Anamnese und Erstgespräch

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Anamnese und Erstgespräch Ein Referat von Jenny Braun und Claudius Brüning

Definition Anamnese: „Anamnese bezeichnet die Erfassung der Biografie des Menschen bei der es nicht um das Erkennen von Problemen und Schwierigkeiten geht, sondern um eine Beschreibung des gesamten Entwicklungsverlaufes.“ (Lawner, W., 2008, S.63)

Ziel der Anamnese: Das Erhalten von Informationen zum biografischen Hintergrund, also der Vorgeschichte des Klienten Die Erfassung von früheren oder gegenwärtigen Verhaltensweisen und Erfahrungen des Klienten in seinem sozialen Umfeld. erst nach der Anamnese, sowie der Rücksprache mit Kollegen kann eine Diagnose erstellt werden, ggf. eine angemessene Therapie erarbeitet werden. Die Informationen dienen in der Heilpädagogik auch zur Vorbereitung

Anamnese bei behinderten Kinern Bei behinderten Kindern ist eine sehr ausführliche Anamnese erforderlich (besonderes Anamneseschemata) Hier spricht nicht der Betroffene selbst, sondern eine enge Bezugsperson Das anamnestische Gespräch bei beeinträchtigten Kinder erweist sich oft als sehr schwierig, da sich der Heilpädagoge auf diverse Merkmale individuell einstellen muss (anders beim nicht-behinderten Kind: Anamnese= objektiv) Aussagen einer Anamnese müssen immer ausgewertet werden - immer berücksichtigen, dass die Gültigkeit der gesammelten Daten durch Fehlinformationen beeinträchtigt sein kann

Bedeutung der Anamnese Begegnung und Kontakt mit den ratsuchenden Eltern Förderung einer Vertrauensbasis zwischen Eltern und Heilpädagoge Kennenlernen der Schwierigkeiten und Symptome des Kindes Detailliertes Bild von Entwicklung und Persönlichkeitsstruktur des Kindes (wichtig: gesamte Biographie + aktuelle Verhaltensweise) Einblick in die aktuelle Lebensumwelt de Kindes Erstellung einer genetischen Diagnose

Unterschiede: Eigen- und Fremdanamnese Eigenanamnese: Diese beruht auf Angaben, die der Klient selber macht. Es kommt jedoch öfter vor, dass diese auf Irrtümern und Verwechslungen beruhen. Fremdanamnese: Hier geht es um das Gespräch mit einer zentralen Bezugsperson (Eltern, Pflegeeltern, Heimleiter…). Dadurch werden bestimmte Informationen über die Vorgeschichte umfassender und zuverlässiger. Die Fremdanamnese wird dann durchgeführt, wenn gesammelte Daten nicht ergründbar sind, z.B. bei behinderten Menschen.

Wie gliedert sich die Anamnese? Familienanamnese: Erörterung von Entwicklungen, Zuständen und Interaktionen. Es geht um die so genannten Risikofaktoren: Krankheiten in der Familie, Arbeitslosigkeit, Konflikte, etc. Persönliche Lebensgeschichte Hier werden Informationen über die bisherigen Entwicklungsverläufe des Klienten gesammelt: Ereignisse im Zusammenhang mit der Geburt Säuglings- und Kleinkindalter Vorschul- und Schulalter Pubertät Erwachsenenalter, bis hin zur heutigen Situation

c) Aktuelle Lebenslage: Hier wird die momentane Situation bezeichnet (in welcher Lebenslage befindet sich der Klient grade?) Soziale Rolle Dokumentation seiner Interessen, Hobbies, Wünsche, Bedürfnisse, Gefühlslage, etc.

Anamneseerhebung: Systematische Vorgehensweise Daten immer überprüfen, ergänzen und verfeinern Für eine sinnvolle Gestaltung der Anamnese muss der Heilpädagoge immer auf vier Punkte achten: Positive Beziehung Zweckmäßige Verwendung der gesammelten Informationen Dauer einer Anamnese Wahl eines passenden Erhebungsmittels (Fragebogen oder Gespräch)

Fragebogen: Gespräch: ermöglicht Klienten persönliche - fällt vielen Betroffenen leichter Zeiteinteilung da sie ihre Angelegenheiten besser vermitteln können Nur sinnvoll, wenn Klient in der Lage ist den Bogen - Klient kann selbst entscheiden verantwortungsbewusst und was er preisgibt und was nicht präzise auszufüllen - Klient kann sofort eingreifen, Bei beeinträchtigten Kindern wenn der Berater ihn falsch füllen diesen immer die versteht Bezugspersonen aus - hier werden annähernd die die selben Fragen gestellt, die der Klient im Fragebogen beantworten muss (Reihenfolge)

Ratschläge für eine angemessene Anamnese: Kurze, verständliche Erklärungen Einfaches, klares Deutsch Vermeidung von Fremdwörtern und Fachausdrücken Fragen nach konkretem individuellen Verhalten Vermeidung von Suggestivfragen

Kritik „Die Kritik muss davon ausgehen, dass es nicht sinnvoll ist, Daten zu erheben, wenn man nicht schon zuvor weiß, was man mit ihnen anfangen wird.“ (Kubinger, K./Deegener, G. (2001), S. 22) Jede Anamneseerhebung läuft Gefahr, Beobachtungs- und, oder Beurteilungsfehler zu begehen, wie z. B. die Ausklammerung bestimmter Themen.

Definition Erstgespräch: Beim Erstgespräch – oft auch förder-diagnostisches Untersuchungsgespräch, oder „information-getting-interview“ genannt, handelt es sich um ein erstes gelenktes, erkundendes Beratungsgespräch zwischen dem Klienten und einer Person, die beratend tätig ist (Heilpädagoge, Sozialarbeiter, Psychologe, etc.).

Ziel des Erstgesprächs: Gewinnung von Kenntnissen aus der Geschichte, dem gegenwärtigen Leben, der Umwelt und der Erlebniswelt des Klienten. Vorbereitung eines Arbeitsbündnisses zwischen Klient und beratender Person.

Das Erstgespräch dient: Der Kontaktaufnahme, dem beiderseitigen Kennen lernen und dem Aufbau eines Vertrauensverhältnisses Der Gewinnung eines ersten Überblicks, bezüglich der jeweiligen Situation des Klienten. Dem Aufzeigen von Problemen, die zwar thematisiert, jedoch nicht gelöst werden. Der Einschätzung von vorhandenen Ressourcen

5. Einer Prüfung, ob eine Zusammenarbeit in Frage kommt 6. Gelegentlich auch dazu, Zuständigkeiten (z.B. die Frage nach betreutem Wohnen oder einem Wohnheimaufenthalt) zu klären

Welche Kriterien gibt es bei einem Erstgespräch? Den Grad der Freiwilligkeit Die Art des Gespräches Der Umfang, aber auch die Komplexität des Problems

Wie entsteht ein Erstgespräch? Erstgespräche können angeordnet, oder auf freiwilliger Basis eingegangen werden. Dreierlei Wege: 1. Der Klient selbst möchte sich beraten lassen – er sucht den Berater von selbst auf. 2. Eine andere Person glaubt, dass der Klient sich Beratung suchen sollte – diese Person (z.B. Arzt oder Erzieher) kontaktiert den Berater. 3. Der Berater nimmt von selbst Kontakt auf (z.B. wenn er in der Frühförderung, oder in sonstigen mobilen Diensten tätig ist).

Wie viele Beteiligte kann ein Erstgespräch haben? Es gibt zahlreiche Möglichkeiten: Zwischen zwei Personen (Klient/Berater) Mehrere Klienten und einem Berater Mehrere Berater und ein Klient Helferkonferenzen: mehrere Klienten und mehrere Berater

Welche Themenbereiche können eine Rolle spielen? Kind und Problem (Störung, Behinderung) Die Eltern und das Problem des Kindes Die frühkindliche Entwicklung

4. Die Erziehungssituation 5. Die Schulsituation 6. Die Spielsituation und die Freizeit

Mögliche Beratungsstruktur eines Erstgespräches (Phasen) Die Vorbereitung: Ist von großer Wichtigkeit Vorhandene Dokumentationen werden noch einmal studiert, das Setting wird vorbereitet, die Konzentration soll auf das Gespräch gelenkt und Störungen vermieden werden.

2. Die Einleitung: Freundliche Begrüßung Gefühl der Wertschätzung vermitteln Lockerer Gesprächseinstieg (Smalltalk)

3. Die Explorationsphase: Beschäftigt sich sowohl mit der Vergangenheit, als auch der Gegenwart des Klienten Berater sollte nicht als Problemlöser auftreten (Darstellung des Problems steht im Mittelpunkt) Berater sollte konkrete Fragen stellen und Gefühle ansprechen, sowie aktiv zuhören

4. Die Konstruktionsphase: Orientiert sich an der Gegenwart und Zukunft Aus Explorationsphase gewonnene Informationen nutzen, um eine Problemlösung zu ermöglichen.

5. Contracting: Arbeitsaufträge in beiderseitigem Einvernehmen aushandeln und festlegen. Klienten in die Lage versetzen selbst Veränderungen herbeizuführen.

6. Gesprächsabschluss: Offene Punkte klären, Arbeitsauftrag wiederholen. Klienten ermutigen (entsprechende Geste)

Wie sollte man sich als Berater verhalten? Grundannahme: „Man kann sich nicht nicht verhalten. Wenn man also akzeptiert, dass alles Verhalten in einer zwischenpersönlichen Situation Mitteilungscharakter hat, d.h. Kommunikation ist, so folgt daraus, dass man wie immer man es auch versuchen mag, nicht nicht kommunizieren kann.“ (Paul Watzlawick, 2000)

Die zehn Gebote für eine Anamnese und ein erfolgreiches Gespräch – oder: worauf es sich zu achten lohnt: Sei kongruent (echt) 2. Zeig Akzeptanz (bedingungslose Wertschätzung) 3. Sei empathisch (einfühlendes Verstehen) 4. Akzeptiere die Existenz von Konflikten 5. Sorge für eine positive Gesprächsatmosphäre

6. Höre aktiv zu 7. Überprüfe deine Zielsetzung, reflektiere deine Vorgehensweise 8. Teile deine Gefühle, Bedürfnisse und Erwartungen offen mit (ich-Botschaften) 9. Konzentriere dich auf das Wahrnehmbare und bemühe dich um Objektivität 10. Kenne die Grenzen eines Gesprächs und löse Konflikte selbst.

Literaturangaben: Bundschuh, K. (2005): Einführung in die sonderpädagogische Diagnostik. 6. Auflage, E. Reinhardt, München, Basel Hobmair, H. (2003): Psychologie, Bildungsverlag EINS, Troisdorf, 3. überarbeitete und erweiterte Auflage. Köck, P. (2004): Praxis der Beobachtung und Beratung. Auer, Donauwörth, 6. überarbeitete und erweiterte Auflage. Ondracek, P./Strömer, N. (Hrsg.) (2007): Diagnostik und Planung. Frank & Timme, Berlin. Pallasch,W./Kölln, D. (2002): Pädagogisches Gesprächstraining, Juventa, Weinheim, 5. überarbeitete und erweiterte Auflage Lawner, W./Greving, H., Niehoff, D. (Hrsg.) (2008): Methoden in Heilpädagogik und Heilerziehungspflege, Diagnostik. Bildungsverlag EINS, Troisdorf. Weisbach, C. (2003): Professionelle Gesprächsführung, DTV, Tübingen, 6. überarbeitete und erweiterte Auflage. http://www.sign-lang.uni-ham burg.de/Projekte/SLex/SeitenDVD/Konzepte /L50/L5019.htm http://www.pantucek.com/seminare/200709avalon/erstgespraeche.pdf

Danke für eure Aufmerksamkeit !!!