Zur Legitimität von Sicherheitspolitik

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Zur Legitimität von Sicherheitspolitik Eine Problemanzeige Prof. em. Dr. Dr. h.c. mult. Reinhard Meyers WWU Münster

Diese Datei ist ab Ende Januar 16 downloadbar von meiner Website http://reinhardmeyers.uni-muenster.de Dort finden Sie auch weitere Materialien zu meinen Seminaren zur Europapolitik, den Internationalen Beziehungen und zur Friedens- und Konfliktforschung http://reinhardmeyers.uni-muenster.de/aktuelles.html Kontakt: meyersr@uni-muenster.de

Lebenslauf – Kurzfassung Reinhard Meyers, Jahrgang 1947, studierte Politikwissenschaft, Anglistik, und Geschichte an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität 1966 – 1970 mit dem Abschluß Magister Artium. Forschungsstipendiat der Wiener Library, London, an der Graduate School of Contemporary European Studies, University of Reading 1970 – 1972 mit dem Abschluß Master of Philosophy. Wissenschaftlicher Assistent bei Hans-Adolf Jacobsen und Karl-Dietrich Bracher am Seminar für Politikwissenschaft der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität 1972 – 1984. Promotion zum Dr.phil. 1974; Habilitation im Fach Politikwissenschaft 1986; seit 1987 Professor für Internationale Politik und Außenpolitik an der Westfälischen Wilhelms – Universität, emeritiert Ende Juli 2012.

Hobbies: Industriearchäologie des Transportwesens, italienische Küche Die Forschungsinteressen galten ursprünglich der Geschichte der internationalen Beziehungen und der Sicherheitspolitik im 20. Jahrhundert; daneben trat aber schon vor der Habilitation die Wissenschaftsgeschichte der Lehre von den Internationalen Beziehungen sowie deren Epistemologie, Methodologie und Theorie. Seit den achtziger Jahren wird dieser Schwerpunkt ergänzt durch Arbeiten zur Friedens- und Konfliktforschung, seit den neunziger Jahren auch zur Europapolitik. Seit 1991 mehrfach Prodekan und Dekan des Fachbereichs Sozial-wissenschaften der Westfälischen Wilhelms-Universität; 1996 – 2008 Programmbeauftragter für die internationalen Doppeldiplomstudiengänge mit dem IEP Lille, der BBU Klausenburg (RO) und der Universiteit Twente in Enschede (NL), seit Oktober 1997 Ehrendoktor der Fakultät für Europastudien der Babes-Bolyai Universität Klausenburg und seit Mai 2007 der Universität Novi Sad; Mitgründer und 1993 - 2010 Mitherausgeber der Zeitschrift für Internationale Beziehungen, emeritiert seit 1.08.2012. Hobbies: Industriearchäologie des Transportwesens, italienische Küche

Sicherheit: 154.000.000 Einträge in 0,57 sec. Facettenreichtum & Verzweigtheit eines schwierigen Themas: Belege bei Google: Sicherheit: 154.000.000 Einträge in 0,57 sec. Sicherheitspolitik: 579.000 Einträge 0,36 sec. Sicherheitsphilosophie 18.100 Einträge in 0,26 sec. Sicherheitsethik: 2.120 Einträge in 0,36 sec. Abgerufen 05.01.16, 17.00 – 18.00

Sicherheitsphilosophie: Bezugsfelder Produktsicherheit, Arbeitsschutz, Brandschutz, Umweltschutz, Krisen- und Notfallmanagement, private Sicherheitsdienste, Geldtransport

Ethik der inneren Sicherheit Philosophie Fachbereich Sicherheit Das Sicherheitsgewerbe expandiert und schafft Arbeitsplätze - wir als Bildungsträger helfen dabei. Sagt Protektor: Fachschule für Sicherheitsdienstleistungen, Facility Management und Euro-Management (angebotener Abschluss: Bachelor Facility Management) Sicherheitsethik: neuerer Ansatz der Ethik vertreten u.a. durch Regina Ammicht Quinn U.Tübingen IZEW – Hg. „Sicherheitsethik“ Springer VS 2014 http://www.izew.uni-tuebingen.de/forschung/sicherheitsethik.html Ethik der inneren Sicherheit Hinweis: Dossier innere Sicherheit der Bundeszentrale für politische Bildung http://www.bpb.de/politik/innenpolitik/innere-sicherheit/

All diese Ausprägungen treffen nicht – oder allen-falls peripher – das klassische Verständnis von Sicherheitspolitik: Allgemein: Alle mit dem Recht übereinstimmenden Mass-nahmen, die dazu führen, dass Konflikte zwischen den Bürgern verhindert werden und die dem Schutz der Unversehrtheit von Personen und Sachen sowie der staatlichen Unverletzlichkeit dienen. In den internationalen Beziehungen die Wahrung des Friedens und Schaffung von Stabilität in der internationalen Staaten-gemeinschaft unter vorrangiger Sicherstellung der Unverletz-lichkeit der Grenzen, der Durchsetzung der Menschenrechte, der Nichtanwendung von Gewalt, Abbau von Spannungen u.a. durch politische, militärische, rechtliche u.a. Massnahmen. Buchbender/Bühl/Kujat/Schreiner/Bruzek, Wörterbuch zur Sicherheitspolitik, 4. Aufl. Hamburg: Mittler 2000

Paradigmatische Formulierung des klassischen (etatistischen) Konzepts 1971 bei Richard Löwenthal: Oberstes Interesse eines Staates sei die Bewahrung der Freiheit der gesellschaftlichen Eigenentwicklung eines Volkes vor einem direkten militärischen Angriff, äusserem Druck oder der Drohung mit einem Angriff Dabei käme es nicht allein darauf an, unter allen Umstän-den einen militärischen Konflikt zu vermeiden, sondern ggfs. unter Einsatz militärischer Machtmittel die durch den Staat geschützte „gesellschaftliche Substanz“ zu bewahren… Dieter Dettke: Begriffe 1. Der Sicherheitsbegriff, in: B. Rinke/W.Woyke (Hg.): Frieden und Sicherheit im 21. Jahrhundert. Opladen: Leske & Budrich 2004

Eine Klärung der Randbedingungen, Inhalte, Zielsetzungen, Akteure, Verfahren und Legitimität(en) von Sicherheitspolitik macht zunächst die Beschäftigung mit ihrem Oberziel Sicherheit notwendig. Da sind wir dann wieder bei den 154.000.000 Google-Einträgen… also: was tun ?? Wir könnten etymologisch vorgehen und Sicherheit von lat. securitas ableiten [ se cura = ohne Sorge ] – Epikur, Cicero: Freiheit von Schmerz & Unwohlsein als Voraussetzung glückl. Lebens, Augustus: dauerhafte politische Stabilität der pax romana Wir könnten rechtsgeschichtlich vorgehen und daran anknüpfen, dass im MA securitas zum Topos der ma. Eides-formeln und Ziel aller Schutzverträge wird und beim Treueid des Lehensverhältnisses als gegenseitigem Schutzverhältnis eine zentrale Stellung einnimmt.

In diesem Kontext entwickeln sich die vielfältigen Konkreti-sierungen des Konzepts Sicherheit – von der Verkehrswege-sicherheit über die (Ver-)Sicherung des Lebens, der körper-lichen Unverletzlichkeit, des Grundeigentums und des beweglichen Besitzes bis zur Sicherheitsgarantie zunächst für Immunitäten, dann für grössere Herrschaftsbereiche (Gottes-, dann Landfrieden) Sicherheit wird damit zu einem positiv besetzten politischen Begriff – und schon in der Scholastik scheint auch ihre zweifache Struktur mit Blick auf Gegenwart & Zukunft auf [sichere Erwartung des künftigen Erwerbs eines Gutes oder Fortdauer des Besitzes eines bereits erworbenen] - später fasst die Politikwissenschaft (etwa in der Regimetheorie) dies dann mit dem Konzept der Erwartungsverlässlichkeit des Akteurshandelns

Wir könnten historisch- politiktheoretisch vorgehen und darauf verweisen, dass mit dem Aufkommen des frühnz. Fürstenstaats seit Ende der Renaissance die Sicherung der staatl. Eigenexistenz ebenso wie die Erringung und Erhaltung politischer Macht im Aussenverhältnis zu anderen ver-gleichbaren Akteuren einerseits, und die Ausübung und Legitimierung von Herrschaft im Binnenverhältnis gegenüber den eigenen Untertanen andererseits zum Zentralproblem von Politik wird – spätestens seit Machiavelli fassbar im (und legitimiert durch den) Gedanken der Staatsraison, aufscheinend im Staatszweck der Bewahrung, der Defension der securitas publica nach aussen (s. p. externa) wie nach innen (s. p. interna). Landesherrliche Sicherheitspolitik impliziert den Schutz der je eigenen Landesherrschaft als Friedensraum; in dem Masse, in dem die beiden Aufgaben unterschiedlichen Institutionen (Polizei/ Militär, Diplomatie) zugeordnet werden, entwickeln sie sich allmählich gegenläufig.

Wir könnten historisch-realpolitisch vorgehen und darauf verweisen, dass im Laufe des 17. Jhs. – nicht zuletzt als Folge des Dreissigjährigen Krieges und kodifiziert im Westfälischen Frieden – innere und äussere Sicherheit immer mehr auseinandertreten – die potentia domestica wird zur Ordnungsmacht contra seditiones, conspirationes, rebelliones civium, während die äussere Sicherheit mit ihrem Ziel: der assecuratio pacis eines entstehenden europäischen Sicherheitssystems Bündnis- und Beistandspakte, Garantie-Verträge mit dritten Mächten, Allianzen und barrieremässige Festungssysteme, aber auch dynastische Eheverbindungen dazu nutzte, jenes System des Gleichgewichts, der balance of power zu entwickeln, das uns im Frieden von Utrecht 1713 erstmals verbindlich dokumentiert entgegentritt. N.B.: Die Erhaltung des Gleichgewichts wird damit nicht nur zum movens, sondern auch zum Legitimator von Sicherheitspolitik [ebenso wie, später insbes. greifbar in der Heiligen Allianz nach Metternich, zum Legitimator konservierender Interventionen der Grossmächte in die Verhältnisse der Mittel- und Kleinstaaten]

Wir könnten schliesslich rationalistisch-naturrechtlich vorgehen und an die Lehre vom Gesellschafts- und Staatsvertrag, insonderheit die politische Philosophie des Thomas Hobbes, anknüpfen – gilt doch ihm (ebenso wie etwa Pufendorf) der vom Menschen kraft seiner Vernunft und seines Willens herbeigeführte, im Unterwerfungs-vertrag den Naturzustand überwindende status civilis als Garantie der bürgerlichen Sicherheit. Sicherheit wird damit zum Zentral-begriff des Staatszwecks: The office of the sovereign … consisteth in the end, for which he was trusted with the sovereign power, namely the procuration of the safety of the people; to which he is obliged by the law of nature … by safety here, is not meant a bare preservation, but also all other contentments of life, which every man by lawful industry, without danger, or hurt to the commonwealth, shall acquire to himself… (Leviathan 2,30) Von diesem Ausgangspunkt des naturrechtlichen Rationalismus ist über die Zwischenstationen des possessive individualism, der aufklärerischen Vernunft und der gemeinen Wohlfahrt und Sicherheit, fassbar in der guten Policey, letztlich der Weg zum moralisch-sozialen Grundwerten verpflichteten Daseinsvorsorgestaat des 20. Jhs. eröffnet.

Man müsste nun eigentlich mit Hobbes und dem naturrechtlich-rationalistischen Traditionszug der politischen Philosophie argumentieren, dass sich die Legitimität von Sicherheitspolitik aus der in Politik und Gesellschaft erfolgreichen Verwirk-lichung des Oberziels Sicherheit ergibt. Nur: dahin kommen wir eher selten, weil sich uns eine Reihe von Problemen in den Weg stellen – von denen das Auseinanderfallen von äusserer und innerer Sicherheit seit der frühen Neuzeit und die Konzentration der Aufmerksamkeit auf Fragen der äusseren Sicherheit im Lichte diverser Primatdis-kussionen [ Realpolitik bis Realismus – oder: Ranke bis Morgenthau] eher noch gering zu bewerten ist.

Auch Sicherheitsdilemma, Abschreckungsfalle und Clausewitz-Trias sollten uns – weil vertraut – nicht allzusehr schrecken. Für unsere Fragestellung desaströser sind zwei andere Einsichten bzw. Entwicklungen: - die Dialektik zwischen objektiver und subjektiver Sicherheit [oder: die Konstruktivismus-Fussangel] - die Ausweitung des Sicherheits-Begriffs [und da- mit auch des Tätigkeitsfeldes und des Legitima- tionsbedarfs von Sicherheitspolitik] vom klass. zwischenstaatlichen/innerstaatlichen Kontext bis hin zum Begriff der Human Security

A rüstet usw. Die Struktur des Sicherheitsdilemma-Theorems Anarchisches internationales Selbsthilfesystem Unsicherheit des einzelnen Akteurs Sicherheit begriffen als militärische Überlegenheit Militärischer Schutz durch Rüstung A rüstet B fühlt sich bedroht B rüstet marginal stärker als A A fühlt sich bedroht A rüstet marginal stärker als B B fühlt sich bedroht usw.

Die Abschreckungsfalle Konsequenzen für SiPo?? Abschreckung ist das Produkt, nicht die Summe ihrer Erfolgsbedingungen: A = (Cap. x Cred. ) Comm. Fällt eine der drei Bedingungen aus, muss Abschreckung versagen ! Henry Kissinger: Kernwaffen und auswärtige Politik. Oldenbourg, München 1959. Konsequenzen für SiPo??

v. Clausewitz: Trias von Zweck, Ziel, Mittel Entweder bestimmen die verfügbaren Mittel die militärischen Ziele und politischen Zwecke – oder auf der Grundlage gegebener politischer Zwecke sind die militärischen Ziele und die zu ihrer Erreichung notwendigen Mittel zu ermitteln. Vom Kriege, Zweites Kapitel

Die Konstruktivismus - Fussangel Anknüpfend an die Unterscheidung von objektiver & subjektiver Sicherheit bzw. eines objektiven (hardware & manpower) Kräftedispositivs und/oder einer subjektiven, individuellen oder gesellschaft-lichen Perzeption von Sicherheit (Sicherheitsgefühl) Ausgehend von der Annahme, Sicherheit sei ein gesellschaftliches, sprachliches oder mentales Konstrukt, das sich auf die Verlässlichkeit oder Akzeptanz einer individuellen oder kollektiven Zukunftserwartung bezieht und auf dieser Grundlage Handeln überhaupt erst ermöglicht

Die Konstruktivismus-Fussangel II Sicherheitspolitik wird damit zu einem Mechanismus zur Reduktion sozialer Komplexität , zur Erkennung, Steuerung und Überwindung von Risiko und damit zur Bewältigung der Kontingenz von Zukunft – durch Extrapolation von Erfahrungswissen in/auf einen für sozioökonomisch und politisch kohärent und damit auch gestaltbar gehaltenen Zeitraum. Analogie: Vertrauen & vertrauensbildende Massnahmen Problem: Ist dieser Prozess mit Blick auf zur Verfügung stehende oder erst noch zu entwickelnde Ausgangsannahmen und Zieldefinitionen sowie das Mittelinventar und charakteristische Handlungsprozesse verallgemeinerbar, epochen- und raum-übergreifend gültig ???

Securitas ad infinitum – die Erweiterung des Sicherheits(politik)begriffs Prämisse: beschleunigte Modernisierung der Gesellschaften und die Entstehung artifizieller Lebenswelten durch forcierte technisch-industrielle Entwicklung und Urbanisierung Folge: Sicherheit nicht länger nur innere & äussere Gefahren-abwehr durch polizeiliche bzw. diplomatische & militärische Massnahmen, sondern Streben nach Prävention und Kom-pensation genuin sozialer und technischer Unsicherheiten, Risiken und Dysfunktionalitäten. Analogie: Versicherungs- prinzip. Zentralprinzip der sozialen Sicherheit und Daseins-vorsorge; Paradigmenwechsel vom Schutz gegen konkrete Gefahren zur Versicherung gegen abstrakte Risiken. Damit wird Sicherheit zu einer gesellschaftlichen Wertidee, wenn nicht gar seit 1948 in der Form der sozialen Sicherheit zum allgemeinen Menschenrecht

Securitas ad infinitum – die Erweiterung des Sicherheits(politik)begriffs II UN: Human Security in Theory and Practice, unter http://www.un.org/humansecurity/sites/www.un.org.humansecurity/files/human_security_in_theory_and_practice_english.pdf ; mehr Info unter http://www.un.org/humansecurity/human-security-unit/human-security-approach Cristopher Daase: Der erweiterte Sicherheitsbegriff, unter http://www.sicherheitskultur.org/fileadmin/files/WorkingPapers/01-Daase.pdf Daase&Deitelhoff: Privatisierung der Sicherheit, unter http://www.sicherheit-forschung.de/publikationen/schriftenreihe/sr_v_v/sr_11.pdf

Thanx for listening

Ausgewählte Literaturhinweise Werner Conze: Sicherheit, in Brunner/Conze/Kosellek (Hg.): Geschichtliche Grundbegriffe, Bd. 5 1984 Stephan Böckenförde: Sicherheitspolitik, in: Woyke/Varwick, Handwörterbuch Internationale Politik, 13. Aufl. 2015 Alan Collins (Hg.): Contemporary Security Studies, 4th ed. Oxford UP 2015 Wilfried v. Bredow: Sicherheit, Sicherheitspolitik, und Militär. Springer VS 2014 Stephan Böckenförde/Sven B.Gareis (Hg.): Deutsche Sicherheitspolitik. Herausforderungen, Akteure und Prozesse. 2.Aufl. UTB 2014