetrVG im Rahmen eines Sozialplans die Einschaltung einer Beschäftigungsgesellschaft vorzusehen, ist grds möglich. Würde die Einigungsstelle diese Möglichkeit (anstelle eines reinen Abfindungs-Sozialplans) überhaupt nicht in ihre Erwägungen einbeziehen, überschreitet sie ihr Ermessen. Dies ergibt sich schon aus dem vom BAG anerkannten Sinn und Zweck eines Sozialplans, zukünftige Nachteile der Betroffenen auszugleichen und keine zusätzliche Entlohnung für den Verlust des Arbeitsplatzes auszuwerfen. § 112a Abs 2 BetrVG betont ausdrücklich, dass die Einigungsstelle die in SGB III vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen soll. Eine Pflicht zur Einschaltung einer Beschäftigungsgesellschaft infolge einer entsprechenden Ermessensreduzierung auf Null dürfte allerdings kaum anzunehmen sein. Ebenso würde die Einigungsstelle ihren Ermessensspielraum überschreiten, wenn sie den ArbGeb zur Gründung einer eigenen Beschäftigungsgesellschaft verpflichten und nicht nur die Beteiligung an einer externen Beschäftigungsgesellschaft vorsehen würde. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

44 Transfergesellschaften
Unter Transfergesellschaften werden betriebsorganisatorisch eigenständige Einheiten verstanden, die konkret von Arbeitslosigkeit bedrohten Mitarbeiter eines Unternehmens im Rahmen einer maximal einjährig befristeten Beschäftigung neue Beschäftigungsverhältnisse vermitteln. Sie verfolgen ausschließlich das Ziel, die betreuten Beschäftigten so schnell wie möglich wieder in neue Beschäftigungsverhältnisse zu vermitteln. Der Wechsel in eine Transfergesellschaft ist für die von Arbeitslosigkeit bedrohten Beschäftigen freiwillig. Transfergesellschaften werden über ein gesetzlich definiertes Verfahren in enger Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit installiert. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

45 Aufbau einer Transfergesellschaft
Der Aufbau einer Transfergesellschaft erfolgt über eine Einigung zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretungen in einem Unternehmen, und einer „Information über Betriebsänderungen“ nach § 2 Abs. 3 SGB III bei der zuständigen Agentur für Arbeit. Diese Einigung erfolgt meist über einen Zusatz im Sozialplan oder über einen eigens verabschiedeten Transfersozialplan, der den Arbeitnehmern konkrete Vermittlungs- und Qualifizierungsangebote macht. Gemeinsam muss eine „Dritte Partei“ beauftragt werden, die die Transfergesellschaft führt und die von Arbeitslosigkeit betroffenen Beschäftigten in einer Transfergesellschaft beschäftigt. Anhand eines Vertrags verständigen sich Unternehmen, Beschäftigte und die Organisation, die mit der Transfergesellschaft beauftragt wurde, über die Zusammenarbeit in der Transfergesellschaft. Die Mitarbeiter, die sich für einen Übergang in eine Transfergesellschaft entschieden haben, werden dann in einer betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheit (beE) zusammengefasst. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

46 Zustandekommen der Arbeitsverhältnisse
Das zwischen ArbN und Beschäftigungsgesellschaft geschlossene Vertragsverhältnis ist ein "normales" Arbeitsverhältnis. Insbesondere ist die Beschäftigungsgesellschaft auch bei einer engen Anbindung an den bisherigen ArbGeb der übernommenen ArbN als alleiniger ArbGeb einzustufen, auch mit allen betriebsverfassungsrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Folgen. Der Abschluss des Arbeitsvertrages erfolgt vielfach über einen dreiseitigen Vertrag, in dem gleichzeitig zwischen bisherigem ArbGeb und ArbN die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und die Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses mit der Beschäftigungsgesellschaft geregelt werden. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

47 Inhalt der Arbeitsverhältnisse
Das Arbeitsverhältnis mit der Beschäftigungsgesellschaft ist regelmäßig auf ein Jahr befristet, also innerhalb der Höchstgrenzen des § 14 Abs 2 TzBfG. Die Arbeitsbedingungen sind im Hinblick auf den Zweck der Beschäftigungsgesellschaft modifiziert. § 613a BGB steht dem nicht entgegen, weil regelmäßig keine Betriebsmittel übernommen werden und die ArbN einen anderen Betriebszweck, die Qualifizierung, verfolgen. Üblich ist etwa die Verpflichtung der ArbN, an von der BA finanzierten Qualifizierungsmaßnahmen teilzunehmen, sowie das Recht, innerhalb einer kurzen Ankündigungsfrist auch während des Befristungszeitraums das Arbeitsverhältnis mit der Beschäftigungsgesellschaft zu kündigen. Vielfach üblich ist es auch, zu vereinbaren, dass die Beschäftigungsgesellschaft ArbN einem anderen Unternehmen auf Zeit überlassen kann, um den ArbN für ein neues Arbeitsverhältnis zu erproben, oder das vorübergehende Ruhen des Arbeitsverhältnisses mit der Beschäftigungsgesellschaft zu vereinbaren, falls der ArbN ein befristetes Arbeitsverhältnis bei einem anderen Unternehmen eingeht. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

48 Inhaltliche Ausgestaltung und Funktion von Transfergesellschaften
Die Transfergesellschaft ist ein arbeitspolitisches Instrument, die in ihrer Ausgestaltung in §216b SGB III fest definiert sind. Die inhaltliche Ausgestaltung einer Transfergesellschaft wird zwischen der Arbeitnehmervertretung und Unternehmensleitung ausgehandelt. Die finanzielle Basis für die in die Transfergesellschaft eingetretenen Beschäftigten bildet das Transferkurzarbeitergeld, welches dem Arbeitslosengeld I ähnlich ist. Der Bezug des Transferkurzarbeitergeldes ist auf maximal zwölf Monate begrenzt und hat keinen Einfluss auf die Bezugsdauer des Arbeitslosengeld I. Das Transferkurzarbeitergeld wird im Rahmen des Aufbaus einer Transfergesellschaft bei der zuständigen Agentur für Arbeit von der Transfergesellschaft beantragt. In der Regel wird das Transferkurzarbeitergeld von dem entlassenen Unternehmen „aufgestockt“, so dass die Mitarbeiter der Transfergesellschaft bis zu 100 % ihrer vormaligen Bezüge erhalten können. Die Finanzierung der Transfergesellschaft erfolgt ebenfalls über das Unternehmen. Die arbeitspolitische Funktion der Transfergesellschaft besteht in der Vermittlung der von Arbeitslosigkeit bedrohten Beschäftigten. Zur Vermittlung stehen Transfergesellschaften unterschiedliche Instrumente zur Verfügung. Weiterbildungsmaßnahmen, die vom entlassenen Unternehmen finanziert werden, helfen den Mitarbeiter in der Transfergesellschaft sich beruflich neu zu orientieren oder so zu qualifizieren, dass diese in neue Beschäftigungsverhältnisse vermittelt werden können. Ferner arbeiten die Transfergesellschaften in enger Abstimmung mit der Agentur für Arbeit und nutzen auch die etablierten Instrumente © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

49 Vorteile von Transfergesellschaften
Transfergesellschaften sind im Kontext umfassender Rationalisierungsmassnahmen und dem damit einhergehenden Personalabbau zu einem prominenten Instrument moderner Arbeitsmarktpolitik geworden. Den Unternehmen wird mit dem Instrument der Transfergesellschaft ein Mechanismus bereitgestellt, der es ermöglicht, Arbeitsplätze „sozial verträglich“ abzubauen. Trotz der meist erheblichen Kosten, die mit der Installierung einer Transfergesellschaft verbunden sind, bieten sich den Unternehmen mit dem Instrument der Transfergesellschaft folgende Vorteile: Imagegewinn trotz betrieblich notwendiger Personalanpassung Vermeidung von Kündigungsfristen Vermeidung von Kündigungsschutzklagen Bessere Kalkulierbarkeit der Kosten des Personalabbaus Für die von der Kündigung betroffenen Mitarbeiter bietet die Beschäftigung in einer Transfergesellschaft gleich mehrere Vorteile: Vermeidung von Arbeitslosigkeit Ununterbrochener Verlauf von Entgeltpunkten in der Rentenversicherung Bezug von Transferkurzarbeitergeld für maximal zwölf Monate Professionelle Betreuung in der beruflichen Neuorientierung Finanzierung von Weiterbildungsmaßnahmen Bewerbungen aus einem Beschäftigungsverhältnis heraus © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

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Finanzierung Transferkurzarbeitergeld wird im Regelfall beim Wechsel eines Arbeitnehmers in eine Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft als neuen Arbeitgeber gewährt. Die Höhe der Leistung liegt je nach Familienstand bei 60 Prozent bzw. 67 Prozent des anfallenden Nettoentgelts, die maximale Bezugsdauer beträgt 12 Monate. Ergänzt werden die Leistungen der BA durch Zuschüsse zu Qualifizierungsmaßnahmen im Einzelfall. Der ArbGeb beteiligt sich meist dadurch an der Finanzierung der Beschäftigungsgesellschaft, dass er das Kurzarbeitergeld aufstockt. Derartige Leistungen werden in einem Sozialplan gem § 112 BetrVG festgeschrieben. Damit der ehemalige ArbGeb die für diese Sozialplanleistungen notwendigen Mittel (gerade in der Krise) aufbringen kann, ist es durchaus gängige Praxis, dass den betroffenen ArbN recht deutlich klargemacht wird, dass eine Übernahme in die Beschäftigungsgesellschaft nur infrage kommt, wenn das Arbeitsverhältnis mit dem ehemaligen ArbN unter Abkürzung der persönlichen Kündigungsfristen beendet wird. Beschäftigungs- und Auffanggesellschaft. Wird die Beschäftigungsgesellschaft als Mittel zum Personalabbau gebraucht, endet die Umstrukturierungsmaßnahme häufig nicht mit der Überleitung der Arbeitsverhältnisse auf die Beschäftigungsgesellschaft. Als vermeintlicher "Königsweg" zur Ausschaltung der Betriebsübergangsproblematik wird wie folgt vorgegangen: Im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der erfolgten Überleitung der Arbeitsverhältnisse in die Beschäftigungsgesellschaft tritt eine schon vorhandene oder neu gegründete Auffanggesellschaft des bisherigen ArbGeb, welche die bisherige Geschäftstätigkeit (ggf in vermindertem Umfang) fortführt, auf den Plan. Diese Auffanggesellschaft macht nun einem Teil der in der Beschäftigungsgesellschaft "geparkten" ArbN neue Angebote zur Fortsetzung ihrer Tätigkeit in der Auffanggesellschaft, wobei hier regelmäßig aus ArbGebSicht günstigere Arbeitsbedingungen gelten. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

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Beratung zu Interessenausgleich und Sozialplan Kommunikationsstrategie nach innen und außen Sondierung der geeigneten Transfermaßnahmen und -instrumente Operative Umsetzung verschiedener Transferinstrumente nach dem Vermittlungskonzept der Personal Innovation GmbH Verhandlungen mit der Bundesagentur für Arbeit Fördermöglichkeiten nach §216 a/b SGB III Beratung zu Verhandlungsstrategien                   © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

52 2. arbeitsrechtlicher Problemkreis
Umstrukturierung und Betriebsübergang © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

53 Betriebsübergang, 613 a Sinn und Zweck der Vorschrift
sozialen Besitzstand der ArbN erhalten und einen lückenlosen Bestandsschutz zu gewähren den Bestand des BRat und seiner Mitbestimmungsrechte zu garantieren die Funktionsfähigkeit und Kontinuität des Betriebes zu sichern durch Fortbestand der eingearbeiteten Belegschaft sowie Haftungsregelungen für ArbNAnsprüche gegen alten und neuen Betriebsinhaber zur Verfügung zu stellen © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

54 613 a BGB Anwendungsbereich
alle im Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Arbeitsverhältnisse. Maßgeblich ist die rechtliche Zugehörigkeit, nicht die tatsächliche Beschäftigung also auch gekündigte Arbeitsverhältnisse während des Laufes der Kündigungsfrist befristete Arbeitsverhältnisse Arbeiter und Angestellte (auch leitende) Voll- und Teilzeitbeschäftigte Auszubildende Volontäre und Praktikanten. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

55 Betriebsübergang Voraussetzungen (Übersicht)
Übergang eines Betriebes oder Betriebsteiles durch Rechtsgeschäft © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

56 Betriebsübergang Voraussetzung (Übergang)
Übergang einer ihre Identität bewahrenden wirtschaftlichen Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit. Sämtliche, den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen sind in einer umfassenden Gesamtwürdigung zu berücksichtigen. Von Bedeutung sind: die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebes, der Übergang oder Nichtübergang der materiellen Aktiva wie Gebäude und bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva zum Zeitpunkt des Übergangs, die Übernahme oder Nichtübernahme der Hauptbelegschaft und/oder der Führungskräfte durch den neuen Inhaber, der Übergang oder Nichtübergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen der vor und der nach dem Übergang verrichteten Tätigkeit die Dauer einer eventuellen Unterbrechung der betrieblichen Tätigkeit. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

57 Betriebsübergang durch Aktienerwerb?
Die Veräußerung sämtlicher Aktien einer AG oder sämtlicher Geschäftsanteile einer GmbH ist kein Betriebsübergang, weil der Arbeitgeber die juristische Person ist und sie bei einem Wechsel ihrer Inhaber unverändert fortbesteht. Zur Abgrenzung ist also danach zu unterscheiden, ob der Betrieb oder ein Betriebsteil an einen anderen Unternehmensträger veräußert wird. Nur dann findet § 613a BGB Anwendung. Werden dagegen die Geschäftsanteile einer GmbH bzw. die Aktien einer AG an neue Gesellschafter bzw. Aktionäre veräußert, so verändert sich der Arbeitgeber (die GmbH oder AG) nicht. Wer Gesellschafter der GmbH bzw. Aktionär der AG ist, ist für die unverändert fortbestehende Rechtsstellung der juristischen Person als Arbeitgeber unbeachtlich. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

58 Betriebsübergang Voraussetzung (durch Rechtsgeschäft)
Das Merkmal dient nur der Abgrenzung zum Inhaberwechsel kraft Gesetzes. Unmittelbare rechtsgeschäftliche Beziehungen zwischen Veräußerer u. Erwerber sind nicht erforderlich. Ein Übergang durch Rechtsgeschäft liegt bei einem einverständliche Wechsel der Inhaberschaft vor. Typische Beispiele für Rechtsgeschäfte sind: Kauf-, Pacht-, Nießbrauchs- oder Schenkungsverträge, Vermächtnisse sowie Regelungen im Rahmen von Gesellschaftsverträgen, so etwa, wenn ein Betrieb oder Betriebsteil in eine neu gegründete Auffanggesellschaft eingebracht wird. Ausreichend ist Verschmelzung nach dem UmwG (vgl § 324 UmwG). Ausreichend ist auch Inhaberwechsel, der sich aus einem Bündel von Rechtsgeschäften mit mehreren Dritten ergibt soweit mit diesen der Übergang eines funktionsfähigen Betriebes bzw. Betriebsteils bezweckt wird. § 613a BGB verlangt auch nicht das Vorliegen eines zweiseitigen Rechtsgeschäfts, eine vom bisherigen Inhaber erteilte Ermächtigung zur Fortführung des Betriebes reicht aus. Erst recht muss sich das Rechtsgeschäft nicht auf die Übernahme der Arbeitsverhältnisse beziehen Die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts führt nicht zum Ausschluss der Rechtsfolgen des § 613a BGB. Für das Vorliegen eines Betriebsübergangs kommt es insoweit allein auf die tatsächliche Fortführung der übernommenen wirtschaftlichen Einheit an. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

59 Betriebsübergang Widerspruch (Neuregelung)
Das Widerspruchsrecht nach Betriebsübergang war bislang Richterrecht. Seit dem 1. April 2002 ist es in das Gesetz übernommen worden. Die gesetzliche Ausgestaltung der Unterrichtungspflichten des Arbeitgebers in Abs. 5 erfolgte als Umsetzung der geänderten Betriebsübergangsrichtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12.März In § 613 a BGB wurden die Absätze 5 und 6 angefügt. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

60 Betriebsübergang Widerspruch (Unterrichtungspflicht)
Nach § 613 a Abs. 5 BGB hat der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs, den Grund für den Übergang, die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer (z. B. Weitergeltung/Änderung der Arbeitsbedingungen; Geltung von Betriebsvereinbarungen; Besitzstand) und die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

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BAG Urt. v , 8 AZR 763/05 Die im Streitfall vorgenommene Unterrichtung war schon deshalb nicht fristauslösend, weil die rechtlichen Folgen nach § 613a Abs. 1 Satz 1 bis 4 BGB unzutreffend dargestellt worden sind. Zu den rechtlichen Folgen eines Betriebsübergangs gehört auch die in § 613a Abs. 2 BGB geregelte Haftungsverteilung (vgl. Senat 13. Juli  8 AZR 305/05 - NZA 2006, 1268, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; Bauer/von Steinau-Steinrück ZIP 2002, 457, 463; Annuß FS zum 25-jährigen Bestehen der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht S. 563, 571) . Diese ist auf Seite 2 des Unterrichtungsschreibens offensichtlich fehlerhaft dargestellt, indem mitgeteilt wird, dass die e GmbH ab dem 1. Januar 2004 als Arbeitgeberin für alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis haften wird, die nach dem Übergang entstehen und fällig werden. Die Beklagte “hingegen” hafte für alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, die vor dem Betriebsübergang entstanden seien. Die e GmbH haftet nach § 613a Abs. 2 Satz 1 BGB vielmehr für alle in der Vergangenheit entstandenen und fällig gewordenen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis gesamtschuldnerisch mit der Beklagten. Falsch, zumindest aber missverständlich ist der weitere Hinweis, die Beklagte hafte für alle vor dem 1. Januar 2004 entstandenen und binnen eines Jahres nach dem Betriebsübergang fällig werdenden Ansprüche gesamtschuldnerisch, da dies darauf schließen lassen kann, die Beklagte hafte für derartige Ansprüche voll. Tatsächlich haftet der ehemalige Betriebsinhaber jedoch nur anteilmäßig entsprechend dem im Übergangszeitpunkt abgelaufenen Bemessungszeitraum für vor dem Betriebsübergang entstandene, jedoch danach fällig gewordene Ansprüche der Arbeitnehmer (BAG 22. Juni  3 AZR 832/76 - AP BGB § 613a Nr. 12 = EzA BGB § 613a Nr. 19) . Die fehlerhafte Information beinhaltet keine vertretbaren rechtlichen Standpunkte. Sie widerspricht im ersten Fall dem klaren Gesetzeswortlaut und im zweiten Fall jedenfalls der zitierten ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. auch zur Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung über die Haftungsverteilung nach § 613a Abs. 2 BGB: Senat 13. Juli  8 AZR 305/05 - NZA 2006, 1268, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) . © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

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Fristgemäßer Widerspruch nach § 613 a Abs. 6 BGB – Unterrichtung nach § 613 a Abs. 5 BGB Die Frist zur Erklärung eines Widerspruchs gegen den Übergang eines Arbeitsverhältnisses gem. § 613 a BGB wird weder bei einer unterbliebenen noch bei einer nicht ordnungsgemäßen Unterrichtung ausgelöst. Eine Unterrichtung nach § 613 a Abs. 5 BGB erfordert eine verständliche, arbeitsplatzbezogene und zutreffende Information. Sie muss u. a. Angaben über die Identität des Erwerbers, den Gegenstand und den rechtlichen Grund des Betriebsübergangs sowie eine korrekte Darstellung der rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs für den Arbeitnehmer enthalten. Wird das Widerspruchsrecht nach dem Betriebsübergang ausgeübt, wirkt es auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs zurück. BAG - Urteil vom AZR 305/05 § 613 a Abs. 5, 6 BGB Zum Sachverhalt: Die Beklagte betrieb eine Rehabilitationsklinik mit ca. 40 Beschäftigten. Im Gebäude befand sich ebenfalls ein Pflegestift. Die Klägerin war seit 1967 bei der Beklagten für die Fachklinik zuständig. Durch ein Schreiben vom 9. Januar 2004 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass der Betrieb der Klinik ab dem 1. Februar 2004 an die H. GmbH verpachtet werde. Das Informationsschreiben hat den folgenden Wortlaut: "Informationsschreiben § 613 a Abs. 5 BGB Sehr geehrte Frau …, aus wirtschaftlichen Gründen haben wir uns nach reiflicher Ü-berlegung entschlossen, den Betrieb der Fachklinik für Rehabilitation GmbH & Co. KG zum einzustellen und ab an die H. GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer .... zu verpachten. Der Betriebsübergang findet am statt. Die H. GmbH hat sich verpflichtet, alle vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitsverhältnisse mit allen Rechten und Pflichten zu übernehmen. Dazu gehört auch das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis. Die H. GmbH tritt in die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten ein. Ihre arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten gelten daher unverändert fort. Für die Dauer von einem Jahr, gerechnet ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs können die Arbeitsbedingungen nicht zu Ihrem Nachteil geändert werden. Eventuell bislang geltende Betriebsvereinbarungen finden dagegen weiter Anwendung. Die H. GmbH haftet ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs unbeschränkt für alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis. Wir hingegen haften weiter für solche Verpflichtungen, die vor dem Betriebsübergang entstanden und fällig geworden sind. Kündigungen wegen des Betriebsübergangs sind unzulässig. Kündigungen aus anderen Gründen bleiben dagegen unberührt. Sie können dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses innerhalb von einem Monat nach Zugang dieses Schreibens schriftlich widersprechen. Bitte teilen Sie uns in diesem Falle die für Ihren Widerspruch maßgeblichen Gründe mit. Äußern Sie sich innerhalb der Frist nicht, sehen wir das als Zustimmung zum Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses auf die H. GmbH an. Wir weisen Sie vorsorglich darauf hin, dass wir im Falle eines Widerspruchs gezwungen wären, Ihnen nach Maßgabe des Kündigungsschutzgesetzes betriebsbedingt zu kündigen. Wir bitten Sie, dies bei Ihren Überlegungen zu berücksichtigen.„ Zum 1. Februar übernahm die H. GmbH die Rehabilitationsklinik aufgrund eines Unternehmenspachtvertrages. Bereits kurz darauf kündigte die H. GmbH den Pachtvertrag außerordentlich und stellte einen Insolvenzantrag. Mit Schreiben vom 3. März 2004 widersprach die Klägerin dem Betriebsübergang. Am 1. Mai 2004 wurde über das Vermögen der H. GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Aus den Gründen: Das Arbeitsverhältnis der Klägerin besteht zu der Beklagten fort, denn der Widerspruch der Klägerin war ordnungsgemäß, insbesondere fristgemäß; er wirkt auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs zurück. Ein Arbeitnehmer kann gemäß § 613 a Abs. 6 S. 1 BGB dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf einen Betriebsübernehmer widersprechen. Dieser Widerspruch ist nur wirksam, wenn er innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung gemäß § 613 a Abs. 5 BGB erfolgt. Der mit Schreiben vom 3. März 2004 erklärte Widerspruch der Klägerin war nicht verspätet, denn die Beklagte hat die Klägerin mit Schreiben vom 9. Januar 2004 nicht ordnungsgemäß unterrichtet und die einmonatige Widerspruchsfrist damit nicht in Gang gesetzt (§ 613 a Abs. 6 S. 1 BGB). Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer im Rahmen des § 613 a Abs. 5 BGB so zu informieren, dass jener sich über die Person des Übernehmers und über die in § 613 a Abs. 5 BGB genannten Umstände ein Bild machen kann. Er soll durch die Unterrichtung eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung seines Widerspruchsrechts erhalten. Der Inhalt der Unterrichtung richtet sich nach dem Kenntnisstand des Veräußerers und Erwerbers zum Zeitpunkt der Unterrichtung. Die erteilten Informationen müssen zutreffend sein. Ob die Unterrichtung ordnungsgemäß ist, kann vom Gericht überprüft werden. Der Veräußerer und der Erwerber sind für die Erfüllung der Unterrichtungspflicht darlegungs- und beweispflichtig. Entspricht eine Unterrichtung zunächst formal den Anforderungen des § 613 a Abs. 5 BGB und ist sie nicht offensichtlich fehlerhaft, ist es Sache des Arbeitnehmers, einen Mangel näher darzulegen. Hierzu ist er im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast nach § 138 Abs. 3 ZPO verpflichtet. Die Unterrichtungsverpflichteten müssen sodann Einwände des Arbeitnehmers mit entsprechenden Darlegungen und Beweisantritten entkräften. Die Unterrichtung der Beklagten genügt den Anforderungen nicht. Zunächst ist es unschädlich, dass es sich bei dem Unterrichtungsschreiben um ein Standardschreiben handelte. § 613 a Abs. 5 BGB erfordert keine individuelle Unterrichtung der einzelnen Arbeitnehmer. In inhaltlicher Hinsicht ist es auf Grund des Zwecks der Unterrichtung erforderlich, dass der Betriebsübernehmer grundsätzlich mit Firmenbezeichnung und Anschrift genannt wird, so dass er identifizierbar ist. Erforderlich ist des Weiteren eine Unterrichtung über den Gegenstand des Betriebsübergangs. Über den Zeitpunkt des Betriebsübergangs (1. Februar 2004) hat die Beklagte ordnungsgemäß unterrichtet (§ 613 a Abs. 5 Nr. 1 BGB). Die Beklagte hat des Weiteren den Grund für den Betriebsübergang i. S. d. § 613 a Abs. 5 Nr. 2 BGB ausreichend benannt. Mit dem Grund ist in erster Linie die Angabe des Rechtsgrundes für den Betriebsübergang wie Kaufvertrag, Pachtvertrag, Umwandlung etc. gemeint. Diesen hat die Beklagte angegeben, denn sie hat auf den Pachtvertrag hingewiesen. Im Schrifttum ist streitig, ob darüber hinaus über die zum Übergang führenden unternehmerischen Erwägungen informiert werden muss. Ausgehend vom Sinn und Zweck der Unterrichtung, die dem Arbeitnehmer die Möglichkeit verschaffen soll, sachgerecht über die Ausübung des Widerspruchs zu befinden, reicht die Angabe des dem Betriebsübergang zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts allein nicht aus. Dem Arbeitnehmer müssen vielmehr jene unternehmerischen Gründe für den Betriebsübergang zumindest schlagwortartig mitgeteilt werden, die sich im Falle seines Widerspruchs auf den Arbeitsplatz auswirken können. Die Beklagte hat nicht ausreichend über die rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs für die Arbeitnehmer informiert (§ 613 a Abs. 5 Nr. 3 BGB). Zu den rechtlichen Folgen gehören zunächst die sich unmittelbar aus dem Betriebsübergang als solchen ergebenden Rechtsfolgen. Dies beinhaltet einen Hinweis auf den Eintritt des Übernehmers in die Rechte und Pflichten aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis (§ 613 a Abs. 1 S. 1 BGB), auf die Gesamtschuldnerschaft des Übernehmers und des Veräußerers nach § 613 a Abs. 2 BGB und grundsätzlich auch auf die kündigungsrechtliche Situation, so denn Kündigungen im Raum stehen. Zu den beim Übernehmer geltenden Rechten und Pflichten gehört grundsätzlich weiter die Anwendbarkeit tariflicher Normen und die Frage, inwieweit beim Veräußerer geltende Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durch beim Erwerber geltende Tarifverträge abgelöst werden. Dabei ist keine detaillierte Bezeichnung einzelner Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen nötig, da sich der Arbeitnehmer - insoweit nach Erhalt der in Textform zu erteilenden Information - selbst näher erkundigen kann. Notwendig ist aber ein Hinweis darauf, ob die Normen kollektivrechtlich oder individualrechtlich fortwirken. Die Hinweise über die rechtlichen Folgen müssen präzise sein und dürfen keine juristischen Fehler beinhalten. Die im Streitfall vorgenommene Unterrichtung war schon deshalb nicht fristauslösend, weil die rechtlichen Folgen nach § 613 a Abs. 1 S. 1 bis 4 BGB unzutreffend dargestellt worden sind. Die Beklagte hat auch in diesem Punkt nicht die erforderliche Sorgfalt an den Tag gelegt. Es kann deshalb dahinstehen, ob die Beklagte daneben nicht ausreichend über soziale und wirtschaftliche Folgen des Betriebsübergangs unterrichtet hat. Problematisch ist zunächst schon der Hinweis in dem Informationsschreiben der Beklagten, dass sich die H. GmbH verpflichtet habe, alle vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitsverhältnisse mit allen Rechten und Pflichten zu übernehmen. Der Übergang der Arbeitsverhältnisse ist eine sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebende Rechtsfolge eines Betriebsübergangs (§ 613 a Abs. 1 S. 1 BGB), ohne dass es hierzu der (freiwilligen) Übernahme einer Verpflichtung bedarf. Des Weiteren ist der Hinweis in dem Informationsschreiben der Beklagten, dass für die Dauer von einem Jahr, gerechnet ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs, die Arbeitsbedingungen nicht zum Nachteil der Klägerin geändert werden können, falsch. Die Beklagte hat bei dieser Formulierung offensichtlich an § 613 a Abs. 1 S. 2 BGB angeknüpft. Nach dieser Norm werden die Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder einer Betriebsvereinbarung, die vertragliche Rechte und Pflichten regeln, Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Die in § 613 a Abs. 1 S. 2 BGB geregelte Sperrfrist findet nur auf kollektivrechtliche Normen Anwendung, die nach dem Betriebsübergang als Vertragsrecht weiter gelten. Einzelvertragliche Rechte können vor Ablauf der Sperrfrist geändert werden, ohne dass § 613 a BGB entgegensteht. Kollektivrechtlich wirkende Tarifnormen im Arbeitsverhältnis mit der Beklagten sind nicht ersichtlich, hinsichtlich der anwendbaren Betriebsvereinbarungen ist der Hinweis auf die einjährige Sperrfrist falsch. Unklar und unvollständig ist auch der folgende Hinweis, wonach eventuell bislang geltende Betriebsvereinbarungen "dagegen" weiter Anwendung finden. Insbesondere ist unklar, ob diese Regelungen kollektivrechtlich weiter gelten oder auch nur als Vertragsrecht. Unrichtig ist schließlich der im Informationsschreiben der Beklagten enthaltene Hinweis auf ihre Weiterhaftung. Hiernach haftet diese für solche Verpflichtungen, die vor dem Betriebsübergang entstanden und fällig geworden sind, weiter. Insoweit fehlt zunächst schon ein Hinweis darauf, dass die Beklagte auch für vor dem Betriebsübergang entstandene Ansprüche haftet, die vor Ablauf von einem Jahr nach dem Betriebsübergang fällig werden und auf die dann bestehende Gesamtschuldnerschaft zwischen Ve-räußerin und Erwerberin. Zugleich fehlt ein Hinweis auf die in § 613 a Abs. 2 S. 2 BGB enthaltene Beschränkung dieser Haftung bezüglich der Ansprüche, die nach einem Jahr fällig werden, auf den Teil des Bezugszeitraums, der vor dem Betriebsübergang liegt. Der Widerspruch führt dazu, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien ununterbrochen fortbestand, denn der Widerspruch wirkt auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs zurück. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

63 © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
BenQ-Mitarbeiter klagen gegen Siemens Unzureichende Unterrichtung anläßlich des Betriebsübergangs? Mehrere BenQ-Mitarbeiter haben mit Unterstützung der IG Metall Klage gegen den Siemens-Konzern eingereicht. Die Arbeitnehmer werfen Siemens vor, anlässlich des Betriebsübergangs von Siemens zu BenQ nicht ausreichend über die Hintergründe des Verkaufs unterrichtet zu haben. Dem Arbeitsgericht München liegen Klagen von zehn ehemaligen Siemens-Beschäftigten vor. Sie stützen sich auf die seit dem Jahr 2002 geänderte Fassung des § 613a BGB und die seitdem erfolgte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Danach können Beschäftigte nach erfolgter Unterrichtung über einen Betriebsübergang - wie bei der Veräußerung der entsprechenden Siemens-Sparte an BenQ - innerhalb eines Monats Widerspruch gegen die Übernahme ihres Arbeitsverhältnisses durch den neuen Eigentümer einlegen. Diese Frist beginnt jedoch nicht zu laufen, wenn die Unterrichtung gar nicht erst erfolgt oder unzureichend ist. Eine mögliche Folge ist, dass die betreffenden Arbeitsverhältnisse mit dem ehemaligen Arbeitgeber fortbestehen. Nach der Rechtsprechung des BAG muss die Unterrichtung nicht nur formal richtig erfolgen und korrekte Angaben z.B. zum zukünftigen Arbeitgeber enthalten. Auch die unternehmerische Entscheidung als Grundlage für den Betriebsübergang ist verständlich und arbeitsplatzbezogen darzustellen. Die Klage führenden Arbeitnehmer tragen vor, dass die deutsche BenQ faktisch ohne Eigenkapital startete und daher offensichtlich nicht in der Lage war, den Fortbestand der Arbeitsverhältnisse zu sichern. Sie seien daher unrichtig und fehlerhaft informiert worden. Siemens behauptet, dass bei der Unterrichtung keine Fehler unterlaufen seien. Anscheinend wird das Prozessrisiko jedoch nicht als gering erachtet. So sind alle BenQ-Mitarbeiter, die in die von Siemens mit getragenen Transfergesellschaften wechseln wollen, aufgefordert, auf Ansprüche aus einer fehlerhaften Unterrichtung zum Betriebsübergang zu verzichten. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

64 Betriebsübergang Widerspruch (Widerspruch)
Betroffene Arbeitnehmer können dem Übergang auf den neuen Arbeitgeber widersprechen. Der Widerspruch muss schriftlich und innerhalb 1 Monats nach Zugang der – ordnungsgemäßen – Unterrichtung erfolgen. Der Widerspruch ist an den bisherigen Arbeitgeber oder an den neuen Arbeitgeber zu richten. Folge des Widerspruchs: Das Arbeitsverhältnis geht nicht auf den neuen Arbeitgeber über, sondern das zum alten Arbeitgeber bleibt bestehen. Dieser kann aber die evtl. eine betriebsbedingte Kündigung aussprechen. In dem Unterrichtungsschreiben sollten die Arbeitnehmer auch auf das Widerspruchsrecht und die Folge des Widerspruchs hingewiesen werden. Weiter sollen sie darüber informiert werden, dass der alte Arbeitgeber ggf. eine betriebsbedingte Kündigung aussprechen kann. So kann das Risiko eines „nachträglich" nach Betriebsübergang erklärten Widerspruchs unter Berufung auf eine mangelhafte oder eine unterbliebene Unterrichtung niedrig gehalten werden. Folgen einer fehlerhaften Unterrichtung: Erfolgt die Unterrichtung nicht ordnungsgemäß, d. h. nicht formgerecht oder nicht vollständig, so beginnt die Frist für den Widerspruch nicht zu laufen. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

65 Betriebsübergang individualrechtl. Rechtsfolgen
Übergang des Arbeitsverhältnisses kraft Gesetzes. Mit dem Betriebsübergang ist der Arbeitnehmer dem Erwerber gegenüber zur Arbeitsleistung verpflichtet. Der Erwerber muss ihm gegenüber die Lohnzahlungspflicht erfüllen. Auch Entgeltfortzahlungsansprüche und Ansprüche auf Sozialleistungen richten sich gegen den Erwerber, ebenso rückständige Lohnansprüche, jedoch haftet er nicht für rückständige Beiträge zur Sozialversicherung oder rückständige Lohnsteuer. Auch Ansprüche aufgrund betrieblicher Übung bleiben bestehen. Aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz ist der Erwerber jedoch nicht zur Gleichbehandlung der Arbeitnehmer aus dem früheren und aus dem eigenen Betrieb verpflichtet. Eine vereinbarte Wettbewerbsabrede geht auf die neuen Parteien des Arbeitsverhältnisses über. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

66 Betriebsübergang Kollektivrechtliche Rechtsfolgen 1
Rechtsnormen eines Tarifvertrages (z. B. Abfindungsregelungen) werden nach § 613 a Abs. 1 S. 2 BGB individualrechtlicher Inhalt eines Arbeitsvertrages, sofern sie – in einschränkender Auslegung des Gesetzeswortlauts – nicht ohnehin schon kollektivrechtlich weitergelten, insbesondere bei beiderseitiger Tarifgebundenheit, wenn Veräußerer und Erwerber Mitglied desselben zuständigen Arbeitgeberverbandes sind. Eine nur individualrechtliche Wirkung tritt auch dann nicht ein, wenn der Erwerber Mitglied eines anderen Arbeitgeberverbandes ist, der mit der für die Arbeitnehmer zuständigen Gewerkschaft einen (anderen) Tarifvertrag abgeschlossen hat. Unerheblich ist, ob der neue Tarifvertrag für den Arbeitnehmer günstiger oder nachteiliger ist; tarifliche Ansprüche von Arbeitnehmern z. B. auf Urlaubsgeld können also durch einen anderen, beim neuen Inhaber geltenden Tarifvertrag auch verschlechtert werden. Bei einem Firmentarifvertrag kommt eine kollektivrechtliche Wirkung nur dann in Betracht, wenn der Erwerber rechtsgeschäftlich Partei des Tarifvertrages wird; dagegen wird ihm die kollektivrechtliche Geltung des Firmentarifvertrages nicht aufgezwungen. Besteht dagegen nur eine einseitige Tarifbindung des Arbeitnehmers, so ordnet § 613 a Abs. 1 S. 2 BGB die individualrechtliche Weiterregelung von Vorschriften an, die zuvor kollektivrechtlich gegolten haben. Insoweit können die Parteien folglich einvernehmlich den Vertrag ändern oder aufheben. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

67 Betriebsübergang Kollektivrechtliche Rechtsfolgen 2
Erfaßt werden nur diejenigen Arbeitnehmer, die ohne diese Vorschrift den tariflichen Schutz verlieren würden. Arbeitnehmer, die schon vorher nicht Mitglied einer Gewerkschaft waren und für die daher auch schon vor dem Betriebsübergang der Tarifvertrag jedenfalls nicht kollektivrechtlich galt, fallen nicht unter § 613 a Abs. 1 S. 2 BGB. War der Arbeitnehmer vor dem Betriebsübergang nicht tarifgebunden, wurde aber im Arbeitsvertrag auf den einschlägigen Tarifvertrag Bezug genommen, so kommt es zu einer Fortgeltung dieser Bedingungen nur nach § 613 a Abs. 1 S. 1 BGB. Denn Sinn der Bezugnahme ist regelmäßig, die tarifgebundenen Arbeitnehmer und die Außenseiter gleichzustellen. Daher ergibt eine ergänzende Vertragsauslegung, daß der nach dem Betriebsübergang einschlägige neue Tarifvertrag den alten ablöst. Wie es dem Zweck des § 613 a Abs. 1 S. 3 BGB entspricht, gilt die Bezugnahme kraft dynamischer Verweisung als individualrechtliche Bezugnahme auf den neuen Tarifvertrag. Ist der Arbeitgeber tarifgebunden. so ist die vertragliche Bezugnahme auf die jeweils geltenden einschlägigen Tarifverträge im Zweifel als Gleichstellungsabrede anzusehen. Geht ein Betrieb oder Betriebsteil auf einen anderen Arbeitgeber über, der nicht tarifgebunden ist, verliert die Bezugnahme ihre Wirkung. Nach § 613 a Ab. 1 S. 1 BGB gehen deshalb lediglich die im Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Rechte und Pflichten aus den in Bezug genommenen Tarifverträgen in der im Zeitpunkt des Betriebsübergangs geltenden Fassung auf den Betriebsnachfolger über. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

68 Betriebsübergang Kollektivrechtliche Rechtsfolgen BV
Nach der Rechtsprechung des BAG ist eine kollektivrechtliche Weitergeltung von Betriebsvereinbarungen möglich, wenn und soweit § 613 a Abs. 1 S. 1 BGB die Pflichten des Betriebsinhabers nicht nur als Vertragspartner der Arbeitnehmer, sondern auch als Inhaber der betrieblichen Organisationsgewalt regelt. Tritt der Erwerber in die Stellung des Veräußerers als Inhaber der betrieblichen Organisationsgewalt ein, erfaßt dieser Eintritt auch betriebsverfassungsrechtliche Pflichten. Deshalb gelten Betriebsvereinbarungen prinzipiell kollektivrechtlich weiter, soweit der übernommene Betrieb mit dem Betrieb identisch ist, für den die Betriebsvereinbarung gilt. Eine kollektivrechtliche Weitergeltung scheidet demgegenüber aus, wenn nur ein Betriebsteil übernommen wird, wenn es um einen Betrieb geht, der von einer im alten Unternehmen geltenden Gesamtbetriebsvereinbarung erfasst wurde, wenn der übernommene Betrieb mit einem anderen des Übernehmers vereinigt wird oder wenn er seine Identität verliert und nicht mehr dem BetrVG unterliegt. In diesen Fällen kommt nur eine individualrechtliche Weitergeltung in Betracht. Ist eine Rechtsmaterie beim früheren Inhaber durch Betriebvereinbarung geregelt und beim Erwerber durch Tarifvertrag, dann verdrängt entgegen dem Wortlaut des § 613 a Abs. 1 S. 3 BGB die tarifvertragliche Regelung die frühere, was durch den Zweck der Vorschrift und durch § 77 Abs. 3 BetrVG gerechtfertigt ist; das gilt selbst dann, wenn der Tarifvertrag nur noch kraft Nachwirkung gilt (§ 4 Abs. 5 TVG). © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

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Betriebsübergang Kündigung und Betriebsübergang. Kündigungsverbot gemäß § 613a Absatz 4 Satz 1 BGB § 613a Abs. 4 Satz1 BGB verbietet ausdrücklich die Kündigung "wegen des Übergangs eines Betriebs oder Betriebsteils". Nach der Rspr des BAG liegt eine solche betriebsübergangsbedingte Kündigung immer dann vor, wenn das Motiv der Kündigung wesentlich durch den Betriebsübergang bedingt ist. Letzteres ist immer dann der Fall, wenn es nicht neben dem Betriebsübergang einen sachlichen Grund gibt, der aus sich heraus die Kündigung rechtfertigt, so dass sich der Betriebsübergang lediglich als äußerer Anlass für die Kündigung, nicht jedoch als tragender Grund darstellt. Dabei kommt es nach der Rspr allein auf die objektive Rechtslage an. Die Begründung durch den ArbGeb soll nicht maßgeblich sein. Das BAG hat festgestellt, dass § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB einen selbstständigen Unwirksamkeitsgrund enthält. Dies bedeutet, dass sich auch solche ArbN, die nicht dem Geltungsbereich des KSchG unterfallen, auf das Kündigungsverbot des § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB berufen können. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

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Betriebsübergang Kündigung und Betriebsübergang. Kündigungsverbot gemäß § 613a Absatz 4 Satz 1 BGB c) Geltungsbereich. § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB gilt sowohl für ordentliche als auch für außerordentliche Kündigungen. Aufgrund seiner Komplementärfunktion zum ersten Absatz der Vorschrift wendet das BAG die Vorschrift analog auf Aufhebungsverträge und Befristungsvereinbarungen an, wenn diese darauf abzielen, die Bestandsschutzsicherung des § 613a Abs. 1 BGB zu vereiteln. Ferner werden über den Bestandsschutz hinaus auch inhaltliche Änderungen des Arbeitsverhältnisses und somit auch Änderungskündigungen von § 613a Abs 4 BGB erfasst. Im Übrigen gelten die oben zum ersten Absatz der Vorschrift genannten Erwägungen entsprechend. d) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Kündigung ist auch hinsichtlich der Frage, ob eine Kündigung wegen des Betriebsübergangs vorliegt, nach der gefestigten Rspr des BAG allein der Zeitpunkt des Ausspruchs bzw genauer des Zugangs der Kündigung. Allerdings hat das BAG diesen Grundsatz in einigen neueren Entscheidungen in Anlehnung an die Rspr bei betriebsbedingten Kündigungen wegen einer bevorstehenden Betriebsstilllegung insoweit modifiziert, als auch ein Betriebsübergang, der im Kündigungszeitpunkt lediglich "greifbare Formen" angenommen hat, zum Eingreifen des Kündigungsverbots nach § 613a Abs 4 BGB führen kann. Die spätere tatsächliche Entwicklung ist grundsätzlich unerheblich, sie kann allerdings für einen Wiedereinstellungsanspruch des gekündigten ArbN Bedeutung erlangen. Bei späterem Scheitern eines zunächst erwarteten und eingeleiteten Betriebsübergangs ist daher eine seinerzeit ausgesprochene Kündigung gem. § 613a Abs.  4 BGB unwirksam während bei beabsichtigter Betriebsstilllegung und später doch noch erfolgendem Betriebsübergang die Kündigung nicht gegen § 613a Abs. 4 BGB verstößt und regelmäßig gem. §1 Abs. 2 KSchG wirksam ist. Erfolgt der Betriebsübergang innerhalb der Kündigungsfrist, bejaht das BAG einen Wiedereinstellungs- bzw. Fortsetzungsanspruch. Dabei dürfte es ausreichen, wenn der bevorstehende Betriebsübergang innerhalb der Kündigungsfrist greifbare Formen angenommen hat. Bereits in diesem Zeitpunkt ist die der betriebsbedingten Kündigung zugrunde liegende Prognoseentscheidung des ArbGeb entkräftet und der Wiedereinstellungsanspruch kommt als Ausgleichsinstrument zum Tragen. Auf den tatsächlichen Übergang der Leitungsmacht kommt es daher nicht an. Entstehen anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten erst danach, scheidet ein solcher Anspruch aus. Für die Geltendmachung des Wiedereinstellungsanspruchs gilt in analoger Anwendung des § 4 KSchG eine Dreiwochenfrist. Mitbestimmungsrechte des BRat nach § 99 BetrVG können im Einzelfall immer dann bestehen, wenn der ArbGeb eine Auswahlentscheidung zwischen mehreren in Frage kommenden zunächst gekündigten ArbN treffen muss. Bei der Auswahl muss der ArbGeb zudem gem §242 BGB die Umstände des Einzelfalls berücksichtigen. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

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Betriebsübergang Kündigung und Betriebsübergang. Kündigung aus anderen Gründen Kündigung aus anderen Gründen im Sinne des § 613a Abs. 4 Satz 2 BGB. Fehlender allgemeiner Kündigungsschutz. Bei ArbN, die entweder auf Grund noch nicht erfüllter sechsmonatiger Wartezeit oder wegen der geringen Betriebsgröße nicht dem Geltungsbereich des KSchG unterfallen, bleiben Kündigungen, bei denen der Betriebsübergang nicht den tragenden Grund darstellt, im Rahmen der allgemeinen Grenzen der §§134, 138, 242 BGB grundsätzlich möglich und wirksam. Verhaltens- und personenbedingte Kündigungen bleiben ebenso möglich wie außerordentliche Kündigungen. Betriebsbedingte Kündigungen zählen ebenfalls zu den anderweitigen Kündigungen i.S.d. § 613a Abs. 4 Satz 2 BGB. Bereits erwähnt wurde die zulässige und regelmäßig wirksame Kündigung von dem Betriebsübergang widersprechende ArbN durch den Betriebsveräußerer. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

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Betriebsübergang Kündigung und Betriebsübergang. Kündigung aus anderen Gründen Bei Betriebsverlagerungen hat das BAG zunächst darauf abgestellt, ob die bestehende Betriebsgemeinschaft im Wesentlichen erhalten geblieben ist. Rationalisierungsmaßnahmen durch den Veräußerer vor bzw durch den Erwerber nach dem Betriebsübergang bleiben uneingeschränkt möglich. Kündigt der bisherige ArbGeb, um den Betrieb "verkaufsfähig" zu machen gelten die allgemeinen Anforderungen für betriebsbedingte Kündigungen bzw Änderungskündigungen. Allein der fehlende Übernahmewille des Erwerbers stellt keinen betriebsbedingten Kündigungsgrund des Veräußerers dar. Umstritten ist, ob der Betriebsveräußerer sich zur Begründung betriebsbedingter Kündigungen bereits auf das spätere betriebliche Konzept des potentiellen Erwerbers stützen kann. Das BAG lässt eine solche Kündigung grundsätzlich zu, verlangt aber ein Sanierungskonzept, das auch der Betriebsveräußerer bei eigener Fortführung des Betriebes hätte durchführen können. Die Sozialauswahl nach §1 Abs. 3 KSchG ist nach Auffassung der hM trotz Erwerberkonzept auf den Betrieb des Veräußerers beschränkt. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

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Betriebsübergang Kündigung und Betriebsübergang. Kündigung wg. Betriebsstillegung Problematischster Fall der betriebsbedingten Kündigung ist die Kündigung wegen Betriebsstilllegung. Betriebsstilllegung und Betriebsübergang schließen sich tatbestandsmäßig gegenseitig aus. Das BAG bewältigt diese Abgrenzung durch eine genaue Prüfung des Vorliegens einer (beabsichtigten) Betriebsstilllegung. Ausgehend von dem gefestigten arbeitsrechtlichen Betriebsstilllegungsbegriff nimmt das BAG eine rechtlich erhebliche Stilllegung immer dann an, wenn die betrieblichen Umstände greifbare Formen angenommen haben und eine vernünftige, betriebswirtschaftliche Betrachtung die Prognose rechtfertigt, bis zum Ablauf der Kündigungsfrist seien die geplanten Maßnahmen durchgeführt und die ArbN damit entbehrlich. Maßgebliche Kriterien für die Betriebsstilllegung sind dabei: bei alsbaldiger Wiedereröffnung bzw Fortsetzung der Betriebstätigkeit spricht eine tatsächliche Vermutung gegen eine ernsthafte Stilllegungsabsicht; Kündigungsbegründung des ArbGeb; nicht maßgeblich sind: Abschluss und Durchführung eines Sozialplans;; überwiegende Identität der Belegschaft auf Grund formaler Neueinstellungen durch den neuen ArbGeb; Konkursantragstellung sowie Gewerbeabmeldung und Löschung in der Handwerksrolle. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

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Lösungsstrategien Vermeidung von Betriebsübergängen Sorgfältige Prüfung der Folgen durch sachkundige Experten auf Veräußererseite und auf Erwerberseite Sorgfältige, umfassende und verständliche Information der Arbeitnehmer © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

75 3. arbeitsrechtlicher Problemkreis
Umstrukturierung und betriebsbedingte Kündigungen © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

76 Die betriebsbedingte Kündigung
Sie ist gerechtfertigt, wenn aufgrund inner- oder außerbetrieblicher Ursachen eine unternehmerische Entscheidung vorliegt, durch die eine veränderte Arbeitsmenge im Betrieb erledigt wird und die Kündigung dringlich ist, d. h. nicht durch andere Maßnahmen ersetzt werden konnte. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

77 Unternehmerische Entscheidung
innerbetriebliche Ursachen Beispiele: Rationalisierung, Umstellung oder Einstellung der Produktion außerbetriebliche Ursachen Beispiele: Rückgang der Auftragsmenge, Umsatzrückgang, Gewinnverfall, Unrentabilität Die unternehmerische Entscheidung wird grundsätzlich nicht von Arbeitsgericht überprüft. Die Kündigung muss nur auf einer Entscheidung beruhen, die darauf abzielt, die Struktur des Betriebes, den Betriebsablauf oder das Produktionsziel zu ändern. Ausnahmsweise erfolgt einer gerichtliche Kontrolle im Hinblick auf offenbar unsachliche, unvernünftige oder willkürliche Entscheidungen (Beweislast: Arbeitnehmer). © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

78 veränderte Arbeitsmenge
Hinzukommen muss der Wegfall des Arbeitsplatzes. Hier wird überprüft, ob die Arbeitsmenge, die der Arbeitgeber zur Erledigung übernimmt (steht in seinem Belieben) ausreicht, eine bestimmte Zahl von Arbeitnehmern zu beschäftigen, also ob die vorhandenen Betriebsfaktoren die weitere Besetzung des Arbeitsplatzes ermöglichen. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

79 mildere Mittel – Beschäftigung auf anderem Arbeitsplatz
Das Arbeitsgericht prüft auch, ob eine Weiterbeschäftigung auf einem anderen - auch schlechteren - Arbeitsplatz möglich ist. Hierbei wird auch die Möglichkeit einer Umschulung berücksichtigt! Gegebenenfalls sind Überstunden abzubauen, die Arbeit ist zu strecken, Versetzungsmöglichkeit in anderen Betrieb des Unternehmens sind zu prüfen. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

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Sozialauswahl Die Sozialauswahl vollzieht sich in drei Stufen  Arbeitnehmerkreis aus vergleichbaren Arbeitnehmern bilden. vergleichbar sind nur Arbeitnehmer, die der gleichen Berufsgruppe (Arbeiter/Angestellte) angehören, dem gleichen Ausbildungsberuf (Maurer/Schlosser), der gleichen Ebene (Meister/Geselle) und dem gleichen Betrieb (nicht anderer Betrieb des gleichen Unternehmens) Feststellung und Gewichtung der Sozialdaten zu den Sozialdaten gehören: die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers. Feststellung der Arbeitnehmer, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

81 Verpflichtungen bei Massenentlassungen
Ein Arbeitgeber, der innerhalb von 30 Kalendertagen durch Entlassungen bestimmte Zahlengrenzen überschreitet, ist verpflichtet, der Agentur für Arbeit vorher Anzeige zu erstatten. Zeitablauf § 17 Abs. 2 KSchG § 17 Abs. 1,3 KSchG § 18 Abs. 1,2 KSchG § 18 Abs. 4 KSchG Unterrichtung des Betriebsrates Anzeige bei der Agentur für Arbeit Sperrfirst Freifrist für Entlassungen Spätestens zwei Wochen vor der Anzeige Spätestens ein bis zwei Monate vor den Entlassungen Ein bis zwei Monate 90 Tage © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

82 Massenentlassungsanzeige
Unter Entlassung iSd §§ 17 ff KSchG ist die tatsächliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu verstehen, die auf eine ordentliche Kündigung des ArbGeb zurückzuführen ist. Dies gilt auch für Kündigungen durch den Insolvenzverwalter nach § 113 InsO . Der Kündigungsgrund ist unerheblich. Erfasst werden also auch personen- und verhaltensbedingte Kündigungen. Änderungskündigungen werden erfasst, soweit sie tatsächlich zur Entlassung führen. Da dies im Vorhinein meist nicht prognostizierbar sein wird, empfiehlt sich bei Massenänderungskündigungen regelmäßig die Erstattung einer vorsorglichen Anzeige an das Arbeitsamt. Erweitert wird der Anwendungsbereich der §§ 17 ff KSchG durch die Regelung in § 17 Abs. 1 Satz 2 KSchG. Danach sind auch alle anderen Beendigungsformen zu berücksichtigen, sofern sie vom Arbeitgeber veranlasst worden sind. Typische Fälle sind arbeitgeberseitig veranlasste Eigenkündigungen der ArbN und gleichermaßen veranlasste Aufhebungsverträge. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

83 nicht erfasste Vorgänge
Nicht unter den Anwendungsbereich der §§ 17 ff KSchG fallen gem. § 17 Abs. 4 KSchG fristlose Entlassungen aus wichtigem Grund gem. § 626 Abs. 1 BGB. Gleiches gilt für arbeitnehmerseitige Kündigungen, Aufhebungsverträge oder andere Beendigungstatbestände, sofern nicht die Ausnahmeregelung des § 17 Abs. 1 Satz 2 KSchG eingreift. Auch Entlassungen, die auf eine Befristung des Arbeitsverhältnisses beruhen, führen nicht zu einer Anzeigepflicht. Schließlich bleiben bei einer zweckbezogenen Auslegung des Gesetzes solche Entlassungen unberücksichtigt, bei denen die ArbN in den Ruhestand oder in eine selbstständige Tätigkeit wechseln und damit den Arbeitsmarkt nicht belasten. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

84 Massenentlassungsanzeige
Zahlenwerte. § 17 Abs 1 KSchG legt für das Eingreifen der Anzeigepflicht abhängig von der Betriebsgröße eine bestimmte Anzahl von entlassenen ArbN fest. Danach müssen in Betrieben mit idR mehr als 20 und weniger als 60 ArbN mehr als 5 ArbN, in Betrieben mit idR mindestens 60 und weniger als 500 ArbN 10% der im Betrieb regelmäßig beschäftigten ArbN oder mehr als 25 ArbN sowie in Betrieben mit idR mindestens 500 ArbN mindestens 30 ArbN entlassen werden. Kleinbetriebe mit weniger als 20 ArbN werden nicht erfasst, auch wenn dort mehr als 5 ArbN entlassen werden. Aus der Formulierung "in der Regel" ist ersichtlich, dass es auf die Zahl der im Normalfall im konkreten Betrieb beschäftigten ArbN ankommt, also die Personalstärke, die für den Betrieb im Allgemeinen kennzeichnend ist. Diese sind mit Hilfe eines Rückblicks auf die bisherige Personalstärke des Betriebs sowie einer Prognoseentscheidung bezüglich der künftigen Entwicklung zu ermitteln . Nur vorübergehend beschäftigte Aushilfskräfte sind nicht zu berücksichtigen. Besonderheiten gelten im Fall der Stilllegung des Betriebes. Nimmt der ArbGeb im Hinblick auf die beabsichtigte Betriebsstilllegung einen stufenweisen Personalabbau vor, so ist der Personalbestand zum Zeitpunkt der Beschlussfassung und nicht der spätere, im Zeitpunkt der tatsächlichen Stilllegung noch vorhandene geringere Bestand maßgeblich. Werden die Zahlenwerte des § 17 Abs 1 KSchG überschritten, hat dies eine Anzeigepflicht bezüglich aller Kündigungen zur Folge. Es müssen also nicht nur die darüber hinaus gehenden Kündigungen angezeigt werden. Die Anzeigepflicht besteht ferner unabhängig von Neueinstellungen. Eine Saldierung ist insoweit nicht möglich. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

85 Zeitpunkt der Massenentlassungsanzeige
Neben dem Überschreiten der vorgenannten Zahlenwerte gilt für die Anzeigepflicht auch eine zeitliche Beschränkung von 30 Kalendertagen. Eine Massenentlassung liegt nur dann vor, wenn entsprechend viele Entlassungen innerhalb eines Zeitraums von 30 Kalendertagen erfolgen. Dabei ist nicht der Ausspruch der Kündigung, sondern der Ablauf der Kündigungsfrist maßgeblich, da die Vorschriften der §§ 17 ff KSchG auf die tatsächliche Entlassung abstellen. Kündigt bspw ein ArbGeb in einem Betrieb mit 150 ArbN am  ArbN zum und weiteren 5 ArbN zum 30. 7., liegt keine anzeigepflichtige Maßnahme vor © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

86 © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Lösungsstrategien Zeitarbeit als Alternative zu Entlassungen Flexible Reduzierung des Personalbestandes ohne Kündigungen möglich Kein Erfordernis einer Massenentlassungsanzeige wenn durch Reduzierung der Zeitarbeitnehmer die Grenzen des § 17 KSchG unterschritten werden können. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

87 Mehr Zeitarbeit – weniger Kündigungen
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88 Die Beteiligung des Wirtschaftsausschusses
4. arbeitsrechtlicher Problemkreis Die Beteiligung des Wirtschaftsausschusses

89 Unterrichtungs & Beratungspflicht
§ 106 I BetrVG: In allen Unternehmen mit in der Regel mehr als einhundert ständig beschäftigten Arbeitnehmern ist ein Wirtschaftsausschuss zu bilden. Der Wirtschaftsausschuss hat die Aufgabe, wirtschaftliche Angelegenheiten mit dem Unternehmer zu beraten und den Betriebsrat zu unterrichten. § 106 II BetrVG: Der Unternehmer hat den Wirtschaftsausschuss rechtzeitig und umfassend über die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Unternehmens unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen zu unterrichten, soweit dadurch nicht die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Unternehmens gefährdet werden, sowie die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Personalplanung darzustellen. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

90 wirtschaftliche Angelegenheiten
1. die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Unternehmens; 2. die Produktions- und Absatzlage; 3. das Produktions- und Investitionsprogramm; 4. Rationalisierungsvorhaben; 5. Fabrikations- und Arbeitsmethoden, insbesondere die Einführung neuer Arbeitsmethoden; 5a. Fragen des betrieblichen Umweltschutzes; 6. die Einschränkung oder Stillegung von Betrieben oder von Betriebsteilen; 7. die Verlegung von Betrieben oder Betriebsteilen; 8. der Zusammenschluss oder die Spaltung von Unternehmen oder Betrieben; 9. die Änderung der Betriebsorganisation oder des Betriebszwecks sowie 10. sonstige Vorgänge und Vorhaben, welche die Interessen der Arbeitnehmer des Unternehmens wesentlich berühren können. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

91 Wirtschaftliche Angelegenheiten nach Nr. 1
Zur wirtschaftlichen und finanziellen Lage des Unternehmens nach Nr. 1 gehören alle auf das Unternehmen einwirkenden Gegebenheiten, die für die unternehmerische Planung von Bedeutung sind. Beispiele: Verluste, Gewinne, Risikolage, d.h. die Frage, ob die Produktion in der Zukunft mit besonderen kaufmännischen Risiken behaftet ist, Versorgungslage mit Energie, Roh- und Betriebsstoffen, Preisgestaltung und deren Kalkulationsgrundlage; steuerliche Belastung, Konjunktur, soziale Aufwendungen, Konkurrenz, wirtschaftliche Entwicklung der Branche, Wechselkurse und Exportabhängigkeit, Auftragsbestand, monatliche Erfolgsrechnung, Lieferzeiten und Liquidität, beabsichtigte Stellung eines Insolvenzantrags. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

92 Wirtschaftliche Angelegenheiten nach Nr. 2
Nr. 2 erfasst zunächst die Darstellung der Absatzlage der Erzeugnisse oder Dienstleistungen anhand der Verkaufs- und Umsatzstatistiken des Unternehmens und der Unterlagen der Marktforschung. Dabei kommt insb. die Abhängigkeit von einigen wenigen Großbetrieben in Betracht. Die Produktionslage ist die auf der Absatzlage basierende Analyse des Kapazitätsbestands bzw. der Auslastung des Betriebs, der Höhe der Lagerbestände und ggf. der Bedarf an Personal, Betriebsmitteln und Roh- oder Hilfsstoffen. Die Produktionslage als Grundlage zur Erstellung des Produktionsprogramms stellt das Verhältnis dar zwischen der Produktionskapazität und der tatsächlichen Produktion, die eventuell durch Hemmnisse wie gewerbliche Auflagen, Streik oder höhere Gewalt gemindert ist. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

93 Wirtschaftliche Angelegenheiten nach Nr. 3
Das Produktionsprogramm gem. Nr. 3 legt im Hinblick auf Produktions- und Marktkapazität fest, welche Waren oder Dienstleistungen mittel- und langfristig erzeugt werden. Basierend auf dem Absatzprogramm legt es die zu erbringende arbeitstechnische Leistung der Betriebe fest. Im Investitionsprogramm wird festgelegt, welche Investitionsprojekte oder Einzelinvestitionen durchgeführt werden sollen. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

94 Wirtschaftliche Angelegenheiten nach Nr. 4
Rationalisierungsvorhaben i.S.d. Nr. 4 sind Vorhaben zur zweckmäßigeren Gestaltung der Arbeitsvorgänge bzw. zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit durch Normung oder Typisierung der Produkte oder des Arbeitsablaufs. Die Mitteilungspflicht des Unternehmers erstreckt sich auf solche Vorhaben, die über die bereits in den Betrieben eingeführten Methoden hinausgehen oder diese ändern. Die Mitteilungspflicht über Rationalisierungsvorhaben besteht neben den Rechten des BR aus §§ 90, 92 oder bei geplanten Betriebsänderungen nach §§ 111ff. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

95 Wirtschaftliche Angelegenheiten nach Nr. 5
Fabrikationsmethode gem. Nr. 5 ist das planmäßige Vorgehen bei der Gütererzeugung unter technischen Gesichtspunkten. Arbeitsmethode beschreibt dagegen die Erzeugung von Gütern bzw. die Ausführung von Dienstleistungen unter dem Gesichtspunkt der menschlichen Arbeitskraft. Bedeutend sind hierbei der Umfang des Maschineneinsatzes, Einzel- oder Massenfertigung, Sorten- oder Serienfertigung. Der Wirtschaftsausschuss berät auch Methoden, die im Betrieb entwickelt werden sollen. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

96 Wirtschaftliche Angelegenheiten nach Nr. 6, 7, 8
Die Einschränkung oder Stilllegung von Betrieben oder von Betriebsteilen gem. Nr. 6 entspricht weitgehend § 111 Nr. 1, wobei der Wirtschaftsausschuss auch dann zu unterrichten ist, wenn es sich um kleine Betriebsteile handelt oder der Betrieb(steil) keinen BR besitzt. Für die Verlegung von Betrieben oder Betriebsteilen gilt dasselbe, da Nr. 7 anders als § 111 Nr. 2 keine Beschränkung auf “wesentliche“ Betriebsteile enthält. Der Zusammenschluss oder die Spaltung von Betrieben gem. Nr. 8 entspricht § 111 Nr. 3, während die ebenfalls unter Nr. 8 fallende Spaltung von Unternehmen, z.B. in Besitz- und Betriebsgesellschaften, weitergeht. Die Vorschrift stammt aus dem UmwG, gilt aber auch für Spaltungen durch Einzelrechtsnachfolge. Nr. 9 erfasst anders als § 111 Nr. 4 jede Änderung der Betriebsorganisation oder des Betriebszwecks und nicht nur grdl. Änderungen. Im übrigen wird wegen der Einzelheiten der Begriffe in Nr. 6 bis 9 auf die Kommentierung zu § 111 Nr. 1 bis 4 verwiesen. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

97 sonstige für den AN bedeutsame Vorgänge und Vorhaben i.S.d. Nr. 10
alle Vorgänge und Vorhaben, die die Interessen des AN im sozialen, karitativen, kulturellen, politischen oder wirtschaftlichen Bereichs wesentlich berühren können. Nr. 10 bildet aufgrund seiner weiten Fassung eine beschränkte Generalklausel.Beispiele: Errichtung medizinisch-hygienischer Zentren; Werkstheater; Rechtsstreitigkeiten von grdl. Bedeutung, Auswirkungen der Steuerpolitik und andere Maßnahmen der Öffentlichen Hand, allgemeine wirtschaftliche Lage der Branche, Verlagerung der Produktion ins Ausland, Umstrukturierung und Entflechtung © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

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Rechtzeitige Vorlage Umstritten ist, ob aufgrund der Verpflichtung "zur Vorlage" der ArbGeb dem Wirtschaftsausschuss Unterlagen dauerhaft überlassen muss. Richtigerweise ist mit dem BAG eine Überlassung rechtzeitig vor den Sitzungen des Wirtschaftsausschusses zu bejahen, damit eine sachgemäße Sitzungsvorbereitung gewährleistet wird. Eine kurze Einsichtnahme vor oder gar erst während der Sitzung des Wirtschaftsausschusses ist angesichts der vielfach gegebenen Komplexität der Materie nicht ausreichend. Nach Sitzungsende müssen die Unterlagen wieder an den ArbGeb herausgegeben werden. Kopien dürfen ohne Zustimmung des ArbGeb nicht gefertigt werden. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

99 vorlagepflichtigen Unterlagen
Unterlagen, die nach § 106 Abs. 2 BetrVG vorzulegen sind, müssen einen Bezug zu den in § 106 Abs. 3 BetrVG genannten wirtschaftlichen Angelegenheiten haben. Angesichts des weit gefassten und nicht abschließenden Katalogs der wirtschaftlichen Angelegenheiten wird es eine seltene Ausnahme darstellen, dass in Unternehmen erstellte, vorhandene und benutzte Unterlagen keinen solchen Bezug aufweisen. Von daher ist anerkannt, dass Unterlagen nahezu jeder Art als auf wirtschaftliche Angelegenheiten bezogene Unterlagen für eine Vorlage an den Wirtschaftsausschuss in Betracht kommen. So werden z.B. als "Materialien unternehmerischer Planung und Entscheidung" genannt Berichte, Pläne, Statistiken, Schaubilder, Gutachten, Analysen, Organisationsmodelle, Rentabilitätsberechnungen, Vorschläge, Zeichnungen Tabellen und Geschäftsbücher jährliche Wirtschaftsprüfungsbericht jedenfalls, wenn ein entsprechender Einigungsstellenspruch den ArbGeb hierzu verpflichtet monatliche Erfolgsrechnungen (Betriebsabrechnungsbögen) einzelner Filialen. Jahresabschluss Bericht einer Unternehmensberatungsfirma; Marktanalysen; Vertrag über die Veräußerung sämtlicher Geschäftsanteile Ob und wieweit diese Unterlagen jeweils vorzulegen sind, ist eine Frage der Erforderlichkeit oder ihrer Geheimhaltungsbedürftigkeit, über die jeweils im Streitfall die Einigungsstelle nach § 109 BetrVG zu entscheiden hat. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

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Lösungsstrategien Nach § 107 BetrVG besteht der Wirtschaftsausschuss aus mindestens drei und höchstens sieben Mitgliedern, die vom BRat mit einfacher Stimmenmehrheit gewählt werden. Wählbar sind sämtliche Unternehmensangehörige einschließlich der leitenden Angestellten. Zwingend vorgeschrieben ist lediglich die Mitgliedschaft eines BRatMitglieds. Die Auswahl der Mitglieder des Wirtschaftsausschusses soll durch den BRat nach den Kriterien der fachlichen und persönlichen Eignung für dieses Amt erfolgen. Das BAG setzt bei Wirtschaftsausschussmitgliedern ein wirtschaftliches Grundwissen voraus. Folge: Nutzung des Wirtschaftsausschusses, um dem Betriebsrat die Notwendigkeit von (Umstrukturierungs-)Maßnahmen nahe zu bringen. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

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Beispiel B 1: A ist in dritter Generation Alleingesellschafter der C-GmbH, eines traditionsreichen, im Zentrum einer aufstrebenden Stadt gelegenen Familienunternehmens mit 150 Beschäftigten. Er beabsichtigt den Verkauf sämtlicher Anteile an einen „stadtbekannten" Spekulanten (B), dem offensichtlich in erster Linie an dem äußerst wertvollen Betriebsgrundstück gelegen ist. Der Betriebsrat verlangt die Aufnahme einer „Fortführungsklausel" in den Anteilsveräußerungsvertrag sowie die Aufstellung eines Sozialplans für den Fall, dass es innerhalb von fünf Jahren zu einer Verlegung oder gar Stilllegung des Betriebes kommen sollte. kein 613 a, da kein Arbeitgeberwechsel kein Interessenausgleich und kein Sozialplan, da keine Betriebsänderung aber: Information des Wirtschaftsausschusses © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

102 © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Beispiel B 2: Die S-GmbH betreibt ein Speditionsunternehmen. Nach § 2 des Gesellschaftervertrages ist Gegenstand des Unternehmens „die Spedition und der Transport von Gütern aller Art im Nah- und Fernverkehr". Die Geschäftsführung hat mit einem Wettbewerber über den „Verkauf' der Fernverkehrslizenzen für 15 Lkws verhandelt und beabsichtigt, die Geschäftstätigkeit künftig auf diejenige einer reinen Spedition ohne eigenen Fuhrpark zu beschränken. Es ist daher eine Gesellschafterversammlung einberufen worden, in der über die künftige Beschränkung des Geschäftsgegenstands Beschluss gefasst werden soll. Der Betriebsrat erfährt hiervon und fürchtet um die Arbeitsplätze von insgesamt 25 Lkw-Fahrern. Er beantragt daher sowohl beim Arbeitsgericht wie auch vor dem Landgericht den Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit welcher der Gesellschafterversammlung untersagt werden soll, die Änderung des Gesellschaftszwecks zu beschließen, bevor die Verhandlungen über einen Interessenausgleich/Sozialplan gemäß §§ 111ff. BetrVG abgeschlossen sind. für sich genommen noch keine Betriebsänderung im Sinne des 111 BetrVG Wirtschaftsausschuss ist zu informieren © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

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Beispiel B 4: An der T-GmbH sind die X-AG, die Y-GmbH sowie der Privatmann P jeweils zu einem Drittel beteiligt. Die X-AG beabsichtigt die Übernahme der Anteile der Y-GmbH sowie des P im Wege des Anteilskaufs und den anschließenden Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages mit der T-GmbH. Der Betriebsrat der T-GmbH wehrt sich hiergegen „mit Händen und Füßen", da er erhebliche Nachteile für die Belegschaft befürchtet, wenn sich die X-AG die T-GmbH erst einmal „ein­verleibt" hat. Kein 111 Bildung eines Konzernbetriebsrats © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

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Beispiel B 5: A und B sind zu je 50% an der A-GmbH und der B-GmbH beteiligt. Sie beschließen, ihre Beteiligungen in eine allein zum Zwecke der Bündelung gegründete C-GmbH als künftige Holdinggesellschaft einzubringen. kein 111 © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

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Beispiel B 6: Die M-GmbH, ein Unternehmen der Metall verarbeitenden Industrie mit mehreren Niederlassungen, hat ihre frühere zentrale Entwicklungsabteilung vor einigen Jahren in eine 100%ige Tochtergesellschaft, die E-GmbH, eingebracht. Der Betriebsrat der E-GmbH ist in dem bei der M-GmbH gebildeten Konzernbetriebsrat vertreten. Angeblich um den Einfluss der Arbeitnehmervertretungen bei der E-GmbH zurückzudrängen, beschließt die M-GmbH, insgesamt 75% ihrer Anteile im Wege des Management-Buy-Out (MBO) auf die drei künftigen Gesellschafter- Geschäftsführer der E-GmbH zu übertragen und sich selbst auf die Rolle einer Minderheitsgesellschafterin mit gewissen Sperrminoritäten zurückzuziehen. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

106 Asset Deal und Share Deal
Bei einem Asset Deal handelt es sich um einen Kauf an Wirtschaftsgut/Wirtschaftsgütern (Assets). Hierbei werden die Wirtschaftsgüter eines Unternehmens, also Grundstücke, Gebäude, Maschinen, etc. im Rahmen der Singularsukzession einzeln übertragen. Es handelt sich daher um einen Sachkauf. Share Deal Außerdem gibt es den Share Deal, dies ist ein Kauf von Anteilen. Der Share Deal stellt einen Rechtskauf dar, wobei Aktien, GmbH-Anteile, sowie Geschäftsanteile an einer Personengesellschaft Kaufgegenstand sind. Hierdurch wird der Erwerber Anteilseigner und erhält die mit der Beteiligung verbundenen Rechte und Pflichten. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

107 Problemfall Betriebsveräußerung
Beispiel C 18: Die erfolgreiche A-GmbH produziert an mehreren Standorten in der Bundesrepublik Verpackungsmaterialien aus Papier und Wellpappe. Lediglich in einem Betrieb in Freiburg stellt die A-GmbH Verpackungsmaterial aus Kunststoff her. Da dieser Betrieb, in dem ca. 150 Mitarbeiter beschäftigt sind, unrentabel ist, veräußert die A-GmbH den gesamten Betrieb im Wege eines sog. asset deals, also durch Einzelrechtsnachfolge, an die B-GmbH. § 613 a ja § 111 BetrVG nein © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

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Beispiel C19: Im Beispiel C18 beabsichtigt die B-GmbH, zukünftig nicht mehr in zwei Schichten, sondern nur noch in einer Schicht zu produzieren. Sie will sich jedoch weder mit den Personalabbaukosten noch mit dem organisatorischen Aufwand belasten. Sie teilt der A-GmbH daher mit, den Betrieb in Freiburg nur erwerben zu wollen, wenn dort nur noch 100 Arbeitnehmer beschäftigt sind. Die A-GmbH ist bereit, den Personalabbau durchzuführen. © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

109 © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm - www.PriKalNeg.de
Beispiel C 20: Im Beispiel C 18 sucht die A-GmbH monatelang einen Erwerber. Im August 1998 entschließt sie sich schließlich, den Betrieb still zu legen, verhandelt einen Interessenausgleich und Sozialplan und spricht Kündigungen zum 31. Dezember 1998 aus. Mitte November 1998 findet sich überraschend doch noch ein Käufer, der den Betrieb fortführen will. BAG: Käufer muss Betriebsänderung nicht durchführen, aber bestehende Sozialplanansprüche sind zu erfüllen (Grenze Wegfall der Geschäftsgrundlage). © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

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Umstrukturierung © RA S. Negm - Pribilla Kaldenhoff Negm -

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