Heunemann, Nicole Jungbluth, Deborah Seifert, Anja Medienkompetenz Heunemann, Nicole Jungbluth, Deborah Seifert, Anja
Kernaussagen Medienkompetenz gewinnt als Schlüsselqualifikation immer mehr an Bedeutung. Es gibt 7 prozessuale Teilkomponenten als Dimensionen der Medienkompetenz. Die empirische Validierung geschieht unter Hilfe der Ziel-Mittel-Analyse und im interdisziplinären Dialog.
1. Schlüsselqualifikation Medienkompetenz durch Entwicklung zur Mediengesellschaft ohne sie ist die aktive Teilhabe am gesellschaftlichen Leben vor allem in der Zukunft kaum noch möglich
Entwicklung stammt aus der Medienpädagogik Anfänge: 1973 von Baacke verschiedene konzeptuelle Schwerpunkte Perspektive der Gesellschaft, der Lehrenden und des Individuums Gemeinsamkeiten Differenzierung verschiedener Teilkomponenten Individuum muss diese Teilfähigkeiten entwickeln
Begriff „Kompetenz“ Problem I : Werturteilsfreiheits-Postulat Problem II: Theoretische Postulate machen ihn für die Konzeptualisierung von Medienkompetenz als individuelles Entwicklungsziel relativ ungeeignet Kompetenz-Begriff muss sich anpassen und von wissenschafts-historischen Implikationen abgrenzen.
Begriff „Medien“ Gefahr I: nur neueste Medien als „Medien“ zu sehen zu eng gefasster Medien-Begriff Gefahr II: Medienbegriff zu weit ausdehnen
2. Konzeptuelle Struktur brauchbarer Medienbegriff geht von technologischen Aspekten aus bezieht sozial- kulturelle Faktoren ein Medienkompetenz auf mittlerem Niveau vor allem Abgrenzung übergeordneter Kompetenz- Konzepte
Übergeordnete Kompetenz-Konzepte sind klar von der Medienkompetenz abzugrenzen oberster anthropologischer Grundwert: Das gesellschaftlich handlungsfähige Subjekt unterschwellige Wertungsimplikationen sind nun überwindbar
Resultat: Konzept von Medienkompetenz verbindet theoretische Präzision mit empirischer Offenheit bezieht technische, kognitive, motivational- emotionale und soziale Handlungs- und Erlebensaspekte ein prozessuale Strukturierung sichert empirische Operationalisierung
3. Prozessuale Teilkomponenten von Medienkompetenz
7 Dimensionen Medialitätsbewusstsein + Medienwissen Medienspezifische Rezeptionsmuster Medienbezogene Genussfähigkeit Medienbezogene Kritikfähigkeit Medienbezogene Selektion + Kombination Partizipationsmuster Anschlusskommunikation
3.1 Medialitätsbewusstsein + Medienwissen Bewusstwerden, sich in medial konstruierter Welt zu befinden, Differenzierung: Realität ↔ Konstruktion Medienwissen Wissen über Rahmenbedingungen, Arbeitsweisen, Intention und Wirkungen der verschiedenen Medien
3.2 Medienspezifische Rezeptionsmuster technologisch - instrumentell vgl. Video-/DVD-Rekorder, Internet (Informationsbeschaffung), E-Mail; auch: Buch kognitiv - verarbeitend Segmentierung→ Sequenzierung → Strukturierung emotional - motivational Entwicklung von adäquater Erwartungshaltung, Erkennen von Grenzen, Nutzung nach Bedürfnissen
3.3 Medienbezogene Genussfähigkeit medienkritische Haltung der Medienpädagogik/-didaktik → Beschränkung Genusskonzept auf kognitives (nur: kritische Analysefähigkeit) Literatur: Erweiterung um emotional-motivationalen Aspekt (Bedürfnis nach Identifikation + Unterhaltung) elektronische Medien: Konzeptualisierung steht noch aus ! Abgrenzung: Genuss ↔ Sucht !
3.4 Medienbezogene Kritikfähigkeit = analytisch - distanzierte Verarbeitung von Medieninhalten = praktische Anwendung von Medienwissen Inhaltlich (Botschaft erkennen, Abgleich mit eigener Meinung, Urteil: begründet?) Formal (Art der Präsentation)
3.5 Selektion + Kombination Informationsflut (siehe Internet) → Selektionsfähigkeit von zentraler Bedeutung Kombination nach Bedürfnissen/Interessen → Medienverbünde
3.6 Partizipationsmuster Rezeption = aktive Produktion Beispiele: E-Mail, Chat, Erstellung von Homepages auch: beim Lesen Bedeutungsproduktion
3.7 Anschlusskommunikation Was bedeutet Anschlusskommunikation? Kommunikation, zusätzlich zu den medienspezifischen bzw. – bezogenen Teilkomponenten zum großen Teil als Kommunikation über die Medienangebote und deren Verarbeitung Anschlusskommunikation stellt einen wichtigen Förderfaktor für die eigene Entwicklung der Teilkomponenten dar! Anschlusskommunikation fungiert somit als Richtungsweiser für die Entwicklung eines Individuums zum gesellschaftlich handlungsfähigen Subjekt.
Fazit Medienkompetenz wird als prozessuale Sequenzierung und horizontale Gliederung strukturiert. Es werden sieben Teilkomponenten vorgeschlagen. Welche Gewichtung und Anforderungen an die Teilkomponenten zu stellen sind, ist Betsandteil weiterer Studien.
4. Normative Rechtfertigung der Zielidee Medienkompetenz Das Wertkonzept der Medienkompetenz widerspricht dem Postulat, das Werturteile als wissenschaftliche Aussagen ausschließt. Durch die Ziel-Mittel Analyse lassen sich Zielaspekte des Konzepts der Medienkompetenz rechtfertigen, indem dessen empirische Konsequenzen überprüft und ggf. als präskriptive Oberprämisse eingeführt werden. Für die Medienkompetenz ist als oberstes Grundwerturteil das Menschenbild das „gesellschaftlich handlungsfähigen Subjekts“ vorzuschlagen kann nur interdisziplinär ausgearbeitet werden
Zusammenfassung Medienkompetenz muss von der medienpsychologischen Modellierung mit übernommen werden. Eine zu enge Interpretation des Begriffs Medien ist zu vermeiden. Sieben prozessuale Teilkomponenten als Dimensionen der Medienkompetenz. Die empirische Validierung geschieht unter Hilfe der Ziel-Mittel- Analyse im interdisziplinären Dialog. Quelle: Groeben, N. (2004). Medienkompetenz. In Mangold, R. Vorderer, P. & Bente, G. (Hrsg.). Lehrbuch der Medienpsychologie. Göttingen: Hogrefe. S. 27-49.