Neue Institutionenökonomik

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Neue Institutionenökonomik Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff Universität Passau SS 2009 y2 F Neue Institutionenökonomik E K M J y-L A y-L-a H C O y-a y y1

Literatur Furubotn, E.G. und R. Richter (2005), Institutions and Economic Theory, (Ann Arbor: University of Michigan Press), 2nd edition. Erlei, M, M. Leschke und D. Sauerland (1999), Neue Institutionenökonomik, (Stuttgart: Schäfer-Poeschel). Douma, S. und H. Schreuder (2008), Economic Approaches to Organizations, 4th edition (Harlow: Pearson Education). Die relevante Literatur liegt zu jedem Abschnitt elektronisch bereit.

Abschnitt 1: Institutionen und Transaktionskosten Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff Universität Passau SS 2009 y2 F Abschnitt 1: Institutionen und Transaktionskosten E K M J y-L A y-L-a H C O y-a y y1

Pflichtliteratur Ergänzende Literatur Douma und Schreuder (2008: 3-27). Ergänzende Literatur Furubotn und Richter (2005: 1-14; 47-64) Erlei, Leschke und Sauerland (1999: 44-51)

Quelle:

Die Unterschiede im Entwicklungsniveau von Ländern haben seit jeher Ökonomen beschäftigt. Als Ursachen werden hierfür angeführt: Bestand an physischem Kapital Rohstoffvorkommen technischer Fortschritt Humankapital. Zunehmend wurde ein anderer Faktor in der Literatur betont, der sich unter dem Sammelbegriff „Sozialkapital“ erfassen lässt.

Unter Sozialkapital wird u. a Unter Sozialkapital wird u.a. die Funktionsfähigkeit von formellen und informellen Institutionen erfasst und ihr Potential, Austauschprozesse zu organisieren und damit wiederum zu höherem Wohlstand beizutragen. Internationale Geberorganisationen wie die Weltbank, der IWF, die UNO und viele bilaterale Geberorganisationen legen verstärkt Wert auf die Beachtung und Förderung von Sozialkapital.

Unter Institutionen verstehen wir ein System von formellen oder informellen Regeln, inklusive der Methoden ihrer Durchsetzung. „a set of formal and informal rules, including their enforcement arrangements“, Furubotn und Richter (2005: 7).

Formelle Regeln sind typischerweise schriftlich verfasst, vom Staat eingesetzt und gerichtlich durchsetzbar. Aber auch Vereinbarungen zwischen privaten Unternehmen fallen hierunter. Informelle Regeln dagegen basieren oftmals auf Brauchtum und Sitte und werden eher durch soziale Sanktionen durchgesetzt. Beispiel informelle Regel: Treibholzsammeln in England, Aufräumen der Wiese nach dem Grillen, Rechtsfahren im Straßenverkehr (steht allerdings auch in §2 der Straßenverkehrsordnung)

Die Absicht einer Institution ist es, menschliches Verhalten in eine bestimmte Richtung zu lenken. Institutionen bestimmen die Anreizstruktur einer Gesellschaft. Eine erfolgreiche Institution ordnet damit alltägliche Handlungen und vermindert Unsicherheit.

Institutionen werden hierbei begrifflich getrennt von „Organisationen“. So ist z.B. der Internationale Währungsfond im hier verwendeten Sprachgebrauch keine Institution, sondern eine Organisation. Organisationen sind „eine Gruppe von Personen, welche ein gemeinsames Ziel verfolgen“. Organisationen werden dabei auch als „the personal side of institutions“ aufgefasst.

Organisationen müssen sich in jedem Fall auch Regeln zulegen, damit sie effektiv arbeiten können. So hat jede Organisation auch Elemente einer Institution. Der Begriff der „Institution“ stellt jedoch nicht auf die physische Existenz ab, sondern auf den Bestand an Regeln und gegenseitigen Handlungserwartungen. So ist beispielsweise die Ehe eine Institution, die Familie hingegen die entsprechende Organisation. Das eine Firma begründende Netzwerk von Verträgen bildet die Institution, die über die Firma miteinander verbundenen Individuen die Organisation.

Transaktionskosten Transaktionskosten spielen eine zentrale Rolle in der Neuen Institutionenökonomik. Mit diesem Begriff wird zum Ausdruck gebracht, dass die Durchführung einzelner Transaktionen nicht kostenlos erfolgen kann, sondern mit Aufwand verbunden ist. Individuen müssen im Vorfeld einer Transaktion Informationen einsammeln. Hierbei haben sie nur eine limitierte Kapazität, die Daten zu verarbeiten und entsprechende Pläne zu machen.

Dies begrenzt die menschliche Rationalität. Auch das menschliche Gehirn kann nur begrenzt Daten verarbeiten und Optimierungsaufgaben lösen. Dies begrenzt die menschliche Rationalität. Die Annahme der „bounded rationality“ besagt, dass, nicht zuletzt aufgrund der Mühsal der Datenauswertung und Optimierung, Menschen sich mit „zufriedenstellenden“ Ergebnissen begnügen. Ein solches Verhalten kann sich dann einstellen, wenn der Eindruck vorherrscht, der Aufwand für eine weitere Verfeinerung der Entscheidungsfindung stehe in keinem Verhältnis zu dem Ertrag. Untersuchungen über Glück haben ergeben, dass Menschen, die einen permanenten Vergleich Ihrer Lebensweise mit Alternativen vornehmen, unglücklicher sind als solche, die diese Vergleich nicht anstellen.

Transaktionskosten stehen also in einem Konflikt zur Optimierung menschlichen Verhaltens. Bei dem Versuch, Transaktionskosten zu minimieren, nehmen Menschen das Risiko auf sich, bezüglich ihres Verhaltens nur eine suboptimale Lösung zu erzielen.

Transaktionskosten sind quantitativ nicht zu vernachlässigen Transaktionskosten sind quantitativ nicht zu vernachlässigen. Gemäß einiger Schätzungen belaufen sie sich auf 50-60 % des BIP. Transaktionskosten sind aber u.U. von anderen Kostenarten nur schwer zu unterscheiden. Die Arbeiten von Rechtsanwälten und Unternehmensberatern mögen eher als Transaktionskosten verbucht werden. Die Arbeit von Ingenieuren ist demgegenüber nicht den Transaktionskosten zuzurechnen.

Demzufolge lässt sich vermuten, dass der Anteil der Universitäts-absolventen in BWL und Jura relativ zu demjenigen der Ingenieure und Agrarökonomen positiv mit den Transaktionskosten korreliert. Datenquelle: Unesco, global education digest 2005, http://www.uis.unesco.org/template/pdf/ged/2005/ged2005_en.pdf

Die Daten sind einerseits durch den Anteil der Dienstleistungen an der Produktion bestimmt. Zum anderen benötigen Länder mit einem hohen Maß an gegenseitigem Vertrauen und geringer Korruption weniger Juristen und Betriebswirte. So werden in Japan teilweise Verhandlungen zwischen Unternehmen ohne Einschaltung von Juristen geführt. Dies spart Transaktionskosten und das Risiko, dass die Gegenseite hieraus einen opportunistischen Vorteil ziehen möchte, wird für unwahrscheinlich gehalten. Vertrauen hilft, informelle Regeln aufrecht zu erhalte. Hierdurch dass sich Transaktionskosten senken.

Es ist plausibel anzunehmen, dass Transaktionskosten im Laufe der Zeit zugenommen haben. Die moderne Wirtschaft ist geprägt durch ein hohes und zunehmendes Maß an Arbeitsteilung. Eine solche, immer tiefere Arbeitsteilung ist mit besonderen Organisationsformen verbunden, welche Transaktionskosten verursachen. Andererseits nehmen Transaktionskosten dann zu, wenn fehlerhafte Institutionen zu gesellschaftlichen Verteilungskämpfen führen. Transaktionskosten sind also nicht ein Nebenkriegsschauplatz der ökonomischen Theorie. Das Welthandelsvolumen wächst stärker als das Weltinlandsprodukt, so dass mehr Transaktionen pro Produktionseinheit durchgeführt werden. Nach einer Inkubationszeit von 25 Jahren nach Coases Artikel von 1937´hat eine Welle der Forschung eingesetzt, welche sich heute zur Neuen Institutionenökonomik entwickelt hat.

In welchem Verhältnis stehen Transaktionskosten zu Institutionen? Institutionen bestimmen insbesondere die Zuteilung von Rechten (Verfügungs- und Vertragsrechte) an einzelne Personen. Transaktionskosten sind notwendig, um Rechtsansprüche zu definieren und zu messen. Transaktionskosten fallen an für den Gebrauch und die Durchsetzung von Rechten. Bestimmung der Regeln: Wer darf wann was machen? Transaktionskosten fallen an für die Bestimmung/Definieren aber auch die Benutzung/Gebrauch dieses Regelwerkes. Bestimmung: Rechte definieren -> Absolute Verfügungsrechte; ursprüngliche Verteilung von Eigentumsrechten. Benutzung/Gebrauch -> relative Verfügungsrechte.

Beim Transfer von Verfügungsrechten und der Vertragsdurchführung zwischen Individuen (oder Organisationen) fallen Kosten der Informationsgewinnung, der Verhandlung und der Durchsetzung an. Will ein Firmenchef eine neue Person beschäftigen, so muss er auf dem Arbeitsmarkt suchen, einen Kandidaten auswählen und die vertraglichen Verpflichtungen festlegen.

Was ist eine Transaktion? Transaktion als physische Übertragung Williamson (1985: 1): “A transaction occurs when a good or service is transferred across a technologically separable interface. One stage of activity terminates and another begins.” Hierbei findet also eine physische “Auslieferung” oder „Übergabe“ statt. Wie bereits A. Smith (1776) feststellte, ergeben sich bereits bei der Produktion von Stecknadeln Transaktionen.

So führt A. Smith aus, dass ein Arbeiter zunächst den Draht ziehen, ein anderer ihn glätten, ein dritter ihn in Stücke schneiden, ein vierter die Spitze schärfen, ein fünfter das Ende für den Kopf schleifen muss .... Jedesmal wechselt das Produkt die Hände in der Fabrik, es findet also eine Transaktion statt. Wenn hier von „goods or service“ gesprochen wird, so sind hierunter auch Informationen und Anweisungen zu subsumieren, also z.B. im Zusammenhang mit Beratungsdiensten oder Weiterbildung, Forschung oder Entwicklung.

Wenn wir die Transaktion nun „physisch“ definieren, so sind aber in jedem Fall die Transaktionskosten von den Transportkosten zu trennen. Bei einem physischen Übergang entstehen zumeist Transportkosten, welche aber nicht zu den Transaktionskosten gerechnet werden. Welche verbleibenden Positionen zu den Transaktionskosten gerechnet werden, wird weiter unten spezifiziert.

Transaktion als juristische Übertragung Commons (1934): „Transactions are the alienation and acquisition between individuals of the rights or future ownerships of physical things“. Hierbei liegt also eine Betonung auf einem juristischen Sachverhalt, weniger einem physischen. Es findet auch ein Transfer von Ressourcen statt, aber die Betonung liegt nun auf dem Eigentum oder Besitz und weniger auf dem physischen Akt der Übergabe.

Eine Transaktion wird zumeist beide Aspekte beinhalten, einen physischen und einen legalen. Es lässt sich unterscheiden zwischen Transaktionen, welche innerhalb einer Firma erfolgen (interne Transaktion) und solchen, welche über den Markt erfolgen (externe Transaktion). Gemäß Commons‘ Definition könnte es keine Transaktionen innerhalb einer Firma geben. Da aber eine Gegenüberstellung von internen und externen Transaktionen analytisch aufschlussreich ist, wird in der Neuen Institutionenökonomik zumeist dem physischen Aspekt die höhere definitorische Bedeutung beigemessen.