Analgetika - Schmerzmittel Herbert Desel 12.11.2007.

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Akutes Nierenversagen vermeiden
Advertisements

Adipositas - Therapiemöglichkeiten
MacroMed Inc. Sandy Utah, USA
A n t i d e p r e s s i v a.
Adrian Fischer Biologie - Hormone Hormone.
Pharmakologische Schmerztherapie
Auszug: Dr. Justus Arnemann’s praktische Arzneimittellehre, 6. Auflage 1819.
Schmerz Somatisch Viszeral (Bauch-, Brust-, Beckenraum) Akut Chronisch
Kopfschmerz bei Medikamentenübergebrauch
Pharmakokinetik II M. Kresken.
HEROIN Ein Referat von: Patrick Beckhäuser Christian Päßler
Analgetika-Einteilung
Hormone: Glucocorticoide
Seit nicht mehr verboten
Schmerzmittel in der Altenpflege
1. Interaktion mit spezifischen Rezeptoren
ERBRECHEN UND ANTIEMETIKA THEORETISCHE GRUNDLAGEN
Modul Synkope / Herzstolpern: Störungen des Elektrolyt-Haushalts
Weiterbildung Sucht •S•S•A•M• Dr. med. Robert Hämmig
Herzstillstand und Arrhythmie
Diabetes mellitus orale Therapie
Allgemeines Inhalationsnarkotika Injektionsnarkotika
Schmerzen im Alter Vortrag für Pflegekräfte
Christer Bäck und Dominik Heling Studium Generale VII in Goslar
Eingesehen Kunde/Kundin verlangt… E Z A V KN i ~ H Eigenschaften Zussetzung Anwendung Verkaufsargum. Kontraindikationen Nebenwirkungen Interaktionen (Beispiele)
Ucht / bhängigkeit lkohol, asch & o..
Wöhler schrieb an seinen Lehrer Berzelius:
7. gesamtösterreichisches IC-Patiententreffen
Welches der folgenden Nichtsteroidalen Antirheumatika führt zu einer irreversiblen Hemmung der Cyclooxygenase? A Indomethacin B Acetylsalizylsäure C.
Carbonsäuren - Foliensammlung
Referenten Slide-Kit.
ADAMON® long retard.
Modul 3 Die verschiedene Ersatzmedikamente.
Cortisol Flexible Dosierung, adäquate Menge
Haben, haben, haben Missbrauch und Abhängigkeit von Heroin
Projektkurs Physiologie, Pathophysiologie und Pharmakologie 2013
Allgemeine Einführung in die Substitutionsbehandlung
Pharmakologische Besonderheiten und Probleme des älteren Patienten
Unser Ziel Wir möchten mit Hilfe dieser Präsentation zeigen, was es für Schäden gibt wenn man Drogen und Alkohol konsumiert!
„Stoff“ aus der Apotheke - Arzneimittelmissbrauch, Arzneimittelsucht
Palliativmedizin Palliativmedizin – 1
COMPLEX REGIONAL PAIN SYNDROME
Studien zur Neurophysiologie der Diamorphinwirkung
Gute – „schlechte“ Therapieansätze 15.Juni – Uhr
Analgetika Eine Präsentation von
Tumor - Schmerz.
Chronische Schmerzen Ch.Kätterer, Basel
Arzneimittellehre -Grundlagen-
Fortbildung Krankenhaus Waldfriede Lena Fey
Analgetika.
Psychoaktive Substanzen
Medikamente im Rahmen der Notkompetenz
Schmerzen im Alter Vortrag für Pflegekräfte
DrOgEn:.
Ganz einfach nur mit Hilfe Ihrer Hände!
Viele Jugendliche meinen, dass das Experimen- tieren mit Rauschmitteln zum Prozess des Erwachsenwerdens dazugehört. Und nicht jeder, der einmal probiert,
Eingesehen Kunde/Kundin verlangt… E Z A V KN i ~ H Eigenschaften Zus’setzung Anwendung Verkaufsargum. Kontraindikationen Nebenwirkungen Interaktionen (Beispiele)
Eingesehen Kunde/Kundin verlangt… E Z A V KN i ~ H Eigenschaften Zus’setzung Anwendung Verkaufsargum. Kontraindikationen Nebenwirkungen Interaktionen (Beispiele)
Zusammenfassung Fallseminar 1+2
 Alkohol  Medikamenten  Drogen Symptome am Notfallpatienten nach dem Konsum von:
Analgetika Schmerzmittel; von gr. ἄλγος, „Schmerz“:
Schmerz – eine Herausforderung für die Therapie Workshop Medikamentöse Schmerztherapie Evangelische Akademie Tutzing 3./4. März 2006 Eva Winter Krankenhaus.
Morphium im Urin: legal oder illegal
1. Morphin (0,1-20 mg/d) <-> Hydromorphon (0,2-12 mg/d)
Schmerzen im Alter Bild: © contrastwerkstatt/fotolia.com.
Dozent: Petra Anwar Ärztin für Palliativmedizin
Pulmofor retard Vifor Villars-sur-Glâne
 Präsentation transkript:

Analgetika - Schmerzmittel Herbert Desel

Lerninhalte WS 07/08 Kurstermin Analgetika H Opioidrezeptoren, Lokalisation, Opioidanalgetika. Wirkungsqualität und Pharmakokinetik verschiedener Opioide. Opioidantagonisten. Abhängigkeit und Toleranzentwicklung. H Nichtopioide Analgetika.

Wirkstoffliste - Analgetika WS 07/08 H Opioide: Codein, Morphin (Heroin) Levo Methadon, Pethidin, Fentanyl, Remifentanil, Buprenorphin, Tramadol, Tilidin, Naloxon, Naltrexon, Loperamid H Nicht-Opioid-Analgetika / Antipyretische Analgetika Paracetamol, Metamizol Acetylsalicylsäure, Ibuprofen

Schmerzen... H entstehen i.d.R. durch Reizung von Nozizeptoren im Gewebe (A -, C-Fasern) und H werden im Rückenmark auf Neurone des Tractus spinothalamicus umgeschaltet –hierbei kann eine Hemmung durch deszendierende, opioiderge (enkephalinerge) Bahnen erfolgen. H Vom Thalamus werden die Schmerzsignale zum somatosensorischen Cortex weitergeleitet H und schließlich als Schmerz empfunden.

Schmerzsignal - Leitung A -,C-Fasern Tractusspinothalamicus Thalamus Sensomotorischer Cortex hemmendedescendierendeNeuronen

Methoden der Schmerzbehandlung 1. Lokale Applikation und Wirkung: Lokalanaesthetika 2. Systemische Wirkung nach Resorption und Verteilung: Analgetika

Methoden der Schmerzbehandlung 2: Systemische Wirkung nach Resorption und Verteilung: Analgetika a)Wirkung im veränderten Gewebe b)Wirkung im weiterleitenden Rückenmark c)Wirkung im ZNS Alte Einteilung: periphere und zentrale Analgetika

Analgetika-Einteilung nach wichtigen Begleitwirkungen H narkotisierend wirkend: Opioide H antipyretisch wirkend: –sauer, entzündungshemmend –andere: Paracetamol, Metamizol H sonstige Analgetika: z. B. Flupirtin

Antipyretika Flupirtin Opioide Lokalanaesthetika Analgetika- Wirkorte

Analgetika-Einteilung nach wichtigen Begleitwirkungen H narkotisierend wirkend: Opioide H antipyretisch wirkend: –sauer, entzündungshemmend –andere: Paracetamol, Metamizol H sonstige Analgetika: Flupirtin

Opioide H Opioide sind –höchstwirksame (high efficacy) –In hoher Dosis narkotisch-wirkende Analgetika –mit vielen Begleiteffekten.

Opioid-Wirkungen I: akut, ZNS supraspinale + spinale Analgesie Euphorie / Dysphorie Sedation Narkose Atemdepression Miosis (pin point pupils)

Opioid-Wirkungen II: ZNS antitussiv antiemetisch /emetisch Körpertemperatur Krampfschwelle orthostatische Reaktion Bradykardie (N. vagus) Hormonfreisetzungen verändert: : GnRH, CRF, LH, FSH, ACTH : ADH

Opioid-Wirkungen IV: peripher Obstipation Harnverhalt Gallenverhalt Histamin-Freisetzung: Bronchokonstriktion Blutdruckabfall

Opioid-Wirkungen III: chronisch: Toleranzentwicklung Euphorie Emesis Analgesie antitussive Wirkung antiemetische Wirkung Obstipation schnell langsam Typische Einzeldosis Morphin 5 mg 100 mg

Nach Suchtentwicklung: Opioid-Entzug H Erregungszustand, Schwitzen, Tremor, Krampfanfall, Tachypnoe H Erbrechen, Diarrhoe H Tachykardie und Hypertonie H Therapie: Clonidin, Diazepam

Opioide: Wirkmechanismus I Opioide sind Agonisten an zentralnervösen Rezeptoren für körpereigene Enkephaline Opioide sind H Opioid-Rezeptor-Agonisten H Verstärkung der hemmenden Wirkung, opioiderger / enkephalinerger Neuronen

Opioid-Rezeptoren

Opioide: Wirkmechanismus II Intrazellulär: H über G i -Protein Adenylatcyclase-Hemmung Ca ++ -Freisetzung zelluläre Depolarisation synaptische Transmission

Opioid-Wirkungen diffenziert: ZNS

Opioide: Stoffgruppen H Opiate = Derivate des Morphins H andere, voll-synthetisch hergestellte Opioide (i.e.S.) Mit z.T. sehr unterschiedlicher H Pharmakokinetik H efficacy H potency

Schlafmohn ( Papaver somniferum ) Morphin Morphin

Opium H Durch Anritzen der Samenkapsel von Schlafmohn (Papaver somniferum) gewonnenes Sekret. H als zu schluckende oder zu rauchende Droge in vielen Kulturen bekannt H Seit 4000 v. Chr. als Heilmittel genutzt –euphorisierende Wirkung –schlaferzwingende Wirkung –schmerzstillende Wirkung H Noch heute genutzt als tinctura opii in der Behandlung Neugeborener

Opiumbestandteile H Sertürner isolierte 1804 (in Paderborn) das Alkaloid Morphin aus Opium H Weitere Alkaloide wurde nachgewiesen: –Codein, Narkotin, Papaverin H Chemisch-modifiziertes Opium wird heute im illegalen Drogenmarkt weltweit in Form von Heroinpräparaten vertrieben (= Diacetylmorphin + Begleitstoffe)

Morphin 30 % (60 %) orale BV HWZ 2,5 h hohe efficacy verwandt: Codein (bessere Biov.), DHC verwandt: Diacetylmorphin (Heroin) hochwirksames Morphin-6-glucuronid unwirksames Morphin-3-glucuronid

Fentanyl H schlechte orale BV H gute kutane BV (Pflaster!) H Umverteilung: < 1 h H HWZ 3-12 h (i.v.) H hohe efficacy und potency

Fentanyl-Derivate: Remifentanil Opioid-Anaesthetikum Opioid-Anaesthetikum sehr kurz wirksames Ester-Fentanyl-Derivat: sehr kurz wirksames Ester-Fentanyl-Derivat: HWZ: min HWZ: min Metabolisierung durch unspezifische Blut- und Gewebs-Esterasen Metabolisierung durch unspezifische Blut- und Gewebs-Esterasen keine Umverteilung keine Umverteilung

Methadon % orale BV HWZ h (Elimination v.a. durch hepatische Metabolisierung) hohe efficacy wichtiges Medikament für die Substitutions- behandlung von Heroinabhängigen (auch als Levomethadon) lange HWZ Gefahr der Kumulation

Opioid-Rezeptor- Partialagonisten H Buprenorphin H Pentazozin (µ-Antagonist, -Agonist) H Pethidin

Tramadol aktive Metabolit: O-Desmethyl-Tramadol Wirkmechanismen: H nicht selektiver Agonist an Opioid- Rezeptoren H Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer H Verstärkung der Serotonin-Freisetzung % der efficacy des Morphins

Tilidin H Partialagonist H aktiver Metabolit: Nortilidin H Kombination mit Naloxon (Valoron N) H Nicht BTMVV H Überdosis: Entzug bei Abhängigen

Loperamid H Substrat P-Glykoprotein H Opioid mit sehr gering ausgeprägten zentralnervösen Wirkungen H symptomatische Therapie bei schweren Durchfall-Erkrankungen: –hemmt effektiv die Darmmuskulatur –verlängert so die Darm-Passagezeit

Indikationen für Opioide H mittelschwere Schmerzen (Partialagonisten) H schwere Schmerzen (Vollagonisten) H Substitution bei Opiatabhängigkeit (Methadon, Buprenorphin) H unproduktiver Husten (Codein, Dihydrocodein)

Opioid-Vergiftung H Beatmung H Gabe von Naloxon (Opioid-Rezeptor- Antagonist) H CAVE: Entzugssymptome H Weiterer Antagonist Naltrexon: oral bioverfügbar (Aversivum)

Opioide: Zusammenfassung H Opioide sind höchstwirksame, narkotisch- wirkende Analgetika mit vielen Begleiteffekten H Opioide sind Agonisten an verschiedenen zentralen Rezeptoren für Enkephaline (Opioid-Rezeptoren) H chemische Stoffgruppen –Opiate = Derivate des Morphins –andere, voll-synthetisch hergestellte Opioide (i.e.S.)

Analgetika-Einteilung nach wichtigen Begleitwirkungen H narkotisierend wirkend: Opioide H antipyretisch wirkend: –sauer, entzündungshemmend –andere: Paracetamol, Metamizol H sonstige Analgetika: Flupirtin

Paracetamol (Acetaminophen) H in therapeutischer Dosis (Einzeldosis 0,5 –1,0 g) –gut verträgliches –antipyretisch wirkendes Schmerzmittel H für leichte Schmerzen H HWZ / Wirkdauer: h H Mutmaßlicher Wirkmechanismus: –Hemmung der Cyclooxygenase im Rückenmark {Schmerz} und Hypothalamus {Fiebersenkung} –Senkung der Konzentration von Prostaglandinen (s.u.)

Paracetamol (Acetaminophen) H entgiftender Metabolismus durch –Glucuronidierung –Sulfatierung

Paracetamol-Vergiftung H Metabolismus durch –Oxidation zum Benzo- chinonimin kann bei Überdosis (> 10 g !) zum Leberzerfall führen! Antidot: N-Acetylcystein Glutathion

Exkurs: Analgetika-Nephropathie H Chronische Nierenerkrankung durch Dauereinnahme von antipyretischen Analgetika kann zu Nierenfunktions- störungen führen (klassisch: Phenazetin-Niere, Phenazetin: n.i.H.) H Von besonderer Bedeutung sind Analgetika- Mischpräparate H Bedeutung des Paracetamols dabei ist unklar.

Metamizol (Dipyrone) H antipyretisch und H spasmolytisch wirkendes Schmerzmittel H für mäßig starke (Kolik-)Schmerzen H Wirkmechanismus: wie PCA H UAW: –bei i.v. Gabe RR –selten schwere allergische Reaktionen (Agranulozytose) –Bei Überdosis: Krampfanfälle

Analgetika-Einteilung nach wichtigen Begleitwirkungen H narkotisierend wirkend: Opioide H antipyretisch wirkend: –sauer, entzündungshemmend –andere: Paracetamol, Metamizol H sonstige Analgetika: Flupirtin

Flupirtin H mittelstark wirksames Schmerzmittel ohne narkotische oder antipyretische Wirkungen H Wirkort im Rückenmark H neues Medikament H offenbar mit besonderer Wirksamkeit bei Muskelschmerzen

Flupirtin II H ist der Prototyp der Substanzklasse SNEPCO H (Selective Neuronal Potassium Channel Opener) H indirekte Hemmung des NMDA- Rezeptors (antiglutaminerge Wirkung). H glutaminergen Bahnen wird große Bedeutung bei der Entstehung chronischer Schmerzen zugeschrieben

Thomas de Quincey, 1822: Bekenntnisse eines englischen Opiumessers …denn das Opium ist geheimnisvoll; manchmal bis zum offensichtlichen Widerspruch in sich geheimnisvoll; und so geheimnisvoll, dass auch meine lange Erfahrung in seinem Gebrauch - manchmal sogar in seinem Mißbrauch - mich nur zu Schlussfolgerungen brachte, die sich immer weiter von dem entfernten, was ich heute als Wahrheit betrachte.

Thomas de Quincey, 1822: Bekenntnisse eines englischen Opiumessers...auf 52 Jahre Erfahrung mit Opium als geheimnisvolles Mittel gegen alle Arten körperlichen Leidens kann ich jetzt Anspruch erheben - abgesehen nur von einigen Abschnitten von vier und sechs Monaten Dauer, während derer ich es durch beispiellose Mühen der Selbstüberwindung fertiggebracht hatte, vom Opium völlig abstinent zu bleiben.