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Veröffentlicht von:Leonhard Schillinger Geändert vor über 10 Jahren
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Ambivalenzen und Widersprüche der Ökonomisierung und Formalisierung sozialer Arbeit
Symposium: Vom Wiedergewinn der sozialen Sprache in Zeiten der Verwaltungszentrierung – Auswirkungen und Absurditäten von Hilfsplanung im lebendigen sozialen System Marburg, 23. März 2011
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Gliederung Entwicklung Die Ökonomisierung des Sozialen
Informelles Handlen und Erfahrungswissen Interaktionsarbeit Perspektiven
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1. Entwicklung Soziale Arbeit
traditionell Bearbeitung individueller und sozialer Problemlagen unproduktiv - soziale Kosten - geringe Anerkennung Arbeit am Rand der Gesellschaft Keine „richtige Arbeit“
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1. Entwicklung Soziale Arbeit sinnhafte Tätigkeit soziales Engagement
individuell/beruflich sinnhafte Tätigkeit soziales Engagement Abgrenzung gegenüber der Ökonomie - Abgrenzung gegenüber Arbeit Rentabilität/Gewinnmaximierung Marktwirtschaft/Kapitalismus zweckorientiert-instrumentell planmäßig-rationale industrielle Arbeit
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„Freiräume“ für soziales Engagement
1. Entwicklung Soziale Arbeit Arbeit am Rande geringe gesellschaftliche Beachtung und Anerkennung Abgrenzung gegenüber (marktwirtschaftlicher) Ökonomie und (industrieller) Arbeit „Freiräume“ für soziales Engagement
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wirtschaftliche Prosperität
1. Entwicklung Soziale Arbeit wirtschaftliche Prosperität qualitative gesellschaftliche Entwicklung Ausbau sozialer Arbeit Verschränkung von Wirtschafts- und Sozialpolitik Akademisierung/ Professionalisierung/ Institutionalisierung soziale Investitionen Prävention/Integration Tendenz zur Aufwertung und Anerkennung Ausbau des Wohlfahrtsstaates
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2. Die Ökonomisierung des Sozialen
Verringerung wirtschaftlichen Wachstums – Verschärfung der Konkurrenz „Das Ende des Kurzen Traums“ (Burkhart Lutz) Wohlfahrtsstaat als Belastung Ursache der Krise Negation gesellschaftlichen Bedarfs und gesellschaftlicher Wirkungen
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2. Die Ökonomisierung des Sozialen
Reform des Wohlfahrtsstaates Reduzierung der Kosten aktivierende Sozialpolitik Einsparung Reorganisation und Rationalisierung „fördern und fordern“
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2. Die Ökonomisierung des Sozialen
Reorganisation und Rationalisierung sozialer Arbeit Anwendung von Prinzipien und Instrumenten industriellen Managements und Rationalisierung Auflösung der Abgrenzung gegenüber marktwirtschaftlicher Ökonomie und industrieller Arbeit Auflösung der Unterscheidung zwischen der Arbeit mit Objekten und der Arbeit mit und an Menschen
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2. Die Ökonomisierung des Sozialen
Prinzipien und Instrumente Reorganisation Einschränkung des Leistungsangebots Auflösung und Zusammenlegung sozialer Dienste Einsparung von Personal und sonstigen Kosten Reduzierung von Beschäftigungsmöglichkeiten
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2. Die Ökonomisierung des Sozialen
Prinzipien und Instrumente Reorganisation Reduzierung von Stellen Fachlich/Verwaltung etc. Personaleinsparung unabhängig vom Bedarf Arbeitsverdichtung/steigende Leistungsanforderungen
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2. Die Ökonomisierung des Sozialen
Prinzipien und Instrumente Reorganisation Tayloristische Rationalisierung Arbeitszergliederung Standardisierung Technisierung/Automatisierung Technische und organisatorische Festlegung und Kontrolle von Arbeitsabläufen Ersetzung der Selbstbestimmung durch Fremdbestimmung Bei sozialer Arbeit nur begrenzt anwendbar aber
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2. Die Ökonomisierung des Sozialen
Anwendung von Prinzipien tayloristischer Rationalisierung Zeitvorgaben Standardisierung von Abläufen und Leistungen Quantifizierung der Leistung
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2. Die Ökonomisierung des Sozialen
Prinzipien und Instrumente „Neue“ Prinzipien der Rationalisierung Rationalisierung qualifizierter, selbstverantwortlicher Arbeit Unternehmerisches Handeln/Management Mobilisierung von Einnahmen (Spenden, Vermietung etc.) Reduzierung von Ausgaben/Aufwendungen „jeder soll wie ein Unternehmer denken und handeln“ Betriebswirtschaftliches Denken als Professionalisierung sozialer Arbeit
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2. Die Ökonomisierung des Sozialen
Prinzipien und Instrumente „Neue“ Prinzipien der Rationalisierung Rationalisierung qualifizierter, selbstverantwortlicher Arbeit Eigenverantwortung fachlich Ökonomisches Denken und Handeln „Kostenorientierung“ Soziales Engagement Kostendeckung und Einsparung als Zielvorgabe Messbar und kontrollierbar Verlust der Sinnhaftigkeit – Gefährdung der Motivation – Gleichgültigkeit gegenüber Bedarf
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2. Die Ökonomisierung des Sozialen
Prinzipien und Instrumente „Neue“ Prinzipien der Rationalisierung Rationalisierung qualifizierter, selbstverantwortlicher Arbeit Eigenverantwortung Selbstorganisation Koordination Fachliche Aufgaben Festlegung und Beschränkung zeitlicher, sachlicher, personeller Ressourcen Selbstrationalisierung und Überforderung
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2. Die Ökonomisierung des Sozialen
Prinzipien und Instrumente „Neue“ Prinzipien der Rationalisierung Rationalisierung qualifizierter, selbstverantwortlicher Arbeit Eigenverantwortung planmäßig-rationales Handeln regelgeleitetes Handeln explizites Wissen situatives Handeln informelle Praktiken Erfahrungswissen Festlegung von Verfahren „wie“ etwas gemacht wird Formalisierung Missachtung und Behinderung informellen Handelns und Erfahrungswissens
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2. Die Ökonomisierung des Sozialen
Prinzipien und Instrumente „Neue“ Prinzipien der Rationalisierung Rationalisierung qualifizierter, selbstverantwortlicher Arbeit Eigenverantwortung planmäßig-rationales Handeln regelgeleitetes Handeln explizites Wissen situatives Handeln informelle Praktiken Erfahrungswissen Kontrolle durch Dokumentation Objektivierung Missachtung und Behinderung informellen Handelns und Erfahrungswissens
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2. Die Ökonomisierung des Sozialen
Prinzipien und Instrumente „Neue“ Prinzipien der Rationalisierung Rationalisierung qualifizierter, selbstverantwortlicher Arbeit Probleme durch Formalisierung und Objektivierung in der Praxis bekannt aber schwer begründbar
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2. Die Ökonomisierung des Sozialen
Prinzipien und Instrumente „Neue“ Prinzipien der Rationalisierung Rationalisierung qualifizierter, selbstverantwortlicher Arbeit Formalisierung und Objektivierung Grundlage der Ökonomisierung Qualitätssicherung kostenorientierte Verfahren Standards Vergleichbarkeit Überprüfbarkeit Kennzahlen/Messbarkeit
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3. Informelles Handeln und Erfahrungswissen
Keine gesellschaftliche Anerkennung Indiz für fehlende Professionalität Keine wissenschaftliche Fundierung Verwissenschaftlichung sozialer Arbeit eher Schwächung statt Stärkung
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3. Informelles Handeln und Erfahrungswissen
Verherrschendes Verständnis und Leitbild von Arbeit Arbeit mit materiellen und immateriellen Objekten Berechenbarkeit und Beherrschbarkeit des Arbeitsgegenstandes planmäßig-rationales Handeln wissenschaftlich fundiertes Wissen und Verfahren
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3. Informelles Handeln und Erfahrungswissen
Soziale Arbeit Keine „richtige“ Arbeit Abgrenzung gegenüber Arbeit oder Anpassung an vorherrschendes Leitbild demgegenüber soziale Arbeit als besondere Arbeit Anforderungen, die bei sonstiger Arbeit nicht auftreten
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„Interaktionsarbeit“
Soziale Arbeit Arbeit mit und an Menschen Gegenstand der Arbeit ist ein Subjekt und kein Objekt „Interaktionsarbeit“ Grundlegender Bestandteil von personenbezogenen Dienstleistungen wie auch sonstiger Dienstleistungen
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4. Interaktionsarbeit Merkmale, die bei sonstiger Arbeit nicht in gleicher Weise auftreten Abgleich unterschiedlicher Interessen Umgang mit eigenen Emotionen „Emotionsarbeit“ Einfluss auf Gefühle anderer „Gefühlsarbeit“ Umgang mit Unbestimmtheit subjektivierendes Handeln
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4. Interaktionsarbeit Unbestimmtheit und Offenheit
von Anforderungen und Bewältigung grundlegendes Merkmal der Arbeit mit und an Menschen keine Berechenbarkeit und Beherrschbarkeit des „Arbeitsgegenstandes“ auch „einfache“ Aufgaben variieren im konkreten Fall
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Bewältigung von Unbestimmtheit
4. Interaktionsarbeit Bewältigung von Unbestimmtheit Grenzen planmäßig-rationalen Handelns Grenzen planmäßig-objektivierendem Handelns notwendig: erfahrungsgeleitet-subjektivierendes Handeln
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Erfahrungsgeleitet-subjektivierendes Handeln
4. Interaktionsarbeit Erfahrungsgeleitet-subjektivierendes Handeln Vorgehensweise: dialogisch-interaktiv; explorativ-entdeckend; herantasten Sinnliche Wahrnehmung: spürend-empfindende Wahrnehmung; Gespür Denken: Assoziativ-bildhaftes Denken Beziehung: persönlich, Nähe
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4. Interaktionsarbeit Planbarkeit, Berechenbarkeit
Beziehung distanziert, sachlich Rationales objektivierendes Handeln Sinnliche Wahrnehmung Denken Vorgehen planmäßiges Vorgehen Fachwissen und analytisches Denken exaktes, objektives Registrieren Beziehung persönlich Erfahrungsgeleitet subjektivierendes Handeln Vorgehen dialogisch-explorativ assoziativ, bildhaft komplexe Wahrnehmung, Empfindungen Arbeitshandeln Denken Sinnl. Wahrnehmung Planbarkeit, Berechenbarkeit Unwägbarkeiten, Grenzen der Planung
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Arbeitsverdichtung/Überforderung durch Personaleinsparung
5. Perspektiven Arbeitsverdichtung/Überforderung durch Personaleinsparung zusätzlich Interaktionsarbeit Diskrepanzen Formalisierung und Objektivierung Erfahrungsgeleitet-subjektivierendes Handeln Widersprüche Behinderung notwendiger Arbeit „doppelte“ Wirklichkeit/offiziell vs. faktisch wichtige Leistungen werden nicht erkannt Gefährdung der Kernaufgaben durch Zunahme sekundärer Aufgaben
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Organisation von Arbeit
5. Perspektiven Organisation von Arbeit Soziale Arbeit als besondere Arbeit: Interaktionsarbeit weder Abgrenzung gegenüber Arbeit noch Anpassung an sonstige Arbeit Arbeit mit und an Menschen ist ein Kernelement personenbezogener Dienstleistungen und Dienstleistungen insgesamt („frontline-work“)
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Organisation von Arbeit
5. Perspektiven Organisation von Arbeit Handlungsspielräume Anerkennung informellen Handelns Anerkennung von Erfahrungswissen Beschränkung der Formalisierung und Objektivierung
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Ökonomisierung sozialer Arbeit
5. Perspektiven Ökonomisierung sozialer Arbeit Soziale Arbeit als besondere Ökonomie? weder Abgrenzung gegenüber Ökonomie noch Anpassung an marktwirtschaftlich/kapitalistische Ökonomie Soziale Arbeit als Kernelement einer nachhaltigen Ökonomie – soziale Nachhaltigkeit erweiterte Wirtschaftlichkeit
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
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Literaturhinweise Böhle, Fritz; Glaser, Jürgen (Hrsg.) (2006): Arbeit in der Interaktion - Interaktion als Arbeit. Arbeitsorganisation und Interaktionsarbeit in der Dienstleistung, VS-Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. Böhle, Fritz (2009): Erfahrungswissen - die 'andere' Seite professionellen Handelns. In: Brigitte Geißler-Piltz; Susanne Gerull (Hrsg.): Soziale Arbeit im Gesundheitsbereich. Wissen, Expertise und Identität in multiprofessionellen Settings. Opladen & Farmington Hills: Budrich UniPress, S Böhle, Fritz (2010): Neue Anforderungen an die Arbeitswelt - neue Anforderungen an das Subjekt. In: Heiner Keupp; Helga Dill (Hrsg.): Erschöpfende Arbeit. Gesundheit und Prävention in der flexiblen Arbeitswelt, transcript, Bielefeld, S
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