Aktuelles aus der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte

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Aktuelles aus der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte Brigitte Göttling Präsidentin des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf

Gliederung Befristungsrecht Urlaubsrecht AGG in der Praxis Sachgrundbefristung Kettenbefristungen in Vertretungsfällen Erleichterte Befristung ohne Sachgrund Urlaubsrecht Übertragung des Urlaubs Begrenzung der Rückwirkung AGG in der Praxis Altersdiskriminierung 2

Befristung mit Sachgrund Vorübergehender Bedarf an Arbeitsleistung Anschluss an Ausbildung/Studium Vertretung anderer Arbeitnehmer Eigenart der Arbeitsleistung Erprobungszweck Personenbedingte Gründe Finanzierung aus Haushaltsmitteln Gerichtliche Vergleiche 3

Vertretung anderer Arbeitnehmer Ausfall des vertretenen Mitarbeiters Vorübergehender Bedarf (Prognose der Rückkehr) Kausalität zwischen dem Ausfall des Stammarbeitnehmers und der Beschäftigung des Vertreters

Vertretung anderer Arbeitnehmer Vertretungsbedarf wegen Abwesenheit des Vertretenen Arbeitsvertrag und Direktionsrecht Einarbeitungszeit Erkennbare gedankliche Zuordnung Vertretung eines abwesenden Arbeitnehmers

Kettenbefristung Frau Kücük vertritt nacheinander verschiedene Kolleginnen in der Elternzeit: 01.01.2000 bis 31.12.2000 01.01.2001 bis 31.12.2001 01.01.2002 bis 31.12.2002 . 01.01.2011 bis 31.12.2011 6

Kettenbefristung EuGH 26.01.2012 – C – 586/10 Kücük: Kettenbefristungen zulässig auch bei dauerhaftem Vertretungsbedarf Prüfung des letzten Vertrages entscheidend Aber Kontrolle: Anzahl der befristeten Verträge zu hoch? Gesamtdauer der Befristung zu hoch? 7

Kettenbefristung BAG 18.07.2012 – 7 AZR 443/09: Grundsatz: Kettenbefristungen auch bei ständigem Vertretungsbedarf zulässig Ausnahme: Rechtsmissbrauch Sehr lange Gesamtdauer Außergewöhnlich hohe Anzahl von befristeten Verträgen Prüfungskriterien? 8

Kettenbefristung Prüfungskriterien Zeitliche Unterbrechungen Derselbe Arbeitsplatz Dieselbe Aufgabe Laufzeit der Einzelverträge Branchenspezifische Besonderheiten 9

Kettenbefristungen Anzahl und Gesamtdauer Keine konkreten Vorgaben Orientierung an § 14 Abs. 2 TzBfG Missbrauchsverdacht bei “mehrfachem Überschreiten“ der 2 - Jahresfrist Beispiele 13 Befristungen in 11 Jahren = Missbrauchsverdacht 4 Befristungen in 8 Jahren = kein Missbrauchsverdacht

Befristung ohne Sachgrund Befristung für zwei Jahre 01.01.2011 31.12.2012 Vier Zeitabschnitte 01.01.2011 30.06.2011 30.09.2011 31.03.2012 31.12.2012

Befristung ohne Sachgrund Befristungsdauer max. 2 Jahre max. dreimalige Verlängerung zulässig Erstmalige Beschäftigung 12

Befristung ohne Sachgrund Vorarbeitsverhältnis 3 - Jahresfrist Kettenverträge Ausbildungsverhältnis als Arbeitsverhältnis? 13

Arbeitsunfähigkeit und Urlaub Befristete Erwerbsminderungsrente Ruhen des Arbeitsverhältnisses Urlaubsanspruch entsteht Andere Regelungen durch Tarifvertrag möglich? Nein!

§ 7 Abs. 3 BUrlG Der Urlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden. 15

Begrenzung der Rückwirkung? MTV Metall- und Elektroindustrie NRW: Beschäftigte haben nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen in jedem Urlaubsjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Der Urlaubsanspruch erlischt drei Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, es sei denn, dass … er aus betrieblichen Gründen nicht genommen werden konnte. Konnte der Urlaub wegen Krankheit nicht genommen werden, erlischt der Urlaubsanspruch 12 Monate nach Ablauf des Zeitraums nach Abs. 2 16

Begrenzung der Rückwirkung? EUGH 24.11.2011 – C-214/10 (Schulte)-: Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG … ist dahin auszulegen, dass er einzelstaatlichen Rechts-vorschriften oder Gepflogenheiten wie etwa Tarifverträgen nicht entgegensteht, die die Möglichkeit für einen während mehrerer Bezugszeiträume in Folge arbeitsunfähigen Arbeitnehmer, Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub anzusammeln, dadurch einschränken, dass sie einen Übertragungs-zeitraum von 15 Monaten vorsehen, nach dessen Ablauf der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub erlischt. 17

Begrenzung der Rückwirkung! BAG 07.08.2012 – 9 AZR 353/10 - : § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG, wonach im Falle der Übertragung der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden muss, ist (nunmehr) unionsrechtlich so auszulegen, dass der Urlaubsanspruch 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres verfällt. 18

§ 7 Abs. 3 BUrlG Der Urlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden. 19

§ 7 Abs. 3 BUrlG Der Urlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des übernächsten Kalenderjahres gewährt und genommen werden. 20

Religion/Weltanschauung/Sexuelle Identität AGG in der Praxis Rasse Ethnische Herkunft Religion/Weltanschauung/Sexuelle Identität Alter Behinderung Geschlecht 21

Urlaubsstaffel MTV Einzelhandel NRW Bis zum vollendetem 20. Lebensjahr = 30 Tage Ab vollendetem 20. Lebensjahr = 32 Tage Ab vollendetem 23. Lebensjahr = 34 Tage Ab vollendetem 30. Lebensjahr = 36 Tage

Konsequenzen der Ungleichbehandlung BAG 10.11.2012 - 6 AZR 481/09 - : „Bei einer Ungleichbehandlung wegen des Lebensalters hat die Korrektur der Diskriminierung durch eine Anpassung nach oben zu erfolgen. Eine Anwendung des § 612 BGB (Zahlung der üblichen Vergütung) scheidet aus.“

Altersdiskriminierung EUGH 13.09.2011 – C-447/09 - : Die Bestimmung in einem Tarifvertrag, wonach für Verkehrspiloten ein absolutes Verbot besteht, über das vollendete 60. Lebensjahr hinaus ihrer Tätigkeit nachzugehen, verstößt gegen Europarecht. Die Tarifvertragsparteien haben allerdings das Recht, mit Rücksicht auf nachlassende körperliche Fähigkeiten Einschränkungen vorzusehen, wie etwa den „Beistand eines jüngeren Piloten.“

Betreutes Fliegen!