Organische Störungen und Sucht

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 Präsentation transkript:

Organische Störungen und Sucht Grundlagen der Psychologie und psychosozialen Praxis Klinische Psychologie Organische Störungen und Sucht 11.-13.12.2008

Gliederung der Vorlesung Einführung in das Thema und Geschichte der Psychiatrie und Psychopathologie Die Paradigmen der Klinischen Psychologie Die Bindungstheorie als Paradigma für eine bewährte klinische Theorie Klassifikationssyteme ICD und DSM Die psychischen Störungen nach ICD 5.1 Organische Störungen und Suchterkrankungen (F0, F1) 5.2 Schizophrenie (F2) 5.3 Affektive Störungen (F3) 5.4 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen (F4) 5.5 Verhaltenauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren (F5) 5.6 Persönlichkeits- und Verhaltenstörungen 5.7 Intelligenzminderungen (F7), Entwicklungsstörungen (F8), Störungen im Kindes- und Jugendalter (F9) und nicht näher bezeichnete psychische Störungen (F99)

Die psychischen Störungen ICD-10: Die zweistelligen Hauptkategorien, F0-F9 (1) F0 organische einschließlich symptomatischer psychischer Störungen F1 psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen F2 Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen F3 affektive Störungen F4 neurotische-, Belastungs- und somatoforme Störungen

Die psychischen Störungen ICD-10: Die zweistelligen Hauptkategorien, F0-F9 (2) F5 Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren F6 Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen F7 Intelligenzminderung F8 Entwicklungsstörungen F9 Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend F99 nicht näher bezeichnete psychische Störungen

Die psychischen Störungen Organische (F0) Störungen und Suchterkrankungen (F1)

Organische Störungen (F0) F0 Organische, einschließlich symptomatischer psychischer Störungen F00 Demenz bei Alzheimer‘ scher Erkrankung F01 Vaskuläre Demenz F02 Demenz bei anderenorts klassifizierten Erkrankungen F03 nicht näher bezeichnete Demenz F04 organisches amnestische Syndrom, nicht durch Alkohol oder psychotrope Substanzen bedingt F05 Delir, nicht durch Alkohol oder psychotrope Substanzen bedingt F06 andere psychische Störungen aufgrund einer Schädigung oder Funktionsstörung des Gehirns oder einer körperlichen Erkrankung F07 Persönlichkeits- und Verhaltenstörungen F09 nicht näher bezeichnete organische oder symptomatische psychische Störung

F0: Organische psychische Störungen Modi von Bewußtseinstörungen (1/2) 1. Eine Verminderung oder Steigerung der Bewußtseinshelligkeit (Bewußtseinsgrade, engl.: degree of level of consciouness). Die Abstufung reicht von einer Bewußtseinstrübung über das normale Bewußtsein bis hin zur Überwachheit

F0: Organische psychische Störungen Modi von Bewußtseinstörungen (2/2) 2. Die Bewußtsseinseinengung. Die tritt auf, wenn wir von starken Affekten, z.B. Angst oder Panik, erfaßt werden. Bewußtseinseinengung liegt auch vor, wenn man von dem Dämmerzustand spricht, der im Zusammenhang mit Epilepsie auftritt, häufig nach einem Anfall.

F0: Organische psychische Störungen Phänomenlogische Kriterien für einen Wahn 1. Die wahnhafte Überzeugung wird mit einer Gewissheit erlebt, welche die Gewissheit normaler Überzeugungen übertrifft. 2. Unbeeinflussbarkeit durch zwingende Schlüsse (Widerspruch zur Evidenz) 3. Absolute Unkorrigierbarkeit auf dem Höhepunkt der Erkrankung (später kann eine Distanzierung eintreten) 4. Wahn ist immer Ausdruck einer krankhaften Ursache 5. Der Inhalt des Wahns wird innerhalb der soziokulturellen Gruppe des Betroffenen von niemanden (Ausnahme: folie à deux) geteilt, sondern im Gegenteil als falsch beurteilt (Unterschied zum Glauben, Aberglauben und gemeinschaftlichen Irrtümern)

F0: Organische psychische Störungen Demenz: F00 - F03 (1/3) Das dementielle Syndrom, als Folge einer Krankheit des Gehirns, verläuft gewöhnlich chronisch oder fortschreitend unter Beeinträchtigung vieler höherer kortikaler Funktionen, einschließlich Gedächtnis, Denken, Orientierung, Auffassung, Rechnen, Lernfähigkeit, Sprache und Urteilsvermögen. Es finden sich keine qualitativen Bewusstseinsstörungen. Die kognitiven Beeinträchtigungen sind meist begleitet von Verschlechterung der emotionalen Kontrolle, des Sozialverhaltens oder der Motivation. Diese Symptome gehen auch gelegentlich voran. Dieses Syndrom kommt bei Alzheimer-Krankheit, bei zerebrovaskulärer Krankheit und bei anderen Zustandsbildern vor, die primär oder sekundär das Gehirn betreffen.

F0: Organische psychische Störungen Demenz (2/3) Bei der Einschätzung, ob eine Demenz (mens = Verstand) vorliegt, sind besonders falsch-positive Zuordnungen zu vermeiden: mangelnde Motivation oder emotionale Faktoren, insbesondere Depression zusammen mit motorischer Verlangsamung und allgemeiner körperlicher Hinfälligkeit, können für eine mangelnde Leistungsfähigkeit unter Umständen eher verantwortlich sein als ein Verlust intellektueller Fähigkeiten. Bei der Demenz kommt es zu einer deutlichen Abnahme der intellektuellen Leistungsfähigkeit und gewöhnlich zu Beeinträchtigungen in den persönlichen Aktivitäten des täglichen Lebens, wie Waschen, Ankleiden, Essen, persönlicher Hygiene, bei Körperausscheidungen und der Benutzung der Toilette. Wie sich die Beeinträchtigung äußert, hängt stark von den sozialen und kulturellen Gegebenheiten ab, in denen die betroffene Person lebt. Veränderungen der sozialen Rolle, wie die zunehmende Unfähigkeit, eine Arbeitsstelle zu finden oder zu behalten, sind nicht als Kriterium für eine Demenz zu werten, wegen der großen trans- oder sogar intrakulturellen Unterschiede hinsichtlich des Stellenwertes und der Möglichkeiten zur Arbeitsaufnahme.

F0: Organische psychische Störungen Demenz bei Alzheimer‘schen Erkrankung: F00 (3/3) Diagnostische Leitlinien Für eine endgültige Diagnose sind folgende Merkmale notwendig: 1. Vorliegen einer Demenz 2. Schleichender Beginn mit langsamer Verschlechterung. Während der Beginn gewöhnlich nur schwer genau festzustellen ist, kann die Erkenntnis, dass Defizite vorliegen, bei Dritten plötzlich auftreten. Im weiteren Verlauf kann ein Plateau erreicht werden. 3. Fehlen klinischer Hinweise oder spezieller Untersuchungsbefunde, die auf eine System- oder Hirnerkrankung hinweisen, welche eine Demenz verursachen kann (z.B. Hypothyreose, Hyperkalzämie, Vitamin-B-12-Mangel, Niazin-Mangel, Neurosyphilis, Normaldruck-Hydrozephalus, subdurales Hämatom). 4. Fehlen eines plötzlichen apoplektischen Beginns (Schlaganfall) oder neurologischer Herdzeichen wie Hemiparese, Sensibilitätsverlust, Gesichtsfeldausfälle und Koordinationsstörungen in der Frühphase der Krankheit (solche Phänomene können jedoch später hinzukommen). Bei einem Teil der Fälle können sowohl Merkmale der Alzheimer-Krankheit als auch der vaskulären Demenz vorhanden sein. Dann sollten beide Diagnosen (und Kodierungen) gegeben werden. Wenn die vaskuläre Demenz einer Alzheimer-Krankheit vorangeht kann die Diagnose einer Alzheimer-Krankheit nicht allein aufgrund einer klinischen Beurteilung gestellt werden.

F0: Organische psychische Störungen Delir F 05 (1/3) Diagnostische Leitlinien: Es müssen leichte oder schwere Symptome aus jedem der folgenden Bereiche vorliegen: Störung des Bewusstseins und der Aufmerksamkeit (auf einem Kontinuum von leichter Bewusstseinsminderung und Koma) Globale Störungen der Kognition, Wahrnehmungsstörungen, wie Verzerrungen der Wahrnehmung, Illusionen und meist optische Halluzinationen; Beeinträchtigung des abstrakten Denkens und der Auffassung, mit oder ohne flüchtige Wahn- ideen; Beeinträchtigung des Immediat- und des Kurzzeitge- dächtnis, aber mit relativ intaktem Langzeitgedächtnis; zeitliche Desorientiertheit, in schweren Fällen auch Desorien- tierung zu Ort und Person.

F0: Organische psychische Störungen Delir F 05 (2/3) 3. Psychomotorische Störungen (z.B. Hypo- oder Hyper- aktivität, vermehrter oder verminderter Redefluß) 4. Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus (Schlafstörungen, in schweren Fällen völlige Schlaflosigkeit oder Umkehr des Schlaf-Wach-Rhythmus; unangenehme Träume oder Alp- träume, die nach dem Erwachen als Hallzunationen weiter- bestehen können) Affektive Störungen, wie Depression, Angst oder Furcht, Reizbarkeit, Euphorie oder staunende Ratlosigkeit Andere Begriffe: akutes psychoorganisches Syndrom, akuter Verwirrtheitszustand (nicht alkoholbedingt)

F0: Organische psychische Störungen Delir F 05 (3/3) Der Beginn ist gewöhnlich akut, im Tageslauf wechselnd, die Gesamtdauer der Störung beträgt weniger als 6 Monate. Es ist ein ätiologisch unspezifisches Syndrom, das nicht durch Alkohol oder andere psychotrope Substanzen bedingt ist. Es kann in jedem Alter auftreten, ist jedoch am häufigsten jenseits des 60. Lebensjahrs. Es tritt auf z.B. im Zusammenhang mit einer chronischen Lebererkrankung oder eines Karzinoms.

F1: Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen

F1: Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen F10 Störungen durch Alkohol F11 Störungen durch Opioide F12 Störungen durch Cannabinoide F13 Störungen durch Sedativa oder Hypnotika F14 Störungen durch Kokain F15 Störungen durch andere Stimulantien einschließlich Koffein F16 Störungen durch Halluzinogene F17 Störungen durch Tabak F18 Störungen durch flüchtige Lösungsmittel F19 Störungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen

F1: Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen Diagnostische Leitlinien (1/2): Die Identifikation der verwendeten psychotropen Stoffe kann aufgrund eigener Angaben des Patienten, objektiver Analysen von Urinproben, Blutproben usw. oder durch andere Nachweisc erfolgen, so z.B. durch den Besitz von Substanzen, aufgrund klinischer Symptome oder durch fremdanamnestische Angaben. Es ist stets zu empfehlen, Bestätigung aus mehreren Quellen zu suchen, um Gewißheit über die betreffenden Substanzen zu erlangen. Objektive Analysen stellen den besten Beweis für eine aktuelle oder gerade zurückliegende Substanzaufnahme dar; ihre Aussagekraft über einen Substanzkonsum in der Vergangenheit und zum Ausmaß des aktuellen Gebrauchs ist jedoch begrenzt. Viele Konsumenten nehmen mehrere Substanzen zu sich. Dennoch sollte die Diagnose möglichst nach dem wichtigsten Stoff oder der wichtigsten Stoffgruppe gestellt werden, üblicherweise nach der Substanz oder Substanzklasse, welche die gegenwärtige Störung hervorgerufen hat. In Zweifelsfällen soll der Stoff oder die Stoffgruppe kodiert werden, die am häufigsten mißbraucht wird, besonders in Fällen mit ständigem oder täglichem Gebrauch.

F1: Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen Diagnostische Leitlinien (2/2): Nur wenn die Substanzaufnahme chaotisch und wahllos verläuft, oder wenn Bestandteile verschiedener Substanzen untrennbar vermischt sind, ist die Kodierung F19 (Störungen durch multiplen Substanzgebrauch), zu wählen. Der Mißbrauch von nicht psychotropen Substanzen, wie Laxantien oder Aspirin soll mit F55 (Mißbrauch von nicht abhängigkeitserzeugenden Substanzen) kodiert werden. Dort wird mit der vierten Stelle die betreffende Substanz kodiert. Beispiel: F10.41 = Störung durch Alkohol (F10.41), Entzugssyndrom mit Delir (F10.41) und mit Krampfanfällen (F10.41).

Folgen von Substanzmissbrauch Versagen bei der Erfüllung wichtiger Verpflichtungen, z.B. Fernbleiben von der Arbeitsstelle oder Vernachlässigung der Kinder. Körperliche Gefährdung durch Substanzkonsum, z.B. Bedienen von Maschinen oder Autofahren unter Drogeneinfluss. Konfrontation mit dem Gesetz, Z.B.Verhaftung wegen ungebührlichen Benehmens oder Verkehrsdelikten. Fortgesetzte soziale oder zwischenmenschliche Probleme, z.B. Ehestreitigkeiten.

Merkmale von Substanzabhängigkeit (1/2) Toleranzentwicklung, definiert durch a) Verlangen nach ausgeprägter Dosissteigerung, um den erwünschten Effekt herbeizuführen, oder b) deutlich verminderte Wirkung bei fortgesetzter Einnahme derselben Dosis. Entzugssymptome, d.h. negative körperliche und psychische Wirkungen, bei Unterbrechung des Konsums oder Verringerung der Menge. Oder: Dieselbe Substanz wird eingenommen,um Entzugssymptome zu lindern oder zu vermeiden. Konsumsteigerung: Die Substanz wird in größeren Mengen oder länger als beabsichtigt eingenommen.

Merkmale von Substanzabhängigkeit (2/2) Der Betroffene erkennt den übermäßigen Konsum; erfolglose Versuche, den Substanzkonsum zu verringern. Viel Zeit wird darauf verwendet, die Substanz zu beschaffen oder sich von ihren Wirkungen zu erholen. Fortgesetzter Substanzkonsum trotz psychischer oder körperlicher Probleme, die durch die Droge verursacht oder verstärkt werden (z.B. Rauchen,obwohl man weiß, dass es das Risiko von Krebs oder Herz- Kreislauf- Erkrankungen erhöht). Wichtige soziale, berufliche oder Freizeitaktivitäten werden aufgrund des Substanzkonsums aufgegeben oder eingeschränkt.

Alkoholmissbrauch und -abhängigkeit (1/8) Übermäßiges, regelmäßiges Trinken größerer Mengen von Alkohol beeinträchtigt zunehmend kognitive und berufliche Leistungsfähigkeit, soziale Beziehungen führt zu wiederholtem Fehlen am Arbeitsplatz bis zu dessen Verlust, häufigen Streitereien mit Familienangehörigen und Freunden

Alkoholmissbrauch und –abhängigkeit (2/8) Alkoholabhängigkeit („Alkohol-Sucht“): Toleranzsteigerung = Steigerung der Alkoholmenge, um die gleiche Wirkung (nach Konsum: anfangs anregende,dann dämpfende Wirkung) zu erzielen. Oft ohne Anzeichen von Trunkenheit und ohne gesteigertem Blutalkoholspiegel ! Unkontrolliertes Trinken: „Trinktouren über mehrere Tage, Trinken von mehren Litern einer Spirituose, ungenießbarem Alkohol etc.  Amnesie der Ereignisse während des Rauschzustandes („Filmriss“), Steigerung der Probleme des Missbrauchs, Gewalttätigkeit, Verursachen von Verkehrsunfällen

Alkoholmissbrauch und –abhängigkeit (3/8) Kennzeichen der Prodromalphase für ein Entzugssyndrom mit Delir Schlaflosigkeit gesteigerte Empfindlichkeit für optische und akustische Reize Unruhe Schreckhaftigkeit, Angst Zittern und allgemeine Schwäche vereinzelt können Halluzinationen auftreten

Alkoholmissbrauch und –abhängigkeit (4/8) Entzugssymptome bei Alkoholabhängigkeit: Angst, Depression, körperliche Schwachheit, Schlaflosigkeit Tremor = Zittern der kleinen Muskulatur in den Fingern, des Gesichts, der Augenlider, Lippen und Zunge Pulsbeschleunigung, Anstieg des Blutdrucks und der Körpertemperatur. In seltenen Fällen, bei jahrelanger Abhängigkeit: Delirium tremens: Zittern, Bewusstseinstrübung, visuelle und taktile Halluzinationen („Trugwahrnehmungen“): Unangenehmes und lebhaftes, kriechendes evtl. raumfüllendes Getier, wie Schlangen, Kakerlaken oder Ungeziefer, das Hautjucken etc. verursacht  Kratzen, Kauern etc.

Alkoholmissbrauch und –abhängigkeit (5/8) Polytoxikomanie : Alkoholmissbrauch und –abhängigkeit sind oft begleitet von Missbrauch und Abhängigkeit anderer psychotropen Substanzen (Drogen): Medikamente (Sedativa, wie Benzodiazepine (z.B. Valium), Barbiturate (Schlafmittel), illegale aktivierende („Ecstasy“, „Crack“) und dämpfende (Heroin) Drogen  Erhöhte Gefahr plötzlichen Todes durch Summation der Effekte

Alkoholmissbrauch und –abhängigkeit (6/8) Folgen von Alkoholabhängigkeit Körperkrankheiten: Fettansammlung in der Leber („Fettleber“) Leberzirrhose (Vernarbung, vermehrte Bildung von Bindegewebe  Funktionseinschränkung  Tod) Schwächung der Herzfunktion (Herzversagen, etc.) Schwächung des Immunsystems Psychische Krankheiten: Wernicke-Enzephalopathie: Verwirrung, Erregung, Delir, Doppelbilder und andere Sehbeeinträchtigungen; Ursache: Vitamin-B12-Mangel  Thiamin-Mangel (Aminosäure) Korsakow-Syndrom: Extreme Verwirrung, Gedächtnisstörungen (Alt- und Neugedächtnis)  Konfabulationen , neurologische Symptom

Alkoholmissbrauch und –abhängigkeit (7/8) Folgen von Alkoholabhängigkeit: Folgen in der Schwangerschaft: Starkes Trinken in Frühstadien  Häufige Fehlgeburten Alkoholembryopathie beim Neugeborenen: Geistige Behinderung, Hyperaktivität, Fehlbildungen des Schädels und Gesichts, Herzfehler, andere Störungen, verzögertes Wachstum

Alkoholmissbrauch und –abhängigkeit (8/8) Kurzzeitige Wirkungen des Alkohol: Zwei-Phasen-Wirkung im Erleben Phase 1: Blutalkohol steigt an Stimulation: Wohlbefinden, Gefühl der Verbundenheit mit anderen, größere Risikobereitschaft Phase 2: Blutalkohol sinkt wieder Dämpfung (Sedation): Negative Emotionen (depressive Stimmung), Beeinträchtigung komplexen Denkens, der motorischen Koordination, des Gleichgewichts sowie der Sprache und des Sehvermögens.

Beruhigungsmittel Barbiturate = (älteres) Schlafmittel: Missbrauch & Abhängigkeit: Wirkung und Folgen ähnlich wie bei Alkohol Problem: Toleranzsteigerung führt oft zu tödlicher Überdosis, die unabhängig von der Toleranz ist ! (Lähmung des Atemzentrums  Atemdepression  Tod) Benzodiazepine = „Tranquilizer“, „Anxiolytika“ (u.a. Valium, Librium, Tafil, Lexotanil, Tavor)  Missbrauch & Abhängigkeit !  Ähnliche Wirkung wie Alkohol und Barbiturate  Stimulation der GABA-Rezeptoren (= dämpfende Funktion ohne Schläfrigkeit), weniger Gefährlichkeit bei Überdosierung

Opiate (Narkotika) 1/2 Morphium (Morphin) Heroin Methadon  Missbrauch und Abhängigkeit ! Konsum: Rauchen, Inhalieren („Schnupfen“), Injektion unter die Haut oder in Blutstrom („Schießen, Fixen“) Wirkung: Injektion  charakteristische Folge:  „Rush“ = Schwall von Wärme und Ekstase  „High“-Sein: Mehrstündige angenehme Gefühlslage: Entspannung, Euphorie, (Schmerzlinderung)  Lethargie: Appetitlosigkeit, Libidoverlust etc

Opiate (Narkotika) 2/2 Abhängigkeit Toleranzerhöhung und Entzugssymptome: Nach > 8 Stunden: Muskelschmerzen, Niesen, Schwitzen, Tränenfluss, Gähnen (Symptome wie bei einer starken Erkältung) Nach ca. 36 Stunden mit Dauer von ca. 72 Stunden: Unkontrollierbares Muskelzucken, Krämpfe, Wechsel von Schüttelfrost und Hitzewellen mit Schweißausbruch, Anstieg von Herzfrequenz und Blutdruck, Schlaflosigkeit, Erbrechen, Durchfall  „Craving“ = verzweifelte Sucht nach „Stoff“ Abbau dieser Symptome innerhalb von 5 – 10 Tagen Überdosierung  Lähmung des Atemzentrum  Tod!

Wirkung auf das Gehirn und das sympathische Nervensystem Stimulanzien (1/3) Wirkung auf das Gehirn und das sympathische Nervensystem  Verstärkung der Wachheit, der motorischen Aktivität Substanzen: Kokain; heute: „Freebase-Kokain = reines Kokainalkaloid: „Crack“ Amphetamine

Stimulanzien (2/3) Kokain = Alkaloid { = Hydroxyd eines (basisch reagierenden) Metalls = Alkalimetall } der Kokainpflanze  Steigerung der Energie und Wachheit Häufiger Gebrauch  Missbrauch Abhängigkeit mit Toleranzerhöhung und Entzugssymptomen: Depression starke Müdigkeit, Schlaflosigkeit oder tiefer Schlaf oder andere Schlafstörungen Reizbarkeit Zittern Angst

= synthetische Drogen, ursprünglich zur Asthma-Therapie gedacht Stimulanzien (3/3) Amphetamine = synthetische Drogen, ursprünglich zur Asthma-Therapie gedacht Wirkung: Steigerung der Energie und Wachheit  bei hohen Dosen: Vergiftungserscheinungen und psychotische Zustände  bei Nachlassen der Wirkung: Depression, Verzweiflung Problem: Massive Toleranzerhöhung und damit Abhängigkeit (sehr schnell um das 200-fache) Gebrauch: Appetitzügler, sportliche Leistungssteigerung, Workoholics, um lange wach zu bleiben etc.

Halluzinogene und Cannabis (1/5) Substanzen, die die Sinneswahrnehmung beeinflussen: Verstärkung normaler Sinneseindrücke Scheinbilder Halluzinationen Trips (erregend, auch Furcht einjagend) Auch Psychodelische Drogen genannt: LSD (Lysergsäurediäthylamid) Meskalin Psilocybin (Wirkstoff in Pilzen)

Halluzinogene und Cannabis (2/5) Weitere Halluzinogene: MMMDA (= Ecstasy) DOM DMT Bufetonin PCP („angel dust“) Wirkungen:Allgemeine Wirkungen: Synästhesien = „Farben hören“, „Töne sehen“ Veränderung des Zeitgefühls, Verlangsamung Verlust von Grenzen zwischen dem Selbst und der Umgebung

Halluzinogene und Cannabis (3/5) Wirkungen der Halluzinogene (2): Angst, auseinander zu zerbrechen, zu zerfallen Gedanken- oder Erinnerungseingaben Labile Stimmung: Depression vs. Heiterkeit Steigerung von Anspannung und Angst  Panik Nach 4 – 5 Stunden: Gefühle der Distanz und magischen Kontrolle von Dingen in der Umgebung Größere Sensibilität für Kunst, Musik, menschliche Gefühle, Harmonie des Universums Eventuell: Horror-Trips Flashbacks = Spätere intensive Rückerinnerungen der halluzinogenen Szenen, lange nach Abklingen der Wirkung, besonders in Zeiten von Stress, Krankheit oder Erschöpfung

Halluzinogene und Cannabis (4/5) Haschisch Gania Marihuana (geordnet nach Intensität) Für die Wirkung primär verantwortliche Substanz: THC = Tetrahydrocannabinol Hohe Dosen  Visuelle Verzerrungen, Hallluzinationen, Veränderung des Körpergefühls; manchmal: Verwirrung und Impulsivität, Panikattacken mit Furcht, verrückt zu werden; selten: Wahnvorstellungen

Halluzinogene und Cannabis(5/5) Bei täglichem Konsum auch von Marihuana = Missbrauch  Abhängigkeit mit Toleranzerhöhung und Entzugssymptomen: Grippe-ähnliche Symptome: Hitzewallungen, Appetitverlust, Laufschnupfen, Schwitzen, Durchfall, Schluckauf Problem: Steigerung des THC-Gehaltes des Marihuanas: Ende der 60er Jahre: 1,5 % Heute: bis zu 15 %, also 10 Mal so hoch

Polytoxikomanie = Simultane Einnahme von mehreren psychotropen Substanzen Synergistische (additive, ev. auch multiplizierende) Effekte Vermutlich Hauptgrund für plötzliche Todesfälle

Besonderheiten der Suchttherapie Bei der Behandlung von Suchtstörungen werden sehr häufig ehemalige Süchtige als Therapeuten oder Kotherapeuten eingesetzt. Das Prinzip haben sich auch Selbsthilfegruppen, wie die Anonymen Alkoholiker, zu eigen gemacht. Gruppendruck und gegenseitige Kontrolle gehören zu den Behandlungsprinzipien. Süchtige können sich nicht vorstellen, dass jemand, der niemals eine Abhängigkeit entwickelt hat, eine solche Störung verstehen bzw. die damit verbundenen Erfahrungen nachvollziehen kann. Suchpatienten werden häufig in Gruppen mit anderen Suchtpatienten behandelt (homogene Gruppen). Das hilft Schamgefühle zu überwinden.

Woran erkennt man, dass eine Nikotinabhängigkeit besteht? Wenn täglicher Konsum über einen längeren Zeitraum vorliegt und wenn beiBeendigung des Konsums oder Reduktion innerhalb von 24 Stunden mindestens 4 der folgenden 8 Symptome auftauchen (nach DSM-IV): dysphorische oder depressive Stimmung Schlaflosigkeit Ablenkbarbkeit, Enttäuschung oder Ärger Angst Konzentrationsschwierigkeiten Unruhe Verminderte Herzfrequenz Gesteigerter Appetit oder Gewichtszunahme Diese Symptome verursachen in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen