1 Raucherentwöhnung in der ärztlichen Praxis Verhaltensmedizin und medikamentöse Behandlung Dr. Jan Heidrich Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin.

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Adipositas - Therapiemöglichkeiten
Advertisements

Dr. Guido Scherer ÄLRD Rettungsdienstbereich Mainz
A n t i d e p r e s s i v a.
Hauptgruppen der Klassifikation I
Dr. Guido Scherer ÄLRD Rettungsdienstbereich Mainz
Gesundheitstraining „Koronare Herzkrankheit“
Posturales Orthostatisches Tachykardiesyndrom
Prof. Dr. med. Burkhard Weisser Sportmedizin CAU Kiel
Auswahl/Beurteilung des Arzneistoffes und des Fertigarzneimittels Information Unterstützende Maßnahmen Grenzen der Selbstmedikation überschritten? Abgabe.
Information und Beratung Selbstmedikation Schnupfen
Vorbeugung von Zwischenfällen Notfälle
Burnout und Sucht Koinzidenz oder Folgeerscheinung?
So vermeide ich den Herzinfarkt
Aktuelle Behandlungsansätze von COPD und seinen Begleiterkrankungen
Nichtrauchen Tabakentwöhnungsseminar
Why Rauch? (c) 4C- Klasse.
Medikamente und Nebenwirkungen
Wirksamkeit der NADA-Ohrakupunktur bei Menschen mit psychiatrischen Diagnosen im ambulanten Bereich Euro-NADA Konferenz 2013.
Dem Krebs davonlaufen? Ist das möglich?
Eingesehen Kunde/Kundin verlangt… E Z A V KN i ~ H Eigenschaften Zussetzung Anwendung Verkaufsargum. Kontraindikationen Nebenwirkungen Interaktionen (Beispiele)
Von Maria Leisring und Hannah Bornschein
auf den menschlichen Körper
Erkrankungen des Blutes (ANEMIE)
Raucherentwöhnung Dr. Volker M. Kroll Arzt für Innere Medizin
DIE PHARMAKOTHERAPIE DER NIKOTINABHÄNGIGKEIT Ein Fall für ZWEI RaucherinArzt.
Gastritis Eine Entzündung der Magenschleimhaut (= Gastritis) kann einerseits als akute Attacke im Sinne eines Einzelereignisses.
Schadensminderung im Justizvollzug Zusatzmodul:
Eingesehen Kunde/Kundin verlangt… E Z A V KN i ~ H Eigenschaften Zussetzung Anwendung Verkaufsargum. Kontraindikationen Nebenwirkungen Interaktionen (Beispiele)
Mastertitelformat bearbeiten
7. gesamtösterreichisches IC-Patiententreffen
Psychosen By Kevin und Oliver.
zur Raucherentwöhnung
Myokardinfarkt – Tatsächliche Mortalität
Zuletzt aktualisiert: Februar 2011 Wirksamkeit von Methoden zur Behandlung der Tabakabhängigkeit.
Schadensminderung im Justizvollzug Hauptmodul Teil 1
Gefahren des Tabakrauches
Diabetes.
DESMOPRESSIN UND MÖGLICHE GEFAHREN.
Hals Nase Ohren Erkrankungen
HIV-Infektion in der Schwangerschaft
Studien zur Neurophysiologie der Diamorphinwirkung
ZIVILISATIONSKRANKHEIT
Postenmedikamente.
Information und Beratung Selbstmedikation Schnupfen
Haschisch Drogen.
state of the art - Hormonersatztherapie
Information und Beratung Selbstmedikation Magenbeschwerden
Tabakentwöhnung.
Information und Beratung Selbstmedikation Verstopfung
– Herausforderungen für Frauen mit HIV
Auswahl und Beurteilung des Arzneistoffs und des Fertigarzneimittels Beurteilung des Arzneistoffs nach pharmakolog.-toxikolog. Kriterien - Art/Ursache.
EOSS: Edmonton Obesity Staging System
7. Befriending the Difficult
Informationen zu Venenthrombose und Lungenembolie Dr
Behandlungsprinzipien
Zervixkarzinom Screening Diagnostik Therapie – ein Update
Impfen Das infektiologische Zukunftstherapieprinzip
Auswahl und Beurteilung des Arzneistoffs und des Fertigarzneimittels Beurteilung des Arzneistoffs nach pharmakolog.-toxikolog. Kriterien - Art der Beschwerden.
Nikotinabhängigkeit ICD-10 F17.2 Liste A – verschärft rezeptpflichtig
Eingesehen Kunde/Kundin verlangt… E Z A V KN i ~ H Eigenschaften Zus’setzung Anwendung Verkaufsargum. Kontraindikationen Nebenwirkungen Interaktionen (Beispiele)
Gesundheitliche Folgen von h ä uslicher Gewalt. Was interessiert wen? Beispiel ÄrztInnen  22% aller Frauen erleiden im Laufe ihres Lebens Gewalt in einer.
Behandlungs- und Schulungsprogramm für Patienten mit Hypertonie Vorstellung des Behandlungs- und Schulungsprogramms, Diskussion über Therapie und Praxisorganisation.
1 Vergiftungen durch Drogen Bild?. Information 2  Als „Droge“ bezeichnet man jede Substanz, die das zentrale Nervensystem (Wahrnehmung, Gefühle, Emotionen,
Therapiealgorithmus bei Vorhofflimmern – H.ReuterSeite 1 Hannes Reuter Klinik III für Innere Medizin Herzzentrum der Universität zu Köln Therapiealgorithmus.
Volkskrankheit Nummer Eins: Bluthochdruck - Hauptrisikofaktor für Herzinfarkte und Schlaganfälle Mehr als ein Drittel der Deutschen leidet unter Bluthochdruck.
Kamagra - halten Sie Ihre Beziehung, gesund und sicher Wie erlange ich mein intimes Sexualleben wieder? Diese Frage wird.
Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung der Krankheiten von Magen, Darm und Leber sowie von Störungen des Stoffwechsels und der Ernährung e.V.
Das RAAS-System und Valsartan
Information und Beratung Selbstmedikation Schnupfen
 Präsentation transkript:

1 Raucherentwöhnung in der ärztlichen Praxis Verhaltensmedizin und medikamentöse Behandlung Dr. Jan Heidrich Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin Prof. Fritz A. Muthny Institut für Medizinische Psychologie WHO Collaborating Centre for Epidemiology and Prevention of Cardiovascular and Other Chronic Diseases

Agenda Epidemiologie des Rauchens Epidemiologie des Rauchens (H) Ausgewählte Gesundheitsgefahren des Rauchens (H) Medikamentöse Entwöhnungsbehandlung (H) Medizinpsychologische Aspekte der Raucherentwöhnung (M) Stadienmodell der Verhaltensänderung (M) Verhaltenstherapie (M) Raucherberatung in der Praxis, aktuelle Programme (M) Epidemiologie des Rauchens

125,000 cigarette stubs, gathered of environmentalists, Jordan piled up in the studio for this picture. The number, so the artist, is selected not coincidentally, but corresponds to the quantity, which is thrown away per second in the world.

Basisinformationen Tabakrauch ist ein sehr giftiges Stoffgemisch aus ca. 4800 Substanzen Nikotin ist die Substanz, die abhängig macht Über 70 Substanzen sind kanzerogen Bei vielen Tabakrauchwirkungen ist das verursachende Agens noch nicht bekannt Rauchen erhöht das allgemeine Sterblichkeitsrisiko um das Zwei- bis Dreifache Weltweit ca. 5-6 Millionen Sterbefälle p. a. durch Folgen des Rauchens ≈ 20% d. Gesamtmortalität (>30 J.) ♂ ≈ 5% d. Gesamtmortalität (>30 J.) ♀ (Hochrechnung für 2030: 8-9 Millionen) Ca. Hälfte davon im mittleren Lebensalter (3569 Jahre) Über die Hälfte der regelmäßigen Raucher stirbt an Folgen des Tabakkonsums Quellen: Ezzati M, Lopez AD. Lancet 2003; 362: 847; WHO: The tobacco atlas (www.who.int/tobacco/en/atlas11.pdf); DKFZ 2008

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf hat der Bekämpfung von Rauchen und Malaria die höchste Priorität für die nächsten Jahre eingeräumt.

Weltweit 1.1 Milliarden Raucher

Quelle: WHO 2008

Quelle: WHO 2008

Entwicklung der Rauchquoten 1984 - 2006 in der 35- bis 69jährigen Bevölkerung Datenbasis: Gesundheitssurveys des Robert Koch-Instituts Quelle: Tabakatlas Deutschland 2009

Raucheranteile in verschiedenen Altersgruppen Datenbasis: Telefonischer Gesundheitssurvey 2006, Robert Koch-Institut Quelle: T Lampert, RKI

Quelle: Tabakatlas Deutschland 2009

Quelle: Tabakatlas Deutschland 2009

Quelle: Tabakatlas Deutschland 2009

Rauchen ist sozial ungleich verteilt Quelle: Tabakatlas Deutschland 2009

Entwicklung der Rauchquoten seit Ende der 1970er Jahre bei 12- bis 17-jährigen Jugendlichen Datenbasis: Drogenaffinitäts- bzw. Rauchfrei-Studie der BZgA 1979-2007 Quelle: T Lampert, RKI

Überlebenskurven (%) bei britischen Ärzten ab 35 Jahre: Raucher bzw Überlebenskurven (%) bei britischen Ärzten ab 35 Jahre: Raucher bzw. Nicht-Raucher (lebenslang), geboren 1900–1930 Quelle: Doll R, Peto R et al. Mortality in relation to smoking: 50 years' observations on male British doctors. BMJ  2004;328:1519–1528

Überlebenskurven (%) in Abhängigkeit vom Rauchverhalten bei norwegischen Frauen im mittleren Alter (4070 Jahre), geboren 1925–1941 N=24,505 Frauen 10 Jahre  70%  90% Quelle: Vollset SE et al. Ann Intern Med 2006; 144:381-389

Todesfälle durch Rauchen in Deutschland 19552000 Alle Altersgruppen Alter 3569 Jahre Quelle: Basiert auf Peto, Lopez 1994, update 2006. http://www.who.int/tobacco/media/en/Germany.pdf

Rauchen schädigt fast alle Organsysteme: Quelle: DKFZ, Stabstelle Krebsprävention, 2008. Basiert auf IARC 2004 und US Department of Health and Human Services, 2004

Anteil der tabakassoziierten Todesfälle nach Krankheitsursache, EU 2005

Beziehung zwischen Rauchen und koronarer Herzkrankheit Quelle: Law 2003

Altersstandardisierte Lungenkrebs-Inzidenz und -Mortalität bei Frauen und Männern in Deutschland 19802004 Quelle: Krebs in Deutschland 2003-2004. RKI und GEKID, 2008 Quelle: Krebs in Deutschland – RKI und GeKiD 2008

Rauchen und Diabetes Rauchen erhöht das Risiko für Diabetes mellitus Typ 2; Evidenz aus 25 prospektiven Studien (14 bei Frauen) mit 1,2 Mio Teilnehmern; 45,844 neu aufgetretene Diabetes Typ 2-Fälle. Risikoerhöhung 44% (KI 3158%); starke Raucher 61% (KI 4380%) Unklar, ob die Beziehung kausal ist oder durch andere Faktoren, die in bisherigen Studien nur z. T. berücksichtigt wurden (SES etc.) vermittelt wird Diabetiker sind eine Hochrisikogruppe für Herz-Kreislauferkrankungen  Rauchen ist daher für Diabetiker besonders gefährlich Quelle: Willi C et al. JAMA 2007; 298: 2654-2664

Rauchen und Depression/ Psychische Erkrankungen Hohe Komorbidität von Rauchen und psych. Erkrankungen, bes. Depression Henne-Ei Problem Rauchen verstärkt möglicherweise die Symptomatik psychischer Erkrankungen Prospektive Studien deuten darauf hin, dass Rauchen ggf. ein Risikofaktor für die Entstehung von Depressionen ist Quellen: Ernster VL 2001; Pasco JA et al. Br J Psychiatry 2008; 192: 322

Aufgabeversuch innerhalb der letzten 12 Mon. - Frauen T Lampert, M Burger. Rauchgewohnheiten in Deutschland…Gesundheitswesen 2004; 66: 511-517

Aufgabeversuch innerhalb der letzten 12 Mon. - Männer T Lampert, M Burger. Rauchgewohnheiten in Deutschland…Gesundheitswesen 2004; 66: 511-517

Quelle: MMW, 2005

Auswirkung des Rauchstopps im Alter 25–34 und 35–44 Jahre auf die Sterblichkeit 40 50 60 70 80 90 100 Age (years) Source: Doll R, Peto R et al. Mortality in relation to smoking: 50 years' observations on male British doctors. BMJ, doi:10.1136/ bmj.38142.554479.AE (published 22 June 2004) Quelle: Doll et al, Brit Med J 2004; 328: 1519-28

Auswirkung des Rauchstopps im Alter 25–34 und 35–44 Jahre auf die Sterblichkeit 40 50 60 70 80 90 100 Age (years) Source: Doll R, Peto R et al. Mortality in relation to smoking: 50 years' observations on male British doctors. BMJ, doi:10.1136/ bmj.38142.554479.AE (published 22 June 2004) Quelle: Doll et al, Brit Med J 2004; 328: 1519-28

Gesundheitliche Effekte des Rauchstopps Nurses Health Study, USA, N=104,519 Frauen Quelle: Kenfield et al. JAMA 2008; 299: 2037

Medikamentöse Therapie des Rauchens

Nikotinentzug kann zu folgenden Symptomen führen: Leichte Erregbarkeit und Ruhelosigkeit Konzentrationsschwäche Angstgefühl Hungergefühl und Gewichtszunahme (ø 2-4 kg) Schlafstörungen, Schläfrigkeit Heftiges Verlangen nach Zigaretten (Craving)

Zunahme der Nikotinkonzen- tration (ng/ml) 1 Nikotinkonzentrationen im Serum nach Rauchen einer Zigarette bzw. nach Zufuhr verschiedener Nikotinersatzpräparate Zunahme der Nikotinkonzen- tration (ng/ml) 1 Zigarette Nikotin-Kaugummi 4 mg Nikotin-Kaugummi 2 mg Inhalator Nasenspray Nikotinpflaster Minuten Quelle: Balfour DJK, Fagerström KO. Pharmacology of nicotine and its therapeutic use in smoking cessation. Pharmacol Ther 1996;72:51–81

Nikotinersatzprodukte nicorette®, Nicotinell®, Niquitin® Inhaltsmenge/ Abgabemenge Wirkweise Nikotinersatz Pflaster 15 mg/16 Std. * Langsame, kontinuierliche Abgabe von Nikotin über die Haut 21 mg/24 Std.* Kaugummi 2/4 mg Schnellere Anflutung innerhalb von 5-20 Minuten; Aufnahme von Nikotin über Mundschleimhaut Sublingualtablette 2 mg Lutschtablette 1 mg Inhaler** 10 mg Vergleichbar Kaugummi/Tablette Nasalspray** 0,5 mg/Hub Am schnellsten wirkendes Produkt; Anflutung innerhalb von 5 Minuten * Abgabemenge ** in Deutschland nicht im Handel

Nikotinersatzprodukte - Effektivität Silagy et al. Cochrane Systematic Reviews 2006; www.cochrane.org Langfristige Effektivität (12 Monate) in 123 randomisierten, kontrollierten Studien sowie zahlreichen Metaanalysen belegt.

NRT zur Raucherentwöhnung – Syst. Zusammenfassung von Studien Quelle: L. Stead & T. Lancaster. NRT for smoking cessation: Cochrane systematic review. Int J Epidemiol 2005; 34: 1001-1003

Nikotinersatzprodukte - Nebenwirkungen Form Nebenwirkungen Häufigkeit Pflaster ZNS: Kopfschmerz, Schwindel, Schlafstörungen; Gastrointestinal: Übelkeit, Erbrechen; Lokal: Erythem, Juckreiz >1% Kreislauf: Herzklopfen; Haut: Urticaria 0.1-1.0% Kaugummi ZNS: Kopfschmerz, Schwindel; Gastrointestinal: Schluckauf, Übelkeit, Erbrechen; Lokal: Sodbrennen Kreislauf: Herzklopfen; Haut: Juckreiz Überempfindlichkeit, z. B. Angioödem <0.1% Nasalspray ZNS: Kopfschmerz, Schwindel; Gastrointestinal: Übelkeit, Erbrechen; Lokal: Irritationen im Nasen-Rachenbereich, Husten, Nasenbluten, Rhinitis, Schnupfen, tränende Augen Inhaler ZNS: Kopfschmerz, Schwindel; Gastrointestinal: Schluckauf, Dyspepsie, Übelkeit, Erbrechen; Lokal: Irritationen im Mund-Rachenbereich, Husten, Pharyngitis, Rhinitis Sublingual- Tablette ZNS: Kopfschmerz, Schwindel; Gastrointestinal: Schluckauf, Übelkeit; Lokal: Mundtrockenheit, Husten, Brennen im Mundbereich Verändert nach Hersteller * mit dem 24-Stundenpflaster

Nikotinersatzprodukte - Kontraindikationen Frischer Myokardinfarkt, Herzrhythmusstörungen, Kürzlich erfolgter apoplektischer Insult, Instabile Angina pectoris, Chronisch-generalisierte Hauterkrankungen (Psoriasis, chronische Dermatitiden, Urtikaria). Warnhinweise: Stabile Angina pectoris, hochgradige Hypertonie, cerebrovaskuläre Erkrankungen, Vasospasmen, schwere Herzinsuffizienz, Hyperthyreoidismus, insulinabhängiger Diabetes mellitus, akute Magen-Darmulzerationen sowie schwere Hautirritationen. Für das Kaugummi: Entzündungen im Mund-Rachen-Ösophagusbereich, Nieren- und Leberschäden und Fructose-Intoleranz; Für das Nasalspray: Nasenbluten und chronische Nasenerkrankungen. Mittel der 1. Wahl ! Rel. Wenig Nebenwirkungen und Kontraindikationen Kostengünstig ( Kosten des Rauchens) Keine Erstattung durch GKV Selten ärztlicherseits angewendet/ verschrieben Verändert nach Hersteller

Bupropion (Zyban®) Antidepressivum (zentraler Wiederaufnahmehemmer von Dopamin und Noradrenalin) Zulassung in Deutschland seit 2000. Genauer Wirkmechanismus ungeklärt. Wahrscheinlich wird über eine zentrale Wiederaufnahmehemmung von Dopamin und Noradrenalin „Craving“ und Entzugssyndrom unterdrückt. Effektivität: Bupropion verdoppelt die Abstinenzwahrscheinlichkeit (OD 1,94 aus 31 Studien). Wesentlich mehr Nebenwirkungen als mit Nikotinersatztherapie. Hughes et al. Cochrane Systematic Reviews 2006; www.cochrane.org

Bupropion - Klinische Effektivität Tonstad et al. European Heart Journal 2003

Bupropion - Nebenwirkungen (1) Sehr häufig (> 10 %) Schlaflosigkeit Häufig (>1 %) Depression, Agitiertheit, Angst Trockener Mund, gastrointestinale Störungen einschließlich Übelkeit und Erbrechen, Bauchschmerzen, Obstipation Zittern, Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen, Schwindel, Geschmacksstörungen Hautausschläge, Juckreiz, Schwitzen, Urtikaria Fieber Gelegentlich (> 0,1 %) Blutdruckerhöhung (manchmal schwerwiegend), Gesichtsröte, Appetitlosigkeit, Verwirrtheit, Sehstörungen, Tinnitus, Tachycardie, Brustschmerzen, Asthenie Selten (> 0,01 %) Schwerwiegendere Überempfindlichkeitsreaktionen einschließlich Angioödem, Dyspnoe/Bronchospasmus und anaphylaktischer Schock. Arthralgie, Myalgie und Fieber wurden im Zusammenhang mit Hautausschlag und anderen Symptomen, die auf eine verzögerte Überempfindlichkeitsreaktion hindeuten, ebenfalls berichtet. Diese Symptome können der Serumkrankheit ähneln. Nach GSK (Hersteller), Fachinformation Zyban 150 mg Retardtabletten, Stand der Information: Februar 2006

Bupropion - Nebenwirkungen (2) Selten (> 0,01 %) Schwankungen des Blutzuckerwertes, Reizbarkeit, aggressives/feindseliges Verhalten, Halluzinationen, Depersonalisation, ungewöhnliche Träume einschließlich Albträume Krampfanfälle (siehe Warnhinweise), Dystonie, Ataxie, Parkinsonismus, Koordinationsstörungen, Beeinträchtigung, des Gedächtnisses, Parästhesien, Synkope Palpitationen Vasodilatationen, orthostatische Hypotonie Erhöhte Leberenzyme, Gelbsucht, Hepatitis Ferner wurden Erythema multiforme und Stevens-Johnson-Syndrom berichtet. Exazerbation von Psoriasis Muskelzucken Änderungen in der Miktionsfrequenz und/oder Harnretention Sehr selten (> 0,001 %) Wahnvorstellungen, wahnhafte Störungen, Unruhe, Aggressivität Nach GSK (Hersteller), Fachinformation Zyban 150 mg Retardtabletten, Stand der Information: Februar 2006

Bupropion - Kontraindikationen/Warnhinweise Überempfindlichkeit gegenüber Bupropion Bekannte Krampfanfälle (Epilepsie) derzeit oder jegliche Anamnese von Krampfanfällen in der Vergangenheit Tumor des ZNS Alkohol- oder Benzodiazepinentzug Bulimie/Anorexie Schwere Leberzirrhose Bipolare Erkrankung Gleichzeitige Gabe von MAO-Hemmern Gleichzeitige Gabe von anderen Bupropion-haltigen Arzneimitteln Warnhinweise: Krampfanfälle: Risiko für Krampfanfälle dosisabhängig, Häufigkeit bei Höchstdosis von 300 mg täglich 0,1 %; Keine Anwendung bzw. nur nach strenger Indikationsstellung bei Patienten mit anderen prädisponierenden Faktoren für eine Reduktion der Krampfschwelle (Medikamente, die die Krampfschwelle senken, z. B. Antipsychotika, Antidepressiva, Anti-Malariamittel, Tramadol, Theophyllin, systemische Steroide, Chinolone, sedierende Antihistaminika) oder bei anderen Gründen für eine erhöhte Anfallsbereitschaft (z.B. Alkoholmissbrauch, Schädel-Hirn-Trauma, behandlungsbedürftiger Diabetes, Anwendung von Stimulanzien oder Appetitzüglern) Nach GSK (Hersteller), Fachinformation Zyban 150 mg Retardtabletten, Stand der Information: Februar 2006

Bupropion - Besondere Patientengruppen Keine Anwendung unter 18 Jahren. Keine Anwendung in Schwangerschaft und Stillzeit. Ältere Personen, Patienten mit Nieren- und Leberfunktionsstörungen: max. tägliche Dosis 150 mg Bupropion SR. Mittel der 2. Wahl !

Vareniclin (Champix®) Partieller Nikotinrezeptor-Agonist (mit Affinität an den α4β2 Acetylcholin- Rezeptor). Agonist – stimuliert den Rezeptor und reduziert dadurch Rauchverlangen und Entzugssymptome. Antagonist - blockiert den Rezeptor, um den positiven Effekt („Belohnung“) beim Rauchen zu reduzieren. Neue Substanzklasse der Medikamente zur Tabakentwöhnung. Zugelassen zur Tabakentwöhnung in Deutschland seit 2006.

Abstinenzraten Vareniclin vs. Bupropion vs. Plazebo Quelle: Jorenby et al. JAMA 2006; 296: 56-63

Vareniclin - Vergleichsstudien (Gonzales 2006)* Abstinenz in % Abstinenz Woche 9-12 Abstinenz Woche 9-52 Gonzales 2006; Jorenby 2006; * Die 2. Studie von Jorenby 2006 erreichte vergleichbare Abstinenzdaten (o. Abb.)

Vareniclin - Nebenwirkungen (1) Sehr häufig (> 10 %) Kopfschmerzen, Schlafstörungen, abnorme Träume Übelkeit Häufig (>1 %) Gesteigerter Appetit, Geschmacksveränderungen, Mundtrockenheit Schläfrigkeit, Müdigkeit, Schwindelgefühl Erbrechen, Verstopfung, Durchfall, Völlegefühl, Magenbeschwerden, Verdauungsstörungen, Blähungen Gelegentlich (> 0,1 %) Infektion des Brustraums, Brustkorbbeschwerden oder -schmerzen, Entzündungen der Nebenhöhlen Fieber, Kältegefühl, Schwächegefühl oder Unwohlsein, Virusinfektionen, Kurzatmigkeit, Husten, Heiserkeit, Rachenschmerzen und -reizung, verstopfte Nebenhöhlen, laufende Nase, Schnarchen Appetitlosigkeit, Durstgefühl, Gewichtszunahme Nach Pfizer Pharma GmbH (Hersteller), Gebrauchsinformation Champix 0,5 mg/1 mg Filmtabletten, Stand der Information: September 2006

Vareniclin - Nebenwirkungen (2) Gelegentlich (> 0,1 %) Panikgefühl, Denkschwierigkeiten, Stimmungsschwankungen Zittern, Koordinationsschwierigkeiten, Sprachschwierigkeiten, verringerte Berührungsempfindlichkeit, erhöhte Muskelspannung, Unruhe Herzrhythmusstörungen, erhöhter Blutdruck, erhöhte Herzfrequenz Sehstörungen, Verfärbung der Augäpfel, Augenschmerzen, erweiterte Pupillen, Kurzsichtigkeit, Lichtempfindlichkeit, tränende Augen Ohrgeräusche Bluterbrechen, gereizter Magen und Sodbrennen, Bauchschmerzen, abnormaler Stuhl, rotes Blut im Stuhl, Aufstoßen, Mundgeschwüre, Zahnfleischschmerzen, belegte Zunge Hautausschlag, Zyste, Pilzinfektionen, Hautrötungen, Juckreiz, Akne, vermehrtes Schwitzen Schmerzen in der Brustwand und in den Rippen, steife Gelenke, Muskelkrämpfe Glukose im Urin, erhöhtes Urinvolumen und häufigeres Wasserlassen Stärkere Regelblutung, vaginaler Ausfluss, Veränderung des sexuellen Verlangens und der Sexualfunktion Nach Pfizer Pharma GmbH (Hersteller), Gebrauchsinformation Champix 0,5 mg/1 mg Filmtabletten, Stand der Information: September 2006

Vareniclin - Kontraindikationen und Warnhinweise Überempfindlichkeit (allergisch) gegen Vareniclintartrat oder einen der sonstigen Bestandteile von Vareniclin. Keine Anwendung in Schwangerschaft und Stillzeit. Mittel der 1. Wahl ! CAVE: Kosten, Nebenwirkungen, keine Langzeit-Erfahrung

Bewertung der medikamentösen Therapieverfahren Medikamentöse Verfahren Odds Ratio Bewertung Nikotinersatz (gesamt) 1,77 (1,66-1,88)  Kaugummi 1,66 (1,52-1,81) 2 versus 4 mg-Kaugummi 2,20 (1,85-3,25) Pflaster 1,81 (1,63-2,02) Nasalspray 2,35 (1,63-3,38) Inhaler 2,14 (1,44-3,18) Sublingualtablette 2,05 (1,62-2,59) Mecamylamin 2 kleine Studien  Lobelin keine brauchbaren Studien  Clonidin 1,89 (1,30-2,74)  Buspiron Nortriptylin 2,79 (1,70–4,59) Bupropion 1,94 (1,72-2,19) mit Nikotinpflaster kombiniert leicht höher Vareniclin 3,22 (2,43-4,27) * In fett: Nach Cochrane Systematic Reviews 2006/2007 (www.cochrane.org); Bewertung nach K.-O. Haustein, AKDAE 2001 bzw. *eigene Bewertung AIR; in kursiv: in Deutschland nicht zugelassene Medikation zur Tabakentwöhnung (Cochrane Systematic Reviews 2006/2007).

Rückfallprävention nach Rauchstopp  Syst. Zusammenfassung von Studienergebnissen Source: Lancaster T et al. Prevention of relapse after quitting smoking. Arch Intern Med 2006; 166: 828-835

Wie effektiv sind die Interventionen längerfristig? 1 Wie effektiv sind die Interventionen längerfristig? Typische Langzeit-Abstinenzraten (1 Jahr): Quelle: modifiziert ach Hughes 1996 und 2006

Ungeklärte Punkte bei der medikamentösen Entwöhnung Die meisten Studien zur Behandlung bei gesunden und motivierten Rauchern  Behandlung derjenigen, die mehrfach scheitern oder unmotiviert sind? Übertragbarkeit der Studienergebnisse im Alltag? Geringe Erfolgsraten: Psychiatrische Komorbiditäten, Alkohol- und andere Substanzabhängigkeit, stark abhängige Raucher, fehlende soziale Unterstützung, geringe Selbstwirksamkeitserwartung  optimale Behandlung in diesen Fällen? Kurzes Follow-up von 1- max. 2 Jahren, Nachhaltigkeit? Quelle: modifiziert nach Rigotti, NEJM 2002

1 Take home message I Rauchen ist ein chronisches Problem, wie die Hypertonie oder die Hyperlipidämie, das eine langfristige Behandlung erfordert. Source: U.S. Public Health Service report. JAMA 2000; 283: 3244–54

Take home message II Raucherentwöhnung ist eine ärztliche Aufgabe (~30% Patienten) Strukturierte Beratung (5 A, 5 R) erhöht die Abstinenzrate VT und pharm. Therapie verdoppeln Abstinenzrate Kombination aus VT und pharm. Therapie ist am erfolgsversprechendsten Raucherentwöhnung ist sehr kosteneffektiv Mit den genannten Therapieformen werden längerfristig bis zu 40% der Raucher rauchfrei