Privatrecht II Lektion 11 Die einzelnen Vertragsverhältnisse

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Rechtsgeschäfte Einseitige Mehrseitige (Verträge)‏ z. B. Kündigung
Advertisements

Das Multifacetten-Korrekturverfahren beim DSD. Fehleranfälligkeit bei Leistungsbeurteilungen.
Diplom-Kaufmann Rainer Schenk – Steuerberater
Niedersächsisches Kultusministerium Berufseinstiegsklasse (BEK) Expertentest Stand: März 2009.
Interpretation Kurzgeschichte.
Peter W. Hirsiger, Unternehmer
WER DU BIST.
Schallschutz Gegenüberstellung und Mängel der Schalltechnischen Untersuchungen von 2001 und 2008.
WebQuest für die Unterstufe deo, 2006
Lärm- & Beleuchtungsstärkemessung Amon J., Jöchlinger H., Konrad S., Mlynek F., Walcher C. Zusammenfassung Die aufgrund einer EU Richtlinie schrittweise.
Ich fand zur Vesperzeit
Proseminar zu Schellings „Vom Ich als Prinzip der Philosophie“
Thema: Gruppenpuzzle Referenten: Carina Thiery Anke Britz
Die Bremer Stadtmusikanten.
7 b2 Ursachen und Behandlung Lernen am „Erfolg“
Wir hören immer von Regeln aus Sicht der Frauen. Hier sind endlich die Regeln aus Sicht der Männer.
- Untersuchung von Realitätsnahen Problemen mit Funktionen
Vortrag für Fachdidaktik
Wie arbeite ich sicher im Werkunterricht ??
§5.5 Proofs bzw. Pr ü fdruck Q. Q Fachwörter Layout-Proof Blaupause Imposition-Proof Color – Proof Andruck Analogproof Digitalproof Softproof Hardproof.
Prof. Dr. Stephan Lorenz Das neue Schuldrecht in Anspruchsgrundlagen Übungsfall 3: Verjährungsrecht (Rechtsfolgen, Eigentumsvorbehalt) © sl 2003 V Hersteller.
Überblick der aktuellen Gesetzesänderungen des Umsatzsteuergesetzes
Sie hatte die Aufgabe, die Konferenz vorzubereiten. Ihm wurde aufgetragen, die Firma zu benachrichtigen. Man gab ihm die Gelegenheit, sich zu den Anschuldigungen.
Betriebliche Aufgaben effizient erfüllen
Wochenplanunterricht
Eine Einführung in die CD-ROM
Zwischenmenschliche Beziehungen
Ihre Hochzeitstauben® Weiße Hochzeitstauben … das überraschend andere Geschenk!
12 Fragen von Gerhard Feil
Seide, Faden, Netze Klicke, um weiter zu kommen Naturama Bildung.
Prof. Dr. iur. Walter Fellmann
Lizenz-(Options-)Vertrag
Eine Zusammenfassung mit Hyperlinks (im Aufbau)
Rechtliche Aspekte beim Outsourcing in die Cloud
So funktionieren Abo-Fallen: Ausnutzen der Unerfahrenheit von Kindern Ziel: unbeabsichtigter Abschluss von Abos Die Kostenpflicht wird im Kleingedruckten,
Befristetes Arbeitsverhältnis noch einmal befristen
§ 9 Allgemeine Regelungen zum Widerrufsrecht
Die soziale Arbeit der evangelischen Kirche Diakonisches Werk Evangelischer Kirchen in Mitteldeutschland e.V. Niedrigschwellige.
Kundenorientierung und Marktforschung
Europa/EU benötigt DD, ebenso wie die Demokratie /DD ihre Transnationalisierung (EU) benötigt Jenaer Vorlesung zur Geschichte, Theorie und Praxis der Direkten.
Allgemeines Schuldrecht und vertragliche Schuldverhältnisse § 1 Das Schuldverhältnis: Entstehung und Pflichtenkatalog Markus Artz.
Finanzbuchhaltung Thema: Rechtsgrundlage/Buchhaltungsgrundlagen
Prof. Dr. Thomas Raab, Trier1 Leiharbeit und Arbeitseinsatz in Drittfirmen – gesetzliche Spielräume und Umgehungsgestaltungen Vortrag im Rahmen der Tagung.
der Hermann-Hesse-Schule 2007/08
ARBEITSLOS.
Transportrisiko und Transporthaftung in der automotiven Praxis
Chair of Software Engineering Einführung in die Programmierung Prof. Dr. Bertrand Meyer Lektion 14: Mehrfachvererbung.
Einführung ins Privatrecht
Privatrecht II Lektion 13 Die einzelnen Vertragsverhältnisse:
Kaufvertrag und andere Vertragstypen
Prof. Dr. iur Ulrike Babusiaux
Vertragsschluss und Vertragsauslegung
Erfüllung des Vertrages
Privatrecht II Lektion 8 Leistungsstörungen (§ 5, V - VII)
Privatrecht II Lektion 7 Leistungsstörungen (§ 5, I - IV)
Privatrecht II Lektion 4 Mangelhafte Verträge (§ 3, I - IV)
Einführung ins Privatrecht
Einführung ins Privatrecht
Einführung ins Privatrecht
Proseminar Grundzüge der Rechtwissenschaft I Sommersemester 2009.
Proseminar Grundzüge der Rechtwissenschaft I Sommersemester 2009.
11. Woche Do. 13. Dezember 2012 Alleinvertriebsvertrag Dr. Lucius Huber, HS Internationale Vertragsgestaltung Dr. Lucius Huber (HS 2012 )
Kap 3 – Verwahrung 1 Barta: Zivilrecht online Realkontrakte – Übersicht  Darlehen§§ 983 ff ABGB  Leihe§§ 971 ff ABGB  Verwahrung§§ 957 ff ABGB  Pfandvertrag§§
Übungen im Obligationenrecht Besonderer Teil Fall 7 – Streit in der Weisswaren-Branche 14. April 2016 PD Dr.iur. Michael Hochstrasser.
Einführung in das Recht
Vertragsfreiheit und ihre Grenzen
Einführung Kaufvertrag
SchuldR BT 12. Woche.
SchuldR BT 12. Woche.
Übungen im Obligationenrecht Besonderer Teil Frühjahrssemester 2019
 Präsentation transkript:

Privatrecht II Lektion 11 Die einzelnen Vertragsverhältnisse (Obligationenrecht, Besonderer Teil) Einführung (§ 8, I)

Übersicht zur Lektion 11 OR Allgemeiner Teil und Besonderer Teil (§ 8, I, A / G) Nominat- / Innominatverträge (§ 8, I, B) Dispositives / zwingendes Recht (§ 8, I, D) Qualifizierung des Vertrages (§ 8, I, C)

Obligationenrecht (OR) Allgemeiner Teil (AT) Besonderer Teil (BT) Entstehung der Obligationen - Vertragsschluss (Konsens) - Vertragsmängel (Gültigkeit) Wirkung der Obligationen - Richtige Erfüllung - Erfüllungsstörungen Erlöschen der Obligationen Einzelne Vertragstypen: Kaufvertrag Mietvertrag Arbeitsvertrag Werkvertrag Auftrag

Einteilung der gesetzlichen Vertragstypen Veräusserungs- verträge Gebrauchsüber- lassungsverträge Dienstleistungs- verträge Kauf Schenkung Tausch Miete/Pacht Leihe Darlehen Arbeitsvertrag Auftrag Werkvertrag

Das Verhältnis der Normen zwischen OR AT und BT (Normenkonkurrenz) Die Normen des OR BT ergänzen die Normen des OR AT. Die Normen des OR BT gehen den Normen des OR AT vor. „les specialis derogat legi generali“ „Anspruchskonkurrenz“

Das Verhältnis der gesetzlichen Vertragstypen zur Vertragsfreiheit Typenfreiheit gesetzlich nicht geregelte Verträge gesetzlich speziell geregelte Verträge Nominatverträge Innominatverträge

Arten von Innominatverträgen Gemischte Verträge Verträge sui generis Einheitliche Verträge, in denen Bestandteile verschiedener gesetzlicher Vertragstypen kombiniert werden. Verträge, die weder gesetzlich geregelt sind noch als typen- gemischte Verträge verstanden werden können.

Wichtige Innominatverträge aus der Rechtspraxis Gemischte Verträge: Leasingvertrag Factoringvertrag Alleinvertriebsvertrag Franchisevertrag Lizenzvertrag Sponsoringvertrag Reisevertrag Gastaufnahmevertrag Unterrichtsvertrag Verträge sui generis: Trödelvertrag Checkvertrag Kreditkartengeschäft Franchisevertrag Lizenzvertrag

Beispiele aus der bundesgerichtlichen Rechtsprechung BGE 60 II 335 Alleinvertriebsvertrag BGE 104 II 108 Management-Vertrag BGE 110 II 380 Architektenvertrag BGE 110 II 474 Automatenaufstellungsvertrag BGE 115 II 255 Know-how-Vertrag BGE 115 II 474 Reisevertrag BGE 113 II 424 Gastaufnahmevertrag BGE 118 II 150 Leasingvertrag BGE 118 II 157 Franchisevertrag

bei der Vertragsgestaltung Freiheit der Parteien bei der Vertragsgestaltung dispositive Normen zwingende Normen Kommen nur zur Anwendung, falls die Parteien eine Frage nicht geregelt haben. (Vertragsergänzung) Gehen jeder abweichenden vertraglichen Regelung vor. (Nichtigkeit der betreffenden Klausel oder des Vertrages)

Qualifikation des Vertrages Rechtsanwendung: Qualifikation des Vertrages Konsens: Haben sich die Parteien über die objektiv wesentlichen Vertragspunkte geeinigt? Formmangel: Unterliegt der konkrete Vertrag einer zwingenden Formvorschrift? Inhaltsmangel: Kommen für den konkreten Vertrag allenfalls zwingende Normen zur Anwendung? Vertragsergänzung: Welche dispositiven Normen kommen zur Anwendung, wenn die Parteien eine Frage nicht geregelt haben?

„Art. 394 Abs. 2 OR zwingt demnach nicht dazu, ein komplexes Vertrags-verhältnis wie den Architektenvertrag entweder ganz als Auftrag oder ganz als Werkvertrag zu beurteilen. Die Anerkennung gemischter Verträge erlaubt den Vertragspartnern wie dem Richter, den Umständen angepasste Lösungen zu finden, die der Rechtswirklichkeit besser entsprechen als eine einheitliche Qualifikation. Alle Probleme sind damit freilich nicht gelöst. Wo wie bei der Mängelhaftung nur einzelne Leistungen des Archi-tekten zu beurteilen sind, ist eine Spaltung der Rechtsfolgen denkbar, indem sich etwa die Haftung für einen Planfehler aus Werkvertrag, jene für unsorgfältige Bauaufsicht aus Auftrag ergeben kann. Dagegen ist dieser Weg nicht gangbar, wenn die vorzeitige Auflösung eines Gesamtvertrages umstritten ist, der Auftrags- und Werkvertragselemente umfasst. Dabei kommt bei einem Projektierung und Bauausführung umfassenden Archi-tektenvertrag dem Vertrauensverhältnis zwischen dem Bauherrn und dem Architekten so viel Bedeutung zu, dass die (zwingende) Auflösungsregel des Art. 404 OR den Vorzug verdient.“ (BGE 109 II 462, 466)