VL Bewegungswissenschaft 7. Motor Control: Neue Theorien

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VL Bewegungswissenschaft 7. Motor Control: Neue Theorien

Paradigmenwechsel nach Kuhn Ökologische Ansätze Programmpunkte Paradigmenwechsel nach Kuhn Ökologische Ansätze Direct Perception Natural physical approach System Dynamics Die „motor-action“ – Kontroverse Praktische Konsequenzen

T.S. Kuhn: „The Structure of Scientific Revolutions“, 1962 Paradigmen nach Kuhn T.S. Kuhn: „The Structure of Scientific Revolutions“, 1962 Wissenschaft schreitet in Paradigmenwechseln voran! Paradigma = Betrachtungsweise, Musterbeispiel PW nicht rational erklärbar, sondern eher wissenschaftssoziologisch Wissenschaft ist nicht die reine Suche nach der reinen Wahrheit!

Phasen der Wissenschaft nach Kuhn Pre-science: Feld wird eher orientierungslos erforscht; Paradigmen werden importiert Normal science: Konsens über die Art, Probleme zu betrachten; breite empirische Aktivitäten Paradigm crisis: Widersprüche werden entdeckt, mit ad-hoc Revisionen zunächst erklärt oder ignoriert Revolutionary science: Etablierung eines alternativen Paradigmas in harter Auseinandersetzung mit normal science

Phasen der Wissenschaft nach Kuhn Pre-Science Normal Science Revolutionary Science Ign. ad hoc Alt.

Paradigmen in der Psychologie „Seelenpsychologie“, Wundt, 19. Jhdt. Tiefenpsychologie, Freud, Anfang 20. Jhdt. Behaviorismus, Skinner, bis 2. WK Kognitionspsychologie, bis 80er Ökologische Psychologie Komplexität, Dynamik, Systemansatz Umwelteinbindung Selbstorganisationsphänomene

Paradigmen in der Motorik

Zuordnung der Betrachtungsweisen Ganzheitliche Betrachtungsweisen Morphologie Systemdynamischer Ansatz Konnektionismus Bewegungs- Wissenschaftliche Betrachtungs- weisen Biomechanische Betrachtungsweise Fähigkeitsorientierte Betrachtungsweise Funktionale Betrachtungsweisen Informationsverarbeitungstheorien Funktionsanalysen Modularitätshypothese Außenaspekt Innenaspekt

Ökologische Psychologie

Natural physical approach Systemdynamik Überblick Nach Summers (1998): Direct perception Natural physical approach Systemdynamik

Direct Perception

Einheit von Bewegung und Umwelt Flow-fields von Gibson Direct perception Einheit von Bewegung und Umwelt Flow-fields von Gibson Affordances: Handlungsmöglichkeiten, die sich aus den Eigenschaften der Umwelt ergeben Direct perception: keine symbolische Repräsentation, kein Gedächtnis/Wissen

Natural physical approach

Natural physical approach Bewegungen werden durch ihre physikalischen Randbedingungen bestimmt Constraints: Randbedingungen, Einschränkungen Beispiel: Jonglieren Verwandtschaft/Überlappung mit Direct Perception

Systemdynamische Ansätze Begriffe Das HKB-Experiment Golfbeispiel

Der systemdynamische Ansatz beschäftigt sich mit: Definition Der systemdynamische Ansatz beschäftigt sich mit: komplexen Systemen (Bewegungen), die sich dynamisch verhalten System als ganzheitlicher Zusammenhang von Teilen Im Blickpunkt stehen Aspekte des Verhaltens, die nur durch die dynamische Interaktion zwischen Systemkomponenten auftreten Komplexe Leistung als Ganzes steht im Vordergrund

durch Interaktion der Systemkomponenten entsteht etwas Grundannahmen Verhalten und seine zeitliche Veränderung als Resultat emergenter Prozesse durch Interaktion der Systemkomponenten entsteht etwas Selbstorganisierend

Wissenschaftszweig zum Studium komplexer Systeme (Motorik) Dynamische Systeme Wissenschaftszweig zum Studium komplexer Systeme (Motorik) Ursprung Physik, dann aber in Medizin, Biologie, Wirtschaft, Soziologie, Psychologie, Sport System: abgrenzbare Elemente + deren Relationen untereinander Dynamisch: Veränderung in der Zeit

Systemdynamik: Bewegung des Systems durch den Zustandsraum in der Zeit Begriffe Zustandsraum: alle möglichen Zustände des Systems definiert durch die Zustände der Teilsysteme Systemdynamik: Bewegung des Systems durch den Zustandsraum in der Zeit Konvergenz: Stabiler Zustand, auf den sich die Systemdynamik hin bewegt Attraktor: Verschiedene Zustände, die ein System einnehmen kann

Beispiel: Pendel v j Angetriebenes Pendel v j Gedämpftes Pendel

Zustandsraum und Systemdynamik zweier Tennisspielerinnen Beispiel Tennis Zustandsraum und Systemdynamik zweier Tennisspielerinnen

Instabilitätsregionen Beispiel: Fußball Start Attraktor 0-1 Attraktor 1-0 Instabilitätsregionen

Selbstorganisation Selbstorganisation: Einnahme eines Attraktors durch interne Wechselwirkungen im System Ohne Antrieb: nicht etwa durch Steuerung von außen oder durch Kontrolle durch ein Zentrum Bewegungen werden als Selbstorganisationsprozesse der Motorik interpretiert!!!

Merkmale dynamischer Systeme Kritische Fluktuationen Hysterese Kritisches Slowing-down

Zustandsdynamik Fluktuationen Kontrollparameter Ordnungs- zustände Hysterese

Das „Kelso-Experiment“

Kelso‘s Fingerwackel-Experiment Kelso Experiment Kelso‘s Fingerwackel-Experiment AntiPhase Transition InPhase

Zustandsdynamik Kelso Stab. Koor. Muster 1 180° Relative Phase 0° Stab. Koor. Muster 2 Frequenz

Beispiel Tennis

Zustandsdynamik Kelso Cross-Rallye Vorhand +4 -4 Zeit Meter A schlägt außen, B wartet in der Mitte Position A Position B B schlägt außen, A wartet in der Mitte Relative Phase: Anti-Phase 180°

Zustandsdynamik Kelso Longline-Rallye +4 -4 Zeit Meter Position A Position B B schlägt VH außen, A wartet in der Mitte A schlägt RH außen, B wartet in der Mitte Relative Phase: In-Phase 0°

Zustandsdynamik Kelso

Beispiel Golf

Drive Pitch Chip 5 30 55 100 Zustandsdynamik Golf Entfernung zur Fahne [m]

Kritische Fluktuationen Übergänge Operationalisierung Fluktuationen: Laufende Standard- abweichungen der Abschwungzeit von vier aufeinander folgenden Schwüngen Entfernung zur Fahne 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 Fluktuationen Chip Pitch Voller Schlag Attraktoren

Perturbationen im Tennis

Perturbationen Tennis Potentiallandschaft „Ballwechsel im Rückschlagspiel“ Perturbation: Kritische Störung des relativen Gleichgewichts in einem Ballwechsel Ballwechsel Punkt für B Punkt für A Relative Stabilität Stabilität Instabilität Instabilität Stabilität Finaler Attraktor Finaler Attraktor

The motor-action-controversy

Motor-Action-Kontroverse Ökologische Theorien Programm-Theorien Ökologische Einheit Mensch-Maschine Grundannahme Bottom-Up, heterarchisch Top-Down Hierarchisch Bewegungskontrolle Koordinationsmuster, selbstorganisierend GMPs, zentral gespeichert Bewegungsmuster Emergent programmiert Bewegungsverlauf Bewegungsgestalter Befehlsempfänger Rolle der Muskulatur

Praktische Konsequenzen

Ökologische Theorien Programm-Theorien Unterschiede Motorik Umwelt Dynamisches System Computer Motorik Auslöser, Interaktion Störgröße Umwelt Fluktuation Fehler Variabilität Arrangeur Programmierer Rolle des Lehrers autonom passiv Rolle des Schülers