Lebensqualität aus medizinischer Sicht

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 Präsentation transkript:

Lebensqualität aus medizinischer Sicht Schärme - Symposium 2013 Lebensqualität im Alter 31.10.2013 Sarnen PD Dr. med. Thomas Münzer Chefarzt Geriatrische Klinik Präsident Schweizerische Fachgesellschaft für Geriatrie Kompetenzzentrum Gesundheit und Alter thomas.muenzer@geriatrie-sg.ch

Inhalt Einführung in die Thematik Was ist Lebensqualität? Möglichkeiten und Grenzen der Messung Was ist Lebenszufriedenheit? Zusammenfassung Diskussion

Die Idealvorstellung † Alle wollen «jung» sterben. Das aber so spät wie möglich Funktion † Zeit / Alter

Die Realität Funktion † † † † † † Zeit / Alter

Kranken und Sozialversicherungen Komplexität des Systems Integrative Rolle der Geriatrie HA Spital Spezialist Rehab LTC Palliation Hospiz Spitex Behörden Kranken und Sozialversicherungen Funktions- defizit Immobilität Alter Abhängigkeit Tod

Zahlen Schweiz Alters- und Pflegeheime 2011 Gesamt 1585 Dichte 20/100 000 Bettenzahl 92563 Dichte 11.7/1000 76500 Beschäftigte = 54000 Vollzeitstellen BFS

Was bedeutet Lebensqualität für Sie?

Experiment Legen Sie für jemanden den Sie sehr gut kennen, was Lebensqualität bedeutet Legen Sie für Ihre Nachbarin fest, was für sie Lebensqualität bedeutet Überlegen sich Sie wie Krankheit die Lebensqualität beeinflusst A) Brustkrebs B) Diabetes C) Demenz

Was ist Lebensqualität Die persönliche Zufriedenheit mit den körperlichen, psychischen, mentalen, sozialen und funktionalen Aspekten des Befindens und der Funktionsfähigkeit von Personen aus ihrer Sicht. Ergebnis eines individuellen, multidimensionalen Bewertungsprozesses der Interaktion zwischen Person und Umwelt. Die Lebensqualität von Individuen und Gruppen kann somit durch die Konstellation der einzelnen Lebensbedingungen und der Komponenten des subjektiven Wohlbefindens gemessen werden.

Dimensionen nach Lawton Subjektives Wohlbefinden Verhaltenskompetenz Erlebte Lebensqualität Objektive Umwelt

Dimensionen nach Lawton Krankheit und Schmerzen Gedächtnisstörung Gestörte Wahrnehmung Heim

Beeinflussende Faktoren Soziale (Familie, Beziehungen, Kinder) Spirituelle (Werte, Religion, kulturelle Herkunft) Ökonomische (Finanzielle Situation) Biologische (Alter, Geschlecht, Gesundheit ) Psychische/Intellektuelle (Persönlichkeit, Bildung)

Wie entsteht ein Konstrukt? Gespräche mit Betroffenen Gespräche mit Angehörigen Beobachtungen des Verhaltens Interviews mit Pflegenden Expertenwissen/meinung Literaturstudium Konstrukt

Wie entsteht ein Instrument? Konstrukt Fragebogen/Domänen Feldtest Auswertung Validierung (Anpassungen) Instrument

Formen der Befragung Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Selbständig ausfüllen, mit Hilfe ausfüllen Interview Kombinationen

Gütekriterien für ein Instrument Wie gut misst es, was es messen soll? Validität Wie zuverlässig misst es, was es messen soll? Reliablität bei Wiederholungen wenn jemand anders misst Wie gut kann das Instrument Veränderungen über die Zeit aufdecken? Responsiveness

Lebensqualität bei Demenz Indikatoren Depression, Isolation, Angst Verlust von Verantwortung und Kontrolle Verlust der Fähigkeiten, Dinge zu tun, die Spass machen Negative Grundstimmung Abhängig von der Form der Demenz?

Beispiele Wiener Liste 271 Personen mit schwerer Demenz im PH Fremdbeobachtungen (Pflege/Ärzte) 5 Faktoren/Domänen Kommunikation, Mobilität, negativer Affekt, Körperkontakt, Agression Gute Übereinstimmung unter Berufsgruppen

Beispiele DEMQOL (Dementia Quality of Life) Interviews mit 74 Fragen MMS>10 Punkte 5 Faktoren/Domänen ADL und Selbstversorgung, Gesundheit und Wohlbefinden, kognitive Funktion, soziale Interaktion, Selbstkonzept

Beispiele ADRQ (AD Related Quality of Life) Fremdbeobachtung 61 Pflegende Keine Angabe zur Schwere der Demenz 5 Faktoren / Domänen Soziale Interaktion, Selbstwahrnehmung, Gefühle und Stimmung, Freude an Aktivitäten, Reaktion auf die Umgebung

Beispiele QOL-AD (Quality of Life AD) 13 Faktoren/Domänen, darunter Körperzustand, Stimmung, Gedächtnis, Funktion, zwischenmenschliche Beziehungen, Fähigkeit zur Teilnahme an sinnvollen Aktivitäten, finanzielle Situation, Einschätzung des Selbst und der Lebensqualität Studie belegt die Validität bis zu einem MMS> 3

Beispiele HILDE (Heidelberger Instrument zur Erfassung der Lebensqualität bei Demenz)

Zusammenfassung Viele unterschiedliche Instrumente Befragungsart, Länge Ähnliche Domänen Alle erfüllen die Gütekriterien Vergleichbarkeit? Praktikabilität? Man sollte bei einem Instrument bleiben

Offene Fragen Wie viel Qualität verträgt der Mensch? Qualitätsmessung für das Image oder die Bewohner? Wo bleiben die andern Qualitäten? Toleranz im Umgang Kreativität bei schwierigen Themen Hohe Fachkompetenz des Teams Wohlwollende Zusammenarbeit zwischen den Disziplinen

Subjektives Wohlbefinden Lebenszufriedenheit = Konstrukt Kognitive Aspekte Einschätzung: Ausbildung, Einkommen Emotionale Aspekte Anzahl positiver versus negative Gefühle Auch Ergebnis von Fragebogen

Prozent Befragte mit hoher Zufriedenheit (8-10 von 10) Leben im Allgemeinen Eigene Gesundheit BFS 2013

Das Wohlfühl-Paradox Das unerwartet positive Verhältnis zwischen Altern und subjektiv erlebtem Wohlfbefinden trotz Krankheit und Verlust von Funktion und Mitmenschen Wichtigster Indikator für «erfolgreiches Altern»

Interpersonelle Faktoren Beziehung zur Bewohnerin / zum Bewohner “Der eigene Rucksack” Zahl der zu betreuenden Person Haltung der Institution Gefässe zur Reflexion Fallbesprechungen

Intrinsische Faktoren Subjektives Wohlbefinden Beobachten, beschreiben Schmerzfreiheit Angstfreiheit Geborgenheit “Kind” sein können

Extrinsische Faktoren Structure follows needs Räumliche Ausstattung Beleuchtung, Essen etc. Aquarium - Intervention Aktivierende Angebote Pflege der Beziehung zu Angehörigen

Diskussionsfragen Messen Sie Lebensqualität? Mit welcher Konsequenz für: die Bewohner? die Angehörigen? Sie? Ihre Institution? Stellenwert des Bauchgefühls?

Lebenszufriedenheit schaffen ist wichtiger als Lebensqualität messen