1 Der Anspruch an die gymnasiale Bildung aus universitärer Sicht Prof. Dr. Hans Weder, Rektor.

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
ACHTJÄHRIGE GYMNASIEN
Advertisements

Mathematik und Allgemeinbildung
Was bietet das Sprachliche Gymnasium? drei Sprachen, davon zwei bzw. drei moderne Fremdsprachen (E, L, F/Sp bzw. E, F, Sp) schnelle Lernfortschritte.
Was erwartet die Wirtschaft von den Schulabgängern?
Wilhelm Hittorf Gymnasium Münster
Wilhelm Hittorf Gymnasium Münster
SALVETE.
Zentrum für Allgemeine Wissenschaftliche Weiterbildung Universität Ulm Nutzung und Nutzen des Internets für ältere Menschen Carmen Stadelhofer, Zentrum.
Evaluation Elternmeinung
Georg-August-Universität Göttingen Stiftung Öffentlichen Rechts Informationstage für Studieninteressierte 2007 Herzlich Willkommen an der.
HU Bibliotheks- und Informationswissenschaft in der Lehrerausbildung in Schweden Dr. Brigitte Kühne Universität Växjö
Was erwarten Sie vom Gymnasium?
Die Stärkung der Informationskompetenz als hochschulpolitische Aufgabe
Willkommen in der gymnasialen Oberstufe der Rudolf-Koch-Schule
Unsere Erwartungen an SchülerInnen Weitgehende Sicherheit in der mündlichen und schriftlichen Verwendung der deutschen Sprache (Grammatik, Rechtschreibung,
Ganztagsschule an der Perlacher Straße Modellprojekt Gebundene Ganztagsschule Profil: Kulturelle Bildung Hauptschule an der Perlacher.
Die schulische Ausbildung am Max
Allgemeinbildender Informatikunterricht. Ein neuer Blick auf H. W
Übergang von der Schule zur Hochschule Studienorientierung als Aufgabe in der Oberstufe Duisburg,
Evangelische Jugend im Kirchenkreis An Nahe und Glan Kinderfreizeit 2007 und 2008 Ein Beitrag zur Frage: Was soziale Bildung Plus auch ist.
Unterricht – anders organisiert
professioneller Akteur
Das Lehramtsstudium an der Universität Innsbruck Tiroler Hochschultag, 7. November 2013.
ACHT SACHEN… die Erziehung stark machen
Kom verder. Saxion. Cees Terlouw & Jacques Bazen Saxion University of Applied Sciences Studien- und Berufs- orientierung (Laufbahn) und Beratung (SBOB/LOB):
Fachausschuss für Schulentwicklung Mai 2008 Integration im Schulzentrum der Sekundarstufe I.
integrativen AWO - Kita
Latein als 2. Fremdsprache
Das Studium «Ohne Fleis kein Preis».
Soziale Dimension Allgemeinbildung - Definitionsversuch
Ziele und Probleme der Fachausbildung im Lehramtsstudium Mathematik
Was soll und kann eine fachdidaktische Vorlesung leisten? Maximilian Selinka.
UNITED NATIONS Educational, Scientific and Cultural Organization Kulturelle Vielfalt UNITED NATIONS Educational, Scientific and.
Der Turm als Bild für unser Leitbild
Gesamtschule Eine Schule für alle.
Erwartungen an dich Freude an Schule und Lernen Breites Interesse Wunsch, zu hinterfragen Durchhaltewillen Leistungsbereitschaft Gute Noten.
Ziele des neuen Bildungsplans Instrumente für eine noch unbestimmte Zukunft bereitstellen - Selbstbewusstsein - Urteilsfähigkeit - Wahrnehmung von Bürgerpflichten.
Wahl der Schulform Gymnasium oder Realgymnasium
Computer an der Oberstufe Computer allein können den Unterricht nicht verändern. Voraussetzungen für den Einsatz des Computers sind: - die pädagogische.
Ein Programm zur Förderung von Lernstrategien
Faire und vertrauensvolle Zusammenarbeit an der
Von der Fachschaft Pädagogik: Behrends, Fischer, Kussel, Reinecke
Grundschule und Computer
Warum Latein? "Humanistische Bildung ist nicht dazu da, unsere Probleme zu lösen, sondern sie sichtbar und verständlich zu machen. Humanistische Bildung.
Städtische Sekundarschule Ahlen
Charles Hohmann, Dr. phil., Institut Montana Zugerberg
Welche Möglichkeiten hat man am Gymnasium Friedrich II. Lorch ...
Die Realschule stellt sich vor
Informationen zur Realschule
Informatik am BG,BRG und Eisenstadt Unverbindliche Übung in der Unterstufe: Den Schülern sollen in praktischer Arbeit die Grundlagen der neuen Technologien.
Gesamtschule Bergheim Oberstufenberatung
Die 3. Fremdsprache im sprachlichen Gymnasium
Didaktik der Algebra (2) Zur Begründung des Algebraunterrichts Warum unterrichten wir Algebra?
Zwischenergebnisse der Evaluation von eLSA
Einführung eines Forschungsinformationssystems an der WWU Münster Workshop Forschungsinformationssysteme Karlsruhe, 22./
Kinder unter 3 Jahren und Partizipation
Elterninformationsabend zur Kurswahl für die Einführungsphase Gymnasiale Oberstufe.
Die Fragestellung Was ist das Young Physicists’ Tournament? (Ziele, Organisation und Durchführung, didaktischer und pädagogischer Wert des Turniers) Was.
Die RAA in Ihrer Region Eingliederung von Flüchtlingskindern und -jugendlichen in Schulen in Brandenburg Alfred Roos.
Die Schuleinheit Gallispitz besteht aus den Schulhäusern Wiesen- und Wülflingerstrasse, sowie den Kindergärten Wiesen- und Feldstrasse. Leitbild der Schuleinheit.
Leitbild des Deutschunterrichts
ELA Was ist eigentlich ELA? Information für Eltern.
Prof. Dr. Albrecht Rohrmann
Latein am Städtischen Gymnasium Rheinbach. Inhaltsverzeichnis Warum Latein? LATEIN: Neue Unterrichtswege für eine alte Sprache LATEIN: Entwicklungshelfer.
Emma Manucharian, Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD). ist eine gemeinsame Einrichtung der deutschen Hochschulen, fördert die internationalen.
EKulturPortfolio Reinhard Bauer, BHAK Gänserndorf (April 2008) Elektronische Verwaltung des KulturPortfolios mit Mahara.
o relativ junger Begriff o Der Bestandteil des Lebens, der Innen- und Außenpolitik o EXPLIZITE SPRACHENPOLITIK Grundsätze, Regelungen, Gesetze, finanzielle.
Prof. Dr. Winfried Hamel 27 August 2008 The way to the World, X-Zyme GmbH Seite 1 The way to the World Mittwoch, Dr. Shukry Na‘amnieh X-Zyme.
In der Schule. Wirklich, müssen wir in unser Zeit lernen, denn alle wissen, dass ohne gut Bildung, du ist niemand.
10 Gründe, Deutsch zu lernen
 Präsentation transkript:

1 Der Anspruch an die gymnasiale Bildung aus universitärer Sicht Prof. Dr. Hans Weder, Rektor

2 Anforderung an das Gymnasium Ein gutes Gymnasium bereitet die Jugendlichen auf ein erfolgreiches Studium an der Universität vor. These Kernkompetenz und zentrale Aufgabe des Gymnasiums aus der Sicht der Universität bedeutet nicht, dass man mit der Matura nichts anderes machen kann

3 Maturität – ernst genommen Vorteile für die Universität I sorgfältige und individuelle Beurteilung der Hochschulreife im Rahmen eines mindestens vierjährigen Beobachtungszeitraums alle anderen Selektionsvorgänge weisen keine so hohe Adäquatheit auf klare und formelle Regelung des Universitätszugangs (bedingt bessere Akkreditierungsprozesse, damit die Anforderungen vergleichbarer werden) Qualitätssicherung in den Gymnasien entlastet die Studieneingangsphase von Selektions- leistungen und schafft Raum für Einführung in universitätsspezifische wissenschaftliche Arbeit

4 Maturität – ernst genommen Vorteile für die Universität II Konzentration der Universität auf die fachspezifische Selektion der Studierenden (Assessment-Jahr, Zwischenprüfungen) klare Abgrenzung des Gymnasiums von den übrigen Schulen der Sekundarstufe II Einspruch gegen das Märchen des fehlenden Praxisbezuges: Lebensbezug des wissen- schaftlichen Denkens ist der Praxisbezug (sowohl am Gymnasium als auch an der Uni- versität)

5 Bildung aufzeigen, worum es geht (z.B. in der Physik) nicht in erster Linie Ausbildung nicht extensives Anhäufen von Wissens- inhalten, sondern exemplarisches Verstehen Universität: Bildung als Problematisierung und Weiterentwicklung von Wissen nicht: Training intellektueller Finger- fertigkeiten Ansprüche an die gymnasiale Bildung I

6 Ansprüche an die gymnasiale Bildung II Allgemeinbildung Verstehensgrundlage legen für die wissenschaftlichen Inhalte Kanon kaum definierbar, stellt sich aber ein (bestimmte Literatur erweist sich als Bildungsgut) Vergangenheit und Gegenwart erschliessen, um in die Zukunft gehen zu können (enzyklopädisch und exemplarisch)

7 Ansprüche an die gymnasiale Bildung III Allgemeinbildung (wichtige Inhalte) Geschichte, kulturelle Dimensionen, Kunst, Musik Literatur und Sprachen Naturwissenschaften, Technik, Informationstechnologie ethische Reflexion

8 Ansprüche an die gymnasiale Bildung IV Allgemeinbildung (universitäre Bedeutung) Universität: Spezialisierung in einem Fach angewiesen auf Kommunikation unter den verschiedenen Disziplinen Grundlegung interdisziplinären Interesses Vorbereitung auf die Wissenschaft ist kein Gegensatz zur Allgemeinbildung

9 Ansprüche an die gymnasiale Bildung V Muttersprache höchste Qualität im Umgang mit der Schriftsprache Beeinflussung der Denk- und Wahrneh- mungsfähigkeit durch die Sprachbe- herrschung Universität: präzise Beschreibung von Sachverhalten Schwierigkeiten im Studium sind häufig Sprachschwierigkeiten betrifft alle Fächer gleichermassen

10 Ansprüche an die gymnasiale Bildung VI Englisch gute Beherrschung der lingua franca Historische Entwicklung: Griechisch – Latein – Englisch Universität: weltweite Vernetzung der Forschung alle Wissenschaften publizieren zunehmend in Englisch Graduierten-Studium bereits teilweise auf Englisch Problematik: Kulturelle Vielfalt Europas?

11 Ansprüche an die gymnasiale Bildung VII Informatikmittel Erfahrung und Kenntnisse im Umgang mit Informatikmitteln Grundkenntnisse in Informatik Universität: Computer spielt in sämtlichen Wissen- schaften eine entscheidende Rolle Informatisierung der Organisationsvor- gänge schreitet stetig voran

12 Schnittstelle Gymnasium-Universität Probleme drastische Veränderung der Lernumgebung für die angehenden Studierenden (meist Wegfall der im Gymnasium möglichen intensiven Betreuung) wachsende Bedeutung der gymnasialen Leistung im Interesse der Chancengleichheit (Kinder aus nicht-akademischen Eltern- häusern bedürfen dieser Vorbereitung vermehrt)

13 Ein gutes Gymnasium... bereitet die Studienwahl sorgfältig vor: Erkundung der Neigungen auf ganz unterschiedlichen Gebieten unvoreingenommene Beurteilung der Begabung Universität: Begabung und Neigung als Voraus- setzung für ein erfolgreiches Studium

14 Ein gutes Gymnasium... bereitet die Selbstorientierung der Studierenden vor: eigenständige Informationsbeschaffung Bewertung der Zuverlässigkeit und Plausibilität Arbeitsorganisation und -planung ohne äussere Vorgaben denkbar wäre: Seminarstil für Oberklassen exemplarisch einführen Vorlesungsstil exemplarisch einüben

15 Ein gutes Gymnasium... bereitet die Eigenmotivation der Studierenden vor Universität: es werden keine Verfahrensanweisungen und Vorschriften gemacht die Vorbereitung wird einfach vorausge- setzt und ist aus eigenen Motiven zu leisten

16 Ein gutes Gymnasium... bereitet die Verarbeitung von wissenschaftlichen Texten vor: Lektüre eines Aufsatzes, Rezeption Einübung in kritische Reflexion des Gelesenen evtl. Zusammenfassen von Aufsätzen systematisch erlernen und einüben Universität: rationelle und kritische Rezeption von wissenschaftlichen Veröffentlichungen gilt auch für "Laborwissenschaften"

17 Ein gutes Gymnasium... bereitet die Selbstorganisation der studen- tischen Arbeit und Zusammenarbeit vor, z.B. durch Initiierung nicht-strukturierter Arbeits- prozesse Universität: Verhältnisse verlangen es, dass auf die Selbststeuerung studentischer Arbeit und studentischer Gruppen abgestellt werden kann Eigenständige Informationsbeurteilung

18 Ein gutes Gymnasium... übt das wissenschaftliche Denken und Arbeiten ein: Argumentationskultur (etwa bei der Textinterpretation) Kritik und Metakritik einer Aussage (Logik, Ideologiekritik usw.) klares Bekenntnis zur Intellektualität ( Intellektualismus) Überwindung des Kopf-Bauch-Klischees Universität: muss an dieser Aufgabe weiterarbeiten im Gegenzug zur Sprechanlassmethode

19 Ein gutes Gymnasium... ersetzt nicht Pädagogik und Didaktik diese ersetzen aber auch nicht die Wissenschaftsorientierung Pflege der Weiterbildung Wissenschaftliches Selbstverständnis Universität: PD als Gymnasiallehrer... achtet auf die Wissenschaftsorientierung der Lehrerschaft

20 Ein gutes Gymnasium... übt persönliche Qualitäten für ein Universitätsstudium ein: Durchhaltevermögen Ehrlichkeit Verantwortung gegenüber der Sache der Wissenschaft und dem Leben Leistungsbereitschaft, Freude an der Anstrengung Neugier Universität: persönliche Verpflichtung auf Wahrhaftigkeit ethische Verantwortung der Wissenschaftler ausserordentliche Leistungsfähigkeit

21 Ein gutes Gymnasium... Widersteht der Kultur der Mittelmässigkeit Mut zur Elitebildung heisst nicht Vernach- lässigung oder gar Verachtung der weniger Begabten oder Leistungsfähigen Mentalitätsproblem der Schweiz? Profilbildung: Höhere Anforderungen Vielfältigere Angebote Eindeutiges wissenschaftliches Selbst- verständnis

22 Anforderungen an das Gymnasium Ein Gymnasium ist immer so gut wie seine Lehrerinnen und Lehrer, welche ihre hohe Bildung, ihre Wissenschaftlichkeit und ihre Originalität in der Schule zum Zuge bringen. Die Suche nach ausserordentlichen Lehrerinnen und Lehrern sowie die Pflege einer guten, kompetitiven Atmosphäre im Schulhaus werden zu entscheidenden Aktivitäten der Schulleitungen. Summa

23 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.