Aufhebung von Arbeitsverträgen –

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 Präsentation transkript:

Aufhebung von Arbeitsverträgen – einvernehmliche Beendigung statt Kündigung Reinbek – 28. Oktober 2009

Eingangsfall 1: Arbeitgeber A schließt mit Mitarbeiter M einen Aufhebungsvertrag zum 31.12.2009 unter Zahlung einer Abfindung. M hätte fristgemäß erst zum 31.03.2010 gekündigt werden können. Die Agentur für Arbeit sperrt M für 12 Wochen vom Arbeitslosengeldbezug. M hält sich wegen des Fehlbetrages nun an A. Mit Erfolg?

Eingangsfall 2: Arbeitgeber A konfrontiert Mitarbeiter M mit seiner Absicht, die Produktion größtenteils nach Tschechien zu verlagern. Zur Vermeidung einer Kündigung solle M besser einen Aufhebungsvertrag unterschreiben. M tut dies unter Einhaltung der Kündigungsfrist. Zur Produktionsverlagerung kommt es nicht, wovon M nach einem Jahr erfährt. Was kann er unternehmen?

Eingangsfall 3: Arbeitgeber A hat den Verdacht, Mitarbeiter M könne unterschlagen haben. Er konfrontiert ihn mit dem Verdacht in einem „harten“ Personalgespräch und droht ihm die fristlose Kündigung mit Strafanzeige an. Dies könne er nur vermeiden, wenn er einen fristlosen Aufhebungsvertrag und ein notarielles Schuldanerkenntnis unterschreibe. M unterschreibt beides. Tags darauf ficht M beide Erklärungen an. Zu Recht?

Grundlagen zu Aufhebungsverträgen Argumentationshilfen Typische Regelungsinhalte von Aufhebungsverträgen Sozialversicherungsrechtliche Folgen Anfechtung von Aufhebungsverträgen

I. Grundlagen zu Aufhebungsverträgen

Aufhebungsvertrag Vertrag zur einvernehmlichen Beendigung eines Arbeitsverhältnisses übereinstimmende Erklärungen beider Vertragspartner gestaltbar unter dem Grundsatz der Vertragsfreiheit keine besondere gesetzliche Regelung Schriftformerfordernis § 623 BGB

Kündigung wird ausgesprochen Abwicklungsvertrag Kündigung wird ausgesprochen Abwicklungsvertrag

Exkurs: Kündigung nach § 1 a KSchG aus dringenden betrieblichen Erfordernissen Hinweis in Kündigungsschreiben auf betriebsbedingte Gründe und Abfindungszahlung bei Verstreichenlassen der Klagfrist (3 Wochen) Abfindungsanspruch entsteht bei Klagverzicht Höhe: 0,5 BMG pro Beschäftigungsjahr

Vorteile von Aufhebungsverträgen aus Arbeitgebersicht: ähnlich rechtssicher wie Eigenkündigung kein allgemeiner oder besonderer Kündigungsschutz Vermeidung von Kündigungsschutzverfahren keine Einbeziehung des Betriebsrats geräuschlose Abwicklung

Aufhebungsverträge im Umfeld von verhaltensbedingten Gründen Aufhebungsverträge im Umfeld von personenbedingten oder betriebsbedingten Gründen Aufhebungsverträge im Umfeld von verhaltensbedingten Gründen

Aufhebungsverträge im Umfeld von personenbedingten oder betriebsbedingten Gründen Beispiele: Unzufriedenheit mit Leistungsbild des Arbeitnehmers Arbeitnehmer hält mit betrieblicher Anforderungsentwicklung nicht (mehr) mit Arbeitsplatz soll rationalisierungsbedingt entfallen

Aufhebungsverträge im Umfeld von verhaltensbedingten Gründen Beispiele: Unstimmigkeiten im kollegialen Umfeld und im Verhältnis zu Vorgesetzten evidentes Fehlverhalten Straftaten

Aufhebungsvertrag auf Bitten des Arbeitsnehmers: meist zum Wechsel des Arbeitgebers gewünscht oft unterfristig erbeten Freistellungs- und Wettbewerbsproblematiken drängen sich auf Verhandlungsmasse z.B.: Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Überstundenguthaben, Resturlaub

II. Argumentationshilfen

Vermeidung des Makels Kündigung: Gesichtswahrung im Betrieb Lebenslauf bleibt einwandfrei keine Kostenlast eines Kündigungsschutzverfahrens Kündigungsschutzverfahren bleiben auch Neuarbeitgeber oft nicht verborgen psychologisch günstiger zu verarbeiten Vertrag statt einseitige Kündigung

Erleichterung eines Stellenwechsels: längere Ankündigungsfrist schafft Perspektiven zur Umorientierung sichere Bewerbung aus ungekündigter Stellung

Angebot einer Abfindungszahlung: finanzielles Angebot ist selbsterklärend wird trotz Beendigungsabsicht als Wertschätzung empfunden

Steuerliche Behandlung von Abfindungen: keine steuerlichen Freibeträge mehr Abfindung ist grundsätzlich Bruttozahlung Steuerlast trägt Arbeitnehmer kann auch netto versprochen werden

Sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen: keine Anrechnung auf ALG I volle Anrechnung auf ALG II beitragsfrei, wenn Kündigungsfrist eingehalten (sonst verschleiertes Arbeitseinkommen)

Angebot eines Wunschzeugnisses: Grundformulierung durch Arbeitgeber Änderungswünsche durch Arbeitnehmer ggf. auf potenzielle Folgearbeitgeber münzen

Angebot der Freistellung: gewonnene Freizeit mehr Zeit für intensive Stellensuche Anrechnung auf Urlaub und Überstunden keine sozialrechtlichen Folgen mehr

Keine Beendigung des sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses bei vereinbarter unwiderruflicher Freistellung BSG Urt. v. 24.09.2008 – B 12 KR 22/07 R

Hinweis auf statistische Erwägungen: nur die wenigsten gekündigten Mitarbeiter kehren an ihren Arbeitsplatz zurück viele erkranken auf die Kündigung längerfristig ohnehin hohe Einigungsquote vor den Arbeitsgerichten

Bei strafrechtlich relevanten Vorgängen: Verzicht auf Anzeigeerstattung falls erfolgt, Rücknahme nur bei Antragsdelikten möglich aber: häufig Anfechtungsproblematik

III. Typische Regelungsinhalte von Aufhebungsverträgen

Beendigungszeitpunkt Freistellung Abfindungszahlung Rückgabe von Arbeitsmaterialen/Dienstwagen Wettbewerbsverbote und Verschwiegenheit anteilige Sonderzahlungen Resturlaubs- und Überstundenabgeltung

AGB-Kontrolle von Aufhebungsverträgen: grundsätzlich gegeben bei formularmäßiger Verwendung §§ 305 ff. BGB

Verzicht auf Kündigungsschutzklage ohne Gegenleistung BAG Urt. v. 06.09.2002 – 2 AZR 722/06

IV. Sozialversicherungsrechtliche Folgen

Hauptrisiko für den Arbeitnehmer:  Sperrzeit im Arbeitslosengeldbezug § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III 12 Wochen Dauer und Minderung des Bezugszeitraums „Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe“ Aufhebungsvertrag ist grds. Mitwirken an Beendigung und Herbeiführung des Versicherungsfalls

Bundessozialgericht: vormals  Aufhebungs- und Abwicklungsvertrag sind Mitwirken jetzt  Rechtsprechungsänderung BSG Urt. v. 17.10.2007 – B 11a AL 51/06 R

Bundessozialgericht:  keine Sperrzeit, wenn die Kündigung rechtmäßig wäre und die ordentliche Kündigungsfrist beachtet wird

Bundesagentur (Verwaltungsanweisung):  keine Sperrzeit, wenn Abfindung 0,25 – 0,5 pro Beschäftigungsjahr betriebsbedingte Kündigung erfolgt wäre Kündigungsfrist eingehalten wird und der Arbeitsnehmer nicht unkündbar war

Eingangsfall 1: Arbeitgeber A schließt mit Mitarbeiter M einen Aufhebungsvertrag zum 31.12.2009 unter Zahlung einer Abfindung. M hätte fristgemäß erst zum 31.03.2010 gekündigt werden können. Die Agentur für Arbeit sperrt M 12 Wochen vom Arbeitslosengeldbezug. M hält sich wegen des Fehlbetrages nun an A. Mit Erfolg?

Erstattungspflicht des Arbeitgebers:  § 147 a SGB III Beendigung nach 55. Lebensjahr Arbeitnehmer vor Arbeitslosigkeit 24 Monate innerhalb letzter 4 Jahre sozialversicherungspflichtig beschäftigt Ausnahmetatbestände, u.a. sozial gerechtfertigte Kündigung

V. Anfechtung von Aufhebungsverträgen

Aufhebungsverträge wie alle Verträge anfechtbar Folge: kein Beendigungstatbestand, Verzugslohnanspruch bei Arbeitsangebot, § 615 BGB Anfechtungsvorschriften u.a. §§ 123, 119 BGB Darlegungs- und Beweislast:  Arbeitnehmer

Anfechtung nach § 123 BGB:  arglistige Täuschung und widerrechtliche Drohung Täuschung auch durch Unterlassen oder Behauptungen „ins Blaue“ Drohung grds. zulässig, aber darf nicht widerrechtlich sein

Eingangsfall 2: Arbeitgeber A konfrontiert Mitarbeiter M mit seiner Absicht, die Produktion größtenteils nach Tschechien zu verlagern. Zur Vermeidung einer Kündigung solle M besser einen Aufhebungsvertrag unterschreiben. M tut dies unter Einhaltung der Kündigungsfrist. Zur Produktionsverlagerung kommt es nicht, wovon M nach einem Jahr erfährt. Was kann er unternehmen?

Eingangsfall 3: Arbeitgeber A hat den Verdacht, Mitarbeiter M könne unterschlagen haben. Er konfrontiert ihn mit dem Verdacht in einem „harten“ Gespräch und droht ihm die fristlose Kündigung mit Strafanzeige an. Dies könne er nur vermeiden, wenn er einen fristlosen Aufhebungsvertrag und ein notarielles Schuldanerkenntnis unterschreibe. M unterschreibt beides. Tags darauf ficht M beide Erklärungen an. Zu Recht?

Anfechtung nach § 119 BGB:  Anfechtung wegen Irrtums keine Motivirrtümer (Sperrzeit!) nur Erklärungsirrtümer

Hauptanfechtungsgründe: Behauptung, massiv unter Druck gesetzt worden zu sein Behauptung, nicht wegen Überraschung und Verzweiflung mehr gewusst zu haben, was man tue Irrtum über die Sperrzeitproblematik fehlende familiäre Rücksprache Anwaltskontakt

Der ideale Aufhebungsvertrag: üppige Abfindung lange – bezahlte - Freistellung Wunschzeugnis Zeit zum Nachdenken über das Angebot Zahlung des Rechtsanwalts für Beratung Outplacement-Beratung