Der Streit um neue Atomkraftwerke in Brasilien – Totgesagte leben länger.... Barbara Happe – Urgewald e.V. Weimar, 04. Dezember 2010.

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Der Streit um neue Atomkraftwerke in Brasilien – Totgesagte leben länger.... Barbara Happe – Urgewald e.V. Weimar, 04. Dezember 2010

Brasiliens Atomprogramm: geschichtlicher Abriss Einstieg in die Kernenergie zu Zeiten der Militärdiktatur (64-85) 1975: Unterzeichnung des deutsch-brasilianischen Nuklearabkommens 1984: Inbetriebnahme des 1. Reaktors Angra /90: Einmotten sämtlicher Atompläne, inkl. Atomwaffenbau

Brasiliens Atomprogramm: geschichtlicher Abriss 95ff.: Wiederbelebung der Atompläne aus geopolitischen Erwägungen seit 2000: großflächiger Uranabbau in Caetité/BA; ab 2012 Santa Quitéria/CE 2001: Inbetriebnahme des 2. Reaktors Angra : Inbetriebnahme der Urananreicherungs- anlage in Resende 2007: Beschlussfassung für Bau von Angra 3 Weitere Ambitionen: vier weitere Reaktoren im NO und SO; Uranabbau und -anreicherung in großem Stil, Bau von Atom-U-Booten

Siemens KWU hat in den 80ern wesentliche Ausrüstungsgegenstände für Angra 2+3 geliefert. Lieferungen wurden ob des hohen finanziellen Ausfallrisikos bei AKWs mit Hermesbürgschaften abgesichert. 80er und 90er Jahre: Stillstand bei der Atomkooperation: auch bei Siemens Erlahmen der Atomeuphorie Angra 2+3: Deutsche Verstrickung in Brasiliens Atompläne

Siemens und der Atomsektor Pionier für Kernkraftwerkstechnologie in Deutschland (mit AEG) AEG wird von Siemens übernommen und in Siemens KWU umbenannt: verantwortlich für Bau von 19 Kernkraftwerken in Deutschland und zahlreichen darüber hinaus 1986ff: allmählicher Rückzug des Konzerns aus dem Atomgeschäft: Die Atomgeschäfte machen nur 2% des Umsatzes des Konzerns aus, sorgen aber für 90% des Ärgers (von Pierer) 1999: Verkauf des Siemens-Nukleargeschäftes an den französischen Staatskonzern Framatome (heute Areva NP) 2009: Siemens kündigt Atomkooperation mit Areva NP auf und plant stattdessen Gemeinschaftsunternehmen mit ROSATOM 2009ff.: Siemens will von Atom-Renaissance weltweit profitieren!

Siemens/Areva NP und Angra 3 2. Kooperationsprojekt im Rahmen des deutsch-brasilianischen Nuklearvertrages von er Jahre: Lieferung von 2/3 der Ausrüstungsgegenstände; Lagerungskosten: 500 Mio. US$ 2003: Vorantreiben einer Hermesbürgschaft für Angra 3; scheitert am Willen der rot-grünen Bundesregierung 2005: Erfolgreiches Lobbying, u.a. des Siemens-Konzerns, gegen Auslaufen des deutsch-brasilianischen Atomvertrages 2007: Beschluss zum Bau von Angra 3 in Brasilien Januar 2009: Auftragsvergabe für Sicherheitsgutachten zu Angra 3 Dezember 2009: Einreichen des Antrages auf Erteilung einer Hermesbürgschaft für Lieferungen für Angra

Angra 3 -Eckdaten Bautyp: baugleich mit Druckwasser- reaktor Grafenrheinfeld Geschätzte Konstruktionskosten: 5 Mrd. US$ 2010: Vergabe einer Grundsatz- zusage für Hermesbürgschaft im Umfang von 1,5 Mrd. Euro an Areva/Siemens Derzeit laufen Verhandlungen zwischen Areva/Siemens und französischen Banken zur Finanzierung des Projektes

hohes Ausfallrisiko für Bürgschaften beim Neubau von AKWs kostenintensive Bauverzögerungen zeichnen sich ab: anhängige Gerichtsverfahren, hohe Anzahl von Bau- und Betriebsauflagen bisherige AKW-Bauten in Brasilien waren ein finanzielles Fiasko: ca. 10 Mrd. US$ für 2 Reaktoren Angra 3: Ökonomische Risiken

Angra 3: Politische Risiken Vorantreiben der Atomprojekte aus geopolitischen Erwägungen Starke (personelle) Verstrickung des Militärs mit dem Atomsektor Proliferationsrisiko: unzureichende Kontrollbereitschaft der Atomanlagen von außen Keine unabhängige Atomaufsicht Nuklearwaffen sind für ein Land mit km Grenzen und reichen Offshore-Ölvorkommen nicht nur ein wichtiges Instrument der Abschreckung, sondern auch geeignet, Brasiliens Ansehen in der Welt zu verbessern. (José Alencar, brasilianischer Vize-Präsident, 2009 )

Angra 3: Sicherheitsrisiken Angra 3 ist nicht gegen Flugzeugabsturz gemäß der deutschen RSK-Richtlinie ausgelegt. Optimierungsmöglichkeiten werden im Bereich Katastrophenschutz identifiziert. Das Genehmigungsverfahren orientiert sich weitgehend an deutschen Sicherheitsstandards. Angewendete Methoden zu Radionuklid- konzentrationen in der Umwelt entsprechen weitgehend den Methoden von Deutschland in den 70er Jahren. IAEA-Anforderungen beschreiben, dass, falls möglich, der Stand der Wissenschaft hinsichtlich sicherheitsrelevanter Strukturen zu berücksichtigen ist. Dies trifft für die bereits gelieferten Teile zum Zeitpunkt der Lieferung zu. ISTec-Gutachten sagt: Es ist davon auszugehen, dass die Anlage den hohen deutschen Anforderungen an Sicherheit und Technik genügt

Angra 3: Sicherheitsrisiken Das deutsche kerntechnische Regelwerk ist nicht auf Genehmigungsverfahren für neue AKWs ausgerichtet. ISTec-Gutachten stellt keine systematische und stringente Überprüfung dar, inwieweit zentrale deutsche wie internationale Standards eingehalten werden. Behebung zahlreicher zentraler Sicherheitsmängel bei Bau und Betrieb von Angra 3 nicht garantiert ISTec-Gutachten sagt: Es ist davon auszugehen, dass die Anlage den hohen deutschen Anforderungen an Sicherheit und Technik genügt

Angra 3: Ökologisch/soziale Risiken De facto über 40 Umweltauflagen erteilt: unzureichender Katastrophenschutz, keine Absicherung gegen Erdrutschgefahren, provisorische Mülllagerung Erfahrungen mit Umweltauflagen im brasilianischen Atomsektor zeigen, dass Auflagen oftmals nicht eingehalten werden. Betriebsgenehmigung für Angra 2 bis heute nur provisorisch (seit 2001 am Netz), da zentrale Auflagen nicht erfüllt sind. ISTec-Gutachten sagt: Es gibt keine umwelt- rechtlichen Einwände gegen den Bau des AKWs, wenn die in der Umwelt- genehmigung enthaltenen Auflagen zu einigen kritischen Punkten erfüllt werden

NEIN zu Angra 3 und weiteren Ausbauplänen im Atomsektor Land mit niedrigen Sicherheitsstandards Nicht-Unterzeichner des Zusatzprotokolls zum Atomwaffensperrvertrag keine unabhängige Atomaufsicht black box Atomsektor