Beeinträchtigungen des sexuellen Erlebens bei HIV-positiven Frauen

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 Präsentation transkript:

Beeinträchtigungen des sexuellen Erlebens bei HIV-positiven Frauen Sektion ALL AROUND WOMEN special, DAIG e.V. CAMPUS INNENSTADT KLINIK UND POLIKLINIK FÜR FRAUENHEILKUNDE UND GEBURTSHILFE Beeinträchtigungen des sexuellen Erlebens bei HIV-positiven Frauen Sonnenberg-Schwan U, Müller M, Kästner R, Gingelmaier A, Friese K Hintergrund Studien und Erfahrungen aus der Beratung weisen auf häufige Beeinträchtigungen des sexuellen Erlebens bei Frauen und Männern mit HIV hin. Bei Männern wurde ein Zusammenhang zwischen sexuellen Dysfunktionen - hauptsächlich Libidoverlust und erektile Dysfunktionen - und der HAART nachgewiesen. Zur Sexualität HIV-positiver Frauen liegen bisher nur wenige Daten aus kleinen Studien vor. Danach führt vor allem die HIV-Diagnose zu starken Beeinträchtigungen des sexuellen Erlebens. Berichtet werden weiterhin Libidoverlust, Orgasmusstörungen, Lubrikationsstörungen oder auch der völlige Verzicht auf sexuelle Aktivitäten. Zur Häufigkeit und die Art der Störungen fehlen aussagekräftige Daten. Das sexuelle Erleben von Frauen wird von einer Vielfalt biologischer, medizinischer, psychologischer und psychosozialer Faktoren beeinflusst. Diese Studie soll Faktoren identifizieren, die das sexuelle Erleben beeinflussen und zu Beeinträchtigungen und Störungen führen können. Die Ergebnisse sollen Grundlagen für eine Optimierung der ärztlichen und psychosozialen Beratung und die Entwicklung von Interventionsstrategien liefern. Methoden Von 2002 – 2006 wurden in einem Querschnittansatz 77 HIV-positive und eine Kontrollgruppe von 63 HIV- negativen Frauen im Alter von 19 - 64 Jahren befragt. Dabei wurde untersucht: Die Häufigkeit und Art der Einschränkungen des sexuellen Erlebens Zusammenhänge mit HIV-Diagnose, körperlichen/psychischen Symptomen, Therapienebenwirkungen, Kinderwunsch, Lebensqualität und weitere Faktoren partnerschaftliche Kommunikation über Sexualität und Verhütung Gesamtes Fragebogeninventar: Fragebogen zu soziodemographischen Daten, Partnerschaft, Kinderwunsch, Symptomen und Beschwerden, sexuellem Erleben und seinen Beeinträchtigungen Fragebogen zur Erfassung der Lebensqualität (Multidimensional Quality of Life HIV, MQOL-HIV, Mumelter et al. 2001) Fragebogen zur Erfassung des subjektiven Körpererlebens (FBeK, Strauß et al. 1995) Fragebogen zu HIV-spezifischen und gynäkologischen Parametern Ergebnisse Beschreibung der Gruppen Klinische Daten Einige Auswertungen und Zusammenhänge zeigen wir in den folgenden Grafiken Die hier vorgestellten weiteren Daten zeigen einen kleinen Ausschnitt der umfangreichen Ergebnisse: HIV-positive Frauen erleben ihre Sexualität signifikant häufiger belastet als HIV-negative (RR 1.44, 95% CI 1.12-1.86, p=0.002, chi-square-test). 33% vs. 30% bezeichnen ihr Sexualleben als wenig bis gar nicht befriedigend. Stark unter sexueller Lustlosigkeit leiden 21 % vs. 8% (mäßig – stark 48% vs. 22%). 29% vs. 3% hatten in den letzten 12 Monaten keinen Sexualpartner. In der Gesamtgruppe erleben ältere Frauen ihre Sexualität signifikant häufiger belastet als jüngere. Signifikante Unterschiede bestehen bei HIV-positiven Frauen zwischen den drei Altersgruppen bis 25 Jahre, 26 – 44 Jahre und ab 44 Jahren. Frauen aus Studien- und Kontrollgruppe geben eine relativ große Anzahl psychischer und physischer Symptome an. Obwohl jeweils mehr als ein Drittel der HIV-positiven Frauen Veränderungen ihres Körperbildes durch Lipodystrophie und Lipoatrophie angeben, ist die Unzufriedenheit mit dem Körper nicht größer als bei HIV-negativen Frauen. Die ausgewerteten Symptome Stimmungsschwankungen, Müdigkeit, Erschöpfung, Unzufriedenheit mit dem Körper und peripherer Fettverlust (nur Studiengruppe) beeinflussen das sexuelle Erleben nicht signifikant. Wegen zu kleiner Cluster sind Zusammenhänge mit der HAART nicht berechnet. In der Studiengruppe sind Erfahrungen sexuellen Missbrauchs häufiger als in der Kontrollgruppe (35% vs. 24%). HIV-positive Frauen mit Missbrauchserfahrungen erleben im Vergleich zu HIV-negativen ihre Sexualität etwas häufiger als belastet (n.s.). 65% der HIV-positiven Frauen waren sich zum Zeitpunkt ihres ersten positiven HIV-AK-Tests keines Infektionsrisikos bewusst. Ein völliger Rückzug von sexuellen Aktivitäten erfolgte nach der Diagnose bei 31%. Frauen in der Studien- und Kontrollgruppe wünschen sich etwa gleich häufig ein Kind/weitere Kinder (35% vs. 40%). Diskussion Beeinträchtigungen des sexuellen Erlebens sind bei Frauen insgesamt verbreitet. Frauen mit HIV/AIDS sind darüber hinaus häufig einer Vielfalt weiterer psychosozialer und medizinischer Belastungen ausgesetzt. Beeinträchtigungen dieser Art können die Lebensqualität, die Bewältigung der HIV-Infektion und auch die Adhärenz beeinflussen. Der sexuellen Gesundheit muss daher im ärztlichen und beraterischen Gespräch mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden. Mögliche Erfahrungen von sexueller Gewalt in der Vorgeschichte sollten dabei auch in Betracht gezogen werden. Für die Beratung besonders wichtige Aspekte sind die vielfältigen emotionalen Belastungen, die HIV-positive Frauen nach ihrer HIV-Diagnose erleben. Diese Zeit ist mit den größten Beeinträchtigungen des sexuellen Erlebens verbunden. Ängste und Gefühle der Schuld, Scham und Wertlosigkeit stehen dabei deutlich im Vordergrund. Obwohl diese Belastungen im Laufe der Zeit abnehmen, können Ängste und Schuldgefühle persistieren. Geeignete Unterstützungsmaß-nahmen sind vor allen Dingen für die Zeit nach der Diagnose zu entwickeln. Die Ergebnisse bestätigen die Vielfalt möglicher Einflussfaktoren auf das sexuelle Erleben und machen die Notwendigkeit weiterer Forschung und der Entwicklung von Interventionsstrategien deutlich. Die hier dargestellten und die noch folgenden Erkenntnisse können die Basis eines Beratungsleitfadens für die ärztliche und psychosoziale Beratungspraxis bilden. Deutsch-Österreichischer AIDS-Kongress 2007 • Frankfurt am Main • 27. - 30 Juni 2007 Ulrike Sonnenberg-Schwan, Sektion AAWS/DAIG e.V., München, ulrike.sonnenberg-schwan@t-online.de, Marianne Müller, I. Universitätsfrauenklinik der LMU, München, marianne.mueller@med.uni-muenchen.de