„Volumen“: theoretischer Begriff oder statistisches Gefühl

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 Präsentation transkript:

„Volumen“: theoretischer Begriff oder statistisches Gefühl „Volumen“: theoretischer Begriff oder statistisches Gefühl? Drei häretische Thesen zur Indextheorie Utz-Peter Reich Quellen: W.Eichhorn, J. Voeller, Theorey of the Price Index W.E. Diewert, Artikel „Index numbers“ in The New Palgrave Dictionary of Economics, Volume 4 U.-P. Reich, Volumen

Was gilt nun? Gibt es eine präzise Definition? Fragestellung Terminologie und Bedeutung Indextheorie, BEA: „Quantität“ SNA, StBA: „einschließlich Qualität“ Umgangssprache: „Nominalwert“ Expertensprache: „Realwert“ Was gilt nun? Gibt es eine präzise Definition? Worte nur als Kode (willkürlich, allenfalls mnemotechnisch gefärbt), oder mit Sinn beladen, in eine zweite, nicht praktischen Ebene, die Theorie führt aus dem praktischen Umgang lernt man ein intuitives Verstehen eines Verfahrens = Professionalität. Der Experte weiß schon, was Volumen ist, auch wenn er es nicht verbal ausdrücken kann. U.-P. Reich, Volumen

3 Thesen (in Kurzform) Die axiomatische (statistische) Indextheorie hat ihr Ziel nicht erreicht. Die (mikro-)ökonomische Indextheorie hat ihre Voraussetzungen nicht verifiziert. Man kann auch ohne Indextheorie mit den gewöhnlichen Mitteln der Differentialrechnung zu einer sinnvollen – und interessanten- Definition von Volumen kommen. axiomatisch heißt, von Eigenschaften auszugehen, die für einen Preis-oder Mengenindex evidenter Maßen gelten müssen, und die dann möglichen mathematische Formen aufzufinden. Idealerweise bestimmen die Axiome genau einen Index. So wie die Newtonschen Axiome der Mechanik genau eine Bewegungsbahn bestimmen. Die mikroökonomische Theorie,- eine makroökonomische gibt es nicht – will aus der Nutzenfunktion den Index ableiten, wählt aber in Wirklichkeit die Eigenschaften der Nutzenfunktion, dieohnehin nicht nachprüfbar sind, so, dass der bevorzugte Index (Fisher-Index) herauskommt. Preis- und Volumenbewegung sind Zeitreihen, deren Differentiale einfach durch Summenbildung aggregiert werden können. U.-P. Reich, Volumen

Primärerhebung Sprache ist, was man spricht. Was meinen Sie, wenn Sie in der Input-Output-Analyse das Wort „Volumen“ benutzen? Bitte eine Definition für das ökonomische Wörterbuch! vorbereitete mit dieser Folie beschriftete Blätter austeilen, werden am Ende eingesammelt,als Beschäfgtigung neben dem Vortrag oder außerhalb. Daran kann man die übrigen Folien heften und mit austeilen. U.-P. Reich, Volumen

Problematisierung (a) „Volumen“ sagt man im Gegensatz zum „Preis.“ „Volumen“ enthält „Qualität.“ „Qualität“ wird am Preis gemessen. Ergibt das einen Widerspruch? U.-P. Reich, Volumen

Problematisierung (b) Volumen ist der preisbereinigte Nominalwert. Die Preisbereinigung bezieht sich auf ein willkürlich gewähltes Basisjahr. Legt man das Basisjahr ins Berichtsjahr, ist das Volumen gleich dem Nominalwert. Ein Widerspruch? - warum ist nicht auch im Basisjahr U.-P. Reich, Volumen

Analyse 1: Der axiomatische Ansatz Definition. Ein Preisindex P ist eine Funktion von Preisen pi und Mengen qi mit folgenden Eigenschaften: wenn Monotonie Homogenität Identität Maßunabhängigkeit Die Indextheorie hat sich stets die Preise ins Zentrum ihrer Aufmerksamkeit gestellt, und Volumen nur als Restgröße erfasst. Deshalb müssen auch wir von Preisen sprechen, auch wenn wir Volumen meinen. - Formeln sind der schnellen Übersichtlichkeit wegen vereinfacht. U.-P. Reich, Volumen

Analyse 1 Tests. Ein Preisindex soll folgenden Tests genügen: Rundprobe Faktorumkehrung Es gibt mehr evidente Axiome, als sich widerspruchsfrei vereinbaren lassen. Ergebnis. Es gibt keinen Preisindex, der die Tests besteht. U.-P. Reich, Volumen

These 1 Axiome und Tests widersprechen sich in unsystematischer Weise. Der axiomatische Ansatz hat sein Ziel, einen bestimmten Index auszuzeichnen, nicht erreicht. Weiteres Forschen mag interessant sein als Selbstzweck, hat aber nichts für die angewandte Wirtschaftsstatistik nichts gebracht. U.-P. Reich, Volumen

Analyse 2: Der mikroökonomische Ansatz q2 u2 Voraussetzung: Nutzenfunktionen schneiden sich nicht u1 Neoklassische oder homothetische Nutzenfunktionen sind Funktionen nur von q ohne p. Sie können monoton sein. Aber Volumenindizes hängen von p ab. Deshalb können bei Gültigkeit des Identitätsaxioms Nutzenfunktionen zusammenfallen q1 y1/p11 y2/p12 U.-P. Reich, Volumen

Analyse 2 Schöne Namen: Idealer Index Exakter Index Superlativer Index Namen statt Erklärung? - tragen die Namen etwas zur Erklärung der Bedeutung – im Sinne des theoretischen Inhalts, nicht der wissenschaftlichen Gloriole - bei? U.-P. Reich, Volumen

Analyse 2 Budgetgerade Nutzenfunktioen t1 t2 t1 t2 t2 t1 Die Voraussetzung einer neoklassischen (oder homothetischen) Nutzenfunktion widerspricht dem Identitätsaxiom, dass das aggregierte Volumen sich nicht ändert, wenn die Einzelmengen sich nicht und nur die Preise sich ändern. Tatsache: Es kommt vor, dass Nutzenfunktionen sich schneiden (z.B. bei reiner Preisänderung) U.-P. Reich, Volumen

These 2 Die ökonomische Indextheorie hat ihr Ziel einer theoretischen Fundierung der Preisbereinigung nicht erreicht. Keiner der schönen Indizes hat sich durchgesetzt. Durchgesetzt hat sich der Kettenindex, um den sich keine Theorie kümmert. Aber auch der kann den Hicks‘schen Einwand nicht entkräften: Hat sich mit der Einkommensgeraden auch die Nutzenfunktion verschoben? Wenn ja, ist die mikroökomische Ableitung tautologisch: man misst Einkommen und nicht Nutzen. Bedeutet trotzdem Volumen etwas anders als Einkommen? U.-P. Reich, Volumen

These 3 Volumen ist keine Zustands- sondern eine Prozessvariable. Sie misst, um wie viel die Produktion sich zwischen zwei aufeinander folgenden Zuständen eines Marktsystems geändert hat. Sie wird in Werteinheiten (Euro) gemessen. Die Preisvariable gibt dagegen an, um wie viel sich (gleichzeitig) das Tauschverhältnis geändert hat. Zustandsvariable sind Variable, die ein System erreicht,wenn man e s sichselbst überlässt (Gleichgewichtsvaiable) Der Vergleich von Zustandsvariablen führt zur komparativen Statik. Prozesssvariable beschreiben einen konkreten, je nach Prozess verschiedenen Übergang zwischen zwei Gleichgewichten. Volumenänderung nachLaspeyres beschreibt den Übergang, dass erst die Mengen sich ändern, dann die Preise, nach Paasche umgekehrt. U.-P. Reich, Volumen

Begründung Ohne jede Indextheorie: Wert (in Euro) Volumenbewegung (in Euro) Preisbewegung (in Euro) Der Wert ist eine Zustandsvariable. Er bezeichnet die Ströme oder Bestände eines Marktsystems. Die Volumenänderung ist preisabhängig, die Preisänderung mengenabhänig, beides sind Wertgrößen in Geld gemessen. - die Approximation der Differentiale durch endliche Differenzen (Indexformel) in einem Kerttenindex ist eine Frage der Praxis, nicht der Theorie. Für die Vermögensrechnung ist z.B. der Fisherindex nicht zu brauchen. Volumenbewegung und Preisbewegung erzeugen unvollkommene (wegabhängige) Integrale. U.-P. Reich, Volumen

Anschauung Ohne jede Nutzenfunktion Gut 2 (Euro) PDQ: Aggregierte Volumenbewegung QDP: Aggregierte Preisbewegung q2Dp2 p2Dq2 q1Dp1 - Summe ist die Wert- oder Einkommensänderung p1Dq1 Gut 1(Euro) PDQ QDP U.-P. Reich, Volumen

Analogie: Arbeitsinput hi: Zahl der Arbeitsstunden eines Arbeiters ni: Zahl der Arbeiter, die hi Stunden arbeiten ai = hini: Arbeitsinput der Gruppe i A = S ai: Gesamter Arbeitsinput (in Stunden) Bewegung in „Volumen“ („Menge“) Bewegung in „Preis“ U.-P. Reich, Volumen

Kritik Der Vorschlag hat keine Chance, denn warum etwas einfach machen, wenn es auch kompliziert geht. Ihre Meinung, bitte?! - Erhebungsbögen einsammeln. U.-P. Reich, Volumen