Prof. Dr. C.J. Lux, Prof. Dr. S. Kneist

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 Präsentation transkript:

Therapiebegleitende Maßnahmen zur Plaquekontrolle und Optimierung der häuslichen Mundhygiene Prof. Dr. C.J. Lux, Prof. Dr. S. Kneist Klinikum der Friedrich-Schiller-Universität Jena Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde

Einleitung Die Eingliederung einer festsitzenden kieferorthopädischen Apparatur führt zu einer:  Zunahme der Retentionsstellen mit erhöhter Plaqueakkumulation (pH-Wert Abnahme)  Behinderung der natürlichen Zahnreinigung (Bewegungen der oralen Muskulatur und Speichel) (Zimmer, 2004, Sudjalim et al., 2006)  Behinderung der manuellen Zahnreinigung, z.B. Einengung des Bewegungsraumes der Zahnbürste in der Mundhöhle  Zunahme an Streptococcus mutans (Chadwick et al., 2005)

Einleitung  Vermehrte Plaqueakkumulation auf der Zahnoberfläche  "Überforderung" der natürlichen Schutzmechanismen (Speichelumspülung, Remineralisation) (Zimmer, 2004)  Erhöhtes Risiko von Demineralisationen bei MB-Patienten (Gorelick et al., 1982, Artun und Brobakken 1986, Ogaard et al., 1989)  Demineralisationen können in 1 Monat entstehen (Hu und Featherstone, 2005, Gorton und Featherstone, 2003)

Einleitung - Prävalenz Bei 25% der einbezogenen Zähne muss mit Neuauftreten oder einer Zunahme der WSL gerechnet werden (Lovrov et al., 2007) 50-70% aller KFO-Patienten haben White-Spot-Läsionen nach festsitzender Therapie (Ogaard et al., 2001)

MB-Apparaturen und Demineralisationen Lokalisation von Demineralisationen = dort, wo bei MB vermehrte Plaqueakkumulation auftritt, insbesondere  Bracketzirkumferenz,  Approximalraumregion  Gingivalsaumregion (Zimmer, 2004)  Bereich zwischen Bracket und Gingivarand besonders gefährdet (Sudjalim et al., 2006)  Demineralisationen besonders häufig an den zervikalen und mittleren Dritteln der Vestibulärflächen besonders gefährdet: OK-Frontzähne und UK-Eckzähne und Prämolaren (Hu und Featherstone, 2005)

Übersicht: Präventions - Strategien bei MB 1 Aufklärung Instruktion, Ernährungslenkung, Plaquerelevatoren 2 Risikoabhängige Prävention Einschätzung des Demineralisationsrisikos 3 Korrekte Arbeitssystematik z.B. Entfernung von Kunststoffüberschüssen 4 Mechanische Barrieren Glattflächenversiegelung mit und ohne F 5 Mechanische Plaquekontrolle Elektrische Zahnbürsten versus Handzahnbürsten, Interdentalraumbürsten 6 Chemische Plaquekontrolle Fluoride: Zahnpasta, Spüllösung, Gel, Lack, fluoridfreisetzende Bonding-Materialien, fluoridfreisetzende Ligaturen Chlorhexidin: Spüllösung, Gel, Lack

1. Patientenaufklärung und Instruktion Säulen der Patientenaufklärung bei MB-Apparaturen - Patientenmotivation und Ernährungslenkung - Demonstration der besonderen Reinigungs-Problemzonen bei Multibracketapparaturen - Anfärben (z.B. Mira-2-Ton Tabletten, Fa. Miradent) - Demonstration geeigneter Reinigungsmittel bei MB (Pat. besorgt sich empfohlene MH-Artikel, insb. IDR- Bürste, vor Bebänderung und bringt dies mit) - Aufzeigen der klinischen Konsequenzen bei mangelnder Mundhygiene (z.B. Fotografien etc…)

2. Risikoabhängige Prävention Welcher KFO-Patient wird Demineralisationen entwickeln? Empfehlungen von Ogaard et al. (2001) - schwierig vorauszusehen! - Klinisch besonderes Augenmerk legen auf:  Patienten, die in den ersten 3 Monaten nach MB-Eingliederung viel Plaque aufweisen und die viel Mutans-Streptokokken in der Plaque bei Bebänderung bzw. nach 12 Wochen aufweisen ggf. 4 Wochen vor MB: Speicheltest  Patienten, die insgesamt wenig Compliance zeigen Empfehlungen von Lovrov et al. (2007) Zusammenhang zwischen dem klinischen Attachmentlevel (Sondierungstiefe + gingivale Rezession) und WSL Empfehlungen von Zimmer und Rottwinkel (2004)  Patienten, die bereits ohne MB-Apparaturen vorher Demineralisationen entwickelt haben  Weitere allg. Mundhygiene- / Gingiva-Parameter hinzuziehen

4. Mechanische Barrieren Glattflächenversiegelung Vorteil: Complianceunabhängig Arten von Versieglern:  gefüllt / ungefüllt  fluoridfreisetzend / nicht-fluoridfreisetzend Beispiel: ProSeal - gefüllt - fluoridfreisetzend - lichthärtend

5. Mechanische Plaquekontrolle Für die mechanische Plaquekontrolle stehen dem Patienten eine Vielzahl von Mundhygieneartikeln zur Verfügung (u.a.):  Handzahnbürsten (HZB) / Orthodontische HZB  Elektrische Zahnbürsten  Interdentalraumreinigung: - Interdentalraum(IDR)-Bürsten (manuell oder elektrisch) - Zahnseide (spez. Orthofloss)

5. Mechanische Plaquekontrolle Angaben über die Dauer des Zähnebürstens im Rahmen des Mundhygienetrainings sind wenig zielführend wichtiger: Systematik und Vollständigkeit der Reinigungsprozeduren (DGZMK, 2007) Patient zur Selbstkontrolle befähigen (Zimmer 2006): - kommt es bei Anwendung der Zahnbürste / IDR- Bürstchen etc. (noch) zu Zahnfleischbluten? - Fühlen sich die Zähne nach der Reinigung glatt an (subjektives Sauberkeitsgefühl des Patienten)? - Bei MB-Patienten: ggf. Färbetabletten Stellungnahme DGZMK (Staehle, Schiffner, Dörfer): Häusliche mechanische Zahn- und Mundpflege;; Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift, 2007

5. Mechanische Plaquekontrolle Die Zahnbürste allein reicht zur Reinigung des Drahtkomplexes nicht aus (Heintze, 1992) Für die Risikobereiche im „Windschatten“ des Bracket-Bogen-Drahtkomplexes werden zusätzlich die regelmäßige Anwendung von Interdentalreinigunghilfen (Interdentalbürstchen…) empfohlen. Zahnputzdauer übersteigt bei weitem die häufig empfohlenen 2 bzw. 3 Minuten

5. Mechanische Plaquekontrolle Handzahnbürsten versus elekt. Zahnbürsten - Cochrane review Robinson PG, Deacon SA, Deery C, Heanue M, Walmsley AD, Worthington HV, Glenny AM, Shaw WC. Manual versus powered toothbrushing for oral health. Cochrane Database of Systematic Reviews 2005, Issue 2. Art. No.: CD002281. DOI: 10.1002/14651858.CD002281.pub2 - Bürsten mit oszillierend-rotierender Bewegungscharakteristik sind Handzahnbürsten bezüglich Plaqueentfernung und Gingivitisreduktion in einem 3-Monatszeitraum überlegen - Bürsten mit oszillierend-rotierender Bewegungscharakteristik zeigen auch bessere Gingivitisreduktion als HZB in Zeiträumen >3Monaten

5. Mechanische Plaquekontrolle Elektrische Zahnbürsten Zimmer S (2006) (in: Roulet et al., 2006): Schallzahnbürsten - Schallzahnbürsten entfernen auch dann Plaque gut, wenn die Testpersonen nicht besonders gut instruiert sind, d.h. auch bei nicht- perfektem Einsatz der Zahnbürste Rotierend-oszillierende Zahnbürsten - durch ihre geringe Größe können schwierige Zonen des Gebisses erreicht werden, bei richtiger Handhabung sehr effektiv - Zahnputztechnik-sensitiv

6. Chemische Plaquekontrolle Fluoridierung (lokal: Spülungen, Lacke, Gele; systemisch;.., evtl. Bonding Materialien, Ligaturen….) Notwendig für alle KFO-Patienten Chlorhexidin (Spülungen, Lacke, Gele) Günstiger Einfluss auf Gingiva / Parodont Klinische Bedeutung von CHX wird v.a. bei Patienten mit erhöhter Gefahr von Demineralisationen gesehen (Zimmer und Rottwinkel, 2004) Verwendung von Lacken vorteilhaft, da länger anhaltende Wirkung als Gele, Spüllösungen und gezielter in Problemzonen applizierbar

6. Chemische Plaquekontrolle Chlorhexidin-Lack + Fluorid-Lack in KFO Ogaard et al. 2001: Randomisierte prospektive klinische Studie an 220 Patienten Alle 6 Wochen wurde abwechselnd Fluoridlack und CHX-Lack appliziert, d.h. jeder Lack wurde alle 12 Wochen appliziert  Trend, dass die Kombination aus Fluoridlack (Fluor-Protector) und Chlorhexidin-Lack (Cervitec) effektiver White-spot-Läsionen im Bereich der OK-Schneidezähne verhinderte als die alleinige Fluorid-Lack-Gruppe Ogaard B, Larsson E, Henriksson T, Birkhed D, Bishara SE: Effects of combined application of antimicrobial and fluoride varnishes in orthodontic patients. Am J Orthod Dentofacial Orthop. 2001 Jul;120(1):28-35

6. Chemische Plaquekontrolle Grundregel bei chemischer Plaquekontrolle und MB chemische Plaquekontrolle nur effektiv bei kurzen Applikationsintervallen  sind allein durch Fluoridlack / CHX-Lack-Applikation bei HZA / KFO organisatorisch nicht realisierbar ergänzende häusliche Anwendungen (Fluorid: z.B. Spüllösung / Gel; CHX: Gel) notwendig die Lackapplikation durch den ZA / KFO ist eine compliance-unabhängige Grundsicherung