Anspruchsmerkmale und technische Äquivalente

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Anspruchsmerkmale und technische Äquivalente FS 2012 Patent- und Lizenzvertragsrecht II Dr. H. Laederach 1

Technische Aequivalente Der Begriff „technische Äquivalente“ stammt aus dem Gebiet der Patentverletzung. Nach Art. 66 PatG wird der Schutzbereich des Patentes in - einen Nachmachungsbereich und - einen Nachahmungsbereich unterteilt. Nachmachung liegt vor, wenn der Verletzungsgegenstand alle Merkmale des Patentanspruchs aufweist (Prinzip wie bei Neuheit) 84

Technische Aequivalente Nachahmung liegt vor, wenn der Verletzungsgegenstand NICHT alle Merkmale des Patentanspruchs aufweist. Dabei kann ein Merkmal des Patentanspruchs ganz fehlen (überflüssiges Merkmal?) oder es wird durch ein „anderes“ Merkmal ersetzt (Prinzip wie bei der erfinderischen Tätigkeit). Dieses „andere“ Merkmal ist dann ein technisch äquivalentes Merkmal, wenn es a) die gleiche technische Wirkung hat wie das beanspruchte Merkmal im Patentanspruch und b) es für den Fachmann naheliegend war, die Merkmale auszutauschen . 84

Gleichwirkung des technischen Äquivalents Gleichwirkung des äquivalenten Merkmals mit dem ersetzten Merkmal: Um dies zu ermitteln, müssen zuerst die der geschützten Erfindung zugrunde liegende technische Aufgabe und die Lösung (d.h. der vom Erfinder angestrebte technische Erfolg) bestimmt werden. Dies muss aus Sicht des Fachmannes unter Berücksichtigung der Beschreibung und des Standes der Technik erfolgen. In einem zweiten Schritt muss die Aufgabe und die Lösung der „Ausführungsform“ (ohne dieses Merkmal oder mit dem Ersatzmerkmal) erfolgen. Erschwerend ist dabei, dass keine „Beschreibung“ vorliegt. 84

Gleichwirkung des technischen Äquivalents Eine Gleichwirkung (Äquivalenz) liegt dann vor, wenn der angegriffenen Ausführungsform die gleiche Aufgabe zugrunde liegt und der technische Erfolg gleich ist, die dazu aber verwendeten Mittel sich unterscheiden. Wird der technische Erfolg bei Verwendung des Ersatzmerkmals nicht erreicht, so wird der Schutzbereich des Patents verlassen und es liegt keine Patentverletzung vor. Wird der technische Erfolg bei Verwendung des Ersatzmerkmals erreicht, muss geprüft werden, ob das Ersetzen für den Fachmann nahe lag. 84

Naheliegen des technischen Äquivalents Eine Patentverletzung liegt nur vor, wenn das gleichwirkende Mittel vom Fachmann ohne erfinderische Tätigkeit gefunden werden konnte. Diese Frage muss wieder mit dem aus der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit bekannten „Aufgabe-Lösungs-Ansatzes“ beantwortet werden. Dabei geht der Fachmann, der auf der Suche nach einem gleichwirkenden Lösungsmittel ist, geht vom betreffenden Patentanspruch als nächstliegendem SdT aus. Die Aufgabe besteht dann darin, das betroffene Merkmal zu ersetzen, ohne dass der Beitrag dieses Merkmals am technischen Erfolg der Erfindung sich dabei verändert. 84

Naheliegen des technischen Äquivalents Dabei muss der Fachmann sich aber zuerst Gedanken machen, ob das betroffene Merkmal überhaupt ersetzt werden kann. Ist es nicht ersetzbar, dann hat er keinen Anlass, nach einer äquivalenten Lösung zu suchen. Damit scheidet auch eine Patentverletzung aus. Es kommt auch vor, dass in der Patentschrift ausdrücklich die Verwendung eines im SdT bekannten Mittels als Ersatzmerkmal ausschliessen. Auch dann liegt natürlich keine Patentverletzung vor, wenn es nachträglich einem Dritten gelungen ist, mit einem solchen Ersatzmerkmal zum Ziel zu gelangen. 84

Naheliegen des technischen Äquivalents Sieht hingegen der Fachmann, dass das im Patentanspruch aufgeführte Merkmal beispielshaft für ein funktionelles Mittel steht, führt die Verwendung eines andern Mittels mit gleicher Funktion nicht aus dem Schutzbereich hinaus. Problematisch wird die Situation jedoch, wenn nachträglich entwickelte Äquivalente auftauchen, d.h. solche, die am Anmelde-oder Prioritätstag noch nicht bekannt waren. 84

Nachträglich bekannte technischen Äquivalente Im Patentrecht gilt i.d.R. als massgebender Zeitpunkt für Neuheitsprüfung, Prüfung auf erfinderische Tätigkeit, Offenbarung etc. das Anmelde- bzw. Prioritätsdatum. Erscheint nun aber nachträglich ein äquivalentes Merkmal, basierend z.B. auf einer neu entwickelten Technologie, dann muss laut heute vorherrschender Fachmeinung auf den Verletzungszeitpunkt abgestellt werden. Andernfalls würde der Patentinhaber einen Teil seines Schutzes verlieren. Da hierzu aber keine gesetzliche Basis vorliegt, liegt es im Einzelfall im Ermessen des Gerichtes, den Vergleichszeitpunkt festzulegen. 84

Zahlen-und Bereichsangaben im Patentanspruch Wie andere Merkmale müssen auch Zahlen- und Bereichsangaben in PA‘s interpretiert werden. Grundsätzlich gilt an sich, dass eindeutige Angaben wie Höchst-oder Mindestwerte Grenzen setzen. Bei ihrem Über- oder Unterschreiten wird demnach der Schutzbereich verlassen. Laut deutschen Gerichtsurteilen ist ein Über- oder Unterschreiten dann noch innerhalb des Schutzbereichs, wenn es im Rahmen der üblichen Toleranz liegt (z.B. Messtoleranz). Liegt die Abweichung aber ausserhalb der üblichen Toleranz, muss aus Sicht des Fachmanns geprüft werden, ob der jeweilige Wert als Äquivalent vom Schutzbereich dennoch erfasst wird (z.B. die gleich Wirkung zeigt wie Werte im beanspruchten Bereich oder eben gerade zu einem vom Fachmann nicht erwarteten Ergebnis führt). 84