Psychoanalytische Therapien Henriette Löffler-Stastka

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Die Psychoanalyse Sigmund Freud (1856 – 1939).
 Präsentation transkript:

Psychoanalytische Therapien Henriette Löffler-Stastka

Psychotherapie Definition: Psychotherapie ist eine Interaktion zwischen einem oder mehreren PatientInnen und einem oder mehreren TherapeutInnen (auf Grund einer standardisierten Ausbildung), zum Zwecke der Behandlung von Verhaltensstörungen oder Leidenszuständen, die in einem Konsens zwischen PatientIn und PsychotherapeutIn für behandlungsbedürftig gehalten werden, mit psychologischen Mitteln, mit einer lehrbaren Technik, einem definierten Ziel und auf Basis einer Theorie des normalen und abnormen Verhaltens. (H. Strotzka: Psychotherapie und Tiefenpsychologie, 1982/1, Springer)

Psychoanalyse Die Psychoanalyse basiert auf der Beobachtung von Vorgängen, die unsere Gefühle und unser Verhalten bestimmen, oft nicht wahrgenommen werden und sonst kaum zugänglich sind. Diese unbewussten Faktoren können eine Beeinträchtigung, manchmal in Form von deutlich wahrnehmbaren Symptomen und/oder störenden Charaktereigenschaften, Schwierigkeiten in Arbeits- und Liebesbeziehungen, oder Störungen der Stimmung und des Selbstgefühls hervorrufen.

Aktuelle Relevanz • Hirnforschung bestätigt Grundannahme Freuds, dass das Ubw weitgehend das Bw bestimmt, dass sich der Charakter früh - d.h. in den nicht unbewusst ablaufenden Monaten und Jahren - verfestigt • Funktion des Ubw ist komplexer als von Freud vermutet (nicht nur Ort primitiver Triebe, Ort einer die Lebenserfahrung umfassenden Vernunft, die das Ich steuert)

Psychoanalytische Therapien Psychoanalyse (4-5x/Woche) Psychoanalytisch (orientierte) Psychotherapie (2x/Woche) Stützende psychoanalytische Psychotherapie Psychoanalytische Kurztherapie Psychoanalytische Fokaltherapie Psychoanalytische Gruppenpsychotherapie

Empirische Prozess- und Ergebnisstudien Forschungskomitee der Internationalen Psychoanalytischen Association IPA: psychoanalytische Psychotherapie - An Open Door Review of Outcome Studies in Psychoanalysis

Evidenz Psychoanalytische Psychotherapie kann das Funktionsniveau einer klinischen Gruppe auf das Niveau der Normalpopulation anheben Die psychoanalytische Psychotherapie verbessert die Arbeitsfähigkeit Psychoanalytische Psychotherapie führt zu einer Verringerung der Gesundheitskosten, und dies auch über Jahre nach Therapieende

Psychoanalytische Psychotherapie Die psychoanalytische Psychotherapie kann zu einer Verringerung des Gebrauchs psychotroper Medikamente bei stationären Behandlungen führen Je länger die Behandlung, desto besser das Ergebnis Die Langzeitbehandlung in psychoanalytischer Psychotherapie kann eine Borderlinesymptomatik langfristig verringern Die psychoanalytische Psychotherapie kann eine effektive Behandlungsform für schwere psycho-somatische Störungen sein

Psychoanalytische Psychotherapie Manche Ergebnisse legen nahe, dass Psychoanalyse und psychoanalytische Therapie kostengünstig und kosteneffizient sind Manchmal ist die Überlegenheit der Psychoanalyse über die Psychotherapie erst Jahre nach Behandlungsende offensichtlich

Definition der Technischen Neutralität = Abstinenz Die Abstinenz verlangt von Therapeut/Therapeutin zweierlei: Impulse und Gefühle gleich welcher Art zunächst einmal zu zügeln und daraufhin zu prüfen, inwieweit sie aus der eigenen Konflikthaftigkeit erwachsen oder Indikatoren von unbewussten Prozessen im Patienten/der Patientin sind 2. Alles was man sieht, sagt und tut, daraufhin zu erforschen, ob es im Interesse des Patienten/der Patientin gesagt oder getan wird bzw. aus eigener Konflikthaftigkeit heraus, oder um eigene Bedürfnisse zu befriedigen. Diese Erforschung der eigenen Impulse, vor allem die Versagung unbedachter Spontaneität, verschafft am ehesten Klarheit über die unbewussten Quellen dieser.

Deutungsprozess Klärung Konfrontation: Einsicht in bewusstseinsnahe Zusammenhänge Deutung: Einsicht durch Interpretation; bezieht sich ausschließlich auf verdrängtes/unbewusstes Material und dessen Abkömmlinge, also Wünsche. Erfordert Zeit: Periode der Vorbereitung, Bearbeitung unbewusst determinierter Widerstände und erfordert Phase des Durcharbeitens. Durcharbeiten

Übertragung - die Gesamtsituation Übertragung stellt eine emotionale Beziehung zum Analytiker dar, in der eine unbewusste Phantasie aktualisiert wird. Die jeweils wirksame ubw-Phantasie entspricht einer Gesamtsituation einer primären Objektbeziehung mit den jeweils wirksamen Triebwünschen und Ängsten, ihrer Abwehr und den daraus folgenden Bewegungen zum Objekt hin und vom Objekt weg.

Unter Gegenübertragung verstehen wir dementsprechend die Gesamtheit der unbewussten Reaktionen der Therapeutin/des Therapeuten auf die Patientin/den Patienten und ganz besonders auf deren/dessen Übertragung.

Psychischer Ort (Topos) Technik Heilende Kräfte Psychischer Ort (Topos) Suggestion Induzierte Überzeugung, Impulse und Aktionen BW Persuasion „Überreden“ Anwendung „pädagogischer“ Mittel („Psychoedukation“) Abreaktion Erleichterung von akuter Spannung Manipulation Das Lernen durch Erfahrung, herbeigeführt durch Erinnern an Ressourcen Klärung/ Konfrontation Einsicht in bewusstseinsnahe Zusammenhänge VBW Deutung Einsicht durch Interpretation; bezieht sich ausschließlich auf verdrängtes/unbewusstes Material und dessen Abkömmlinge, also Wünsche. Erfordert Zeit: Periode der Vorbereitung, Bearbeitung unbewusst determinierter Widerstände und erfordert Phase des Durcharbeitens. UBW

Wien Freud (1896) beschrieb die Psychoanalyse als ein Verfahren zur Untersuchung seelischer Vorgänge, welche anders kaum zugänglich sind. Freud (1919) Empfehlung, dass der Analytiker Wege finden müsse, um seine Fähigkeiten auch denen zukommen zu lassen, die sich keine Psychoanalyse leisten können.

Wien 20er Jahre ab 1922 psychoanalytische Behandlungstechnik in Bezug auf Patienten diskutiert, die nach Reich (1924) oft nicht die klassischen neurotischen Störungen aufwiesen, „im Ich infantil“ geblieben sind, oft nicht krankheitseinsichtig waren, die Herstellung einer positiven Übertragung schwierig war, oder wo das Prinzip der freien Assoziation zur Produktion von Inhalten ohne die dazugehörigen Affekte führte, .. 1929 durften sogenannte „Grenzfälle“ behandelt werden

Psychoanalyse-Strömungen Freud Post-Freud: E. Jones, M.Brierley, E. Glover Ich-Psychologie: H.Hartmann, A.Freud, D.Rappaport,O.Fenichel, M.Schur, C.Brenner, E.Jacobson. Positionen: M. Klein, W.Bion J.Sandler „Ich-psychologisches Objektbeziehungs-Modell“: O.Kernberg A. Green

USA erste detaillierte naturalistische Kohortenstudien, das Menninger Projekt (Wallerstein 1986), 1954 als prospektive Studie begonnen wichtiges Ziel der Studie war die Erweiterung der Indikationsstellung (Stone 1993) der Psychoanalyse, nämlich die therapeutische Technik auch für die Behandlung von weit schwerer Erkrankten zugänglich zu machen Kernberg (1972) schlug eine modifizierte analytische Herangehensweise vor, beispielsweise die frühe Deutung der negativen Übertragung und den Fokus der Deutung im Hier und Jetzt (Übertragungsbeziehung).

Aktuelle Entwicklungen der psychoanalytisch orientierten Psychotherapie Bemühung um empirische Evidenz für Effektivität und für theoretische Konstrukte durch Bezüge zur Allgemeinpsychologie, Neurowissenschaft etc. (Partielle) Manualisierung Differenzierung der Krankheitslehre durch Integration entwicklungspsychopathologischer Befunde in eine Theorie der Affektregulation

UBW Freuds große Leistung besteht zweifellos in der „Entdeckung“ des Unbewussten. Verbunden damit ist die Analyse der Verdrängung nicht statthafter Triebe und Wünsche und der Art, in der über Fehlleistungen, Träume und psychopathologische Symptome wie Zwangshandlungen oder Phobien diese Triebe und Wünsche ins Bewusstsein einbrechen. Daraus resultiert ein ständiger Kampf des Bewusstseins (Ichs) gegen das Unbewusste (Es). Frühe, verdrängte Geschehnisse bestimmen weitestgehend unser erwachsenes Wünschen, Planen und Handeln, auch wenn das Ich davon nichts wissen will und vielerlei eigene Erklärungen (Rationalisierungen) oder Ersatzlösungen (z.B. Symptome) erfindet. [Roth, 2001]

BEWUSSTSEIN Sinneswahrnehmungen (Umwelt, Körper) mentale Zustände (Denken, Vorstellen, Erinnern) Emotionen, Affekte, Bedürfniszustände Erleben der Identität, Kontinuität Körperbild Autorenschaft und Kontrolle von Handlungen Verortung des Selbst und des Körpers in Raum und Zeit Realitätscharakter von Erlebtem Unterscheidung zwischen Realität und Vorstellung

BEWUSSTSEIN Hintergrundbewusstsein (z.B. Selbstbild) vs. Aktualbewusstsein (zusammengesetzt aus Emotionen, Denken etc.) verbunden mit Arbeitsgedächtnis Geschehnisse nur dann bewusst, wenn mit Aktivität der assoziativen Großhirnrinde verbunden (die aber durch Hirngebiete beeinflusst sind, die grundsätzlich nicht bewusstseinsfähig sind)

Das Unbewusste Def. der Neurowissenschaften • Inhalte, die einmal bewusst waren, dann aber ins ubw. abgesunken sind (nicht aktivierte Inhalte des deklarativen Gedächtnis) • vorbewußte Inhalte von Wahnehmungsvorgängen • unterschwellige Wahrnehmungen • Vorgänge in Gehirnregionen außerhalb der assoziativen Großhirnrinde alle perzeptiven, kognitiven und emotionalen Prozesse, die vor Ausreifung des assoziativen Kortex ablaufen (bis zum 3. Lj.)

Ubw. Gehirnvorgänge sind höchst wirksam und beeinflussen bewusste Vorgänge stark - neben vorbewussten und subliminalen Komponenten vor allem Vorgänge im limbischen System • Tätigkeit des limbischen Systems erleben wir als Affekte/Emotionen bzw. affektive Einfärbungen von Wahrnehmung, Vorstellung, Erinnerung und Handlungsplanung • nur der orbitofrontale und der inferotemporale Kortex als Teile des l. Systems sind bewußtseinsfähig

Zentrale Komponenten • Hypothalamus (biolog. Grundfunktionen, Angriff/Verteidigung, angeborene Trieb-und Affektzustände) • Amygdala (Emotionssteuerung, furchtgeleitete Verhaltensbewertung) • Hippocampus (Organisator des bewußtseinsfähigen - deklarativen - speziell episodischen Gedächtnisses)

Das Unbewusste als Zensor • Das Ubw. Wirkt auf das Bw. auf zwei Weisen: • Einwirkung subkortikaler limbischer Zentren auf präfrontalen und orbitofrontalen Kortex führt zu Gedanken, Vorstellungen, Wünschen, Plänen, die das Ich sich selbst zuschreibt (erste „Abfrage“). Feststellung: ist das, was bewusst-unbewusst gewünscht wird mit den Inhalten des unbewussten emotionalen Gedächtnisses im Einklang • dorsale, motorische Schleife führt zu Handlungsbereitschaft (über die Basalganglien). Prüfung: geplante Handlung im Lichte vergangener Erfahrungen sinnvoll, intendierte Handlung der Situation angemessen • Erst wenn beide Prüfungen positiv: Aktivierung des prämotorischen und motorischen Kortex über Basalkerne • Lust-Unlust-Abwägung: System beginnt Arbeit bereits im Mutterleib! Formung von Charakter und Persönlichkeit als Basis für die Ichentwicklung, Veränderbarkeit durch „emotionale Revolutionen“ • LeDoux: subkortikale Zentren können nicht vergessen!?