(Katharina Holzinger)

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 Präsentation transkript:

Visualisierung linguistischer Muster der Deliberation Eine Fallstudie anhand von Stuttgart 21 Tina Bögel, Valentin Gold, Annette Hautli-Janisz, Christian Rohrdantz, Sebastian Sulger, Miriam Butt, Katharina Holzinger, Daniel A. Keim Universität Konstanz

(Katharina Holzinger) Zielsetzung VisArgue-Projekt (eHumanities, BMBF-gefördert): Untersuchung des Konzepts der „deliberativen Kommunikation” Visual Analytics (Daniel Keim) Linguistik (Miriam Butt) Politikwissenschaft (Katharina Holzinger)

Deliberative Kommunikation Deliberation: theoretisches Konzept (Philosophie, Politikwissenschaft, Psychologie, Diskursanalyse ...) „Überzeugung durch Argumentation“ Beispiel: Mediationsverfahren bei „Stuttgart 21“ Relevanz? Teure/umfangreiche (öffentliche) Projekte lösen Konflikte in Gesellschaft und Politik aus Hohe Risiken für Entscheidungsträger Mehr Wissen über Deliberation vonnöten, um erklären zu können, wie Konsens erreicht wird Deliberation ist ein größeres theoretisches Konzept in der Philosophie u.a. vertreten durch Habermas Theorie des kommunikativen Handelns Hier: Konzentration auf Diskursanalyse: Was kann im Textdiskurs über Argumentativität rausgefunden werden? Es wird untersucht, wie sich einzelne Argumente durchsetzen. Warum gewinnt welche Position die Überhand? Wann können Kompromisse hergestellt werden? Es gibt verschiedene Teilnehmer an einer Diskussion, die alle eigene Interessen verfolgen.

Deliberation – ein Beispiel Student 1: Ich hätte gerne einen festen Putzplan, weil dann halt jeder gleich behandelt wird. Student 2: Ich kann anbieten, die Küche jeden dritten Donnerstag im Monat zu putzen. Student 3: Ich möchte die Küche nicht regelmäßig putzen, da ich ausspannen will. Student 2: Naja, ich hätte es auch gerne etwas sauberer, falls ich mal Gäste habe. Student 1: Ich biete an, die Küche jeden ersten Donnerstag im Monat zu putzen.

Deliberation – ein Beispiel Student 1: Ich hätte gerne einen festen Putzplan, weil dann halt jeder gleich behandelt wird. Student 2: Ich kann anbieten, die Küche jeden dritten Donnerstag im Monat zu putzen. Student 3: Ich möchte die Küche nicht regelmäßig putzen, da ich ausspannen will. Student 2: Naja, ich hätte es auch gerne etwas sauberer, falls ich mal Gäste habe. Student 1: Ich biete an, die Küche jeden ersten Donnerstag im Monat zu putzen. Argumentation Verhandlung

Forschungsfragen Welche Faktoren machen deliberative Kommunikation erfolgreich? Können wir diese Faktoren sowohl durch statistische sowie tiefe linguistische Methoden erkennen? Welche Visualisierungen helfen uns, Muster der Deliberation in großen Textmengen zu erkennen?

Unsere Herangehensweise Kombination von innovativen Methoden aus den folgenden Teilgebieten: Visual Analytics Linguistik Politikwissenschaft

Unsere Herangehensweise Dieser Vortrag: Visual Analytics Linguistik Politikwissenschaft

Linguistik Tiefe automatische Analyse von Diskurs (fürs Englische vgl. Prasad et al. 2008) Verschiedene Ebenen der Diskursanalyse (u.a.): Diskurskonnektoren (kausal: da, weil, zumal; konsekutiv: deshalb, deswegen, somit, aus diesem Grund): Zeigen Begründungen/Schlussfolgerungen an Modalpartikeln (halt, eben, doch, ja): Zeigen die Tönung/Forcierung der Aussage an Schlüsselwörter in Verhandlungen (anbieten, ablehnen, beschließen): Zeigen Verhandlung an Hedges, Füllwörter, Sprachunflüssigkeiten, ... Kombiniert geben die Ebenen Aufschluss über den Argumentationsverlauf in einem Diskurs Und noch einige mehr Ebenen, die wir uns in Zukunft anschauen werden.

Linguistische Hinweise Student 1: Ich hätte gerne einen festen Putzplan, weil dann halt jeder gleich behandelt wird. Student 2: Ich kann anbieten, die Küche jeden dritten Donnerstag im Monat zu putzen. Student 3: Ich möchte die Küche nicht regelmäßig putzen, da ich ausspannen will. Student 2: Naja, ich hätte es auch gerne etwas sauberer, falls ich mal Gäste habe. Student 1: Ich biete an, die Küche jeden ersten Donnerstag im Monat zu putzen.

Linguistische Hinweise Student 1: Ich hätte gerne einen festen Putzplan, weil dann halt jeder gleich behandelt wird. Student 2: Ich kann anbieten, die Küche jeden dritten Donnerstag im Monat zu putzen. Student 3: Ich möchte die Küche nicht regelmäßig putzen, da ich ausspannen will. Student 2: Naja, ich hätte es auch gerne etwas sauberer, falls ich mal Gäste habe. Student 1: Ich biete an, die Küche jeden ersten Donnerstag im Monat zu putzen. Diskurskonnektor Modalpartikeln Schlüsselwörter ??? Verschiedene sprachliche Elemente, die auf verschiedenen Ebenen markiert werden müssen.

Kausalität Schlussfolgerung Student 1: Ich hätte gerne einen festen Putzplan, weil dann halt jeder gleich behandelt wird. Kausale Diskurskonnektoren geben Aufschluss über Argumentation Annahme: Jeder kausale Konnektor verbindet Begründung und Schlussfolgerung (vgl. Prasad et al. 2008) Begründung

Beispiel I - Stuttgart 21 (...) [die Aufgabe, dass wir auch zwischen den Hauptstädten, den großen Städten, schnellere Verkehre haben]S, [weil halt in dem Bereich auch die meisten Autos unterwegs sind, auf den Autobahnen.]B (Dr. Heiner Geissler, S21, 4.11.2010) weil: Argument Verbindet Schlussfolgerung mit Begründung halt: unabänderlicher Fakt Kombination: Argument begründet durch unabänderlichen Fakt

Beispiel II - Stuttgart 21 [Ich würd‘]S, [da Sie ja gesagt haben]B, [gern zum Verfahren einige Bemerkungen machen]S, (...) (Tanja Gönner, S21, 4.11.2010) da: Argument Verbindet Schlussfolgerung mit Begründung ja: Inhalt ist Teil des gemeinsamen Wissens Kombination: Argument begründet durch Rückberufung auf gemeinsames Wissen

Regelbasierter Ansatz Inferenzregeln annotieren („markieren“) die relevante Information Konnektoren: Begründung/Schlussfolgerung Modalpartikeln: Forcierung/Tönung Regeln werden von Hand geschrieben (keine statistischen Komponenten) Große Textmengen können so automatisch verarbeitet und markiert werden Regeln funktionieren zuverlässig (Bögel et al. to appear)

Annotationsbeispiel (...) die Aufgabe, [dass wir auch zwischen den Hauptstädten, den großen Städten, schnellere Verkehre haben]S, [weil halt in dem Bereich auch die meisten Autos unterwegs sind, auf den Autobahnen.]B (Dr. Heiner Geissler, S21, 4.11.2010)

Herausforderungen Herausforderung I: Hinweiswörter sind teilweise stark mehrdeutig eben: Adjektiv, temporales Adverb, Modalpartikel Lösung: Inferenzregeln werden kontext-sensitiv erstellt und beziehen linguistisches Wissen mit ein Eben erklären: Die Straße ist eben. Er hat eben mit Herrn Geißler telefoniert. Eben das ist doch das Problem!

Herausforderungen Herausforderung II: Bei ganzen Dialogen werden Annotationen unübersichtlich Muster können nur noch schwer erkannt werden Lösung: Visualisierung der Annotation Sie können sich vorstellen – große Protokolle, 200+ Seiten, sehr schwierig, Muster zu erkennen

Visualisierung - Motivation Frühere Arbeiten: große Vorteile in der Erkennung von Mustern/Hypothesenbildung durch Visualisierung Ziele hier: Darstellung der Annotationen durch Inferenzregeln Ansicht der Annotation über den Diskursverlauf hinweg Liefert Aufschlüsse über den Grad der Deliberation Bei steigender Anzahl der Annotationsebenen kann die Visualisierung durch zusätzliche Module erweitert werden

Visualisierung Entwicklung eines Werkzeugs zur Visualisierung Diskursprotokolle mit Annotationen werden in XML eingelesen Gelbe Markierungen zeigen Begründungen an Interaktiv (rein-/rauszoomen, Annotationsebenen ein-/ausblenden) Detailansicht Ausschnitt S21 Mediationssitzung:

Visualisierung Gesamtansicht S21 Mediationssitzung 4.11.2010: Hier oben gibt es einen Abschnitt, wo sehr viel Begründungen verwendet werden. Austausch von Argumenten.

Zusammenfassung VisArgue: Kombiniert Politikwissenschaft, Informatik (Visual Analytics), Linguistik Methode: Faktoren für Deliberation identifizieren Faktoren auf verschiedenen Annotationsebenen markieren (Beispiele: Diskurskonnektoren, Diskurspartikeln) Annotation visualisieren, Argumentationsstränge analysieren Ermöglicht Untersuchung der Rolle von Argumentativität im Deliberationsprozess www.visargue.uni-konstanz.de

Danke sehr für Ihre Aufmerksamkeit!