Erfahrung der praktischen Umsetzung aus Sicht der Geburtshilfe

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 Präsentation transkript:

Erfahrung der praktischen Umsetzung aus Sicht der Geburtshilfe Dr. Barbara Filsinger Ludwigshafen

Vorüberlegungen Hoher Aufwand bei Schwangerschaftsvorsorge und Geburt für gesundes Kind Bei Entlassung: Bauchschmerzen

Vorüberlegungen Identifikation des Trägers: Geburtshilfe/ Perinatalzentrum Kinder- und Jugendpsychiatrie Jugendhilfeeinrichtung mit Mutter- Kind- Station/ Familiennest Schulen Kinderdorf Gute Kontakte zur Jugendhilfe bereits vorhanden

Fragen: Jugendhilfe ? ? Gesundheitshilfe

? Fragen: Welche Familie kommt wie auf die Brücke? Wie funktioniert eine tragfähige Brücke? Wer nimmt die Familie am andern Ende der Brücke in Empfang?

Guter Start ins Kinderleben Modellprojekt der Länder Baden- Württemberg, Bayern, Rheinland- Pfalz, Thüringen Ziel: Frühe Unterstützung von belasteten Familien, um Überforderungen zu vermeiden Aufbau von interdisziplinären Kooperationsformen und Vernetzungsstrukturen (Aufbau auf bestehenden Regelstrukturen) Kooperationspartner: Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Universitätsklinikum Ulm Bundesministerium für FSFJ Deutsches Institut für Jugendhilfe und Familienrecht, Heidelberg Deutsches Jugendinstitut, München Universität Gießen 6

Welche Familie kommt wie auf die Brücke? Warum eine Geburtsklinik? Über 98% der Kinder kommen im Krankenhaus zur Welt Große Überschneidung von medizinischer und sozialer Anamnese Enger Kontakt zwischen medizinischen Berufen und Familien (allerdings in sehr kurzem Zeitfenster) Unbelastete positive Kontaktsituation Hochsensible Phase der Mutter- (Eltern)- Kind- Bindung

Welche Familie kommt wie auf die Brücke? Der Beginn (spätestens) im Kreißsaal entspricht der Definition von „Früher Hilfe“ Heckman et al 2003

Welche Familie soll auf die Brücke? Wie erkennen wir, wer zusätzliche Hilfe benötigt? Bauchgefühl? Unwägbar Selektive oder verzerrte Wahrnehmung Abhängig von der Arbeitsbelastung Personenabhängig Empirie? Strukturiert Unabhängig von Personen Nachvollziehbar Risiko oder Hilfebedarf Keine Überfokussierung auf den Kindesschutz, sondern Verbesserung des Kindeswohl

Was sind bekannte„Risiko“faktoren? Merkmale der Familiensituation Soziale Isolation bzw. fehlende Unterstützung Wiederholte Krisen, Partnerschaftsgewalt und mehrfache soziale Belastungen Ernsthafte finanzielle Notlage Merkmale der Eltern Eltern sehr jung Beeinträchtigung durch psychische Erkrankung, Sucht Intelligenzminderung oder Kriminalität Eltern haben in der eigenen Kindheit Misshandlung, Vernachlässigung oder wiederholte Beziehungsabbrüche erlebt Heinz Kindler, DJI

Was sind bekannte„Risiko“faktoren? Schwangerschaft, Geburt und Merkmale des Kindes Kaum Vorsorgeuntersuchungen während Schwangerschaft Kind stellt aufgrund chronischer Krankheit, Behinderung oder Verhaltensstörung deutlich erhöhte Anforderungen Merkmale der Eltern- Kind Beziehung Hinweise auf elterliche Ablehnung oder Desinteresse gegenüber Kind Beziehungsaufbau durch Trennungen erschwert Heinz Kindler, DJI

LupE 12

Anhaltsbogen für ein vertiefendes Gespräch Beurteilung grün Hebamme möglich gelb Hebamme (nur A - oder nicht A und bis 2 Punkte bei B-E oder F) orange speziell geschulte Hebamme empfohlen (A und mind.1 Punkt bei B-E oder 3 Punkte bei B-E oder F) Anhaltsbogen für ein vertiefendes Gespräch 13

Screening Vorteile Nachteile Umfassend Systematisch Standardisiert Relativ schnell durchführbar Nachteile Stigmatisierend Hoher Schulungsbedarf zur Implementierung Wettbewerbsnachteil Hoher Aufwand für Kontaktaufnahme mit den betroffenen Familien 14

Geburten: grün 67% gelb 25% orange 7% Zahlen Geburten: grün 67% gelb 25% orange 7% davon Überleitung in Jugendhilfe: 41%

Wie kommt die Familie auf die Brücke? Wer führt das „vertiefende Gespräch“? Hebamme Krankenschwester Arzt Sozialdienst Wie führt man das vertiefende Gespräch?

Was passiert nach dem „vertiefenden Gespräch“? Aufnahme ins Programm „Guter Start ins Kinderleben“ Motivation zur Annahme von Hebammenhilfe ggf. direkte Vermittlung eine Hebamme

Was passiert nach dem Screening? Teilnahme am Programm freiwillig Motivation zur Teilnahme Aufnahme ins Programm Bei Ablehnung Ausschluss des Vorliegens einer „akuten Kindeswohlgefährdung“: Eine gegenwärtige, in einem solchen Maße vorhandene Gefahr, dass sich bei der weiteren Entwicklung eine erhebliche Schädigung mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt (BGH 1956) Abschätzung im Team Gute Dokumentation Mitteilung an das Jugendamt eventuell ohne Zustimmung der Eltern, aber nicht ohne Wissen

Die Brücke („Familien“)hebamme 19

Familienhebamme Aufgaben der Familienhebamme: In der Klinik: Koordinatorin Kontaktaufnahme mit Familie Motivation zur Teilnahme am Programm Absprache mit beteiligten Professionen Hebammen, (Kinder-)Krankenschwestern, Ärzten Vermittlung einer Nachsorgehebamme bzw. Übernahme der Nachsorge Ansprechpartner für externe Hebammen Ansprechpartner für externe Helfer Dokumentation Organisation der anonymen Beratung

Aufgaben der Hebamme in der Familie: 2.: In der Nachsorge: Originäre Hebammennachsorge Aufbau einer Vertrauensbeziehung Analyse der Probleme in der Familie Ansprechen der Probleme Vermittlung in andere Hilfesysteme Sicherstellung der gelungenen Überleitung regelmäßige Rücksprache mit der anonymen Fallberatung

„Familien“hebamme Vorteile Hohe Akzeptanz Nicht stigmatisierend Aufsuchend längerfristig durch Anstellung am Krankenhaus kaum Datenschutzprobleme bei Erstkontakt! Nachteile Rollenkonflikt durch Kontrollfunktion Vertrauensverlust in der Familie Hohe emotionale Belastung und fehlende Supervision  hohe Fluktuation Fehlende einheitliche Qualifikation Fehlendes Finanzierungskonzept in der Regelstruktur 22

Weitere Brückenpfeiler Anonyme Fallberatung 23

Familienhebamme/ Hebammen Psychiater/ Psychotherapeutin Anonyme Fallberatung Teilnehmer: Frauenärzte Neonatologen Familienhebamme/ Hebammen Psychiater/ Psychotherapeutin Fachdienst Jugendamt Anbieter Hilfen zur Erziehung (SPZ) 24

Anonyme Fallberatung Vorteile Unterstüzung/ Rückendeckung der Hebamme in der Familie Direkte Vernetzung von Gesundheits- und Jugendhilfe Interprofessionelles Team Nachteile Hoher Organisations- und (Dokumentations-)aufwand Aus Datenschutzgründen nur durch Klinik organisierbar Finanzierung Für die Mitarbeiter der Jugendhilfe: Landeskinderschutzgesetz Für die Mitarbeiter der Gesundheitshilfe: ??? 25

Wer nimmt die Familie am anderen Ende in Empfang? 26

Was braucht die Gesundheitshilfe vom Jugendamt? Eine feste, begrenzte Anzahl von Ansprechpartnern (Fachdienst „GSiK“) Erreichbarkeit 24h (auch am Wochenende) Bewusstsein für Prävention (Nicht- stigmatisierende Sprache) Ablaufregelungen mit benachbarten Jugendämtern Möglichkeit von schnellen Hilfen („Feuerwehrfond“) Gemeinsame Supervision 27

Angebot an die Eltern Verlängerte/ intensivierte/ spezialisierte Hebammenbetreuung bis zu 6 Monaten Interdisziplinäre anonyme Familienberatung (Clearingstelle) Weiterbetreuung durch qualifizierte Paten bis zum Alter von 3 Jahren Kostenlose Teilnahme am Kurs „Gemeinsam wachsen“ Kostenlose Teilnahme am Elterncafe Beschleunigter Elterngeldantrag, vorrangige Kinderbetreuungsplätze für Geschwisterkinder, Hilfe bei der Wohnraumbeschaffung u.s.w.

wie man eine stabile tragfähige Brücke baut! Wir wissen, wie man eine stabile tragfähige Brücke baut! Anonyme Fallberatung („Familien“) hebammen Fachdienst „Guter Start ins Kinderleben“ Schangerschafts-und Erziehungsberatungs-stellen Paten EPB … LupE Geburts-klinik Schwanger-schaftsberatungs-stellen Frauenärzte …. Anonyme Fallberatung 29

Aber wer sind die Bauherren der Brücke ? SGB V Landeskinder- schutzgesetz SGB VIII 30

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und viel Freude beim Brückenbauen im Thurgau