Analytik Institut Rietzler GmbH Schnorrstraße 5a · 90471 Nürnberg Auf der Suche nach Stoffspuren Der Entwurf zu einer Änderung der Trinkwasserverordnung Johann Rietzler
Trinkwasserqualität in Deutschland (Stand 2007) Auszug nach Bericht des BM Gesundheit und UBA vom Dezember 2008 Zapfhahn Hausinstallation Parameter Anzahl der Messungen an WVA und Netz *) (> 1.000 m3/d) Davon > ZHK bzw. Anforderungen nicht erfüllt Anzahl der Messungen in TWI und am ZH **) bzw. Anforderungen nicht erfüllt Escherichia coli (E.coli) 119.583 128 42.463 65 Enterokokken 18.852 51 8.682 29 Coliforme Bakterien (3) 119.397 1.577 42.247 547 Blei 8.988 4 6.278 64 Kupfer 8.715 2 6.247 58 Nickel 9.117 13 7.701 89 Nitrat 16.889 3.538 1 Pestizide (5) 33.939 4.084 14 Pestizide insgesamt (6) 4.716 24 1.235 *) Anzahl der Messungen, die eine Einhaltung des Grenzwertes nachweisen (ZHK = Zulässige Höchstkonzentration) **) Anzahl der Messungen, die eine Einhaltung des Grenzwertes nachweisen (ZHK = Zulässige Höchstkonzentration) In der EG-Trinkwasserrichtlinie ein Indikatorparameter Parameterbezeichnung in der TrinkwV 2001: Pflanzenschutzmittel und Biozidprodukte Parameterbezeichnung in der TrinkwV 2001: Pflanzenschutzmittel und Biozidprodukte insgesamt 2
Clostridium perfringens 19.469 54 3.197 33 Koloniezahl bei 22°C 98.312 Zapfhahn Hausinstallation Parameter Anzahl der Messungen an WVA und Netz *) (> 1.000 m3/d) Davon > ZHK bzw. Anforderungen nicht erfüllt Anzahl der Messungen in TWI und am ZH **) bzw. Anforderungen nicht erfüllt Clostridium perfringens 19.469 54 3.197 33 Koloniezahl bei 22°C 98.312 255 43.919 181 Koloniezahl bei 36°C 92.261 247 41.001 313 Organisch geb. Kohlenstoff (TOC) 8.500 21 2.064 14 Pseudomonas aeruginosa (7) 1.487 8 1.312 5 Trübung 63.953 145 25.463 99 *) Anzahl der Messungen, die eine Einhaltung des Grenzwertes nachweisen (ZHK = Zulässige Höchstkonzentration) **) Anzahl der Messungen, die eine Einhaltung des Grenzwertes nachweisen (ZHK = Zulässige Höchstkonzentration) Nach TrinkwV ist Pseudomonas aeruginosa zu untersuchen, wenn das Wasser zur Abfüllung in Flaschen bestimmt ist 3
Mengenmäßiger Anteil an Trinkwassergewinnungen 15,9 % Anzahl der Trinkwasserversorgungen in Bayern mit < 1.000 m3/a 75,4 % Mengenmäßiger Anteil an Trinkwassergewinnungen 15,9 % Berücksichtigt man die Wasserversorger mit einer Abgabe von < 1.000 m3/d zeigt sich ein stark verändertes Bild 4
Kreislauf des Wassers 5
Grundwasserneubildung 6
Grundwasserneubildung + 193 mm/a Oberflächenabfluss bei 70.548 km2 Grundwasserbilanz Niederschlag 940 mm/a Verdunstung 530 mm/a Abfluss 410 mm/l davon 217 mm/a Grundwasserneubildung + 193 mm/a Oberflächenabfluss bei 70.548 km2 Fläche in Bayern rund 15 Mrd. m3/a Grundwasserneubildung davon rund 0,9 Mrd. m3/a Trinkwassernutzung (rd. 7 %) 7
Herkunft der Trinkwassergewinnung 8
Stoffspuren im Wasserkreislauf Potenzielle Quellen anthropogen verursachte Spuren aus der Landwirtschaft, Deponien, Medizin und Industrie Metalle Chemische Verbindungen geogen bedingte Stoffspuren durch z.T. Remobilisierung von Schadstoffen (Metalle) mikrobiologische Verunreinigungen Regelungen durch TrinkwV vollständig gegeben ? 9
Stofftransport von Klär- schlamm, landwirtschaftliche Nutzung Stofftransport Uferfiltrat Geogen bedingter Stofftransport 10
Novellierung TrinkwV (2001) mit Inkrafttreten zum 01.01.2003 auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetztes vom 20.07.2000 Wesentliche Änderungen der TrinkwV gegenüber der ursprünglichen Verordnung vom 05.12.1990: Die Verordnung regelt die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch und gilt nicht für Mineral- und Heilwasser Es erfolgten folgende wesentliche Unterscheidungen und Neuerungen gegenüber den ursprünglichen Regelungen: 11
Definition Wasserversorgungseinrichtungen Wasserversorgungsanlagen mit Abgaben von mehr als 1.000 m3/Tag oder die Versorgung von mehr als 5.000 Personen Kleinanlagen mit Abgabe von < 1.000 m3/Tag Hausinstallationen Probenahmen am Zapfhahn nach der Wasseruhr bzw. in der Hausinstallation 12
Allgemeine Anforderungen an die Trinkwasserqualität Wasser für den menschlichen Gebrauch muss frei von Krankheitserregern, genusstauglich und rein sein Die mikrobiologischen und chemischen Anforderungen und die Indikatorparameter müssen eingehalten werden Bei Abweichungen von vorgegebenen Grenzwerten darf das Wasser nicht für den menschlichen Gebrauch abgegeben oder anderen zur Verfügung gestellt werden Es dürfen Krankheitserreger im Sinne des Infektionsschutzgesetzes nicht in Konzentrationen enthalten sein, die eine Schädigung der menschlichen Gesundheit besorgen lassen 13
Spezielle Anforderungen Neue Grenzwerte für chemische Parameter, deren Konzentrationen sich im Verteilungsnetz einschl. der Hausinstallation in der Regel nicht mehr erhöhen Neue Grenzwerte für chemische Parameter, deren Konzentrationen im Verteilungsnetz einschl. Hausinstallation ansteigen können Neue Handlungsempfehlungen für mikrobiologische Parameter, wobei für coliforme Keime 30 Tage Wirkungsfrist festgelegt wurden Neue Parameter der routinemäßigen Untersuchung sind: Clostridium Perfringens, Pseudomonas Aeruginosa (für Flaschenabfüllung), Coliforme Bakterien sowie Legionellen (Hausinstallation), max. 3 x Überschreitungen der Grenzwerte gem. TrinkwV möglich Werden bei mikrobiell belasteten Rohwässern Tatsachen festgestellt, die zum Auftreten von übertragbaren Krankheiten führen können, muss primär eine Aufbereitung unter Einschaltung von nachfolgenden Desinfektionsmaßnahmen erfolgen. Der Einsatz von Desinfektionsmaßnahmen reicht nicht mehr aus für die Herstellung einer Unbedenklichkeit des Trinkwassers Aufbereitung vor Desinfektion 14
Probenahme jahreszeitbezogen Qualitätssicherung Probenahme jahreszeitbezogen Laboratorien müssen eine nach DIN EN ISO 17025 gültige Akkreditierung nachweisen. Die Probenehmer sind in das Akkreditierungssystem einzubinden und zu schulen Es müssen allgemeine anerkannte Regeln der Technik eingehalten werden 15
16
17
Maßnahmewerte für Trihalogenmethane (THM; TrinkwV 2001 Anlage 2, Teil II, Nr. 11 18
Empfehlungen des UBA im Zeitraum 2003 bis 2008 … 19
Entwurf zu Änderungen zur TrinkwV seit 2003 gemäß Vorlage vom 28.11.2008 Am 28.11.2008 wurden die diversen Empfehlungen durch das UBA berücksichtigt und in einem sehr umfassenden Änderungsentwurf zur TrinkwV u.a. zur Diskussion gestellt: Ergänzende Regelung der Untersuchungshäufigkeit Vielzahl von ergänzenden Handlungsanweisungen bei der Probenahme Mikrobiologische Parameter Einführung und Änderung der Untersuchungshäufigkeit von neuen Grenzwerten für Anlagen der Trinkwasserinstallation für sensible Einrichtungen wie Krankenhäuser für Coliforme Keime, Pseudomonas Aeruginosa und Legionellen Einführung von Maßnahmewerten Grenzwerterniedrigung für Cadmium und Neueinführung Grenzwert Uran 20
Entsprechen die neuen Änderungen der TrinkwV der vollständigen Erfassung von Stoffspuren ? … 21
Stoffspuren: Hausinstallation TrinkwV 2001 Neue Grenzwerte für Blei, Kupfer, Nickel Ursprüngliche Formulierung „verbraucherrepräsentative Probenahme“ wurde präzisiert Kupfer kann bei pH-Werten < 7,4 in der Hausinstallation mobilisiert werden Blei stufenweise von 0,04 mg/l (2003) auf 0,01 mg/l (01.12.2013) Zusammenfassung: Regelung/Überwachung durch bestehende TrinkwV möglich 22
Stoffspuren mit geogenem Ursprung: Uran im Grundwasser Urangehalt Meerwasser 3 µg/l Grundwasservorkommen in Bayern: 0 – 100 µg/l 23
Ursache der Uranverteilung 24
Gesamtübersicht der Urangehalte in Grund-/Trinkwasser (Gesamtprobenzahl:l 3.560) 25
Untersuchung von 3.200 Brunnen und Grundwassermessstellen Ø-Wert 2,2 µg/l Prozentuale Messwertverteilung aller untersuchten Grund- und Trinkwasserproben in den einzelnen Regierungsbezirken Bewertung: Regelung/Überwachung Uran im Grundwasser durch bestehende TrinkwV möglich 26
Stoffspuren mit anthropogenem Ursprung Perfluoridierte Tenside (PFC) Vorkommen Im Frühjahr 2006 wurde im Hochsauerland im Bereich der Ruhr und der Möhne durch die Ruhr-Universität deutlich erhöhte PFC-Verunreinigungen im Ober- flächen-, Grund- und Trinkwasser festgestellt. Bei einem unverzüglich ausgeführten Humanbiomonitoring wurden insbesondere im Blut bei einer größeren Bevölkerungsgruppe Kontaminationen durch PFC ermittelt. 27
Was sind PFC ? Im Wesentlichen 11 unterschiedliche perfluoridierte Verbindungen mit den Hauptkomponenten Perfluoroctansäure (PFOA) und Perfluoroktansulonsäure (PFOS) Aufgrund der schmutz-, farb-, fett-, öl- und wasserabweisenden Eigenschaften breite Anwendung in Industrie- und Konsumproduktionen und hier zur Oberflächenbehandlung Papierveredelung Spezialchemie Foto- und Halbleiterindustrie Medizintechnik Textilien Kosmetik 28
Verteilung von PFC Umfassendes Monitoring bei Fischen, Pflanzen, Kläranlagen und Trinkwasserüberwachungen Anreicherung in Fischen im Bereich von bis zu 1.180 µg/kg, in Aal-Leber 4.300 µg/kg Nachweis von PFC auch in Eisbären und Robben Exposition über die Atmosphäre Aufnahme von PFC in Pflanzen nur untergeordnet 29
Wo wurden PFC festgestellt Ermittlung von hohen PFC-Konzentrationen mit bis zu 0,8 µg/l im Rohwasser aus Ruhr und Möhne durch Ruhr-Universität Bochum Ermittlung von erhöhten PFC-Gehalten (ca. 20 – 30 µg/l) im Rahmen eines Biomonitoring im Blut der Bevölkerung des Hochsauerlandkreises Hauptquelle: Drainagesysteme von Äckern auf die zuvor Klärschlamm ausgetragen wurde Untersuchungen Klärschlamm: bis 8.600 µg/kg TS Halbwertzeit nach Aufnahme beim Menschen zwischen 3 und 5 Jahren Bioakkumulation in Blut und Leber über Aufnahme Trinkwasser/Lebensmittel Nachweis von Fortpflanzungsgefährdung und Tumorfördernd in Tierversuchen 30
Weitere Kontaminationspfade Ausbringung von Klärschlamm Betriebliche Abwässer, Wasserableitung in den Vorfluter Adsorption im Untergrund bei hohen TOC mit Depotwirkung gegeben Passage über Uferfiltrat in die Trinkwassergewinnung Bioakkumulation in Blut und Leber über Aufnahme Trinkwasser/Lebensmittel 31
Analytische Nachweise Bestimmung nur mit HPLC/MS/MS möglich. Nur wenige Labore mit entsprechenden Einrichtungen in Deutschland Erste Ringversuche in Deutschland im Jahr 2007 ergaben, dass zunächst nur wenige Laboratorien in Deutschland den Ringversuch bestanden (< 50 % der Laboratorien) Im Rahmen eines zweiten Ringversuches im Jahr 2009 wurden deutlich bessere Ergebnisse erzielt 32
PFC-Vorkommen in Bayern 33
PFC-Vorkommen in Oberbayern Standorte der Grundwasserprobenahme im Bereich Gendorf 2007 Standorte der Grundwasserprobenahme im Bereich Gendorf 2008 34
PFC-Gehalte in Trinkwasser (Nordbayern) PFC-Gehalte in Trinkwasser (Südbayern ohne Landkreis Altötting) 35
36
duldbarer Leitwert: 0,3 µg/l Empfehlung der Trinkwasserkommission des Bundesministeriums für Gesundheit (07.08.2007) für die Bewertung von perfluorierten Verbindungen (PFC): selbst relativ gering mit PFC-belastetes Trinkwasser kann zu signifikant erhöhten und per HBA messbaren PFC –Werten im Blut führen derzeit keine gesundheitliche Besorgnis für die betroffene Bevölkerung gegeben duldbarer Leitwert: 0,3 µg/l Zielwert/gesundheitlicher Orientierungswert des UBA: 0,1 µg/l Vorsorglicher Maßnahmewert für Säuglinge: 0,5 µg/l Vorsorglicher Maßnahmewert für Erwachsene: 5,0 µg/l 37
Am 19.11.2007 folgende Änderung der geltenden Klärschlammverordnung: Verbot des Klärschlammausbringens, wenn die Summe der PFC den Wert von 0,2 mg/kg Trockenmasse bis 31.12.2009 und 0,1 mg/kg Trockenmasse bis 31.07.2011 überschreitet. Bewertung: Keine Regelung durch bestehende TrinkwV formuliert 38
Stoffspuren mit anthropogenem Ursprung: Pflanzenbehandlungs- und Schädlingsbekämpfungsmittel (PBSM) 39
Was sind PBSM ? »Pestizide« bedeutet nach EU-Richtlinie - organische Insektizide - organische Herbizide - organische Fungizide - organische Nematozide - organische Akarizide - organische Algizide - organische Rodentizide - organische Schleimbekämpfungsmittel, - verwandte Produkte (unter anderem Wachstumsregulatoren) und die entsprechenden Metaboliten, Abbau- und Reaktionsprodukte. Es brauchen nur solche Pestizide überwacht zu werden, deren Vorhandensein in einer bestimmten Wasserversorgung wahrscheinlich ist! 40
Pestizide und Trinkwassergewinnung Die Trinkwassergewinnung in Bayern erfolgt überwiegend über Grundwasser Damit sind folgende Überlegungen wichtig Ausbringungsmengen Stabilität der Wirkstoffe Adsorption am Boden Löslichkeit im Wasser Dauer des Pestizidtransports Entfernbarkeit aus dem Rohwasser Entscheidend sind nicht nur die Pestizide von heute sondern auch die vor Jahrzehnten ausgebrachten! 41
Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln 42
Ausbringung von Herbiziden Sonst org. Herbizide z.B. Glyphosat, Fluroxypyr, Ioxynil nehmen zu Harnstoffverbindungen z.B. v.a. Isoproturon. Diuron, Chlortoluron sind seit Jahren die bedeutendste Gruppe Propionsäuren z.B. Mecoprop, Dichlorprop haben stark an Bedeutung verloren Triazine z.B. Atrazin, Simazin, Terbutylazin haben stark an Bedeutung verloren Ausbringung von Herbiziden 43
Top-Ten der Pestizide (Bundesrepublik Deutschland) Was wurde ausgebracht: Top-Ten der Pestizide (Bundesrepublik Deutschland) 1987 Atrazin Mecoprop Dichlorprop Isoproturon MCPA Pendimethalin 2,4-D Chlortoluron Terbutryn Bromoxynil 1994 Thifensulfuron Fluroxypyr Metazachlor Glyphosat Difluenican Terbuthylazin Isoproturon und Glyphosat repräsentieren fast 40 % des Herbizidmarktes 1998 Diflufenican Amidosulfuron Ioxynil Mecoprop-P Rimsulfuron 2003 Mancozeb/ Maneb Bentazon Dichlorprop-P Dimethenamid-P Dimethoat Ethephon Fenpropidin Fenpropimorph Folpet Maneb Metamitron Metiram Prosulfocarb S-Metolachlor Tebuconazol 44
Haftung am Boden/Aufnahme durch Lebewesen Ziele: Durch zunehmend polare Verbindung liegt höhere Mobilität vor Die Entfernung aus dem Wasser mittels Adsorption wird immer schwieriger Der biologische Abbau wird immer leichter (geringe Stabilität) Haftung am Boden/Aufnahme durch Lebewesen 45
Was wird im Wasser gefunden ? LAWA-Daten 1997 Pestizidfunde im Wasser Rangfolge nach Häufigkeit (zit. nach UBA) (n = 5409) Desethylatrazin Atrazin Bromacil Simazin Hexazinon Diuron Propazin Desisopropylatrazin Bentazon Mecoprop ca. 65% aller PSM-Nachweise werden von Desethylatrazin, Atrazin und Simazin verursacht. 2003 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (2005): Pflanzenschutzmittel im Grundwasser - Entwicklung der Grundwasserbelastung durch Pflanzenschutzmittel. Umwelt, Nr. 9, 2005, S. 517-519 2,6 Dichlorbenzamid Mecoprop (MCPP) Terbuthylazin Ethidimuron ca. 67 % aller Nachweise werden von Desethylatrazin, Atrazin und Simazin verursacht Was wird im Wasser gefunden ? 46
Pflanzenschutzmittel (PBSM) in untersuchten öffentlichen Trinkwasserversorgungsanlagen in Bayern 1990 bis 2005 47
Pflanzenschutzmittel (PBSM) in untersuchten öffentlichen Trinkwasserversorgungsanlagen in den Regierungsbezirken 1990 bis 2004 LfU Bayern 48
49
50
Bewertung stofflich nicht relevanter Metabolite und relevante Metabolite Laufende Empfehlung des UBA vom 28.02.2008, 04.04.2007 und 04.04.2008 mit folgenden Inhalten: Unterscheidung stofflich nicht relevanter Metabolite (nrM) oder relevante Kontaminanten und relevante Metabolite von Abbauprodukten von PBSM Begriffserläuterung: Relevante Wirkstoffe/Abbauprodukte hinsichtlich Pestizide-Aktivität vergleichbare Eigenschaft wie Wirkstoff Vergleichbare toxische und ökotoxische Eigenschaften für das Grundwasser Vergleichbare Gefährdungen von Mensch und abhängigen Ökosystemen Nicht relevante Metabolite Keine Relevanz in Bezug auf die o.g. Bedingungen Minimierungsgebot und Verschlechterungsverbot im Trinkwasserrecht: „Konzentrationen von chemischen Stoffen, die das Wasser für den menschlichen Gebrauch verunreinigen oder seine Beschaffenheit nachhaltig beeinflussen können, so niedrig gehalten werden, wie dies nach der allgemein anerkannten Regel der Technik mit vertretbarem Aufwand einzelfallbezogen möglich ist.“ 51
Bewertung von Metaboliten durch das UBA Grenzwert relevante Metabolite: 0,1 µg/l Grenzwert stofflich nicht relevante Metabolite: Orientierungswert für alle nrM aus subchemischer Tierversuchen 1 µg/l Orientierungswert für alle nrM an chronischen Tierversuchen 3 µg/l Höchstwert (vorübergehend) 10 µg/l 52
Fallbeispiel stofflich nicht relevante Metabolite Dichlorbenzamid/Diclobenil Bisher keine ökotoxikologische Relevanz nachgewiesen Im Jahr 2000 und 2001 tritt in Baden-Württemberg und kurz darauf in Südbayern im Rohwasser Dichlorbenzamid - ein Abbauprodukt von Diclobenil - auf Diclobenil ist ein Herbizid mit Haupteinsatz in der Weidewirtschaft und Waldbau Im Juli 2001 lässt die Biologische Bundesanstalt (BBA) die Zulassung für Diclobenil-haltige Mittel für ein Jahr ruhen - ein Verbot ist rechtlich nicht möglich - Daten sollen aufgestellt werden. Im Mai 2002 verlängert die BBA das Ruhen der Zulassung, da der Hersteller noch nicht genügend Daten aufstellen konnten Dichlorbenzamid wird im Jahr 2002 ca. z.B. in jeder dritten Probe im Allgäu nachgewiesen 53
54
Praxis in Bayern Dichlorbenzamid Völlig unterschiedliche Handhabung mit Absetzen und Fortführung von Untersuchungsreihen je nach Landkreis 55
Fallbeispiel relevante Metabolite: Desethylatrazin Ökotoxikologische Relevanz nachgewiesen Trotz Ausbringungsverbot 1991 ist Desethylatrazin Hauptspurenstoff im Grundwasser 56
57
Nachweis PBSM Bewertung: Derzeitige Vorgabe der TrinkwV sowie der Behörde hinsichtlich Metabolite uneinheitlich Keine verbindlichen Handlungshinweise 58
Stoffspuren mit anthropogenem Ursprung Arzneimittelwirkstoffe Bisher keine Berücksichtigung von Arzneimittelwirkstoffen in der Trinkwasser-verordnung gegeben Studie des Bund/Länderausschuss für Chemikaliensicherheit (BLAC) von November 2003 ohne konkrete Handlungsempfehlungen Wirkungspfad Boden – Grundwasser über Ausbringung von Klärschlamm sowie von Gülle/Mist Wirkungspfad Kläranlagenablauf Gewässer – Grundwasser über Uferfiltrat und Untergrundpassage Wirkungspfad Deponie/Deponiesickerwasser Nur ungenügendes Rückhaltevermögen in Klärschlamm/Deponie/Boden, damit Stoffkreislauf gegeben 59
60
61
62
63
64
65
66
67
Weitere wichtige Arzneimittelspurenstoffe: Derzeit noch keine einheitlichen Regelungen über Grenzwerte In Sachsen (in Anlehnung an die LAWA) folgendes Vorgehen: Carbamazepin 0,5 µg/l Clofibrinsäure 5 µg/l Diclofenac 0,1 µg/l Stoffe Wirkung Carbamazepin mäßig bis markant toxische Wirkung auf Algen Ifosfamid schlechtes Abbauverhalten und chronisch toxische Wirkung Iopromid langlebige resistente Substanz Propranolol toxische Wirkung, Metabolitenbildung Ciprofloxacin schlechte Abbaubarkeit Clofibrinsäure schlechte biologische Abbaubarkeit, hohe Resistenz und Mobilität in aquatischen Medien Diclofenac toxische Wirkung auf Forellen, akute und chronische Wirkung auf Daphnien Ethinylestradiol Nachteilige toxische Wirkungen in Fließgewässern Ibuprofen trotz Bioakkumulation mäßig toxische Wirkung 68
Beispiel Carbamazepin Als Schmerzmittel weite Verbreitung häufiger Nachweis im Uferfiltrat keine Eliminierung in der Kläranlage Markante mäßige bis toxische Wirkung auf Algen Erhöhung der Toxizität mit gemeinsamem Nachweis von Clofibrinsäure Hinweise auf Fruchtschädigende Wirkung beim Menschen 69
Beispiel Grundwasserüberwachung Lebensmittelbetrieb 70
Fazit der BLAC-Kommission Minimierungsgebot über Einträge von Arzneistoffen Aufgrund hoher Sickerwasserbelastungen in Deponien soll getrennte Sammlung und Entsorgung angestrebt werden Beschränkungen der Zulassungsvoraussetzung für Tierarzneimittel z.B.- für Tetracycline Erstellen von Studien Bewertung: Derzeit können Vorgaben durch TrinkwV zur Einbringung in die Überwachung. Derzeit keine verbindlichen Handlungsempfehlungen. 71
Weiteres untergesetzliches Regelwerk Anthropogen bedingte Stoffspuren: Klärschlamm Klärschlammverordnung (15.04.1992) Die Klärschlammverordnung regelt die schadstoffseitigen Anforderungen an die Verwertung von kommunalem Klärschlamm. Ziel ist es, die „Nährstofffrachten“ im Klärschlamm zu kontrollieren und den Eintrag von anorganischen und organischen Schadstoffen auf ein pflanzenbauliches und umwelttoxikologisch unbedenkliches Maß zu beschränken. Untersuchungen auf pH-Wert, Trockenmasse, Glühverlust Blei, Cadmium, Chrom, Kupfer, Nickel, Quecksilber, Zink Phosphor, Calcium, Kalium, Magnesium, Gesamtstickstoff und Ammoniumstickstoff AOX PCB polychlorierte Dibenzodioxine (PCDD) Polychlorierte Dibenzofurane (PCDF) 72
Novellierung der Klärschlammverordnung (Entwurf) Antrag von Bayern am 30.03.2001 über das gesetzliche Verbot des Ausbringens von Klär- schlamm auf landwirtschaftlichen Flächen. Novellierung vom 20. Oktober 2006 (Entwurf) Klärschlamm muss vor der gärtnerischen, land- und forstwirtschaftlichen Nutzung entkeimt werden. Festsetzung neuer Grenzwerte für Blei, Cadmium, Chrom, Kupfer, Nickel, Quecksilber, Zink. Feststellungen Die Untersuchung von Klärschlamm auf der Grundlage der Verordnung vom 15.04.1992 ist völlig überholt und entspricht nicht mehr den tatsächlichen heutigen Anforderungen Eine künftige Hygienesierung von Klärschlamm erscheint auf Grund erster positiver Unter-suchungsergebnisse in Bezug auf Salmonellen unabdingbar Klärschlamm ist zeitnah einer Verwertung durch Vergasungstechnologie mit Rückgewinnung von Phosphat als relevanter Düngestoff umzusetzen 73
Zusammenfassung: A) TrinkwV Die Umsetzung der Trinkwasserverordnung vom 01.01.2003 bedeutete einen Meilenstein in der Qualitätsüberwachung des Trinkwassers. Auf Grund einer Vielzahl von zusätzlichen Frage-stellungen wurden seitens des UBA laufende Ergänzungen formuliert, die in einem neuen Referentenentwurf vom 28.11.2008 nochmals umfassend dargestellt wurden. Wesentlichen Neuerungen des Referentenentwurfs sind Ergänzungen zur mikrobiologischen Überwachung, Minderungen eines Grenzwerts für Cadmium sowie die Neuaufnahme von Uran. 74
B) Suche nach Stoffspuren Die Vielzahl von potenziellen Schadstoffen, die in den letzten Jahren immer wieder neu nach- gewiesen wurden wie z.B. die PFC, können immer nur im Zuge eines nachsorgenden Gesund- heitsschutzes erfasst werden. Dennoch ist es unverständlich, dass derartige Parameter nicht in den neuen Referentenentwurf aufgenommen wurden. Die Thematik der Arzneimittelwirkstoffe scheint ein Tabu-Thema zu sein Im Sinne eines vorsorgenden Gesundheitsschutzes ist künftig ein konsequentes Verbot des Ausbringens von Klärschlamm umzusetzen. Hiermit könnte wirksam z.B. die weitere Ver- breitung von Arzneimittelwirkstoffen, von PFC u.a. vermieden werden. Technologien zur Klär- schlammverwertung incl. Phosphorrückgewinnung existieren bereits und müssten nur umge- setzt werden. 75
76