§9 Der affine Raum – Teil 2: Geraden

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Kapitel I. Vorspann zum Begriff Vektorraum
Kapitel II. Vom Raumbegriff zu algebraischen Strukturen
 Präsentation transkript:

§9 Der affine Raum – Teil 2: Geraden In §7 haben wir unter Zugrundelegung von „Punkten“ und geeignet guten „Translationen“ zum Begriff des Translationsraumes und damit zum Begriff der abelschen Gruppe geführt. Wir sind auf dem Weg zum Begriff der affinen Raumes. In diesem Paragrafen werden wir mit Hilfe der Vorstellung von dem, was eine „Gerade“ im Raum ausmachen sollte, zum Begriff des affinen Raumes und dem Begriff des Vektorraumes gelangen. Wir stellen zunächst eine Verbindung von §8 zu §7 her (Umkehrung der Aussage 7.8) : (9.1) Satz: Sei G eine abelsche additive Gruppe. Setze A := A(G) := G, T := T(G) := G und t(a,b) := a – b. Dann ist (A,T,t) eine Translationsraum.

Kapitel II, §9 (9.2) Definition – Satz: Das Produkt zweier Gruppen G und H ist gegeben durch die Verknüpfung Dabei bezeichnet die Verknüpfung von G bzw. von H. Also wenn mit die Gruppenoperation auf der Produktmenge bezeichnet wird. Die Produktmenge mit als Verknüpfung ist eine Gruppe. Zu einer Gruppe G hat man also insbesondere auch die Gruppen

Kapitel II, §9 Nach Festlegung auf eine abelschen Gruppe G in dem abstrakten Modell nach 9.1 entspricht – ganz vordergründig – der Translationsraum ((A(G),T(G),t) einer „Geraden“, der Translationsraum ((A(G2),T(G2),t) einer „Ebenen“, der Translationsraum ((A(G3),T(G3),t) einem „dreidimensionalem Raum“, Was zeichnet die Vorstellung von einer Geraden aus? Welche Eigenschaften sehen wir in einem Translationsraum als essentiell für eine Gerade an? Zunächst legen wir uns darauf fest, dass eine Gerade in einem Translationsraum (A,T,t) eine Punktmenge ist und dass sich die Inzidenzrelation durch das „Enthaltensein“ beschreibt. Ein erster natürlicher Ansatz für eine Gerade als Punktmenge in A ist der folgende:

Kapitel II, §9 Die Gerade g, die zwei vorgegebene, voneinander verschiedene Punkte P und Q enthält, sei die folgende, durch P und v = t(P,Q) festgelegte Punktmenge: g := P + ℤv := {P + zv : z aus ℤ} . Dabei ist zv als die in 8.8.3o eingeführte additiv geschriebene „Potenz“ zu verstehen: 0v := v , (n+1)v := nv + v , sowie (-n)v := -(nv) , für natürliche Zahlen n . (9.3) Lemma: Für alle abelschen Gruppen T operiert ℤ auf T durch Dabei sind für v,w aus T und r,s aus ℤ die folgenden Regeln erfüllt: 1o 1v = v . 2o r(v + w) = rv + rw . 3o (r + s)v = rv + sv .

Kapitel II, §9 4o (rs)v = r(sv) . (9.4) Bemerkungen: 1o Es kann nv = 0 vorkommen, auch wenn n und v von 0 verschieden sind. („Charakteristik“) 2o P + ℤv kann in P* + ℤv* vollkommen enthalten sein, ohne dass die beiden Mengen gleich sind. Zum Beispiel, wenn P = P* und 2v* = v gilt. 3o Aus diesem Grunde liefert z.B. A = ℤ2 mit diesem „Ansatz für Geraden“ keine (abstrakte) affine Ebene nach §5. 4o Das Beispiel 2o lässt die uneingeschränkte Division durch natürliche Zahlen vermissen. D.h. die folgende Eigenschaft: Zu jedem von 0 verschiedenen Element v aus T und jeder von 0 verschiedenen natürlichen Zahl n gibt es ein weiteres Element w mit nw = v. Dieses Element w ist im Falle der Existenz eindeutig bestimmt und kann mit bezeichnet werden.

Kapitel II, §9 5o Für abelsche Gruppen T mit uneingeschränkter Division durch natürliche Zahlen kann die in 9.3 beschriebene Operation auf die Brüche von ganzen Zahlen, also auf die rationalen Zahlen ausgedehnt werden: Die zu 9.3 analogen Regeln sind aber nicht immer richtig. Die Regeln gefallen uns aber, und wir hätten sie gerne ganz allgemein auch für einen beliebigen Körper anstelle der rationalen Zahlen. (9.5) Definition: Ein affiner Raum ist ein Translationsraum (A,T,t) zusammen mit einem Körper K, der auf T so wirkt, dass die Regeln 1o-4o aus 9.3 erfüllt sind: Für alle v,w aus T und alle r,s aus K ist stets 1o 1v = v . 2o r(v + w) = rv + rw . 3o (r + s)v = rv + sv . 4o (rs)v = r(sv) .

Kapitel II, §9 In einem affinen Raum (A,T,t,K) hat man auf dem Raum T der Translationen die in §7 eingeführte Addition, die T zu einer abelschen Gruppe macht und dazu noch die Skalarmultiplikation so dass die Axiome 9.5.1o - 9.5.4o erfüllt sind. Vektorraum: Dadurch ist auf T die Struktur eines Vektorraumes über K definiert. In §2 Satz 2.3 sind wir den Vektorraumaxiomen bereits begegnet. Insbesondere ist der Standardraum ℝn ein Vektorraum über ℝ. Geraden: In einem affinen Raum (A,T,t,K) sind jetzt die Teilmengen der Form g := P + Kv := {P + rv : r aus K} die Geraden.

Kapitel II, §9 (9.6) Beispiel: Sei K ein Körper. T = Kn erfüllt analog zu §2 (Standardraum) die Axiome einer abelschen Gruppe und bezüglich der Skalarmultiplikation die Axiome 9.5.1o-9.5.4o. Daher wird durch A = Kn, T = Kn, t(P,Q) = Q – P Zusammen mit der Skalarmultiplikation auf T ein affiner Raum definiert. Der Fall n = 2 liefert dann mit dem oben festgelegten Geradenbegriff eine (abstrakte) affine Ebene in Sinne von §5. Was fehlt noch zur Analytischen Geometrie? Länge von Vektoren, Abstand zwischen Punkten, Winkel. Siehe §11. Davor Vektorräume in §10: Axiome (noch einmal) und viele Beispiele.