Schmerzen im Alter Vortrag für Pflegekräfte Herausgeber: ABDA - Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Vorurteile über Schmerzen im Alter „In Ihrem Alter sind Schmerzen etwas völlig Normales, Frau Müller. Sie wissen ja, der Verschleiß ...“ „Wer jenseits der 60 morgens ohne Schmerzen aufwacht, ist meist tot.“ „Deine Mutter kommt sich wohl ein bisschen vernachlässigt vor und nutzt die Schmerzen, um mehr Aufmerksamkeit zu erlangen.“ „Nun stellen Sie sich mal nicht so an, Frau Meier. So schlimm kann das alles nicht sein.“
Überblick Grundwissen Schmerz Was sind Schmerzen? Schmerzen in Alter Schmerzen messen Schmerztherapie WHO-Stufenschema Arzneimittel Therapie ohne Medikamente Schmerzmanagement
Was sind Schmerzen? Alarmzeichen des Organismus Elektrische Signale der Nervenfasern ans Gehirn Sinneswahrnehmung + emotionale Komponente: Physiologisches + psychisches Erlebnis
Psychische Einflüsse auf Schmerzen Verstärkend Lindernd Angst Gefühl der Sicherheit Einsamkeit Zuwendung Abhängigkeit Verständnis Sorgen Selbstbestimmung Depression Hoffnung Freude Ablenkung
Individuelle Schmerzkonzepte Schmerz als Schulderlebnis intensives Schmerzempfinden Unverstandener Schmerz kaum Bewältigungsstrategien Verdrängter Schmerz eingeschränktes Schmerzempfinden
Kulturelle Schmerzkonzepte Gesellschaftliches Schmerzkonzept zum Beispiel Schmerz als Schwäche Medizinisch-informiertes Konzept Schmerz als Zeichen für Krankheit kein Raum für chronisch Schmerzkranke Philosophische oder religiöse Konzepte
Akute und chronische Schmerzen Akute Schmerzen Chronische Schmerzen Warn- oder Schutzfunktion plötzlich physiologisch sinnlos allmählich erwartet Tage bis Wochen unerwartet länger als 6 Monate Diagnose leicht Diagnose schwierig
Akute und chronische Schmerzen Akute Schmerzen können beseitigt werden oder klingen ab schnell wirksame Präparate Chronische Schmerzen Ununterbrochen oder wiederkehrend Muskelverspannungen oder Schonhaltungen Schmerzspirale Retard-Präparate
Ursachen für chronische Schmerzen Arthrose Bandscheibenvorfall Durchblutungsstörungen Nervenschmerzen Chronische Polyarthritis Fibromyalgiesyndrom Gürtelrose Knochenbrüche Tumorschmerz Phantomschmerzen Polyneuropathie Rückenschmerzen Spannungskopfschmerz Trigeminusneuralgie
Alter und Schmerz (I) Schmerzen sind im Alter häufiger Multimorbidität: viele Krankheiten nicht mehr heilbar häufig Schmerzen Wunsch nach Lebensqualität Vielzahl der Krankheiten erschwert Diagnose
Alter und Schmerz (II) Schmerzen sind im Alter genauso schlimm verändertes physiologisches Schmerzempfinden weniger Nervenenden an den Organen Reizleitung verlangsamt Verarbeitung im Gehirn vermindert anderes Empfinden erschwert Diagnose
Schmerzen messen objektiv schwer erfassbar möglichst realistische Einschätzung durch: Gespräche Schmerzskala Körperskizze Schmerztagebuch
Schmerzreaktionen bei Dementen genau beobachten Gesichtsausdruck Körperhaltung Atmung Stimme Nervensystem Tests z.B. Doloplus
Drei Säulen der Schmerztherapie Medikamente Bewegung Entspannung
Stufenplan der WHO (I) Stufe I: Nicht-Opioid-Schmerzmittel Stufe II: schwaches oder mittelstarkes Opioid plus Schmerzmittel der Stufe I Stufe III: stark wirksame Opioide (evtl. plus Schmerzmittel der Stufe I) + Adjuvantien
Stufenplan der WHO (II) Stufe I: Paracetamol Acetylsalicylsäure Metamizol Diclofenac retard Flupirtin Ibuprofen retard Stufe II: Dextropropoxyphen retard Codein Dihydrocodein retard Tramadol retard Tilidin mit Naloxon Stufe III: Buprenorphin, Fentanyl, Morphin retard
NSAIDs Nicht-Opioid-Schmerzmittel = Nicht-steroidale Antirheumatika = NSAIDs oder NSAR Schmerz- und Entzündungshemmer, Fiebersenker Mischwirkung: systemisch, lokal, zentral Acetylsalicylsäure, Diclofenac, Ibuprofen, Piroxicam: auf Dauer schlechte Magenverträglichkeit, können Asthma auslösen Metamizol: geeignet bei Knochenschmerzen, gut verträglich, in seltenen Fällen Blutbildschäden
Opioide Schmerzhemmend im Gehirn und Rückenmark Bei Einsatz gegen Schmerzen keine Suchtgefahr, kaum Atemdepression Tabletten, Pflaster, Injektionspumpen im Einzelfall sehr hohe Dosis nötig Lactulose gegen Verstopfung anfängliche Übelkeit möglich starke Opioide: rechtlich Betäubungsmittel
Anwendung von Wirkstoffpflastern Pflaster nicht zerschneiden (außer wenn laut Beipackzettel explizit erlaubt) Klebestelle regelmäßig wechseln Haut muss fettfrei, unversehrt und möglichst unbehaart sein Haare mit einer Schere entfernen, durch Rasur Mikroverletzungen der Haut Pflaster nach dem Abnehmen sicher entsorgen, enthält Wirkstoffreste!
Falsche Angst vor Opioiden Sucht oder Abhängigkeit: seelisch: nicht möglich, keine Euphorie körperlich: Ausschleichen Atemdämpfung und Dämmerzustand: erst bei viel höherer Dosis Toleranzgrenzen steigen mit gut verträglich, geringe Nebenwirkungen (Verstopfung, Übelkeit)
Adjuvantien Schmerzmittel unterstützen Antidepressiva Antiepileptika Kortikoide Nebenwirkungen lindern Magenschutzmittel (bei NSAIDs) Abführmittel oder Antiemetika (bei Opiaten)
Weitere Schmerzmittel pflanzlich Arzneimittel entzündete Gelenke: Durchblutung nicht fördern Beinwell bei Arthrosen, Prellungen Lokalanästhetika Z.B. Lidocain, Ropivacain, Capsaicin, Effekt nur kurzzeitig
Dosierung in der Schmerztherapie ausreichend hoch dosieren! niedriger dosieren rasches Anfluten oder erhöhte Konzentration Leber und Niere arbeiten langsamer gesteigerte Empfindlichkeit der Organe verminderte Aufnahme durch Schleimhaut oder Haut Verdauungstrakt empfindlicher festes Dosierungsschema bei chronischen Schmerzen
Schmerztherapie ohne Medikamente (I) Krankengymnastik Ergotherapie Massage Wassergymnastik Kälte, Wärme, Strom Akupunktur ... ... ...
Schmerztherapie ohne Medikamente (II) Ängste rund um den Schmerz allein gelassen zu werden als überempfindlich zu gelten können Schmerz verstärken Zuwendung und Trost Interesse, Ernstnehmen, Ablenken lindern Ängste und Schmerzen
Recht auf Schmerzbehandlung Sozialgesetzbuch V Recht auf ausreichende zweckmäßige wirtschaftliche Behandlung einklagbares Recht
Expertenstandards Schmerzmanagement Standardisiertes Schmerzmanagement Anfang 2004 veröffentlicht langfristig geringere Pflegebedürftigkeit Behandlung flächendeckend gleich umfassend nach modernem Wissensstand
Schmerzmanagement in der Pflege (I) Schlüsselrolle des Pflegepersonals Schmerzwahrnehmung verbessern rasche Behandlung Schmerzen vermeiden, beseitigen, lindern
Schmerzmanagement in der Pflege (II) Schritte im Schmerzmanagement Einschätzen Behandeln Nebenwirkungen kontrollieren Beraten Strukturelle Voraussetzungen Aktionen der Pflegekraft im Prozess Angestrebtes Ergebnis für jede Stufe