Wer war Euklid und was hat er geschaffen?

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 Präsentation transkript:

Wer war Euklid und was hat er geschaffen? Lehrkräftefortbildung im „Jahr der Mathematik“ 8. November 2008 Prof. David E. Rowe

Wer war Euklid? Lebte in Alexandrien ca. 300 v. Chr., also bald nach Gründung der Stadt Autor von mehreren mathematischen Werke, von denen die meisten verloren gegangen sind Zählt mit Archimedes und Apollonius zu den drei wichtigsten Verfasser griechischer Texte

Alexander Jones über Euklid und Archimedes Notices of the AMS, May 2005

„Ancient Greek mathematics is associated in most peoples’ minds with two names: Euclid and Archimedes. The lasting fame of these two men does not rest on the same basis. We remember Euclid as the author of a famous book, the Elements, which for more than two millennia served as the fundamental introduction to ruler-and-compass geometry and number theory.”

„About Euclid the man we know practically nothing, except that he lived before about 200 B.C. and may have worked in Alexandria. He wrote works on more advanced mathematics than the Elements, but none of these have survived, though we have several fairly basic books on mathematical sciences (optics, astronomy, harmony theory) under his name. All his writings dive straight into the mathematics with no introductions. There are hardly even any reliable anecdotes about Euclid.”

Fragment aus Euklids Elementen von ca. 100 n. Chr.: Satz II.5

EE II.5: ein Hauptsatz der „geometrischen Algebra“ EE II.5: Teilt man eine Strecke sowohl in gleiche als auch in ungleiche Abschnitte, so ist das Rechteck aus den ungleichen Abschnitten zusammen mit dem Quadrat über der Strecke zwischen den Teilpunkten dem Quadrat über die Hälfte gleich.

Euklids Elemente: ein architektonisches Meisterwerk

Die Elemente Euklids im Überblick 13 Bücher, die der Elementarmathematik gewidmet sind (ausgeschlossen sind die Kegelschnittslehre und höheren Kurven) Bücher I-IV: die Kongruenzsätze und Flächenlehre für geradlinigen Figuren und Kreisen Bücher V-VI: die Proportionenlehre und ihre Anwendung auf ähnliche Figuren

Bücher VII-IX: Zahlentheorie (geraden und ungeraden Zahlen; Beweis dafür, dass es unendlich viele Primzahlen gibt, usw.) Buch X: die Klassifizierung irrationaler Verhältnisse (das längste und schwierigste Buch, wofür die Araber sich sehr interessierten) Bücher XI-XIII: räumliche Figuren einschließlich die Platonischen Körpern

Die Konstruktion regelmäßiger Figuren und Körpern

Geometrie mit Zirkel und Lineal Die sämtliche Konstruktionen in Euklids Elementen kann man mit diesen Hilfsmittel allein ausführen EE Buch IV: die regelmäßige Vielecken EE Buch XIII: die 5 Platonischen Körper

Reguläre Vielecken In Buch IV zeigt Euklid, dass folgende reguläre Vielecken konstruiert werden können: N = 3,4,5,6,8,10,15

Geometrie mit Zirkel und Lineal Die Konstruktionen für regulären Vielecken mit n = 3, 4 sind möglich, da man mit Zirkel und Lineal Winkeln von 60° bzw. 90° konstruieren kann Man kann auch einen beliebig vorgegebenen Winkeln immer halbieren Somit sieht man leicht, dass es unendlich viele konstruierbare n-Ecken gibt, z. B. alle von der Form:

Die 5 Platonische Körper In EE Buch XIII wird gezeigt, wie man diese 5 reguläre Polyeder konstruiert Zum Schluss wird in EE XIII.18 bewiesen, dass es nur fünf solcher Figuren gibt

Es gibt kein Platonische Körper, wo die Flächen Sechsecken sind

Die fünf Platonische Körper in Keplers Weltharmonik, 1619

Johannes Kepler, 1571-1630: Platonist und Astronom

Keplers Mysterium Cosmographicum, 1596 Fünf Körper für Sechs Planeten

Euklid als historische Figur: Jean Itards drei Hypothesen

Der fehlende Existenzbeweis Archimedes und Apollonius schrieben informalen Vorreden zu ihren Werken In den Werken Euklids findet man nur reine Mathematik: Definitionen, Postulate, Axiomen und zwei Arten von Sätzen (Lehrsätzen und Konstruktionsaufgaben) Der Mathematikhistoriker Jean Itard warf deswegen die Frage auf: existierte einen Mathematiker Namens Euklid überhaupt?

Itards drei mögliche Hypothesen 1) Euklid sei eine historische Figur, der die nach ihm genannten Werke tatsächlich geschrieben hat; oder 2) Er lebte schon, aber als Leiter eines wissenschaftlichen Projekts in Alexandria, an dem er auch vermutlich beteiligt war (also in etwa vergleichbar mit dem Maler Rubens); oder 3) Euklid von Alexandria war der Deckname einer wissenschaftlichen Mannschaft, die die euklidische Werke produzierten (also eine Art antike Bourbaki)

Aus der Vorrede zur Konika des Apollonius „Apollonius grüßt Eudemus. Wenn es dir gesundheitlich gut und auch im übrigen nach Wunsch geht, so freue ich mich. Mir geht es zur Zufriedenheit. Als ich mit dir in Pergamon zusammen war, erfuhr ich von dir, dass du sehr gespannt seiest, meine Forschungen über die Kegelschnitte kennen zu lernen. Daher sende ich dir hiermit das erste Buch, das ich beendigt habe; die übrigen Bücher werde ich dir, sobald ich sie zu meiner Zufriedenheit beendet habe, zustellen. . . .“

„Denn ich möchte glauben, dass du dich noch wohl erinnerst, von mir gehört zu haben, dass ich auf die Bitte des Geometers Naukrates ans Werk gegangen war, der seinerzeit nach Alexandria gekommen war und sich bei mir aufhielt. Ich hatte dir erzählt, dass ich die „Kegelschnitte“, die ich in acht Büchern behandelt hatte, ihm, weil er sich eiligst einschiffen wollte, sogleich mitgegeben habe, ohne sie einer eingehenden Durchsicht zu unterziehen, indem ich mir alles aufschrieb, wie es mir gerade in den Sinn kam, und in der Absicht, später daran zu feilen. . . .“

„Was ich aber Durchmesser und Achsen nenne, wirst du aus diesem Buche ersehen. Das dritte Buch enthält viele merkwürdige Lehrsätze, die von Bedeutung sind für die Konstruktion räumlicher, geometrischer Örter und für deren Determinationen und die meist sehr schön und neu sind. Nachdem ich diese entdeckt hatte, sah ich, dass Euklid die Konstruktion der Örter zu drei und vier Geraden nicht gefunden hatte, sondern nur einen Teil derselben und zudem nicht glücklich; denn es war nicht möglich, ohne die von mir gefundenen Sätze die Konstruktion zu Ende zu führen. . . .“

Euklid gerät in Vergessenheit Die englische Ausgabe der Elemente von Henry Billingsley

Billingsleys Euklid: antike Popups

Euklid von Megara, ein Schüler des Sokrates Diese Verwechslung des berühmten Euklid von Alexandria mit einem fast völlig vergessenen Philosoph aus Megara zeigt deutlich, dass man sich an Euklids Elementen erinnerte, während seine Person in Vergessenheit geriet

Euklids Wirkungsstätte: Alexandria, ca. 250 v. Chr.

Alexandria unter den Ptolemäer Die Stadt wurde von Alexander der Große im Jahr 332 gegründet Er gab den Befehl die Insel Pharos mit dem Festland zu verbinden Nach seinem Tod 323 wurde sein Reich in drei Teilen zerlegt Sein General Ptolemäus Soter gründete danach eine Dynastie in Ägypten Als Ptolemäus I ließ er den berühmten Lichtturm auf Pharos bauen

Der Pharos-Lichtturm vor Alexandria Zählt als eines der sieben Wunder der antiken Welt Der Bau wurde 280 fertig gestellt Über seinen Ausmaß und Aussehen ist nicht viel bekannt Zerstört während eines Erdbebens im 14. Jahrhundert

Die Rolle von Alexandria in der Wissenschaftsgeschichte Euklid, Archimedes und Apollonius erlebten Alexandria in der Zeit als die Stadt an der Spitze der damaligen wissenschaftlichen Welt stand Das Museum und die zugehörige Bibliothek wurde ca. 300 von Ptolemäus I gegründet Seine Nachfolger haben außerdem dieses Forschungszentrum stark gefördert Unter römischen Herrschaft bekamen diese Institutionen jedoch nur wenig Förderung

Die Römer lassen sich blicken Im Jahre 48 v. Chr. ließ Caesar die Flotte der Ägypter in Alexandria verbrennen Einige Quellen berichten, dass die Bibliothek mit in Flammen aufging Doch kann es sich dabei nur um Teile des Bibliotheksbestands gehandelt haben Denn spätere Berichterstatter erzählen von den fortgesetzten Tätigkeiten dort

Antike Alexandria, ca. 400 n. Chr.

Das Museum und die Bibliothek Das Museum in Alexandria war ein internationaler Treffpunkt für Gelehrten aller Fachrichtungen, also es war eine Art antike Forschungszentrum Die hatten Zugang zur zugehörigen Bibliothek, in der etwa 500,000 Werke Platz fanden Teile davon wurden in Kriegszeiten zerstört, aber ein Rest blieb bis zum 7. Jahrhundert n. Chr. z. T. erhalten

Die alexandrinsche Bibliothek

Aus einer amerikanischen Fernsehproduktion

Antike Bücherregale

Alexandria in der heutigen Zeit

Ältere archäologische Funde

Neuere archäologische Funde Vermutlich wurden im Jahre 2004 die Überreste des Museums und der Bibliothek bei Ausgrabungen durch ein polnisch-ägyptisches Archäologenteam wiederentdeckt

Alexandrias neue Bibliothek

Alexandrias neue Bibliothek: ein von der UNESCO gefördertes Projekt Eine norwegische Architekturfirma bekam den Auftrag dieses spektakuläre Gebäude zu konstruieren Die neue Bibliothek könnte bis 8 Millionen Bücher behalten

Sie wird natürlich keine universelle Bibliothek Die heutige Bestände bestehen aus etwa 200.000 Bücher Das wäre ungefähr die Hälfte der alten Bibliothek Die größte Bibliothek ist die US Library of Congress mit etwa 18 Millionen Bücher

Beweisidee für I.47 Euklid fällt den Lot vom Eckpunkt des rechten Winkels auf die Hypotenuse Im großen Quadrat entstehen dadurch zwei Rechtecken Es wird bewiesen, dass sie jeweils zu den oben stehenden Quadraten flächengleich sind

Zwei kongruente Dreiecken Die Dreiecken IAB und CAE sind kongruent wegen SWS Das blaue Dreieck ist halb so groß wie das Quadrat IACH Das rote ist aber die Hälfte des Rechtecks AEFG

Vervollständigung des Beweises Da die Dreiecke selbst gleich groß sind, müssen die zwei Figuren, also das Quadrat und das Rechteck gleich groß sein Die gleiche Argumentation gilt für die rechte Seite

Hippokrates von Chios und die Quadratur eines Möndchens

Beweisidee: der verallgemeinerte Satz von Pythagoras Es war den Griechen offenbar bekannt, dass der Pythagoras für beliebige ähnliche Figuren gilt So ist der Halbkreis über AB genau die Hälfte des Halbkreises ABC Deswegen sind die grünen Flächen gleich

Das gleiche Argument für ein beliebigen rechtwinkligen Dreieck Der schwarze Halbkreis ist der Summe der Halbkreisen auf den Katheten gleich Durch Abziehen der beiden Segmente sieht man, dass die Summe der Möndchen dem blauen Dreieck flächengleich sind

Die Entdeckung inkommensurabler Größen Zwei historische Möglichkeiten

Die Theorie des Theaitetos Schon vor Euklid haben griechische Mathematiker wie Demokrit sich eingehend mit Irrationalitäten beschäftigt Vor allem sind die Leistungen von Theodoros und dessen Schüler Theaitetos (416--368 v. Chr.) zu nennen Die Theorie von Theaitetos gibt eine Klassifikation von irrationalen Streckenverhältnissen, die 13 verschiedenen Arten bilden

Die erste siebzehn Quadratwurzeln Die allgemeine Theorie von Irrationalitäten, wie wir sie in EE Buch 10 finden, ist das Verdienst des Atheners Theaetetus Sein Lehrer Theodorus hatte vorher sich mit Quadratwurzeln beschäftigt, hörte dabei mit auf

Platon über Theodorus Dass dieser Theorie hohes Ansehen zukam, sieht man deutlich im Dialog Theätet, den Plato den verstorbenen Mathematiker widmete Dort findet man die folgende Passage: „Unser Theodorus entwarf uns eine Zeichnung von Quadraten und wies für die Quadrate von drei Quadratfuß nach, dass sie in Seitenlänge nicht kommensurabel sind . . ., und so nahm er jedes einzelne vor bis zu dem siebenzehn Quadratfuß . . ..“

Die ursprüngliche Entdeckung bleibt ein Geheimnis

Die Entdeckung inkommensurabler Streckenverhältnisse stellte das ganze pythagoreische Weltbild in Frage Diese Erkenntnis rief eine „Grundlagenkrise“ in der griechischen Mathematik hervor Die echte historische Sachlage ist aber sehr dunkel: wie diese Entdeckung überhaupt zustande kam bleibt unklar War es in Zusammenhang mit dem Verhältnis zwischen Diagonale und Seite eines Quadrats oder vielleicht mit dem goldenen Schnitt im Pentagramm?

Die Verdopplung eines Quadrats mit der Menon-Figur Diese Aufgabe würde man heutzutage vermutlich in eine algebraische Gleichung umformen Für gegebene Seite s sucht man x, so dass

Wiederkehr einer berühmten Figur

Diagonale und Seite eines Quadrats Dies ist eine erstaunliche gute Annäherung, denn

Das Wahrzeichen der Pythagoreer: das Pentagramm

Ein modernes Geheimnis: das Pentagon Gebäude in Washington

Das Verhältnis vom Pentagramm zum Pentagon

Die Rolle des goldenen Schnitts Die Diagonalen des Pentagramms schneiden sich gegenseitig im Verhältnis des goldenen Schnitts, z.B. BE : FE = FE : BF

Die Rolle des goldenen Schnitts Die Dreiecke EBC und EAF sind ähnlich, also BE : BC = AE : AF Aber BC = AE = FE und AF = BF, also gilt BE : FE = FE : BF

Die algebraische Darstellung Schreiben wir BE = a, und BF = x, dann gilt Die Lösung der Gleichung lautet: Oder umgekehrt finden wir:

Die „geometrische Algebra“ als Werkzeug der Griechen Euklids Elemente Buch II

Der Satz II.4 und seine algebraische Interpretation Teilt man eine Strecke, so ist das Quadrat über der ganzen Strecke den Quadraten über den Abschnitten und zweimal dem Rechteck aus den Abschnitten zusammen gleich

Die algebraische Deutung des Satzes II.4

Hieronymus Georg Zeuthen, 1839-1920 Studierte Mathematik in Kopenhagen Ging 1862 nach Paris wo er abzählende Geometrie bei Michel Chasles lernte Es handele sich um geometrische Probleme, wo man die Anzahl der Lösungen finden will

Die „geometrische Algebra“ Diese Bezeichnung für die Sätzen und Methoden im Buch II der Elemente Euklids geht auf die dänischen Mathematikhistoriker H. G. Zeuthen (1839-1920) zurück Diese Interpretation ist allerdings sehr umstritten, vor allem weil kein expliziten Bezug auf algebraischen Inhalte bei Euklid zu finden ist Wichtige Anwendungen: Behandlung von Irrationalitäten und die Kegelschnittslehre

Satz II.6 Halbiert man eine Strecke und setzt ihr irgendeine Strecke gerade an, so ist das Rechteck aus der ganzen Strecke mit Verlängerung und der Verlängerung zusammen mit dem Quadrat über der Hälfte dem Quadrat über der Hälfte und der Verlängerung gleich.

Beweis von II.6 Behauptung: Rechteck (AM) + Quadrat (LG) = Quadrat (CF) Beweis: Rechteck (AM) = Gnomon (CHF) Nun addiere Quadrat (LG): fertig!

Konstruktionen mit Lineal und Zirkel Der goldene Schnitt

Der goldene Schnitt Die gegebene Strecke AB = a soll im Punkt T so geteilt, dass TB : AT = AT : AB Schreibt man AT = x, TB = a-x, dann ergibt sich (a-x) : x = x : a oder

Die Konstruktion nach EE II.11 1) Errichte das Quadrat ABCD 2) Halbiere AC in E 3) Mit E als Zentrum und EB als Radius zeichne diesen Kreis 4) Verlängere AC bis zum Schnittpunkt des Kreises Z 5) Errichte das Quadrat AZHT

Beweis von II.11 (goldenen Schnitt) Nach II.6 gilt: Rect (CH) + Quad (AE) = Quad (EZ) = Quad (EB) Nach I.47 (Pythagoras): Quad (EB) = Quad (AB) + Quad (AE), so Rect (CH) = Quad (AB) und Quad (AT) = Rect (TD) = (TB)(AB)

Was ist euklidische Geometrie? Oder warum die Geschichte nach über zwei Tausend Jahren Euklid Recht gab!

Welche Rolle spielt das Parallelenpostulat in den Elementen Euklids?

Die erste drei Postulate Gefordert soll sein: Post. I: dass man von jedem Punkt nach jedem Punkt die Strecke ziehen kann, Post. II: dass man eine begrenzte gerade Linie zusammenhängend gerade verlängern kann, Post. III: dass man mit jedem Mittelpunkt und Abstand den Kreis zeichnen kann,

Die vierte und fünfte Postulate Post. IV: dass alle rechten Winkel einander gleich seien, Post. V: dass, wenn eine gerade Linie beim Schnitt mit zwei geraden Linien bewirkt, dass innen auf derselben Seite entstehende Winkel zusammen kleiner als zwei Rechte werden, dann die zwei geraden Linien bei einer beliebig fortsetzbaren Verlängerung [eis apeiron] sich treffen auf der Seite, auf der die Winkel liegen, die zusammen kleiner als zwei Rechte sind.

Zwei Formulierung des Parallelenpostulats: Playfair vs. Euklid

Einwand gegen das fünfte Postulat Es handele sich um einen Lehrsatz, den man beweisen soll!

Die Ausgangslage für einen Beweisversuch Es ist klar, dass man o.B.d.A. den einen Winkel = 90° annehmen darf Wir gehen von der abgebildeten Situation aus und tragen auf der Halbgeraden von B aus eine Strecke beliebiger Länge ab Der Endpunkt heiße E

Von E fälle man das Lot auf AB; der Lotfußpunkt sei L Nun trage man von E aus die gleiche Strecke wieder auf der Halbgeraden ab Man erhalte einen neuen Endpunkt E‚ und den Lotfußpunkt L'

So fahre man fort, bis schließlich ein Lotfußpunkt L(n) auf der Halbgeraden außerhalb der Strecke AB zu liegen kommt; er liegt also oberhalb von A Nun betrachte man das Dreieck BE(n)L(n): die verlängerte Gerade AD tritt in dieses Dreieck ein (nämlich in A), muss es also auch wieder verlassen Diese Stetigkeitsbedingung wird später explizit von Moritz Pasch eingeführt und in Hilberts Grundlagen der Geometrie als Axiom aufgenommen

Der Punkt, in dem dies geschieht, sei S Dann kann S nicht auf AB liegen (warum?) Er kann sich aber auch nicht auf E(n)L(n) befinden, weil sonst im Dreieck ASL(n) der Innenwinkel bei L(n) gleich dem Außenwinkel bei A wäre Also muss S auf BC liegen: fertig!

Wo liegt der Trugschluss? Die Figur links erinnert an den Strahlensatz, obwohl Parallelen nicht direkt konstruiert wurden Der Beweis wäre stichhaltig, wenn wir ja absichern können, dass einen Punkt L(n) außerhalb AB erreicht werden kann