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Nichtige Ausschreibungsbedingungen
Archimedes 10.Techniker/Juristen Dialog 2019 Martin Auer
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Verhältnis zu sonstigen Rechtsvorschriften
Ausgangslage 1 Vergaberecht = Öffentliches Recht Aber: Ziel = Vertrag; Leistungsvertrag = (zivilrechtlicher) Vertrag BVergG lässt jenseits der §§ 369 ff Zivilrecht unberührt Verhältnis zu sonstigen Rechtsvorschriften § 372. BVerG Im Übrigen bleiben die nach anderen Rechtsvor-schriften bestehenden Ersatzansprüche, Unterlassungsansprüche sowie Kündigungs- und andere Gestaltungsrechte unberührt. § 369 ff behandeln insbesondere Verhältnis Auftraggeber/ übergangener Bewerber oder Bieter uU Schadenersatzansprüche
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Ausgangslage 2 Verhältnis Auftraggeber/Auftragnehmer bleibt unberührt
Frage daher insbesondere Nichtigkeit/Ungültigkeit einzelner Klauseln/ Vertragsbestandteile Problem: Bieter/Auftragnehmer ist mit stark benachteiligenden Ausschreibungsbedingungen/Bestimmungen über den Leistungsvertrag (§§ 110 ff BVerG) konfrontiert – bietet deswegen uU auch gar nicht an. Auftragnehmer ist mit stark benachteiligenden Bedingungen im konkreten Vertrag berührt
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Zivilrecht 1 Sind Ausschreibungsbedingungen AGB – Allgemeine Ge-schäftsbedingungen? Bieter gibt Angebot ab (zu vorformulierten Bedingungen) Insb seit OGH , 1 Ob 144/04i „Für die Verwendung von AGB als Anknüpfungskriterium entschied er (der Gesetzgeber) sich, weil es sich dabei um einen verhältnismäßig leicht fassbaren typischen Fall einer solchen Ungleichgewichtslage han-delt, doch muss Entsprechendes auch gelten, wenn sich ein Vertragsteil der vorformulierten Erklärung des anderen oder eines Dritten (zB eines von Ersterem beauftragten Notars oder Rechtsanwalts) unterwirft. Dazu kommt, dass der Zweck des massenweisen Einsatzes, der darüb-er entscheidet, ob AGB überhaupt vorliegen, in seiner Bedeutung für die Anwendbarkeit des § 879 Abs 3 ABGB auf vertragliche Nebenbe-stimmungen schon deshalb in den Hintergrund zu rücken ist, weil das dafür bestimmende Merkmal der "Vielzahl" mit der einschlägigen Richt-linie des Rates über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (93/13/EWG) gar nicht vereinbar ist und deshalb in deren Anwend-ungsbereich (Verbraucherverträge) jedenfalls entfernt werden muss.
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Zivilrecht 2 Die hier zu beurteilende Bestimmung gehörte - als Bestandteil von "Vorbemerkungen" (der übliche Klauselkatalog in Ausschreibungen) - zu den von der vergebenden Stelle vorformulierten Ausschreibungs-unterlagen (Ersturteil, 10), mit denen sich die Bietinteressenten, wollen sie nicht Gefahr laufen, dass ihre Angebote ausgeschieden werden oder aber doch unberücksichtigt bleiben, idR abfinden müssen (…). Von einem Aushandeln der Vertragsbestimmungen - das der An-nahme der Unterwerfung entgegenstünde - kann bei vorformulierten Klauseln, namentlich auch im Zuge von Ausschreibungen, keine Rede sein. Bei der Vergabe von Aufträgen mit vorformuliertem Klauselkatalog, mit dem den Bietern der Vertragsinhalt - zumindest weitgehend – vorge-geben wird, liegt demnach jene typische Ungleichgewichtslage vor, wie sie der Verwendung von AGB zueigen ist, sodass es geboten erscheint, § 879 Abs 3 ABGB auch in solchen Fällen zur Beurteilung der Unwirksamkeit von Klauseln wegen gröblicher Benachteiligung - deren Hauptfall Verschlechterungen der Rechtsposition des Vertragspartners des Verwenders von AGB durch Abweichung vom dispositiven Recht ist (Krejci aaO Rz 240) - im Wege der Analogie heranzuziehen.
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Zivilrecht 3 Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass in problematischen Fällen auch § 879 Abs 1 ABGB bei solcher Vertragslage angewendet werden kann; die dort als Nichtigkeitssanktion verankerte Sitten-widrigkeit ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die vorzunehm-ende Abwägung eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen oder bei Interessenkollisionen ein grobes Missverhältnis zwischen den durch entsprechende Vertragsbestimmungen geförderten Interessen des einen Vertragsteils und den zurückgesetzten Interessen des anderen ergibt. Erfasst die Sittenwidrigkeit nur einen Teil der gesamten Vereinbarung, so tritt Teilnichtigkeit ein, wogegen der Restvertrag wirksam bleibt.“
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Zivilrecht 4 Prüfungsschema AGB-Kontrolle Einbeziehungskontrolle
Sind AGB Vertragsbestandteil geworden? Angesichts der “Bieterkonstrunktion“ zumeist kein Thema Aber auch Ö-Normen grdsl nur Kraft Vereinbarung Vertragsin-halt (ev ergänzende Auslegung als Verkehrssitte). Geltungskontrolle § 864a ABGB: Bestimmungen ungewöhnlichen Inhaltes in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern, die ein Vertragsteil verwendet hat, werden nicht Vertragsbestandteil, wenn sie dem anderen Teil nachteilig sind und er mit ihnen auch nach den Umständen, vor allem nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde, nicht zu rechnen brauchte; es sei denn, der eine Vertragsteil hat den anderen besonders darauf hingewiesen.
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Zivilrecht 5 Ungewöhnlicher Inhalt:
Für diesen Vertragstyp/Branche objektiv ungewöhnlich – „nicht üblich“ Nachteilig: Abweichung vom dispositiven Recht; anders als bei § 879 Abs 3 ABGB keine grobe Benachteiligung erforderlich. Nicht mit ihnen rechnen musste/kein deutlicher Hinweis „versteckt“ – nach der Stellung im Vertragsgefüge – wo anders als erwartet. Konkret: Bieter erklärt Ausschreibungsunterlagen zu kennen § 127 Abs 2/294 Abs 2 BVergG: Mit der Abgabe seines Angebotes erklärt der Bieter, dass er die Bestimmungen der Ausschreibung kennt, über die erforder-lichen Befugnisse zur Ausführung des Auftrages verfügt, die ausgeschriebene Leistung zu diesen Bestimmungen und den von ihm angegebenen Preisen erbringt und sich bis zum Ablauf der Zuschlagsfrist an sein Angebot bindet.
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Zivilrecht 6 § 864a (wohl) trotzdem anwendbar Inhaltskontrolle
§ 879. ABGB (1) Ein Vertrag, der gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig. (3) Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsform-blättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, ist jedenfalls nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles einen Teil gröblich benachteiligt. verdünnte Willensfreiheit Analogie für einseitig vorformulierte individuelle Vertragstexte Hauptleistung ausgenommen, hier funktioniert Privatautonomie
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Zivilrecht 7 Kernbereich der Leistungsbeschreibung, individuelle, zahlenmäßige Umschreibung (relativ „eng“) Kontrolle Äquivalenz der Hauptleistung nach § 934 ABGB (laesio enormis) bzw § 879 Abs 2 Z 4 ABGB wenn jemand den Leichtsinn, die Zwangslage, Verstandesschwäche, Unerfahrenheit oder Gemütsaufregung eines anderen dadurch ausbeutet, dass er sich oder einem Dritten für eine Leistung eine Gegenleistung versprechen oder gewähren lässt, deren Vermögenswert zu dem Werte der Leistung in auffallendem Missverhältnisse steht. Gröblich benachteiligend Maßstab ist dispositives Recht Allerdings: „gröblich“, dh es ist nicht jede Abweichung auch sittenwidrig Interessenabwägung im Einzelfall Fehlende sachliche Rechtfertigung Missverhältnis/Machtungleichgewicht der Rechtspositionen
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Unzulässige Vertragsbestandteile
Zivilrecht 8 Unzulässige Vertragsbestandteile § 6 KSchG (Transparenzgebot): Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsform-blättern enthaltene Vertragsbestimmung ist unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst ist. Auch im Unternehmerbereich analog anwendbar Durchschnittsverbraucher kann Inhalt und Tragweite einer Klausel nicht erfassen Auslegung: § 915 ABGB: Bei einseitig verbindlichen Verträgen wird im Zweifel angenommen, dass sich der Verpflichtete eher die geringere als die schwerere Last auflegen wollte; bei zweiseitig verbindlichen wird eine undeutliche Äußerung zum Nachteile desjenigen erklärt, der sich derselben bedient hat.
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Zivilrecht 9 Auslegung geht zu Lasten des AGB-Verwenders, also des Ausschreibenden Bei „keinem“ Auslegungsergebnis geht wohl Transparenzgebot vor. § 915 setzt aber wohl voraus, dass Auslegungsergebnis erzielbar ist.
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