Was ist eine Sekte? Der Begriff leitet sich vom lat. secta (Schule, Lehre, Partei; Substantiv von sequi: nachfolgen) ab.

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Was ist eine Sekte? Der Begriff leitet sich vom lat. secta (Schule, Lehre, Partei; Substantiv von sequi: nachfolgen) ab

Sektendefinitionen, kirchliche Bezeichnung für sich abschließende, in Lehre und/ oder Praxis von der Mehrheit abweichend orientierte, somit dissidierende Minderheit. So gilt anfänglich das Christentum aus der Sicht der Juden als Sekte (Apg 24,5; 28, 22) Baer, H., Gasper, H. Müller, J. & Sinabell, J. (Hg.) 2005 : Lexikon neureligiöser Gruppen, Szenen und Weltanschauungen, S. 1190.

„Wir haben erkannt, daß dieser Mann schädlich ist und daß er Aufruhr erregt unter allen Juden auf dem ganzen Erdkreis und daß er ein Anführer der Sekte der Nazarener ist“ (Apostelgeschichte des Lukas, 24,5). „Doch wollen wir von dir (Paulus) hören, was du denkst, denn von dieser Sekte ist uns bekannt, daß ihr an allen Enden widersprochen wird“ (Apostelgeschichte des Lukas, 28, 22).

Sektendefinitionen, kirchliche „Sekte ist immer dort, wo nicht mehr Jesus Christus der unbestrittene Mittelpunkt ist“ „Sekten sind dadurch gekennzeichnet, dass sie traditionslos sind“ „In sektiererischen Gruppen wird die Erkenntnisfähigkeit des einzelnen ausgeschaltet“ Kirchliche Stellungnahme zur Frage der Sekten (ca. 1980) (Evangelische Kirche A. und H.B. und röm. kath. Kirche in Österreich)

Sektenbegriff, theologischer Kriterien: Anerkennung anderer Offenbarungsschriften als die kanonisierte Bibel andere Offenbarungsformen anderes Glaubensbekenntnis anderes Verständnis apostolischer Sukzession Im Protestantismus auch Mitgliedschaft im Weltkirchenrat Deutscher Bundestag (1998): Endbericht der Enquete-Kommission „Sogenannte Sekten und Psychogruppen in der Bundesrepublik Deutschland“, S. 29.

Sektendefinition, staatliche „Geschlossenheit der Gemeinschaft, die klaren Grenzen zwischen Anhängern und Außenstehenden, die normierte Lebenspraxis im Innereren; die abseitigen und/ oder kulturell fremden Ideen, die als nicht vermittelbare Glaubenswelten und Lebensorientierungen fanatisch vertreten werden; die Konflikte mit der Umwelt, vor allem persönliche Konflikte mit Angehörigen von Mitgliedern und fallweise juristische Konflikte mit Behörden“ die Abhängigkeit der Mitglieder von einer charismatischen Führungsfigur bzw. von einer Hierachie, die Lehre und Praxis autoritär bestimmen“. Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie (1999): Sekten - Wissen schützt, S. 7f.

Sektendefinition, staatliche „Hier werden als „Sekten“ solche religiösen Gruppierungen und Lebenshilfeorganisationen bezeichnet, die in ihren Lehren und Praktiken mit den Grundsätzen des Grundgesetzes, seinem Menschenbild, seinen Wertevorstellungen usw. nicht vereinbar sind“. „...solche Gruppierungen als „Sekte“ bezeichnen, bei denen das Ausmaß an Abschließung, Innen-Außen-Spannung etc. zu einer hohen, gewissermaßen ständigen Konfliktträchtigkeit führt““. Deutscher Bundestag (1998): Endbericht der Enquete-Kommission „Sogenannte Sekten und Psychogruppen in der Bundesrepublik Deutschland“, S. 35f.

Sektendefinition, staatliche Eine staatsrechtliche Einführung des geschichtlich belasteten Sektenbegriffs birgt vor allem die Gefahr oder Tendenz in sich, über den Begriff „Sekte“ die Religionsfreiheit aufzuheben oder zu beschränken. Religion ist in der Moderne zu einer staatsfreien Angelegenheit geworden. Dennoch unterliegt die Ausübung der Religionsfreiheit einem rechtlichen Rahmen, der jedenfalls durch verfassungsimmanente Grenzen vorgegeben ist“. „Für die Zwecke der neutralen Beschreibung und Analyse sind deshalb die Bezeichnungen „neue religiöse und ideologische Gemeinschaften“ sowie die die Bezeichnung „Psychogruppe“ für das Feld zutreffender“. Deutscher Bundestag (1998): Endbericht der Enquete-Kommission „Sogenannte Sekten und Psychogruppen in der Bundesrepublik Deutschland“, S. 35f.

Sektendefinition, sozialwissenschaftliche „Sekte“ wird bestimmt durch das Maß, in dem sie in Spannung, Widerspruch und Gegensatz zu ihrer Umwelt steht. „Sekte“ als kleine, exklusive, religiöse oder weltanschauliche, wissenschaftliche oder auch politische Gruppe, die von ihren Anhängern ein totales Engagement fordert und dabei die Trennung von der Umwelt besonders betont. Extreme Ausformung ihrer Innen- und Außenbeziehungen. Die betonte Abtrennung von der Gesellschaft betrifft dabei die gesamte Gruppen- oder Gemeinschaftsstruktur mit ihren verschiedenen Aspekten. Deutscher Bundestag (1998): Endbericht der Enquete-Kommission „Sogenannte Sekten und Psychogruppen in der Bundesrepublik Deutschland“, S. 31.

Sektendefinition, sozialwissenschaftliche „Man muß festhalten, dass sich aus den unterschiedlichen Akzentuierungen des Sektenbegriffs Spannungen ergeben. So werden einige Gruppen aus religiöser Sicht als Sekten eingestuft, die vom sozialwissenschaftlichen Standpunkt aus, wegen ihrer relativ gelungenen Anpassung an den alltäglichen Lebensvollzug ihrer bürgerlichen Umwelt, nicht als Sekte angesehen werden“. „Ob eine Minderheit in einer Kultur als Sekte qualifiziert wird, ist immer auch eine Frage des kulturellen Standpunktes und von Wertentscheidungen“. Deutscher Bundestag (1998): Endbericht der Enquete-Kommission „Sogenannte Sekten und Psychogruppen in der Bundesrepublik Deutschland“, S. 31.

Sektendefinition, umgangssprachliche äußerst facettenreich und erfährt zudem eine immer größere Anwendung „Sekte“ wird weiterhin zur Bezeichnung religiöser Inhalte bezeichnet Öffentlichkeit assoziiert mit diese Begriff Gruppierungen, mit denen gesellschaftliche Konflikte der unterschiedlichsten Ausprägungen entstehen, auch wenn bei der Gruppierung weder ein religiöser noch eine weltanschaulicher Hintergrund vorzufinden ist soziale Abweichler

Vorwürfe gegenüber neureligiösen Bewegungen (Robbins 1986) 1. Täuschung 2. emotionale Manipulation 3. Anwendung von psychischen Zwang 4. Zerstörung der Familien 5. provozierende religiöse Vorstellungen 6. Unterminierung der judäo-christlichen Kultur 7. psychische und materielle Ausbeutung

Positive Aspekte der Mitgliedschaft in Neuen Religiösen Bewegungen (Robbins & Anthony 1982) 1. Beendigung illegitimer Drogeneinnahme 2. Erneuerte Berufsmotivation 3. Minderung von neurotischen Streß 4. Selbstmordverhütung 5. Abnahme von Anomie und moralischer Verwirrung 6. Zunahme von sozialem Mitgefühl und sozialer Verantwortung 7. Klärung der Ich-Identität 8. Generelle therapeutische Unterstützung und Hilfe beim Lösen von Problemen 9. Abnahme psychosomatischer Symptome 10. Erleben erfüllender Beziehungen 11. Das Erleben von Lebenssinn

Anlaß und Motivation, sich einem alternativen Angebot auf dem Psychomarkt zuzuwenden (Hellmeister & Fach 1998) (N=219) psychische Probleme 28% (Depressionen, Ängste, innere Unruhe, Psychosen) körperliche/ funktionelle Störungen 22% (Muskel-, Skelett-, Magen-, Darm- und Unterleibsprobleme) psychosomatische Störungen 21.5% (Allergien, Neurodermitis, Hautprobleme, Migräne, Asthma etc.) Fragen/ Probleme im Bereich Partnerschaft und Familie 14% Wunsch nach Veränderung, Selbsterfahrung 13.5% Suche nach Sinn und Bewusstseinserweiterung 12.5% Wirkungslose Schulmedizin 8.5% Neugier, allgemeines Interesse 7% Wunsch nach Hilfe für Dritte 6.5%

2651 Anfragen zu 296 Gruppierungen Zusammensetzung Reihung der Anfragen in Österreich (Bundesstelle für Sektenfragen 2003) 2651 Anfragen zu 296 Gruppierungen Zusammensetzung Andere Gruppierungen 95.6% Religiöse Bekenntnisgemeinschaften Gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften

Am häufigsten angefragte (thematisierte) Gruppierungen (Bundesstelle für Sektenfragen 2003) Scientology Satanismus Jehovas Zeugen Pfingstler, Evangelikale und Charismatiker Bruno Gröning Freundeskreis Sahaja Yoga Freie Christengemeinde/ Pfingstgemeinde Esoterik Granderwasser Sri Chinmoy

Psychosoziale Beratung (Bundesstelle für Sektenfragen 2003) Familiärer Kontext 177 Beruflicher Kontext 137 Primär Betroffene 99 Freunde und Bekannte 84 Klient/ Klientinnen- Beziehung 69 Sonstige 78