Gerd Grasshoff Universität Bern SS 2010 Einführungskurs Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsgeschichte: I: Beweise und Ableitungsschemata Gerd Grasshoff Universität Bern SS 2010
Flammarion 1888 L'atmosphère: météorologie populaire
Platonische Wissensdefinition: NN weiss dass p der Fall ist, genau dann wenn p wahr ist NN glaubt, dass p NN kann p rechtfertigen Aufgabe Wissenschaft: Erkenntnisgewinn (epistemisches Ziel) Wissen zu gewinnen Irrtümer zu vermeiden
Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsgeschichte Aufgabe der Wissenschaftstheorie: Methoden, die epistemischen Ziele von Wissenschaft zu erreichen Aufgabe der Wissenschaftsgeschichte: Historische Verläufe der Wissenschaftsentwicklung beschreiben Erklären Wissenschaftstheorie: normativ Wissenschaftsgeschichte: deskriptiv
Inhalte Sprache -> Aussagen Nikolaus Kopernikus: Aufbau des Kosmos De Revolutionibus
Methoden: Kalte Fusion
Erwerb von Wissen Ein indirekter Beweis einer Aussage durch Annahmen und Beweisverfahren. Es ist etwas zu beweisen A, was nicht der direkten Beobachtung zugänglich ist. Etwas damit Zusammenhängendes B kann beobachtet werden. Es gibt ein Verfahren, von B auf A zu schliessen. Also A. Wissenschaft gewinnt Wissen (fast) ausschliesslich durch indirekte Beweisverfahren
Mesopotamien in der frühen Antike
Proto-Keilschrift Objekte Siegel Versiegelte Bulle mit Zählsteinen Numerische Tafel (nach Damerow)
Ziel: Wahrheitsgewinnung Geld und Beweis Ausgangsort → Zielort via Beweismittel Ziel: Wahrheitsgewinnung
Beweissystem Warenbestand = a Ausgangslage Beweissystem oder Beweismittel, Reformulierung der Aussage Beweisschritt 1 Beweisschritt 2 Reformulierung Warenbestand = a Zu beweisende Aussage
Beweisschema Die einzelnen Teile eines Beweises werden schematisch in Tabellenform dargestellt. Zeilennummer Aussage Beweismittel, bezogen auf andere Beweisschritte Voraussetzungen für die Wahrheit der Aussage
Beweisschema Nr. Aussage Beweismittel Annahmen 1 W=a, Anfang Beweissystem, Reformulierung A1 2 W=a, Ende der Reise Beweisschritt (Z1), Beweissystem 3 Warengrösse=a Reformulierung (Z2)
Bewegung und Beweissystem Wenn man Bewegungen durch den Raum, z.B. Reisen, Verschicken von Handelsgütern detailliert berechnen möchte, benötigt man ein geeignetes Beweissystem. Ausgangspunkte, Annahmen Wahrheitserhaltende Beweismittel Konklusionen, Schlussfolgerungen
Aristoteles, Physik Z9, über Zenons 2. Paradoxie der Bewegung Das zweite Argument ist der sogenannte Achilles und besteht in folgendem: Der langsamste Läufer wird niemals vom schnellsten eingeholt werden. Zuerst einmal muss der Verfolger nämlich den Punkt erreichen, von dem der Verfolgte gestartet ist, so dass der langsamere notwendig immer etwas Vorsprung hat.
Aufgabe 1 Reformulieren Sie die Argumentationsskizze von Zenons Paradoxie, so dass Annahmen und Konsequenz voneinander getrennt werden. Jede einzelne Annahme und jeder einzelne Argumentationsschritt sollen Mit einem Satz ausdedrückt werden, der in eine neue Zeile geschrieben wird. Die Konsequenz sollte offensichtlich falsch sein (z.B. Achilles befindet sich immer hinter der Schildkröte
Aufgabe 1 Daraus folgt, dass mindestens eine der Annahmen falsch sein muss, Aber welche? Versuchen Sie Argumentrekonstruktion je mit zeitlichen und räumlichen Distanzen
Problemanalyse Eine Lösung eines Problems wie der von Zenon setzt sich aus zwei zu unterscheidenden Teilen zusammen. Eine Problemanalyse, bei der die beschriebenen Situationen so reformuliert werden, so dass Aussagen über die behandelten Gegenstände identifiziert werden, aus denen die relevanten Schlussfolgerungen abgeleitet werden können. Die Reformulierung hat den Zweck, den Gegenstand wissenschaftlich behandeln zu können. Untersuchung der Ableitungszusammenhänge zwischen den Aussagen.
Wissenschaft?