Entwicklung der Textlinguistik

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 Präsentation transkript:

Entwicklung der Textlinguistik

Gliederung 1. Texte in Rhetorik und Stilistik 2. Pragmatische Wende und programmatische Ansätze 3. Texte als transphrastische Ganzheiten 4. Semantisch orientierte Ansätze 5. Pragmatische Orientierung 6. Texte als Resultate mentaler Prozesse 7. Gesprächsanalyse 8. Fazit 9. Diskussion

1. Ansätze zur Kennzeichnung von Textphänomenen in Rhetorik und Stilistik Gelten als Vorläufer der Textlinguistik Rhetorik: ~ spezielle rhetorische Mittel zum Erreichen eines optimalen kommunikativen Effekts ~ 5 Verarbeitungsphasen Stilistik ~ ging im 19. Jhd. aus Rhetorik hervor

Verarbeitungsphasen des Themas Inventio Dispositio Elocutio Memoria Actio et pronuntiatio

2. Die pragmatische Wende und programmatische Ansätze „kommunikativ-pragmatische Wende“ Wechsel von systemorientierter zu kommunikativ und funktional orientierter Linguistik Erweiterungspostulat: Abkehr von „Satzlinguistik“ zu „Textlinguistik“ Pragma- und Fundierungspostulat: Einbeziehung extralinguistischer pragmatisch-kommunikativer Faktoren

3. Texte als transphrastische Ganzheiten 3.1. Erweiterungspostulat und grammatischer Rahmenansatz transphrastisch= Überschreiten der Grenze des Satzes („Phrase“) Texte als satzübergreifende („transphrastische“) Ganzheiten „Textgrammatik“ als „Mehrsatzgrammatik“

3.2. Die Satzverknüpfungshypothese Texte als Kombination von Sätzen zwischen denen kohärente Beziehungen bestehen Eigenschaften von Texten (Isenberg 1974): * lineare Abfolge von Sätzen * relative Abgeschlossenheit * Kohärenz innerhalb von Satzfolgen * semantische Beziehungen zwischen Oberflächenkonstituenten

Vertextungsmittel Einzelelemente Konjunktionen Pronomina Artikel Proadverbien Frage- und Antwort-Partikel Anredeformen Gliederungssignale Globale Eigenschaften Intonation Satzakzent Emphase und Kontrast Satzgliedfolge Thema-Rhema-Gliederung Ellipsenbildung

3.3. Texte als Pronominalisierungsketten Harweg 1968 Verknüpfung von Sätzen durch referenzidentische Sprachzeichen („Substituentia“) Substituenda am Anfang dann Satzverknüpfung durch pronominale Verkettung

3.4. Zur kommunikationssteuernden Funktion von Artikeln und Tempusmorphemen Artikel und Tempusmorpheme zeigen Verknüpfungen an Verknüpfungen durch unbestimmte und bestimmte Artikel zwei Grundtypen des temporalen Aufbaus I Besprechendes Tempora II Erzählendes Tempora

3.5. Funktionale Satzperspektive und thematische Progression Regelhafte Erfassung zur Verteilung von Informationen im Satz Thema und Rhema drei Grundtypen thematischer Progression: * lineare thematische Progression * Progression mit durchlaufendem Thema * Progression mit abgeleitetem Thema

4. Semantisch orientierte Ansätze im Zentrum stehen semantische Basisstrukturen Textkohärenz nur durch Erfassung dieser Strukturen möglich

Isotopie: Bedeutungsbeziehung zwischen den Lexemen eines Textes 4.1. Der Isotopieansatz Bedeutung entsteht aus Gemeinsamkeit bestimmter semantischer Merkmale der auftretenden Lexeme Isotopie: Bedeutungsbeziehung zwischen den Lexemen eines Textes Isotopie beruht auf semantischer Gleichwertigkeit zwischen bestimmten Lexemen eines Textes verknüpfte Lexeme bilden Isotopieketten

Einfache Wiederholung Variierte Wiederaufnahme durch Synonyme Isotopieketten Einfache Wiederholung Variierte Wiederaufnahme durch Synonyme durch Hyperonyme durch Antonyme durch Paraphrasen Substitution durch grammatische Elemente Fahrer – Fahrer Fahrer – Fahrzeugführer Fahrer – Verkehrsteilnehmer Fahrer – Fußgänger Fahrer – Held der Landstraße Fahrer – er

4.2. Texte als Propositionskomplexe Proposition: beschreibt Inhalt von Einzelsätzen und deren Verknüpfung zu Komplexen unterschiedlicher Hierarchiestufen 4.2.1. propositionale Verknüpfung wichtig für Integration von Propositionen zu Hyperpropositionen Verschiedene Arten der Relation

Interpropositionale Relationen textspezifisch: begründend spezifizierend bestätigend korrigierend semantisch: konjunktional kausal konditional temporal modal

4.2.2. Makrostrukturen von Texten Relationen zwischen größeren semantischen Einheiten aus „Mikrostrukturen“ entstehen immer größere Einheiten bis zur Makrostruktur des Gesamttextes Makrostrukturen bezeichnen inhaltliche Text – Globalstrukturen Superstrukturen kennzeichnen Textsortengebundenheit

4.2.3. Text-Thema-Hierarchien Grundinformation eines Textes mit einzelnen semantischen Einheiten in Beziehung gesetzt Relevanz des Themas bei Textproduktion und –rezeption Text-Thema wird aufgebaut durch verschiedene Ausdrucksverfahren

5. Kommunikation und Text: Pragmatische Orientierungen der Textlinguistik in vorigen Ansätzen spielt Funktionieren von Texten in praktischen Zusammenhängen nur untergeordnete Rolle Versuch, situative und Kontextfaktoren in Textbeschreibung einfließen zu lassen „Pragmatisches“ wird zum Ausgangs- und Zielpunkt der Textbeschreibung

Kommunikativ-pragmatische Textbeschreibungsansätze Kontextmodelle Kommunikative Textmodelle handlungstheoretisch orientierte Modelle Tätigkeitsmodelle

5.1 Kontextmodelle Texttheoretisches Modell Isenbergs 1976 Text mit kommunikativem Kontext in Beziehung gesetzt Vom Text ausgehend sollen pragmatische Faktoren beschrieben werden Wichtigstes Modell: Texttheoretisches Modell Isenbergs 1976

5.2 Kommunikative Textmodelle Die Sprache stellt nicht mehr allein die Grundlage für die Analyse von Texten dar, sondern das Funktionieren von Sprache in Kommunikationsprozessen einer konkreten Gesellschaft. „Texte in Funktion“ Texte als Elemente umfassender Handlungen

5.2.1 Handlungstheoretisch orientierte Textbeschreibungsmodelle Sprache als spezifische Form gesellschaftlicher Kommunikation, des menschlichen Handels verstanden „Bedeutung eines Wortes ist sein Gebrauch“ (Wittgenstein) Sprechaktanalyse Versuch, Regeln zu erstellen, um über den Gebrauch eines Wortes auf die Bedeutung schließen zu können

5.2.2 Tätigkeitsbezogene Textmodelle Gehen zurück auf sowjetische Sprachpsychologie Sprache und Text werden als Tätigkeiten verstanden, mit denen das Subjekt (menschl. Psyche) auf Objekt (Wirklichkeit) einwirken kann. Zielkomponente sprachlicher Prozesse steht im Vordergrund linguistischer Untersuchungen.

6. Texte als Ergebnisse mentaler Prozesse/Der prozedurale Ansatz Seit Ende der 1980er „kognitive Wende“ Texte als Resultate einer Vielzahl ineinandergreifender psychischer Operationen gesehen v.a. Versuch zu erklären, wie Kenntnisse mental organisiert sind und wie Verbindungen aktiviert werden können Bsp.: Modell der „kommunikativen Okkurenz“ (De Beaugrande/Dressler)

7. Gesprächsanalyse Seit Beginn der 1950er in amerikanischer Soziologie und Ethnolinguistik Analyse authentischer Kommunikation als alleiniges Untersuchungsobjekt Unterscheidung ethnomethodologisch orientierte & tätigkeitsorientierte Gesprächsanalyse

Fazit - Versuch einer möglichst adäquaten Kennzeichnung von Textganzheiten - Textlinguistik als eigenständige Wissenschaftsdisziplin - Existenz mehrerer Lösungsansätze für Funktionieren von Texten - Textbeschreibung als interdisziplinäres Problemfeld