Die Suche nach dem Higgs-Boson am LHC Von: Christoph Schreyvogel Seminar: Physik und Detektoren am LHC Wintersemester 09/10 25.1.2010
Übersicht Die Lagrangedichte in der Eichtheorie globale und lokale Eichinvarianz der Lagrangedichte Theorie der masselosen Eichbosonen Der Higgs-Mechanismus Masse von W± und ZO-Bosonen durch spontane Symmetriebrechung Die Suche nach dem Higgs-Boson am LEP, Tevatron und LHC Eigenschaften des Higgs-Bosons Produktion und Zerfall des Higgs-Bosons am LHC Detektion am LHC
Die Lagrangedichte in der Eichtheorie
Die Eichtheorie Feldtheorie der elektromagnetischen, starken und schwachen WW, die der lokalen Eichinvarianz genügt Quantenfeldtheorie: Systeme werden durch ihre Lagrangefunktion bzw. Lagrangedichte beschrieben, mit der man die Bewegungsgleichungen der Teilchen bestimmen kann:
Transformationsinvarianz (Eichinvarianz) Erhaltungssätze Translationsinvarianz Impulserhaltung Rotationsinvarianz Drehimpulserhaltung Zeittranslationsinvarianz Energieerahltung globale Phasentransformationsinvarianz Stromerhaltung lokale Ladungserhaltung
globale Phasentransformation Lagrangedichte für die komplexe Wellenfunktion ψ(x) eines freien Elektrons: globale Phasentransformation des Feldes ψ(x): Ergebnis: Diese Lagrangefunktion ist invariant unter der globalen Phasentransformation
lokale Phasentransformation Lagrangedichte für die komplexe Wellenfunktion ψ(x) eines freien Elektrons: lokale Phasentransformation des Feldes ψ(x): Ergebnis: Diese Lagrangedichte ist nicht invariant unter der lokalen Phasentransformation
Modifizierung der Lagrangedichte durch Einführung von: kovariante Ableitung Feldstärketensor Vektorfeld Ergebnis: Diese Lagrangedichte ist invariant unter der lokalen Phasentransformation
Masselose Bosonen der Eichtheorie 1) Nach dieser Theorie sind die Bosonen der em, starken und schwachen WW masselos! 2) Massenterme der Bosonen in L (Verletzung der Eichsymmetrie wird ignoriert): Der Reaktionsquerschnitt σ der Elektron-Neutrino-Streuung divergiert bei hohen Energien! Die grundlegende Theorie erfordert also masselose Teilchen da sie sonst math. nicht lösbar ist!
W± und Z0-Bosonen ihre Massen? Problem: Wie erhalten die W± und Z0-Bosonen ihre Massen?
Higgs-Mechanismus
Lagrangedichte eines Quantensystems (skalare Wellenfunktion Φ(x)): Potential dieses Systems: (μ2Φ2 = Masseterm, λΦ4 = Selbst-WW-Term)
spontane Symmetriebrechung μ2 > 0 und λ > 0 μ2 < 0 und λ > 0 1 definierter Grundzustand: 2 mögliche Grundzustände: Das System entscheidet sich „spontan“ für einen der beiden Grundzustände. Die Symmetrie des Systems ist gebrochen (versteckte Symmetrie)
Ziel der Eichtheorie: Invarianz von Theorie unter lokaler Phasentransformation
Spontane Symmetriebrechung der lokalen Eichsymmetrie der QED: Einführung eines komplexen Skalarfeldes: Lagrangedichte: Potential des Skalarfeldes (μ2<0, λ>0): Spontane Symmetriebrechung:
Entwicklung von Φ um diesen Vakuumerwartungswert: Einsetzen in die Lagrangefunktion und weitere Eichtransformationen durch theoretische Überlegungen, die unphysikalische Ergebnisse eliminieren:
Teilchenspektrum des komplexen Skalarfelds Higgs-Boson Photon
Wir haben ein massives Austauschboson! Ergebnis: Wir haben ein massives Austauschboson! Nächster Schritt: Erweiterung der e.m.-Theorie zur elektroschwachen Theorie!
elektroschwache Feldtheorie Einführung eines komplexen Higgs-Dupletts: Isospin-Triplett W+, W-, W0 (Ladung g) Isospin-Singulett B0 (Ladung g‘) Linearkombination von W0 und B0 ergeben Felder Z0 und γ Lagrangedichte mit lokaler Eichinvarianz: elektroschwache Vereinheitlichung
Massenterme Durchführung der spontanen Symmetriebrechung des Potentials V(Φ) für μ2 < 0 und λ > 0 und Entwicklung der Lagrangefkt. um diesen Grundzustandspunkt Massenterme für die Eichbosonen W±, Z0 : Massenterm für das Higgs-Boson: masseloses Photon:
experimentelle Bestätigung der Massenterme Entdeckung der W+, W-, Z0-Bosonen und experimentelle Bestätigung ihrer Massen bei CERN (1983) Aber: Das Higgs-Boson muss noch entdeckt werden!
Weitere Vorteile der Higgs-Theorie Yukawa-Kopplung der Fermionen des SM an das Higgs-Feld. (Masse der Fermionen ~ Kopplungsstärke) Die elektroschwache Theorie wird durch das Higgs-Boson renormierbar.
Suche nach dem Higgs-Boson am LEP, Tevatron und LHC
Übersicht der Eigenschaften des Higgs-Bosons
Kopplungskonstanten:
Spin: S=0 => Spinkorrelation für die Zerfallsprodukte Ladung: Q=0 => Gesamtladung der Zerfallsprodukte ist 0 Masse M=? aber: theor. und exp. Ausschlussgrenzen für die Masse
theor. Ausschlussgrenzen für ΛPL= 1016 GeV 130 GeV ≤ mH ≤ 180 GeV (95% C.L.) mH≤ 1 TeV fig: obere Schranke: SM ist gültig bis zu einer endlichen Energie Λ. untere Schranke: Vakuumstabilität des Potentials V(Φ) fig: Die maximale Higgsmasse bei gegebenem ΛNP (gestrichelte Linie) Die maximale Higgsmasse bei der die Störungstheorie des SM gültig ist (durchgezogene Linie)
Teilchenbeschleuniger LEP (CERN)
verwendete Reaktionen sehr gr. WQ (hohe Reaktionsrate) sehr kl. WQ (niedrige Reaktionsrate)
Schwerpunktsenergien bis: 209 GeV Untersuchter Massenbereich für das Higgs-Boson:
theor. und experimentelle Ausschlussgrenze für die Masse des Higgs-Bosons Ausschlussgrenze: mH= 114,4 GeV (95% C.L.)
Teilchenbeschleuniger Tevatron (Fermilab)
verwendete Reaktionen: Schwerpunktsenergien bis: 1,96 TeV Luminosität: ≈ 3 x 1032 cm-2s-1 integrierte Luminosität: ≈ 7 fb-1
Experimentelle Ausschlussgrenze für die Masse des Higgs-Bosons Ausschlussgrenze: 159 ≤ mH ≤ 168 GeV (theo., 95% C.L.) 163 ≤ mH ≤ 166 GeV (exp., 95% C.L.)
Teilchenbeschleuniger LHC (CERN)
verwendete Reaktionen: Schwerpunktsenergien bis: 14 TeV Luminosität: ≈ 1033 - 1034 cm-2s-1 integrierte Luminosität: ≈ 30 fb-1 (2010) ≈ 300 fb-1(2014/15) Detektoren: ATLAS und CMS
WQ für Higgs-Produktion
Feynmandiagramme für die Higgs-Produktion
Wirkungsquerschnitte der Higgs-Produktion
Zerfallskanäle des Higgs-Bosons H → ZZ → 4ℓ H → WW → 2ℓ2ν H → qq H → gg Wichtigste Zerfallskanäle
Verzweigungsverhältnisse der Zerfallskanäle (mH <135 GeV): B-Meson und tau-Lepton-Endzustände dominant (mH > 150 GeV): WW, ZZ bzw. Lepton-Endzustände dominant Bevorzugt zerfällt das Higgs-Teilchen in die schwersten, kinematisch erlaubten Teilchen (wg. Kopplungskonst. ~ Masse)
Das Verhältnis von Signal / Hintergrund ≈ 4% Zerfallskanal H → γγ Signal Hintergrund: nicht reduzierbar : qq → γγ (b) reduzierbar: qg → γj+jj Das Verhältnis von Signal / Hintergrund ≈ 4%
fig: Diphoton invariant mass spectrum after the application of cuts of the inclusive analysis fig: Diphoton invariant mass spectrum obtained with the Higgs Boson plus one jet analysis fig: Diphoton invariant mass spectrum obtained with the Higgs Boson plus two jet analysis Man benötigt hohe Photonennachweiseffizienz und präzise Trennung von Signal und Hintergrund => hohe Anforderung an e.m. Kalorimenter! Entdeckungspotential für: 100 GeV ≤ mH ≤ 150 GeV
Zerfallskanal H → ZZ → 4ℓ Signal Hintergrund: nicht reduzierbar: qq → ZZ → ℓℓℓℓ (b) reduzierbar: gg → bb bb→ Z cWcW →ℓℓ cℓν cℓν
Entdeckungspotenzial für: 130 GeV ≤ mH ≤ 600 GeV
Zerfallskanal H→ WW → 2ℓ2ν Signal: Forward Jet Tagging geringe Jet-Aktivität in der Zental- region des Detektors, aber Higgs-Zerfallsprodukte fehlende Transversalimpulse wg. Neutrinos Hintergrund: gg → tt → WbWb → 2ℓ2ν bb (Central-Jet-Veto)
Entdeckungspotential für mH ≈ 160 GeV (B.R. H→ WW 95%)
Entdeckungswahrscheinlichkeit am LHC
„Falls das Standard-Modell Higgs-Boson existiert, wird es am LHC entdeckt!“
Quellenangaben F. Halzen, A.D. Martin: Quarks and Leptons: An introductory course in modern particle physics C. Berger: Elementarteilchenphysik G. Bernardi et. al.: Higgs Boson: Theory and Searches A. Duperrin: Review of Searches for Higgs Bosons and Beyond the Standard Model Physics at the Tevatron ATLAS Collaboration: Expected Performance of the ATLAS Experiment (Detector, Trigger and Physics), Volume III CERN: http://public.web.cern.ch/public/ ATLAS Collaboration: http://atlas.ch http://www.hep.lu.se/atlas//thesis/ CMS Collaboration: http://cms.cern.ch Welt der Physik: http://www.weltderphysik.de Sonstige: http://www.pr.infn.it/