Krätze Katharina Huster 10.06.2009.

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 Präsentation transkript:

Krätze Katharina Huster 10.06.2009

Krätze breitet sich aus (17.6.2008) Goslar - Der Gesundheitsbehörde des Landkreises Goslar sind innerhalb kurzer Zeit mehrere Fälle von Krätze gemeldet worden. Betroffen seien acht Jugendliche und junge Erwachsene, teilte eine Sprecherin mit. zwölf Rekruten der Luftwaffe an Krätze erkrankt (17.8.2008) Krätze an drei Schulen (27.2.2009) 20 Kinder an drei Schulen und einer KiTa erkrankt Skabiesausbruch in einem Seniorenheim (11.5.2009) 25 Patienten und 19 Pflegekräfte, ein Angehöriger mit Krätze diagnostiziert

Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege 1996: 61 2001: 490 2004: 1234

Skabies Sarcoptes scabiei var. hominis Spinnentier (Arachnidae) Erstbeschreibung 1687 durch Italiener G.C. Bonomo und D. Cestoni Wirt nur MENSCH

W 0,3-0,5 mm, wenn befruchtet, sucht geeignete Stelle in Epidermis, 20-30min drin, gräbt Gang in Str. corneum ca. 2,5 cm lang, 0,5-5mm /Tag, lebt von Hautbestandteilen, Kot und 2-4 Eier pro Tag für 4-6 Wochen. Aus 10% der Eier nur adulte Milben, Larven nach 2-4 Tagen aus Ei, adult nach 2 Wochen!!! Erneute Behandlung!!!!, leben 2 Monate Männchen kleiner, graben nicht, suchen auf Haut nach W und sterben nach Begattung

Übertragung ohne Wirt 24-36h infektiös bei 21°C und 50-80% Luftfeuchtigkeit -> über Textilien schlecht übertragbar Geruchs- und Temperaturstimuli nötig -> direkter intensiver Körperkontakt Intensität des Befalls, Intimität, Dauer.. Mellanby 1940 in UK: Freiwillige nackt ins Bett in dem vorher befallene Person lag, 1,5% Infektionen wenn „Normalbefall“ mit 20 Milben, 15% wenn >50Milben

Vorkommen/ Risikofaktoren Sporadische Erkrankung bei Kindern, Müttern, immunsupprimierten Patienten, sexuell aktiven Personen Epidemien in Institutionen wie Kindertageseinrichtungen, Behindertenstätten, Obdachlosenheime, Gefängnisse, Altersheime, Krankenhäuser Intensive Körperpflege reduziert Skabiesbefall nicht, da in Epidermis eingegrabene Milben nicht abwaschbar sind Indexperson meist Immunsupp. bei uns, in anderen Ländern endemisch, Schätzungen 300 Mill., daher als mögliches Reisemitbringsel 10% der Bevölkerung, 50% der Kinder, gegenden z.B. bangladesh wo jedes Kind mind. Einmal Skabies bekommt Heißes Bad tägl. Reduziert die Zahl nicht

Prädilektionsstellen, besonders HAND! Pflegepersonal! Dünne Hornschicht!! Gesicht und Rücken ausgespart außer bei norwegica und Kindern Bauch?

Parasit-Wirt-Beziehung Nach Infektion in ersten Monaten Anstieg der Zahl der Milben, danach beim Immunkompetenten wieder Absinken Sechs Monate nach Infektion nur noch circa 10-20 Milben vorhanden (Ausnahme: Scabies crustosa (norvegica) mehrere 100/cm2, insgesamt Millionen; beim Immungeschwächten) PARTIELLE PROTEKTIVE IMMUNITÄT 1941 BMJ Übertragungsversuch, aber in Epidemien doch Mehrfachinfektionen oder nicht geheilt? Immunsuppression: ungehindertes Ausbreiten Juckreiz läßt den Wirt kratzen (scabere) und bewirkt Verschleppung der Milben und Eier an andere Hautareale über die Fingernägel

Klinische Symptomatik Nach Erstinfektion Symptome erst nach 4-6 Wochen, bei Reinfektion nach ein bis zwei Tagen (Immunreaktion) zunächst leichtes Brennen, eventuell Juckreiz später starker Juckreiz besonders in ersten Nachtstunden

Klinische Symptomatik Gelegentlich generalisierter Hautausschlag (Sensibilisierung) Stecknadelkopfgroße Vesikel, Pusteln und Papeln Pathognomisch, aber selten: Milbengänge Kratzeffekte, Superinfektion, Verkrustung: vielfältiges Bild Nach erfolgreicher Behandlung noch längere Zeit juckend

Sonderformen Säuglinge: Gesichtbefall, oft generalisiertes Exanthem Gepflegte Skabies: bei intensiver Körperpflege nur diskret Nodöse Skabies: stark juckende braune Knötchen, überschießende Th1 Antwort? Knötchen über Monate Bullöse Skabies: bei Kleinkindern möglich, starke Exsudation bei dünnen Stratum corneum

Sonderformen Skabies norvegica (crustosa): 1848 von den Norwegern Boeck und Danielson bei einem Leprakranken beschrieben Ungehemmtes Vermehren der Milben bei Immunschwäche, dabei weniger Juckreiz Millionen von Milben Psoriasiformes Bild, starke Hyperkeratosen, Nagelbefall, drei bis 15 mm dicke Krusten

Diagnostik Hautgeschabsel in 5 ml 20%iger Kalilauge mazerieren, abzentrifugieren, mikroskopisch auf Milben und Eier untersuchen Bei sichtbaren Gängen kann versucht werden, Milben mit Kanüle daraus zu gewinnen und direkt zu mikroskopieren Abklatschpräparat mit Tesastreifen mikroskopieren ELISA und PCR in Entwicklung

Topische Therapie 1. Wahl Permethrin 5%, einmalige Applikation 2. Wahl Benzylbenzoat, zweimal täglich an drei aufeinander folgenden Tagen Allethrin, zahlreiche Kontraindikationen 3. Wahl Crotamiton und Sulfur praecipitatum, kein Nachweis von Wirksamkeit Keine vergleichenden Studien, keine international akzeptierte Therapieempfehlung Perm tötet auch Eier, aber Resistenzen in Australien beschrieben!! LINDAN nicht mehr einzusetzen seit 31.12.2007, EG-Richtlinie

Orale Therapie Ivermectin: Chitinsynthesehemmer 200g/kg Tag 0 und 8, bei S. crustosa 5 bis 7 Behandlungen im Abstand von 8 Tagen Großprogramme in Afrika und Südamerika ohne große Nebenwirkungen Lindan und Benzylbenzoat überlegen, vergleichbar mit 5% Permethrin-Creme In Deutschland nicht für Skabies zugelassen Großprogramme wegen Filiarien Fast keine R beschrieben, aber in Finnland bei einem Ausbruch NEJM an S. crustosa Aubin, N Eng J Med, 1995; 332: 2-30

Epedemieeindämmung Bisher: wiederholter Einsatz von Creme/Spray Isolation der Patienten, Freistellung von infiziertem Personal -> Studien zeigen, dass aus Epidemie ein endemischer Zustand wurde Kleine Studien von 1997 bo 2002 Millership, Commun Dis Public Health 2002; 5: 144-146 Paasch, Int J Dermatol2000; 39: 463-470 Sullivan, Austr J Dermatol 1997; 38: 137-140

Epedemieeindämmung Neuer Ansatz: synchronisierte Massenchemotherapie alle Heimbewohner, gesamtes Pflegepersonal, Familienmitglieder von Patienten und Personal mit Kontakt in den letzten vier (bis acht) Wochen unabhängig von Verdacht oder Krankheit am selben Tag: Ganzkörperbehandlung mit 5% Permethrincreme Skabies crustosa bekommen Ivermectin, wiederholt nach 8-10 Tagen Wird von Kassen nicht übernommen!

Epedemieeindämmung Neuer Ansatz: synchronisierte Massenchemotherapie 14-tägige Isolation der befallenen Patienten Wechseln von Matratzen, Bettwäsche, Kleidung und Desinfektion der Räume von befallenen Patienten Nachuntersuchung

Epedemieeindämmung Ivermectin synchron? praktischer als Ganzkörperbehandlung Scheinfeld, Am J Clin Dermatol 2004; 5: 31-37

Epedemieeindämmung Entwesung: nur bei S. crustosa: Kleidung 60°C waschen oder chem. Reinigung trockene Hitze > 50°C > 10 Minuten Einfrieren 24 Stunden luftdicht 2 Wochen kühl lagern Kontaktflächen und Möbel desinfizieren