Komplementäre Ansätze am Lebensende Dr. Annette Jänsch Internistin Abteilung für Naturheilkunde Charité - Universitätsmedizin Berlin Hochschulambulanz
Komplementärmedizin Lat. complementum =Ergänzung Bezeichnung für eine medizinische Richtung, die bestimmte diagnostische und therapeutische Verfahren verwendet, die ergänzend zur Schulmedizin eingesetzt werden. Eine vorwiegend pathogenetische Sichtweise wird ergänzt oder ersetzt durch eine Sichtweise, die Autoregulation und Selbstheilungskräfte des Patienten betont.
Naturheilkunde Lehre von der Behandlung und Vorbeugung von Krankheiten unter Einsatz von natürlichen Heilmitteln „5 Säulen“: Wasserheilkunde Pflanzenheilkunde Ernährungstherapie Bewegungstherapie Ordnungstherapie
Was gehört zur Komplementärmedizin? Naturheilkunde (Traditionelle Europäische M.) Anthroposophische Medizin Traditionell Chinesische Medizin Ajurvedische Medizin Homöopathie Mikrobiologische Therapie Orthomolekulare Medizin Aromatherapie Humoralpathologie Spirituelle Medizin (Geistheilung) u.v.a.m.
Anwendung von Komplementärmedizin Immer individuelle Auswahl aus zahlreichen Möglichkeiten Voraussetzung ist die Bereitschaft des Betroffenen zur Mitarbeit Naturheilkundliche Verfahren transportieren oft mehr als das Naturmittel BeHANDeln, Berühren
Naturheilverfahren in der Palliativsituation Ergänzung zum therapeutischen Konzept Einsparung von Maßnahmen und Medikamenten (z.B. Schmerzmittel, Punktionen, diagnostische Eingriffe) Transportieren Zuwendung und Hoffnung Erzeugen Eigenkompetenz
Einsatz von komplementären Verfahren in der Palliativ-Situation Was ist möglich? Was ist nötig? Was ist angemessen?
Palliativsituation- häufige Problematiken Schmerz Erschöpfung/Schwächezustände Nebenwirkungen der Therapie z.B. Verstopfung bei Opiattherapie Wundheilungsstörungen Schlafstörungen Ängste Nicht-loslassen können im Sterbeprozeß Inappetenz, Kachexie u.v.a.m
Ausgewählte Möglichkeiten der Komplementärmedizin Misteltherapie (Anthroposophie) Ernährungstherapie Hydrotherapie (Waschungen, Wickel, Auflagen) Homöopathie Prä- und probiotische Therapie Orthomolekulare Therapie Phytotherapie Körpertherapeutische Verfahren (z. B. Atemtherapie)
Ein Beispiel aus der Praxis 52 jährige Patientin mit „austherapiertem“ Ovarial-Karzinom (ED 2002, mehrere Rezidive, OPs und Chemotherapien, aktuell Peritonealkarzinose) Beschwerden: ausgeprägtes Fatigue-Syndrom (Pat.liegt vorwiegend), wiederkehrender Ascites (1 x wöchentliche Punktion nötig) Inappetenz, Gewichtabnahme, Verstopfung Depressivität (Antriebs- und Hoffnungslosigkeit)
Palliativ-Therapie bei Ovarial-Karzinom-Patientin Erstberatung mit Ehemann, da Patientin zu schwach ist Ehemann pflegt selbst zu Hause, sehr motiviert, liebevoll Therapievorschlag: → Aufnahme in die Abteilung für Naturheilkunde zur Ascites-Punktion und Instillation eines Mistel-Präparates in die Bauchhöhle (4 x) → anschließend Einstellung auf ein Mistel-Präparat zur 3 x wöchentlichen s.c. -Injektion
Palliativ-Therapie bei Ovarial-Karzinom-Patientin → Gabe von Zink und Selen nach Vollblut- Spiegel → Anleitung zu einer „Kleinen Hydrotherapie nach Kneipp“ → Einzelbehandlung mit Atemtherapie nach Ilse Middendorf → Ernährungsberatung → Aromatherapie (Lavendel- Duftlampe z. N.) → Kirschkernkissen, Wärmflasche, Weleda- Fußbalsam
Krankheitsverlauf-Verlauf Nach 4 maliger Mistel-Instillation in die Bauchhöhle nur noch kleine Mengen Ascites → Punktionspause von 6 Monaten Nach 4 Wochen s.c. Misteltherapie deutliche Energie-Zunahme, weniger Frieren, Appetit Depressivität , Patientin geht erstmals spazieren Nach Einführung von Leinsamenschleim 3 x tgl., wärmender Kost, Grahambrot, sowie Inulin gute Verdauung
Krankheitsverlauf-Verlauf im weiteren Verlauf in größeren Abständen Ascites-Punktionen bei guter Lebensqualität Eheleute machen noch eine Traumreise, die genussvoll erlebt wurde Die Patientin verstirbt nach einem erneuten Rezidiv (Lebermetastase mit Ikterus) und Chemotherapie nach 1,5 Jahren
Homöopathie im Sterbeprozeß Arsenicum album große Ängste, Zittern, Ruhelosigkeit, Frieren (Verlangen nach Hitze), Verlangen nach Gesellschaft (Furcht allein), tiefsitzende Angst vor dem Tod Ängste und Unruhe besonders nach Mitternacht zwischen 0.00 und 2.00 Uhr, Erschöpfung, die mit großer Ruhelosigkeit abwechselt Durst mit häufigem Verlangen nach kleinen Schlucken
Homöopathie im Sterbeprozeß Antimonium tartaricum (Brechweinstein) „Es rasselt schon beim Betreten des Zimmers!“ Raues Rasselgeräusch beim Atmen, feucht klingender Husten, Patient ist nicht fähig, Schleim abzuhusten, Patient scheint am Ersticken zu sein Abgezehrte, entkräftete Patienten Probleme mit der Atmung, schwacher Puls Frieren, kalter Schweiß, Hitze verschlimmert Verlangen nach frischer Luft, möchten Luft zugefächelt bekommen
Homöopathie im Sterbeprozeß Gabe von Arsenicum album bzw. Antimonium tartaricum C 30 Globuli (je 3 Stück in die Backentasche einlegen) alle 30 min bis Besserung eintritt oder verkleppern (1 Glas Wasser 3 Globuli verrühren bis aufgelöst) und schlückchenweise trinken lassen