TTIP UND DIE ENTWICKLUNGSLÄNDER Ökonomische Effekte

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
POLEN Raumanalyse: Ein Referat von:
Advertisements

Leiterin der Abteilung Sozialpolitik
USA Wirtschaftsstruktur
9. Zulieferforum der Arbeitsgemeinschaft Zulieferindustrie in Düsseldorf Die Osterweiterung der EU - Chance und Risiko der deutschen Zulieferindustrie.
Der Welthandel im Überblick
Materialwirtschaft heute
Global Europe konkret Die handelspolitische Strategie der EU und ihre bilateralen Freihandelsabkommen Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung Oktober 2007.
Die asiatische Herausforderung:
Gesamtwirtschaftliche Entwicklung und Perspektiven - Rahmenbedingungen für die Tarifbewegung Stand: Juni 2006 Dr. Norbert Reuter.
ein historisch neues Phänomen?
Die Politische Ökonomie der Europäischen Union
Corporate Citizenship – Teil 1
Konflikte in Afrika 2009 wurden auf der Welt 365 politische Konflikte ausgetragen, 85 davon in Afrika.
Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel Die Erfolgsgeschichte der Handelsliberalisierung nach Frisst der Erfolg seine Kinder? Konferenz.
Kapitel 1: Eine Einführung Kapitel 1 Einführung Einleitung
Photonik Branchenreport 2013
Entwicklung der Chemieproduktion in Deutschland
DISPARITÄTEN Disparität = räumliche Ungleichheit innerhalb einer Volkswirtschaft, „unausgeglichene Raumstruktur“ Ebenen: ökonomisch, sozial, kulturell,
Das Finanzpolitik Quiz Humboldt-Universität zu Berlin Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät Institut für Wirtschaftspolitik I Makroökonomie, Geld und Kapitalmärkte.
Die Osec – Spezialistin für Internationalisierung.
Historie der Zollunion
1. FIW Workshop – Thema: „EU-Erweiterung und österreichischer
Industrieland Deutschland
Krise – Wer bezahlt die Rechnung?
Das Finanzpolitik-Quiz Humboldt-Universität zu Berlin Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät Institut für Wirtschaftspolitik I Makroökonomie, Geld und Kapitalmärkte.
Umfeld Schweizer Landwirtschaft
Exkurs: Der Nordamerikanische Auto-Pakt von 1964 und seine Auswirkung auf den intra-industriellen Handel Eine Art „natürliches Experiment“ für das Zustandekommen.
Regionale und nationale Entwicklungsmodelle in Lateinamerika und ihre Beziehung zur Weltwirtschaft Johannes Jäger.
Wird die Schweiz ärmer? Boris Zürcher Wirtschaftspolitischer Berater des Vorstehers des EVD Arabella City Club 21. September 2005.
IMPULSREFERAT Die Rolle des Breitensports auf europäischer Ebene
© economiesuisse WTO: Fundament einer erfolgreichen Aussenwirtschaftspolitik Foliensatz zum dossierpolitik Nr. 28, 23. November 2009.
EU – Klimapolitik nach 2012 Andrea Herbst Karoline Gstinig Michael Schöndorfer Gerald Feichtinger.
Globalisierung und Internationale Verantwortung
Was heißt „fair“? Produktkriterien und Mindeststandards
Lage der Agrarwirtschaft Ungarns nach dem EU-Beitritt
TTIP UND DIE DEMOKRATIE – WO IST DAS PROBLEM?
Arbeitsplätze? Weingarten, 24. April 2014
Regionale Wirtschaftsintegration und Welthandelsordnung
Absolute Armut in der Weltgesellschaft
Rückblick 2014 und Ausblick 2015
Die ökonomische Bedeutung der MotorradWirtschaft in Österreich
„Internationale Ökonomik“ – warum?
Chemiemärkte weltweit (Teil I)
Auslandsgeschäft Prok. Mag. Franz Rogi 11. Oktober 2007 Zukunftschance Südosteuropa in der Forst- und Holzwirtschaft.
Landwirtschaftliche Grossbetriebe im globalen Handel
Botschafter vertreten regionale Interessen China Südostasien Nordamerika Energiebedarf weites Land, an Mobilität gewöhnt Energiebedarf Kohlevorräte, stark.
Wie dynamisch wachsen die BRICS-Staaten? Veränderung des BIP in Prozent Quelle: Weltbank, World Development Indicators, zum Teil Schätzungen.
Wirtschaftszahlen
Bevölkerungsgeografie 1. Weltbevölkerung
Empirische Entwicklung: Wirtschaft Speck David und Würgler Camil.
Transnationale Beziehungen der Schweizer Bundesräte Auslandreisen: Besuche in der Schweiz: 8.7% Frankreich 9.0% Österreich 7.2% Österreich 6.2% Deutschland.
Strukturreformen & Handelspolitik Neuseelands Rod Harris, Botschafter von Neuseeland in Deutschland Hayek-Club Münsterland Dienstag, 15. März 2016.
1 BRIC - Entwicklungstrends, Ursachen und Effekte und Europa - Tutzing, 11 Februar 2007 Peter Grasmann * * Die im Vortrag vertretenen Positionen sind.
1 TiSA Abkommen zum Handel mit Dienstleistungen „Trade in Services Agreement“ Frankfurt, 5. Juli 2014 Vortrag von Roland Süß Roland Süß.
Ökonomische Wohlfahrtswirkungen regionaler Präferenzabkommen (PTAs) Rolf J. Langhammer, Institut für Weltwirtschaft Kiel BMWI Workshop 28. März 2012 Berlin.
Grüne Gentechnik im internationalen Kontext: Wer profitiert von GMOs?
Hermann Keßler Fachgebietsleiter III 2.2 „Ressourcenschonung, Stoffkreis- läufe, Mineral- und Metallindustrie“ Auf Sand gebaut – eine Ressource verschwindet.
17 ZIELE FÜR EINE ZUKUNFTSFÄHIGE WELT Die nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen – sustainable development goals (SDGs) –
EU & der INTERNATIONALE HANDEL
TTIP – Chancen und Probleme
Biologische Landwirtschaft weltweit Grafiken
ZUM TTIP AUFBAU DES ABKOMMENS
Das transatlantische Freihandels- und Investitionsabkommen (TTIP)
Biologische Landwirtschaft weltweit Grafiken
Wieviele Menschen leben täglich von weniger als 1,90$?
In Deutschland: bislang Fehlanzeige.
Biologische Landwirtschaft weltweit Grafiken
ÖSTERREICHS AUSSENWIRTSCHAFT
Biologische Landwirtschaft weltweit Grafiken
 Präsentation transkript:

TTIP UND DIE ENTWICKLUNGSLÄNDER Ökonomische Effekte Ich möchte gleich zu Beginn um Verständnis dafür bitten, dass ich als Volkswirt zu Ihnen spreche, und mich auf die ökonomischen Aspekte des Abkommens beziehen wäre, von denen ich behaupte, etwas zu verstehen. Ich werde nicht über Menschenrechte, die Verteilungspolitik in armen Staaten oder über Bürgerkriege sprechen. Nicht, dass dies keine spannenden Themen wären, aber sie haben mit TTIP – wenn überhaupt – nur sehr peripher zu tun. Prof. Gabriel Felbermayr, PhD Ludwig Maximilians Universität München SID München 22. Oktober 2015 ifo Center for International Economics

Präambel: Das Welthandelssystem und TTIP ifo Institut – G. Felbermayr Präambel: Das Welthandelssystem und TTIP Lassen Sie mich lieber mit einer Präambel starten.

GLOBALISIERUNG: CHANCE FÜR DIE ARMEN LÄNDER ifo Institut – G. Felbermayr 3 GLOBALISIERUNG: CHANCE FÜR DIE ARMEN LÄNDER Zugang zu internationalen Märkten ist eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für Entwicklung (Acemoglu, Bhagwati, Rodrik) Erfolgskriterien sind überwiegend institutioneller Art Partizipation am Welthandel hat in Ostasien eine halbe Milliarde Menschen aus Armut befreit Neue Erfolgsgeschichten in sehr armen Staaten (Millenium-Ziele) Zu Beginn: entgegen vielen Behauptungen ist in der empirischen Wirtschaftsforschung eindeutig belegt, dass der Zugang zu internationalen Märkten eine notwenige, aber nicht hinreichende Bedingung für wirtschaftliche Entwicklung ist. Und diese ist wiederum eine notwendige (aber nicht hinreichende) Bedingung für sozialen Fortschritt, Bekämpfung der Armut, für bessere Lebensbedingungen. Die Bedingungen für den Erfolg sind dabei überwiegend institutioneller Art. In den letzten 25 Jahren hat die Partizipation am Welthandel in Ostasien eine halbe Mrd Menschen aus der Armut befreit. Auch anderswo, von Äthiopien bis Vietnam wurden teilweise sehr beeindruckende Fortschritte bei der Erreichung der Millenium Ziele gemacht. Die Globalisierung hat diese Prozesse möglich gemacht. Das heißt nicht, es gäbe keine weitere Herausforderungen. Die Heterogenität unter den Entwicklungsländern ist enorm. Aber das unidifferenzierte Schlechtreden der globalisierten Marktwirtschaft ist kein konstruktiver Beitrag zu einer Lösung der verbleibenden Herausforderungen.

WELTHANDEL BRAUCHT REGELN: MÄRKTE REGULIEREN SICH NICHT SELBST ifo Institut – G. Felbermayr 4 WELTHANDEL BRAUCHT REGELN: MÄRKTE REGULIEREN SICH NICHT SELBST Handelsabkommen: Marktzutritt; aber nicht nur „Rules“ in EU Binnenmarktprogramm, WTO, …, TTIP Schutz geistigen Eigentums Datenschutz Wettbewerbsrechtliche Regeln Schutz von Auslandsinvestitionen Umwelt, Arbeitsrecht, Menschenrechte, …

TTIP: BAUSTEIN ZU EINER MODERNEN WELTHANDELSORDNUNG ifo Institut – G. Felbermayr 5 TTIP: BAUSTEIN ZU EINER MODERNEN WELTHANDELSORDNUNG Aktuelle Regeln aus der Uruguay Runde (1986-1994) Multilateraler Ansatz (WTO): „first-best“, aber in der DDA festgefahren Weltweit entstehen regionale Abkommen: Pazifik, Südostasien, Südamerika, Afrika, … EU „Global Europe“ Strategie: CETA, EU-JPN, EU-ASEAN, … und TTIP Multi- und bilaterale Initiativen müssen nicht in Konkurrenz stehen SDT hat MFN nicht untergraben; EU hat GATT nicht zerstört, im Gegenteil, Konsolidation der EU ist besser als 27 separate Stimmen.

TTIP: RELEVANT FÜR DRITTSTAATEN ifo Institut – G. Felbermayr 6 TTIP: RELEVANT FÜR DRITTSTAATEN Betrifft 45% der globalen Wertschöpfung und 30% des Welthandels 30% der Drittländer machen mehr als 50% ihres Exportumsatzes mit EU+USA Effekte auf Drittstaaten sind immer nur indirekter Natur (Art. XXIV, GATT) Klar ist: TTIP ist für den Rest der Welt relevant: Es betrifft 45% der globalen Wertschöpfung und 30% des Welthandels. 30% der Drittländer machen mehr als die Hälfte ihres Exportumsatzes mit der EU und den USA.

Gegenläufige ökonomische Mechanismen ifo Institut – G. Felbermayr 7 Gegenläufige ökonomische Mechanismen Wie wirkt dieses Abkommen auf die Entwicklungsländer? Pauschale Aussagen sind unmöglich. Es wird Gewinner und Verlierer geben. Denn es wirken zwei grundlegende, gegenläufige Mechanismen

Inhärent diskrimina-torische Natur von TTIP ifo Institut – G. Felbermayr 8 HANDELSUMLENKUNG: NEGATIV Inhärent diskrimina-torische Natur von TTIP Marktanteilsverluste von Drittstaaten in EU & USA Es ist nicht leicht, den Effekt von TTIP auf Entwicklungsländer abzuschätzen, denn es gibt zwei gegenläufige Effekte. Einerseits führen höhere Einkommen in EU und USA zu stärkerer Nachfrage nach Konsumgütern, Vorprodukten, Rohstoffen, und Dienstleistungen aus Entwicklungsländern. Andererseits kann das Abkommen die relative preisliche Wettbewerbsfähigkeit der Entwicklungsländer in EU und USA beeinträchtigen. Das ist bei jenen Gütern der Fall, bei denen heute zwischen EU und USA hohe Zölle existieren, die durch TTIP abgeschafft werden. Europäische Hersteller von Lederschuhen zum Beispiel können mit einem Schlag in den USA um 30% günstiger anbieten. Hohe Zölle existieren auch im Bekleidungssektor, oder bei bestimmten Früchten oder verarbeiteten Lebensmittel. Daraus resultiert begründet eine gewisse Gefahr von Marktanteilsverlusten. Abhängig von relativer Spezialisierungsstruktur Höhe der Zölle und der nicht-tarifären Barrieren vor TTIP zwischen EU und USA Sehr wahrscheinlich, nicht nur bei Zöllen sondern auch bei Standards Wie stark?

Höhere Einkommen in EU und USA Ifo Institut – G. Felbermayr 9 EINKOMMENSEFFEKT: POSITIV Höhere Einkommen in EU und USA Höhere Nachfrage nach Konsumgütern, Vor-produkten, Rohstoffen, Dienstleistungen, … auch aus Entwicklungsländern Einkommenseffekte sind keine Annahme! Keine Viner Ambiguity! Jacob Vine, 1950, The Customs Union Issue: bei hohen Zöllen, starken Umlenkungseffekten und schwachen Handelsschaffungseffekten Reduktion von realen Handelskosten ist wie Produktivitätsverbesserung ALLE Studien – mittlerweile sicher ein Dutzend – finden in der langen Frist positive Effekte Produktivitätswachstum in einer Region schadet nicht der anderen! Wachstum in marktwirtschaftlichen Ökonomien erfolgt nicht auf Lasten anderer! Die globalisierte Wirtschaft ist kein Nullsummenspiel! Gutachten, Wissen- schaftliche Publi-kationen, historische Erfahrung Höhe? Empirische Forschung: Produktivitätswachstum in einer Region nützt anderen Regionen! Die Globalisierung ist kein Nullsummenspiel

HOHER UMLENKUNGSEFFEKT, KEIN EINKOMMENSEFFEKT? ifo Institut – G. Felbermayr 10 HOHER UMLENKUNGSEFFEKT, KEIN EINKOMMENSEFFEKT? Ineffektives TTIP Keine Einkommenseffekte, aber auch keine Handelsumlenkungseffekte Effektives TTIP Hohe Einkommenseffekte und starke Handelsumlenkungseffekte

Quantitative Abschätzungen ifo Institut – G. Felbermayr 11 Quantitative Abschätzungen Ohne ein Modell, kann man positive und negative Effekte nicht verrechnen.

ifo Institut – G. Felbermayr 12 FRÜHE STUDIEN ifo (2013) für BMWi:* Negative Drittstaateffekte sind sehr wahrscheinlich CEPR (2013) für DG Trade: „Bonanza“ für Ent-wicklungsländer Beide Studien machen extreme Annahmen: ifo: keine Modellierung der Spezialisierungsstruktur CEPR: TTIP hat positive direkte Effekte auf Handel der Drittstaaten („Spill-overs“) ifo 2013: NTBs auf Sektorebene nicht seriös quantifizierbar; Szenario unsicher. *Ähnlich: ifo für Bertelsmann Stiftung, und Felbermayr et al., 2015 (Econ. Pol.)

SPILL-OVER EFFEKTE DURCH REGULATORISCHE KOOPERATION ifo Institut – G. Felbermayr 13 SPILL-OVER EFFEKTE DURCH REGULATORISCHE KOOPERATION Keine überzeugende empirische Evidenz zu Existenz und Größe (z.B. WTO 2013) Bei gemeinsamen Standards möglich, wenn Drittstaaten diese auch übernehmen wollen Gemeinsame Standards in TTIP wenig wahrscheinlich Bei gegenseitiger Anerkennung von Standards, nur wenn diese auch auf Produkte aus Drittstaaten ausgedehnt wird Forderung Nr. 2; siehe später

SPEZIALISIERUNG UND WERTSCHÖPFUNGSKETTEN ifo Institut – G. Felbermayr 14 SPEZIALISIERUNG UND WERTSCHÖPFUNGSKETTEN Struktur der Importe der EU aus Entwicklungs-ländern korreliert nur schwach mit Struktur der Importe aus USA Manche Drittländer sind stark in EU oder US Wert-schöpfungsketten integriert (MEX, TUR, MAR, …) Handelsumlenkungseffekte sind nicht überall dominant

NEUERE STUDIEN: OHNE SPILLOVERS Ifo Institut NEUERE STUDIEN: OHNE SPILLOVERS Aichele et al. (2014): Wertschöpfungsketten und sektorale Struktur für 134 Länder und 34 Sektoren Egger et al. (2015): Update der CEPR Studie Manche Entwicklungsländer verlieren, manche gewinnen Die Effekte sind im Vergleich zu den jährlichen Wachstumsraten gering Deutliche Gewinne durch eigene regionale Abkommen: RCEP, FTA-AP, TFTA, …

EFFEKTE VON TTIP IN DER WELT ifo Institut – G. Felbermayr 16 EFFEKTE VON TTIP IN DER WELT Reale Prokopfeinkommen, lange Frist, % Global: Kein Nullsummenspiel! +2,1% +2,7% Ø Nicht-TTIP Länder: -0,03% Quelle: Simulationsergebnisse, tiefe TTIP, keine Spillovers, Aichele et al., 2014.

EFFEKTE ANDERER ABKOMMEN BEISPIEL: RCEP* ifo Institut – G. Felbermayr 17 EFFEKTE ANDERER ABKOMMEN BEISPIEL: RCEP* Reale Prokopfeinkommen, % Trend Wachstum p.a. Kambodscha 6.0 China Indien 5.0 Indonesien 7.5 Deutschland 1.5 USA 2.0 +2,1% +2,7% * 10 ASEAN Staaten, mit China, Indien, Australien, Neuseeland, Süd Korea, Japan Quelle: Simulationsergebnisse, Felbermayr et al., 2015 (Econ. Pol.)

EFFEKTE ANDERER ABKOMMEN BEISPIEL: RCEP* ifo Institut – G. Felbermayr 18 EFFEKTE ANDERER ABKOMMEN BEISPIEL: RCEP* Reale Prokopfeinkommen, % Trend Wachstum p.a. akkumuliert, auf 10 Jahre Kambodscha 6.0 79.1 China Indien 5.0 62.9 Indonesien 7.5 106.1 Deutschland 1.5 16.1 USA 2.0 21.9 +2,1% +2,7% * 10 ASEAN Staaten, mit China, Indien, Australien, Neuseeland, Süd Korea, Japan Quelle: Simulationsergebnisse, Felbermayr et al., 2015 (Econ. Pol.)

EFFEKTE ANDERER ABKOMMEN BEISPIEL: RCEP* ifo Institut – G. Felbermayr 19 EFFEKTE ANDERER ABKOMMEN BEISPIEL: RCEP* Reale Prokopfeinkommen, % Trend Wachstum Effekte von Abkommen p.a. akkumuliert, auf 10 Jahre TTIP Kambodscha 6.0 79.1 -0.2 China -0.5 Indien 5.0 62.9 -0.3 Indonesien 7.5 106.1 -0.1 Deutschland 1.5 16.1 3.5 USA 2.0 21.9 4.9 +2,1% +2,7% * 10 ASEAN Staaten, mit China, Indien, Australien, Neuseeland, Süd Korea, Japan Quelle: Simulationsergebnisse, Felbermayr et al., 2015 (Econ. Pol.)

EFFEKTE ANDERER ABKOMMEN BEISPIEL: RCEP* ifo Institut – G. Felbermayr 20 EFFEKTE ANDERER ABKOMMEN BEISPIEL: RCEP* Reale Prokopfeinkommen, % Trend Wachstum Effekte von Abkommen p.a. akkumuliert, auf 10 Jahre TTIP RCEP Kambodscha 6.0 79.1 -0.2 1.5 China -0.5 4.9 Indien 5.0 62.9 -0.3 1.8 Indonesien 7.5 106.1 -0.1 2.5 Deutschland 16.1 3.5 USA 2.0 21.9 -0.7 +2,1% +2,7% * 10 ASEAN Staaten, mit China, Indien, Australien, Neuseeland, Süd Korea, Japan Quelle: Simulationsergebnisse, Felbermayr et al., 2015 (Econ. Pol.)

Wie kann TTIP zu einem Baustein für ein faires Welthandelssystem ifo Institut – G. Felbermayr 21 Wie kann TTIP zu einem Baustein für ein faires Welthandelssystem werden? Wie kann TTIP zu einem Baustein für ein faires Welthandelssystem werden? Dazu müssen drei Bedingungen gelten: Das Abkommen muss 1) Handelsumlenkungseffekte minimieren, 2) Handelsschaffungseffekte maximieren, 3) und faire Rahmenbedingungen garantieren. In der Studie nennen wir 10 konkrete Maßnahmen, die dazu beitragen könnten.

HANDELSUMLENUNGSEFFEKTE MINIMIEREN ifo Institut – G. Felbermayr 22 HANDELSUMLENUNGSEFFEKTE MINIMIEREN Ursprungsregeln großzügig ausgestalten und zwischen EU/USA harmonisieren (Freiverkehrsprinzip) Gegenseitige Anerkennung von Standards auf Drittstaaten ausdehnen – globaler TÜV Entwicklungsländer in die Arbeit der geplanten Regulierungsräte einbinden Doha Runde thematisch verschlanken und abschließen Erstens: die Ursprungsregeln müssen großzügig ausgestaltet werden und zwischen den EU und den USA harmonisiert werden. Wo die Außenzölle sehr ähnlich sind, sollte man das Freiverkehrsprinzip verankern. Dies minimiert die Gefahr, dass Entwicklungsländer aus den Wertschöpfungsketten gedrängt werden. Und es erhöht die Nützlichkeit des Abkommens für unsere Unternehmen, weil der bürokratische Aufwand geringer ist. Zweitens: Wenn es in TTIP zur gegenseitigen Anerkennung von Standards kommt, sollte dies auf Drittstaaten ausgedehnt werden. Nicht die Nationalität des Anbieters sondern die Eigenschaften seiner Ware sollten für die Marktzulassung entscheidend sein. Drittens: Wenn das Abkommen im Rahmen von Regulierungsräten Konsultationen zu zukünftigen gemeinsamen Standards vorsieht, sollte man die Entwicklungsbinder einbinden, zumindest in dem man ihnen Informations- und Anhörungsrechte zugesteht. Viertens: Außerhalb des Abkommens muss weiter an einem Abschluss der Doha Runde gearbeitet werden. Das ist in Teilbereichen nicht unmöglich. Modellrechnungen zeigen, dass die Abschaffung aller Zölle zwischen den WTO Staaten die negativen Effekte des TTIP auf die Entwicklungsländer fast völlig verschwinden lässt.

HANDELSCHAFFUNGSEFFEKTE MAXIMIEREN ifo Institut – G. Felbermayr 23 HANDELSCHAFFUNGSEFFEKTE MAXIMIEREN Einbindung der Entwicklungsländer in globale Wertschöpfungsketten sichern und verstärken Vertiefung, Ausweitung und Verstetigung von Nord-Süd-Handelsabkommen (EU EPAs) Fünftens, damit die Entwicklungsländer von positiven Einkommens- und Produktionseffekten in EU und USA möglichst stark profitieren, muss ihre Einbindung in globale Wertschöpfungsketen gesichert und verstärkt werden. Hierzu hat auch Deutschland im Rahmen von Aid for Trade viele Möglichkeiten. Dazu kann, sechstens, auch die Modernisierung von Nord-Süd-Handelsabkommen beitragen. Die neuen Partnerschaftsabkommen der EU reduzieren die Unsicherheit für Entwicklungsländer und erlauben die Berücksichtigung der vorhin genannten „neuen“ Themen.

FAIRE RAHMENBEDINGUNGEN GARANTIEREN ifo Institut – G. Felbermayr 24 FAIRE RAHMENBEDINGUNGEN GARANTIEREN Keine Wirtschafts-NATO: keine Bündelung protektionistischer Maßnahmen in TTIP Glaubwürdige Perspektiven für Öffnung von TTIP für Dritte in Präambel verankern Süd-Süd Freihandelsabkommen unterstützen WTO als „Coach“ und Anwalt kleiner und armer Länder stärken Siebtens: TTIP darf keine Wirtschafts-NATO begründen. Das bedeutet zum Beispiel, dass die Partner protektionistische Maßnahmen minimieren, und nicht koordinieren sollten. Achtens: Das Abkommen sollte, zum Beispiel in der Präambel, eine glaubwürdige Perspektive für eine Öffnung gegenüber Dritten beinhalten. Nur dann kann es wirklich eine Keimzelle für ein erneuertes, nachhaltiges und gerechtes Welthandelssystem werden. Neuntens: Deutschland und die EU sollten Süd-Süd Freihandelsabkommen wohlwollend gegenüberstehen, und politisch sowie mit technischer Expertise unterstützen. Und schließlich zehntens: Die Welthandelsorganisation muss gestärkt werden, damit sie als Coach und Anwalt kleiner und armer Länder auftreten kann.

ifo Institut – G. Felbermayr 25 LITERATUREMPFEHLUNG Felbermayr, Heid, Larch und Yalcin (2015), „Macroeconomic Potentials of Transatlantic Free Trade: A High Resolution Perspective for Europe and the World“, Economic Policy 30(83): Egger, Francois, Machin, Nelson (2015), „Non-tariff Trade Barriers, Integration, and the Transatlantic Economy“, Economic Policy 30(83): Siebtens: TTIP darf keine Wirtschafts-NATO begründen. Das bedeutet zum Beispiel, dass die Partner protektionistische Maßnahmen minimieren, und nicht koordinieren sollten. Achtens: Das Abkommen sollte, zum Beispiel in der Präambel, eine glaubwürdige Perspektive für eine Öffnung gegenüber Dritten beinhalten. Nur dann kann es wirklich eine Keimzelle für ein erneuertes, nachhaltiges und gerechtes Welthandelssystem werden. Neuntens: Deutschland und die EU sollten Süd-Süd Freihandelsabkommen wohlwollend gegenüberstehen, und politisch sowie mit technischer Expertise unterstützen. Und schließlich zehntens: Die Welthandelsorganisation muss gestärkt werden, damit sie als Coach und Anwalt kleiner und armer Länder auftreten kann.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit ifo Institut – G. Felbermayr 26 Danke für Ihre Aufmerksamkeit Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

DIE EFFEKTE VON NAFTA UND ANDERER ABKOMMEN ifo Institut – G. Felbermayr 27 DIE EFFEKTE VON NAFTA UND ANDERER ABKOMMEN Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

EX POST EVALUATION EXISTIERENDER ABKOMMEN ifo Institut: Gabriel Felbermayr 28 EX POST EVALUATION EXISTIERENDER ABKOMMEN Metastudie von Cipollina et al. (2010) Im Durchschnitt Handelsschaffung von 50-200% Herausforderungen Kausalität von Korrelation trennen Heterogenität über Abkommen und Länderpaare

MEXIKO VOR UND NACH NAFTA ifo Institut: Gabriel Felbermayr 29 MEXIKO VOR UND NACH NAFTA BIP/Kopf (tsd. USD) Beschäftigung (mio) Quelle: Penn World Tables 8.1. Reales Prokopfeinkommen in 2005 KKP.

EX POST EVALUATIONSSTUDIEN ifo Institut: Gabriel Felbermayr 30 EX POST EVALUATIONSSTUDIEN Mexiko und NAFTA: Caliendo & Parro (2015) Effekte auf Handel: +118% Effekte auf Prokopfeinkommen: +1 bis +2% Europaabkommen der EU mit Osteuropa: Egger & Larch (2011) Effekte auf Handel: + 30 bis +60% Effekte auf Prokopfeinkommen : + 7 bis +11% Österreichs EU Beitritt: Felbermayr et al. (2015) Effekte auf Handel: + 30 bis +60% Effekte auf Prokopfeinkommen: +5 bis +10% EU Binnenmarkt: Corcos et al. (2012) Bestätigung des Cecchini Berichts (1988)

ifo Institut – G. Felbermayr 31 Länderbeispiele

BEISPIEL: SÜDAFRIKA Fakten Kaufkraft pro Kopf: ca. 29% von Deutschland Ifo Institut BEISPIEL: SÜDAFRIKA Fakten Kaufkraft pro Kopf: ca. 29% von Deutschland Freihandelsabkommen mit EU (seit 2000, nur Güter), Teil des US GSP Offenheitsgrad 31%, gewichteter Importzoll 4,7% ca. 34% der Exporte entfallen auf EU+USA, China Nummer 1 10 Exportgüter machen 60% des Handels mit EU+USA aus: Diamanten, Platin, Eisenerz, Kohle, Gold, aber auch Fahrzeuge, Zitrusfrüchte, … Diese Effekte lassen sich am Beispiel Südafrika illustrieren. Es handelt sich hierbei um ein Schwellenland, das mit der EU ein Freihandelsabkommen unterhält und über das amerikanische GSP weitgehend zollfreien Zugang auf den US Markt hat. Das Land ist relativ offen und der gewichtete Importzoll relativ niedrig. Circa 34% der Exporte entfallen auf die TTIP Partner, aber China ist mittlerweile der wichtigste Absatzmarkt für Südafrika. Die Exporte sind stark auf wenige Güter konzentriert, vor allem auf Bodenschätze: Diamanten, Platin, Eisenerz, Kohle, Gold. Das Land ist aber auch ein wichtiger Standort für die Produktion von KFZ und ein Produzent von verschiedenen Früchten. Auch der Tourismus spielt eine bedeutende und wachsende Rolle.

BEISPIEL: SÜDAFRIKA Effekte Ifo Institut BEISPIEL: SÜDAFRIKA Effekte Positive Nachfrageeffekte für Rohstoffe, industrielle Vorleistungen, Tourismus Gefahr von Handelsumlenkung bei Kfz, Maschinen und Zitrusfrüchten. Aber: gute Einbindung in globale Produktionsnetzwerke Modellierung der spezifischen Handelsstruktur quantitativ bedeutend Zusätzliches Wachstum in EU und USA führen in Südafrika zu höherer Nachfrage vor allem für Rohstoffe, industrielle Vorleistungen, und Tourismus. Allerdings existiert auch die Gefahr von Handelsumlenkung bei Kfz und Maschinen, zum Beispiel wenn die gegenseitige Anerkennung von Standards zwischen EU und USA nicht auf Südafrika ausgedehnt wird. Aber die gute Einbindung des Landes in die globalen Produktionsnetzwerke bietet für solche negativen Effekte einen starken Schutz. Bei der Modellierung der quantitativen Effekte zeigt sich, dass es gerade für Südafrika wichtig ist, die spezifische Handelsstruktur des Landes adäquat zu berücksichtigen.

Ifo Institut BEISPIEL: SÜDAFRIKA Effekte auf langfristiges Prokopfeinkommen, 5 Studien Dies erkennen sie an diesem Diagramm. Hier sehen sie, was eine Reihe verschiedener Studien zu den langfristigen Effekten auf das reale Prokopfeinkommen in Südafrika ausweisen. Zunächst fällt auf, dass es negative und positive Effekte gibt. Aber die negativen Vorhersagen – auch meine eigenen – kommen aus Makromodellen, die die sehr speziellen Handelsstrukturen Südafrikas nicht modellieren. Berücksichtigt man die spezielle sektorale Struktur, und die Einbindung Südafrikas in die Produktionsnetzwerke der EU und der USA, dann wird das Bild deutlich positiver. Im Durchschnitt zeigen die Studien einen marginalen Verlust von 0,3% über 10-12 Jahre an. Auf Jahresbasis ist das circa ein Achtzigstel einer jährlichen Wachstumsrate. Ø: -0,3%, kumulativ über 10-12 Jahre Trendwachstum: > 2,5% p.a. Quelle: Felbermayr et al., 2015.

BEISPIEL: MAROKKO Fakten Kaufkraft pro Kopf: ca. 17% von Deutschland Ifo Institut BEISPIEL: MAROKKO Fakten Kaufkraft pro Kopf: ca. 17% von Deutschland Freier Güterhandel mit EU und USA Fast 60% der Güterexporte gehen in die EU+USA 50% der Exporte entfallen auf nur 10 Güter; etwa ein Viertel im Automobilbereich (Kabelbäume) Auch: Textilien, Düngemittel Dienstleistungsexporte: fast 10% des BIP

BEISPIEL: MAROKKO Effekte Ifo Institut BEISPIEL: MAROKKO Effekte Behält das Land seine spezielle Rolle in den Wertschöpf-ungsketten der EU, v.a. Autoindustrie? Wenn ja: positive Nachfrageeffekte überwiegen die negativen Umlenkungseffekte Wenn Handelskosten Marokkos durch einheitliche EU/US Standards sinken, sind deutliche Gewinne möglich

BEISPIEL: MAROKKO Effekte auf langfristiges Prokopfeinkommen Ifo Institut BEISPIEL: MAROKKO Effekte auf langfristiges Prokopfeinkommen Ø: -0,3%, kumulativ über 10-12 Jahre Trendwachstum: 3,5% p.a.

BEISPIEL: BRASILIEN Fakten Ifo Institut BEISPIEL: BRASILIEN Fakten Mittlerweile die siebgrößte Volkswirtschaft der Welt Kaufkraft pro Kopf: ca. 35% von Deutschland Wenige Handelsabkommen (Mercosur, LAIA), US GSP Zölle relativ hoch (7,7%), Offenheit niedrig (13% des BIP) 30% der Güterexporte gehen in die EU+USA 50% der Exporte entfallen auf nur 10 Güter: Rohstoffe (Erdöl, Eisenerz), Soja, Kaffee, Fruchtsäfte; Flugzeuge

BEISPIEL: BRASILIEN Effekte Ifo Institut BEISPIEL: BRASILIEN Effekte Flugzeugbau: EU Importzölle 4,6%. Dennoch kaum Ge-fahr durch Handelsumlenkung (Spezialisiertes Angebot) Potenzielle Gefährdung bei Produktveredelung (Kaffee) Fruchtsäfte (2 Mrd. Euro Exporte): EU Importzölle 18%. Marktanteilsverluste wahrscheinlich Nicht-tarifäre Barrieren: Sojabohnen

BEISPIEL: BRASILIEN Effekte auf langfristiges Prokopfeinkommen Ifo Institut BEISPIEL: BRASILIEN Effekte auf langfristiges Prokopfeinkommen Ø: -0,2%, kumulativ über 10-12 Jahre Trendwachstum: 2,5% p.a.

BEISPIEL: INDONESIEN Fakten Ifo Institut BEISPIEL: INDONESIEN Fakten Fünftgrößtes Land der Welt gemessen an Bevölkerung Kaufkraft pro Kopf: ca. 22% von Deutschland Mitglied von ASEAN. Abkommen mit JPN, KOR, AUS, NZL, CHN, IND Verhandelt RCEP mit; nicht bei TPP Gesprächen dabei Relativ offen (24%) Ca. 22% der Exporte gehen in EU+USA Relativ gut diversifiziert: Kautschuk, Palmöl; Möbel; Kohle; Bekleidung, Schuhe …

BEISPIEL: INDONESIEN Effekte GSP Status in EU und USA Ifo Institut BEISPIEL: INDONESIEN Effekte GSP Status in EU und USA Potentielle Handelsumlenkungseffekte bei Schuhen und Bekleidung Positive Effekte durch höhere Rohstoffexporte und Tourismus Insgesamt geringe Effekte wegen regionaler Ausrichtung

BEISPIEL: INDONESIEN Effekte auf langfristiges Prokopfeinkommen Ifo Institut BEISPIEL: INDONESIEN Effekte auf langfristiges Prokopfeinkommen Ø: -0,2%, kumulativ über 10-12 Jahre Trendwachstum: > 4% p.a.