Ökologische Doktrin und Innovationen von Arbeitsprozessen als Medien der Kopplung von gesellschaftlichen und naturalen Systemen Peter Weichhart Institut.

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Ökologische Doktrin und Innovationen von Arbeitsprozessen als Medien der Kopplung von gesellschaftlichen und naturalen Systemen Peter Weichhart Institut für Geographie und Regionalforschung Universität Wien „Strukturelle Kopplungen physischer und sozialer Systeme“ Gesprächskreis „Integrative Projekte in der Geographie“, 13. und 14. Juni 2008, Universität Salzburg P256StrKoppSbg01

Vorbemerkung und Zielsetzung Es können (leider) keine endgültig ausgearbeiteten Kon- zepte, keine elaborierten Theoriebausteine und keine „Ergebnisse“ vorgelegt werden. Berichtet werden kann nur über den „aktuellen Stand des Diskurses“, und zwar in thesenartiger Verkürzung. Forschungsfrage: Wie lassen sich „Zusammenhänge“, „Verknüpfungen“ oder „Kopplungen“ zwischen sozialen und naturalen Systemen auf eine sozialwissenschaftlich akzeptable Weise darstellen und interpretieren, ohne eine deterministische oder kausa- listische Redeweise zu verwenden? P256StrKoppSbg02

Sozialtheoretische Begründung? Bei der Suche nach einer sozialtheoretischen Begründung für die Beschreibung und Erklärung derartiger Zusammen- hänge haben wir uns bisher vor allem mit der Theorie sozialer Systeme von Niklas LUHMANN auseinander gesetzt. These 1: LUHMANNs Theorie – so anspruchsvoll und wichtig sie auch ist – führt uns bei der Suche nach einer Begründung der Zusammenhänge zwischen Gesellschaft und der materiellen Welt in eine Sackgasse und hilft uns nur partiell weiter. Bei der Begründung dieser These stütze ich mich auf zwei Beiträge der letzten Tagung in Bonn, nämlich auf die Vorträge von Roland LIPPUNER und Wolfgang ZIERHOFER. P256StrKoppSbg03

Die Gesellschaft kann nicht (direkt) auf die physische Umwelt einwirken Beide Autoren stellen deutlich heraus, dass die Gesellschaft die materielle Welt nicht unmittelbar beeinflussen kann (und umgekehrt). (Für „Luhmannianer“ ist das natürlich eine Trivialität.) R. LIPPUNER spricht von einer „Kopplungskette“: Kommunikation (Gesellschaft) ~ Psychische Systeme (Bewusstsein) Organische Systeme (Gehirn, Körper) Physische Umwelt Strukturelle Kopplung („Irritation“) Keine Kausal- beziehungen! Quelle: R. Lippuner, in Druck P256StrKoppSbg04

Wozu „braucht“ LUHMANN diese Konzeption? Diese Konzeption ist erforderlich, um die Funktionsweise und Autonomie autopoietischer Systeme darstellen und ver- stehen zu können. Für dieses Problemfeld weist LUHMANNs Theorie eine be- sonders hohe Viabilität (Brauchbarkeit, Nützlichkeit) auf. Insbesondere werden damit die verschiedenen Ebenen der Emergenz verständlich: Leben setzt Materie voraus, kann aber nicht darauf reduziert werden, Bewusstsein setzt Leben voraus, etc. P256StrKoppSbg05

Systematik verschiedener Ebenen der Emergenz Soziali-sierte Materie, Gen- techno-logie, Arte-fakte, Hybri-de? Quelle: W. ZIERHOFER, in Druck, Abb. 2, verändert P256StrKoppSbg06

ZIERHOFER: Kopplung von Strukturen „Wenn wir uns beispielsweise Gedanken darüber machen, welche Relevanz die Eigenschaften von Tieren, Pflanzen und Materialien für die Organisation von Bauernhöfen oder Fabriken haben, interessiert uns weniger, was gegeben sein muss, damit überhaupt produziert werden kann, son- dern welche systematischen Beziehungen zwischen Ord- nungen physischer Systeme und Ordnungen sozialer Systeme herrschen und wie sich solche herausbilden.“ „Luhmanns a-materialistisches Verständnis des Sozialen wirft diese Frage gar nicht erst auf, und sein Konzept struktureller Kopplung führt diesbe- züglich nicht weiter.“ W. ZIERHOFER, in Druck, S. 8, Hervorhebung P. W. P256StrKoppSbg07

ZIERHOFER: Kopplung von Strukturen Deshalb schlägt ZIERHOFER vor, zu einem allgemeineren Strukturbegriff zurückzukehren, „nämlich zu Struktur im Sinne von Ordnungen der physischen, mentalen oder sozialen Welt.“ Systeme können sich Optionen für Operationen schaffen, indem sie sich an ihrer Umwelt ausrichten. „Sie konstituieren damit eine kausale Beziehung zwischen systemexternen Gegebenheiten und systeminternen Zustän- den, ohne jedoch letztere im Sinne einer eindeutigen Ursache-Wirkungs-Beziehung zu determinieren.“ Ähnlicher Ansatz: Action-Setting-Theorie W. ZIERHOFER, in Druck, S. 9-10, Hervorhebungen P. W. P256StrKoppSbg08

ZIERHOFER: Kopplung von Strukturen „Der Grund für die Kopplung von systeminternen Strukturen an systemexterne Strukturen liegt allerdings nicht in der Umwelt des Systems, sondern im System selbst.“ „Und der Grund ist nicht, sich durch die Umwelt bestimmen zu lassen, sondern die Aussicht …, durch die Orientierung an der Umwelt systeminterne Optionen zu gewinnen.“ „Was von außen betrachtet leicht als Determination (miss-) verstanden werden könnte, nämlich eine strikte kausale Koppelung an Umweltbedingungen, erscheint als autonome Entscheidung, wenn die Operationsweise des Systems mit in Betracht gezogen wird.“ W. ZIERHOFER, in Druck, S. 10, Hervorhebungen P. W. P256StrKoppSbg09

Kopplung von Strukturen unterschiedlicher Emergenzebenen These 2: Für die Darstellung der Kopplung von Strukturen unter- schiedlicher Emergenzebenen muss das LUHMANN‘sche Modell der Weltbeschreibung um einige Elemente erwei- tert werden, die für eine Begründung der autopoietischen Struktur nicht erforderlich sind (und deshalb an dieser Stelle von ihm auch nicht berücksichtigt wurden). (Handlungstheoretische „Erweiterung“ oder Ergänzung) P256StrKoppSbg10

Erweiterung: ZIERHOFER: Unterscheidung zwischen dem Sozialen und dem Gesellschaftlichen! Erweiterung: Gruppen und Organisationen, Institutionen, Interaktionen Ich-Identität, Intentionalität Arbeit, Handeln, Koloni- sierung Quelle: W. ZIERHOFER, in Druck, Abb. 2, verändert P256StrKoppSbg11

Strukturelle Kopplung versus Kopplung von Strukturen Emergenzebene, systemspezifische Operationsweise, strukturelle Kopplung Kopplungs- ketten! Kopplung der Strukturen Kommunikation (Gesellschaft) ~ Psychische Systeme (Bewusstsein) Organische Systeme (Gehirn, Körper) Materie Institutionen, Organisationen, Gruppen, Interaktionen Ich-Identität, Intentionalität Arbeit, Handeln, Kolonisierung Materie „Aufwärts- und Abwärtskopplung“ Unterschiedliche Beschreibungs- und Erklärungsebenen! (autopoietische Struktur) (allopoietische Struktur) P256StrKoppSbg12

Das „sozialökologische Interaktionsmodell“ „Kultur“, Sinn- konstitution, rekursive symbolische Kommuni- kation „Natur“, Öko-systeme Population GESELLSCHAFT Kolonisierung: Artefakte, Settings Aneignung, Arbeit Physisch-materielle Welt „Hybride Systeme“ „Gesellschaft“ im Verständnis der Soziologie Metabo- lismus ? „ökol. Regime“ ? „ökologische Doktrin“ Population: Bewusstsein (Ich-Identität) + Körper Nach M. FISCHER-KOWALSKI u. H. WEISZ, 1999, verändert P256StrKoppSbg13

Ökologische Doktrin Emergenzebene Strukturebene Handlungsebene Kommunikation: Ökologiediskurs Umweltministerium, Greenpeace, Abfallagentur … Umweltgesetz, Abfallentsorgungs- verordnungen … Bewusstsein: Kognitiver Prozess Ich-Identität: Internalisierung von Werten Motivation, Informations- suche, politi- sche Aktivitäten … Abfalltrennung, nachhaltiges Wirtschaften … Körper: Aktivitäten, Arbeit „Materialisierung“: Recyclinghof, Stoffcontainer, Lagermöglichkeit P256StrKoppSbg14

Historische Beispiele für ökologische Doktrinen (Doktrin: System normativer Handlungsanweisungen mit ideologischer Begründung, das für das Erreichen be- stimmter Ziele als erforderlich/geboten angesehen wird.) Christentum: Der Mensch als „Krone der Schöpfung“, „Macht Euch die Erde untertan.“ „Agrarverfassung“ der vorindustriellen Landwirtschaft (kodifiziert z. B. in den „Generalakten“ der großen Ge- nossenschaftsalmen, „Almschwender“, Verbot des Ab- transportes von Heu und Dünger zu den Heimgütern etc.) NW-amerikanische Indianerstämme, Tsembagas P256StrKoppSbg15

Der Begriff „Ökologische Doktrin“ … … bezeichnet jenes Gefüge von Handlungsanweisungen, Strategien und Praktiken, die vor dem Hintergrund der Wertestrukturen des Gesellschaftssystems diskursiv und reflexiv entwickelt werden und als normative Vorgaben die Kolonisierungsaktivitäten der Populationen bestimmen. Die ökologische Doktrin ist Bestandteil der Kommunikation und damit Teilelement des sozialen Systems. Durch Internalisierung wird sie ein kognitiv-emotives Teil- element des Bewusstseinssystems eines Subjekts. „Kopplungsmedium“: Indoktrinierung und Sozialisation. P256StrKoppSbg16

Weitere Stationen der „Kopplungskette“ Durch Übernahme in die Wertvorstellungen und Zielkonfigu- rationen werden die Inhalte der ökologischen Doktrin Elemente der Intentionalitätsstruktur von Ego. Damit dringen die Inhalte der Doktrin in die konkreten Projekte der Handlungsabläufe ein und werden über deren Umsetzung durch körperliche Aktionen (Arbeit) in der physisch-materiellen Welt als intendierte (und nicht- intendierte) Handlungsfolgen manifest. Kopplungsmedium: Handlungsprozesse „Durchgriff“ von Kommunikationsinhalten auf naturale Systeme. P256StrKoppSbg17

Ein zweites bedeutsames Koppelungsmedium: Technologische, ökonomische und soziale Innovationen, die geeignet sind, die Arbeitsprozesse der Populationen so zu verändern, dass koevolutiv neue ökologische Doktrinen entstehen und umgesetzt werden können. Historisches Beispiel: Verschiebung des Machtzentrums Europas vom Mittelmeer- raum nach Mittel-, West- und Nordeuropa seit dem frühen Mittelalter. M. MITTERAUER, 2000, Die Landwirtschaft und der "Aufstieg Europas". Jared Diamonds Thesen als Forschungsimpuls. - In: Historische Anthropologie 8/3, S. 423-431. P256StrKoppSbg18

Der Aufschwung von West-, Mittel- und Nordeuropa im Mittelalter Forschungsfrage: Wie kam es zum gesellschaftlichen Wandel in Europa seit dem Frühmittelalter (Aufschwung in West-, Mittel- und Nordeuropa gegenüber dem Mittelmeerraum)? These: Dieser Aufschwung hängt mit der Verbreitung von Roggen und Hafer zusammen (von den Römern noch als Unkraut gesehen). Diese agrarische Innovation führte in Ver- bindung mit technologischen Innovationen zu einem gesell- schaftlichen Wandel und neuen Formen der Gesellschaft- Umwelt-Interaktion. P256StrKoppSbg19

Der Aufschwung von West-, Mittel- und Nordeuropa im Mittelalter Diese beiden Kulturpflanzen hatten in Europa nördlich der Alpen besonders günstige Wachstumsbedingungen und wa- ren wesentlich ertragreicher als die bis dahin vorherrschen- den Getreidearten Emmer, Einkorn und Gerste, die sie ver- drängten. Damit kam es zu einer Intensivierung und räumli- chen Ausweitung des Getreideanbaues. Enormer Aufschwung der Landwirtschaft durch Einbindung von Roggen und Hafer in die neue Dreifelderwirtschaft. Die Folge: Zwischen 500 und 1500 nahm die Bevölkerung von 9 auf 22,5 Millionen zu. P256StrKoppSbg20

Der Aufschwung von West-, Mittel- und Nordeuropa im Mittelalter Zusätzliche technologische Innovationen: enorme Zunahme der Wassermühlen, Erfindung des schweren Pfluges. Mit dem Roggen stand jetzt auch in Regionen, in denen der Weizen nicht gedieh, eine backfähige Getreidesorte zur Ver- fügung, die allerdings gemahlen werden muss. Zusammenhang mit dem Militärwesen: Der intensivierte Haferanbau macht eine verstärkte Pferdehaltung möglich. Die Panzerreiterheere, die seit der Karolingerzeit das euro- päische Militärwesen prägten, wären ohne den vermehrten Anbau von Hafer nicht möglich gewesen. Die Folge: Verlagerung der Zentren von den Mittelmeer- regionen in den Nordwesten Europas P256StrKoppSbg21

Fazit Mit Hilfe des Konzepts der Kopplung von Strukturen lassen sich Zusammenhänge und Relationen zwischen den verschiedenen Emergenzebenen darstellen und „Durch- griffe“ von der Gesellschaft bis in die anorganische Welt und umgekehrt plausibel machen, ohne eine deterministi- sche oder kausalistische Redeweise zu verwenden. Die Vorstellung von der Autonomie und Unabhängigkeit autopoietischer Systeme, wie sie in der Theorie LUHMANNs vertreten wird, muss deshalb nicht aufgegeben werden. P256StrKoppSbg22

Juli 2008: Völlig unbeeindruckt von den doch recht massiven Eingriffen „operiert“ das System vor sich hin und scheint bemüht, die vor- mals bestehende „Brennesselwüste“ zu reproduzieren.