Landwirtschaft in Industriegesellschaften

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Agenda (lat.): was zu tun ist 21: für das 21. Jahrhundert
Advertisements

DER WIRTSCHAFTSKREISLAUF UND SEINE TEILNEHMER
... als hätten wir vier Erden ...
Tank oder Teller Chancen und Risiken von Agrosprit
Hessisches Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz 20. März 2010 Ulrich Kaiser: Vorstellung des Hessischen Karteninformationssystems.
Aktuelle Situation zunehmende Internationalisierung, da sich ökonomische und ökologische, politische und soziale Entwicklungen in hohem Maße in weltweiten.
IB mit t&t Wintersemester 2004/05 1 Tutorien Mo.12-14Zeljo BranovicIhne 22/E2 Mo.12-14Silke LodeIhne 22/UG2 Mo.12-14Simon SottsasOEI 301 Di.14-16Harald.
1. Wir können es: Der gesellschaftliche Reichtum ist vorhanden
Corporate Citizenship – Teil 1
Subsistenzwirtschaft – Cash-Crop Anbau
HCI – Tätigkeits Theorie (Activity Theory)
Tutorium: Wirtschaftliche Grundlagen für den Arbeitslehreunterricht
Das Menschenbild des Marxismus
Ralf KüstersDagstuhl 2008/11/30 2 Ralf KüstersDagstuhl 2008/11/30 3.
Praktisches Lernen Tamara Tull Christine Neuhöfer.
Leitbild „Nachhaltige Entwicklung“– Anspruch und Wirklichkeiten
Kapitel 1: Eine Einführung Kapitel 1 Einführung Einleitung
Nachhaltigkeit - Was ist das eigentlich?
Staatsaufgaben Wirtschaftlicher Teil
Ein Anstoß zur gesellschaftlichen Debatte
DKB –Eliteforum Milch, Schloss Liebenberg, Prof. Dr. Bernhard Brümmer
Der Konsum.
Nachhaltigen Einsatz erneuerbarer Ressourcen verstärken Konsum und Produktion Energie- und Ressourceneffizienz erhöhen Energieproduktivität bis zum Jahr.
Kommentar: Sehr geehrter Herr Abgeordneter,
Schweizerischer Bauernverband Union Suisse des Paysans Unione Svizzera dei Contadini © SBV/USP November 2012 Erneuerbare Energie – eine Chance für die.
Aufgaben/Fragen und Antworten
Verkehrsclub Deutschland e.V. VCD
Parteien in der Bundesrepublik Deutschland
Erdkunde / Biologie.
Was ist Natur? 1. Definition
Handeln als Strukturierung der Natur
VITI 2015 __________________________ Walliser Weinbaustrategie Ziele bis 2015.
Kubus Ernährungsökologie
Kapitel 9: Ökologismus Entstehung
Kapitel 10: Ökologismus Entstehung
Kapitel 9: Ökologismus Entstehung
Diamant Zucker KG Diamant Zucker KG Gliederung: 1. Vorstellung des Betriebes 2. Entwicklung der landwirtschaftlichen Nutzfläche, der Pacht-
Institut für Unternehmensführung Adrian Sidler Grüezi Energie aus Biomasse als Chance für die Region.
Bedeutung, Technik, Einsatzbereiche, CH-Potenziale
Regionale Treffen Weiterbildung als Faktor für regionale Entwicklung im Burgenland Leitliniendiskussion und Leitlinienentwicklung der burgenländischen.
INSTITUTIONS, INSTITUTIONAL CHANGE AND ECONOMIC PERFORMANCE
Impressum: Herausgeber
Strategie Nachhaltige Entwicklung: Leitlinien und Aktionsplan ARE – Nachhaltige Entwicklung Bern, November 2008.
Konzepte von Interkultureller Pädagogik
Prof. Ursula Sury, Rechtsanwältin Luzern R.I.O. Management Forum 2002 Visionen einer nachhaltigen Zentralschweiz.
1. Bedürfnisse Bedürfnisse sind Ausdruck eines subjektiv empfundenen Mangels, verbunden mit dem Wunsch, diesen Mangel zu beseitigen. Bedürfnisbefriedigung.
Pflanzenlernkartei 3 Autor: Rudolf Arnold. Pflanze 1 Gattung Merkmale Schädigung Bekämpfung.
Abschließende Statements und Schlusswort 1 Öffentlich geförderter Beschäftigungssektor - Programm der Linken in Halle bearbeitet durch den.
ZIELSETZUNG der Lokalen Agenda 21 Gemeinsam die Lebensqualität der Menschen vor Ort zu verbessern und für kommende Generationen abzusichern! Die Gemeinde.
1 Prof. Dr. Hans J. Lietzmann Jean-Monnet-Professor for European Politcs Europastudien 3. Theoretische Perspektiven Jawaharlal Nehru University / Neu-Delhi.
Breitband: Basis der Digitalisierung
Von Unternehmen und Unternehmern
Lebensmittelverschwendung
Der Policy-Prozess in der EU
Energieziele Kanton Bern Volkswirtschaftliche Aspekte
Die Nachhaltigkeitsstrategie des Landes Brandenburg Dr. Frank Beck.
Verkehr zwischen Klimaschutz und Rohstoffkrise Ulla Rasmussen VCÖ-Mobilität mit Zukunft Wels, 10. Oktober 2014 sozialwort 10+
DIE WIRTSCHAFTSSEKTOREN
Bioenergie ein Beitrag zur Energiewende
Historischer Hintergrund der Landwirtschaft
Historischer Hintergrund der Landwirtschaft
INHALT Über Syngenta Was bedeutet Nachhaltigkeit? Ressourcenknappheit Biodiversität Klimawandel Ernährungssicherheit Fazit.
INHALT Über Syngenta Was bedeutet Nachhaltigkeit? Ressourcenknappheit Biodiversität Klimawandel Ernährungssicherheit Fazit.
Wallonische landwirtschaftliche Forschungszentrale Wallonische landwirtschaftliche Forschungszentrale Aufgabenstellungen Durchführung.
Nähren und biologische Landwirtschaft BALAKRISHNAN ANAND.
Nachhaltigkeitsquiz.
Kooperatives Lernen.
Verwaltungslehre Ist Bürokratie eine unvermeidliche Begleiterscheinung des Kapitalismus?
Zukunftsprogramm der steirischen Land- und Forstwirtschaft Rolle einer starken Interessensvertretung der steirischen Bäuerinnen und Bauern Präsident Franz.
Seit 1971 setzt sich Greenpeace für den Schutz der Lebensgrundlagen ein. Seit 1971 setzt sich Greenpeace für den Schutz der Lebensgrundlagen ein. Gewaltfreiheit.
 Präsentation transkript:

Landwirtschaft in Industriegesellschaften 1/24 Landwirtschaft in Industriegesellschaften Wahrnehmungen, Eingriffe und ihre Folgen Industrie und Landwirtschaft: Grundlagen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede Wahrnehmung der Landwirtschaft in der Industriegesellschaft Eingriffe in die Landwirtschaft: Zielsetzungen Akteure Massnahmen Auswirkungen Wahrnehmung der Landwirtschaft nach den Eingriffen Merkmale dieser Wahrnehmung, ihre Folgen und Alternativen Peter Moser, SVIL-Tagung 25.8.06

Was ist Landwirtschaft? 2/24 Was ist Landwirtschaft? 19. Jh. bbb Peter Moser, SVIL-Tagung 25.8.06

Was ist Landwirtschaft? 3/24 Was ist Landwirtschaft? 21. Jh. Peter Moser, SVIL-Tagung 25.8.06

4/24 Natürliche Ressourcen Die Grundlagen jeder industriellen und landwirtschaftlichen Tätigkeit Durch die Nutzung biotischer Ressourcen produziert die Landwirtschaft neue Produkte und Dienstleistungen (Nahrungsmittel, Kultur-landschaften, Biodiversität) Durch den Verbrauch mineralischer Ressourcen wird bspw. Erdöl in eine PET-Flasche verwandelt Peter Moser, SVIL-Tagung 25.8.06

Merkmale Industrie und Landwirtschaft 5/24 Merkmale Industrie und Landwirtschaft Die Produktion erfolgt zyklisch; Der Boden ist die Grundlage der Produktion und der Standort wird nicht gewechselt. Die Produktion erfolgt kontinuierlich; Boden wird nur als Standort benötigt, weil die Produktionsgrundlage aus der Erdkruste stammt. Peter Moser, SVIL-Tagung 25.8.06

Potentiale Industrie und Landwirtschaft 6/24 Potentiale Industrie und Landwirtschaft Die Industrie kann die mineral-ischen Ressourcen aus der Lithosphäre effizient verbrauchen und kurzfristig ein unbegrenztes Wachstum generieren. Die Landwirtschaft kann in reversibler Art und Weise die Biosphäre pflegen; sie kann nachhaltig betrieben werden. Peter Moser, SVIL-Tagung 25.8.06

Grenzen Industrie und Landwirtschaft 7/24 Grenzen Industrie und Landwirtschaft Das Wachstum ist kurzfristig begrenzt und die Produktion kann nicht an einen anderen Strandort verschoben werden; die Landwirtschaft kann nicht effizient in einem industriewirtschaftlichen Sinne produzieren. Die Industrie kann die mineralischen Ressourcen nicht nachhaltig nutzen, sondern verbraucht sie irreversibel. Sie kann nicht nachhaltig im eigentlichen Sinne des Wortes sein. Peter Moser, SVIL-Tagung 25.8.06

8/24 Theoriebildung Begriffe und Theorien werden in Auseinandersetzungen mit einer sozioökonomischen Realität entwickelt. Die Theoriebildung in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften erfolgt seit dem 19. Jh. weitgehend an einer industriellen Realität und ignoriert seit den 1960er Jahren zunehmend alle Bezüge zur agrarischen Welt. Der Boden verschwindet als Produktionsfaktor aus der ökonomischen Theorie Nahrungsmittelproduktion, Landschaftsgestaltung und Entwicklung der Biodiversität werden nicht mehr als untrennbar miteinander verbundene Prozesse wahrgenommen, sondern in ihre Einzelteile zerlegt und unterschiedlich zu regeln versucht Peter Moser, SVIL-Tagung 25.8.06

Verbrauchen – Nutzen - Schützen 9/24 Sprache und Begriffe Um die Merkmale, Grenzen und Potentiale von Industrie und Landwirtschaft sachgerecht beschreiben zu können, braucht es Begriffe, mit denen die unterschiedlichen Realitäten korrekt erfasst werden. Das ist die Grundlage jeder rationalen Diskussion und Suche nach zukunftsfähigen Lösungen. Verbrauchen – Nutzen - Schützen Peter Moser, SVIL-Tagung 25.8.06

Wahrnehmung der Landwirtschaft in der Industriegesellschaft 10/24 Wahrnehmung der Landwirtschaft in der Industriegesellschaft „Der (…) Bauer, wie er sein sollte, und wie er nicht ist, wie er ist, und wie er nicht sein sollte“ Den Bauern des Kantons Schaffhausen zur Beherzigung und Kurzweil erzählt von Zacharias Gysel, Regierungsrat Schaffhausen, 1854 Peter Moser, SVIL-Tagung 25.8.06

Eingriffe in die Landwirtschaft in Industriegesellschaften 11/24 Eingriffe in die Landwirtschaft in Industriegesellschaften Zielsetzung Integration durch Unterordnung Die landw. Bevölkerung soll an dem wachsenden materiellen Wohlstand teilhaben Die Landwirtschaft soll so werden, wie die Industrie ist Peter Moser, SVIL-Tagung 25.8.06

Integration durch Unterordnung 12/24 Integration durch Unterordnung Phase I 1840/50 - 1914/18 (Aus)bildung der Bauern (Schulen, Ausstellungen, Buchhaltung) Agronomen als Vermittler zwischen Industrie-gesellschaft und bäuerlicher Landwirtschaft (ETH) Ausrichtung der Produktion auf die Nachfrage auf dem Weltmarkt (Milch statt Getreide) Peter Moser, SVIL-Tagung 25.8.06

Integration durch Unterordnung 13/24 Integration durch Unterordnung Phase II 1914/18 - 1990er Jahre Ausrichtung der Produktion auf den Bedarf der inländischen Bevölkerung; die Landwirtschaft als service public Politisch-gesellschaftliche Integration der bäuerlichen Bevölkerung durch Verbände und Parteien Verbände als Ausgestalter/Umsetzer der staatlichen Agrar- und Ernährungspolitik Peter Moser, SVIL-Tagung 25.8.06

Integration durch Unterordnung 14/24 Integration durch Unterordnung Phase II/1 Erster Weltkrieg Brot & Trinkmilch für den Inlandbedarf statt Käse für den Export Verbände als Vollzugsinstrumente der staatlichen Ernährungspolitik Peter Moser, SVIL-Tagung 25.8.06

Integration durch Unterordnung 15/24 Integration durch Unterordnung Phase II/2 Optionen nach dem Ersten Weltkrieg Zurück zur Weltmarktintegration? Weiterentwicklung der Ernährungspolitik, d.h. konsequente Ausrichtung der Agrarproduktion auf die Bedürfnisse der inländischen Bevölkerung in Friedenszeiten? (Hans Bernhard) Pragmatische Verrechtlichung/Normalisierung der Ernährungspolitik? Peter Moser, SVIL-Tagung 25.8.06

Integration durch Unterordnung 16/24 Integration durch Unterordnung Phase II/3 Erster Weltkrieg – 1950/60er Jahre Schrittweise Verankerung der Ernährungs- und Agrarpolitik in Konzepten, Gesetzen und der Verfassung Ideologische Überhöhung der Bauern als Mittel zur wirtschaftlichen, sozialen und politischen Integration der bäuerlichen Bevölkerung Peter Moser, SVIL-Tagung 25.8.06

Integration durch Unterordnung 17/24 Integration durch Unterordnung Phase II/4 1950/60er – 1990er Jahre Durch Integration des Verbrauchs mineralischer Ressourcen in die Agrarproduktion werden enorme Produktivitätssteigerungen möglich Das bäuerliche verschwindet auf der Ebene der Begriffe Weiterführung und Ausbau der Bestrebungen zur Integration der Landwirtschaft Peter Moser, SVIL-Tagung 25.8.06

zu wenig wettbewerbsfähig zu wenig umweltfreundlich 18/24 Wahrnehmung der Landwirtschaft in der Öffentlichkeit in den 1970/80er Jahren zu wenig wettbewerbsfähig zu wenig umweltfreundlich zu wenig bauernfreundlich Peter Moser, SVIL-Tagung 25.8.06

Agrarreformen der 1990er Jahre 19/24 Agrarreformen der 1990er Jahre Der Versuch einer Teilantwort auf die Kritik in den 1970/80er Jahren „mehr Markt“ „mehr Ökologie“ Peter Moser, SVIL-Tagung, 25.8.06

Wahrnehmung der Agrarreform in der Öffentlichkeit heute 20/ 24 Wahrnehmung der Agrarreform in der Öffentlichkeit heute Zu wenig wettbewerbsfähig Zu wenig umweltfreundlich Zu hohe Kosten für den Staat Peter Moser, SVIL-Tagung 25.8.06

Merkmale der heutigen Wahrnehmung von Landwirtschaft und Agrarpolitik 21/ 24 Merkmale der heutigen Wahrnehmung von Landwirtschaft und Agrarpolitik Vermischung von Ursachen, Absichtserklärungen und Auswirkungen Mischung aus Allmachts- und Ohnmachtsvorstellungen Kurz: Konfuses Reden sowohl über die Landwirtschaft als auch über die Agrar- und Ernährungspolitik Peter Moser, SVIL-Tagung 25.8.06

Ursachen des konfusen Redens über die Landwirtschaft 22/ 24 Ursachen des konfusen Redens über die Landwirtschaft Nicht Differenzierung zwischen der Nutzung lebender und dem Verbrauch mineralischer Ressourcen und ihren je unterschiedlichen Möglichkeiten und Grenzen (Intellektuelle Ignoranz verkleidet als ideologische Distanz) Emotionale Nähe zur Landwirtschaft über den täglichen Prozess der Nahrungsmittelaufnahme und die ästhetische Wahrnehmung der Umwelt Peter Moser, SVIL-Tagung 25.8.06

Folgen des konfusen Denkens u. Redens über die Landwirtschaft 23/ 24 Folgen des konfusen Denkens u. Redens über die Landwirtschaft Auflösung der bäuerlichen Landwirtschaft Die Nahrungsmittel werden importiert Die Landschaft wird verbaut oder musealisiert Die Artenvielfalt wird in Gen-Datenbanken konserviert Peter Moser, SVIL-Tagung 25.8.06

24/ 24 Alternative Wahrnehmen, hinschauen, sich intellektuell mit dem Gegenstand beschäftigen Korrekt benennen -> Ermöglicht das Verstehen -> und das ermächtigt zur sinnvollen Neugestaltung des menschlichen Umgangs mit den natürlichen Ressourcen (lebenden und mineralischen) Peter Moser, SVIL-Tagung 25.8.06