8 Konjunktur und Wachstum

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 Präsentation transkript:

8 Konjunktur und Wachstum Abgrenzung bzw. Definition nicht einheitlich: Landläufiger Sprachgebrauch: Wachstum = jährliche Zuwachsrate des realen BIPs Konjunktur = Phänomen zyklisch zu- bzw. abnehmender Zuwachsraten des realen BIPs ln BIP t Trend b) Wissenschaftlicher Sprachgebrauch I: Wachstum = trendmäßiger Zuwachs des realen BIPs Konjunktur = zyklische Schwankungen des realen BIPs um einen mittelfristigen Trend ln BIP PP c) Wissenschaftlicher Sprachgebrauch II: Wachstum = Zuwachs des gesamtwirtschaftlichen Produktionspotentials (Produktionskapazität) Konjunktur = zyklische Schwankungen im Auslastungsgrad des Produktionspotentials t U.van Suntum VWL III Foliensatz 8

Wichtige Begriffe: Stationäre Wirtschaft: autonome Größen wachsen nicht, kein technischer Fortschritt  bestenfalls Konjunkturschwankungen um ein Gleichgewichtseinkommen, kein Trendwachstum ln BIP GG t U.van Suntum VWL III Foliensatz 8

Wichtige Begriffe: Steady-State-Gleichgewicht (GG): alle Niveaugrößen wie I , C und Y wachsen mit konstanter Rate  alle Relationen zwischen ihnen bleiben konstant ln BIP GG t U.van Suntum VWL III Foliensatz 8

Einteilung der Konjunkturphasen (Konzept des Auslastungsgrades) Auslastungsgrad PP Oberer Wendepunkt Unterer Wendepunkt Normalauslastung Zeit Aufschwung Abschwung Ampli- tude BIP/PP Zu beachten: Abgrenzung der Phasen uneinheitlich Investitionen laufen zeitlich vor Beschäftigung läuft zeitlich nach U.van Suntum VWL III Foliensatz 8

Antizyklische Konjunkturpolitik Auslastungsgrad PP Boom Normalauslastung Rezession Zeit Grundidee: Glättung von Konjunkturschwankungen Aufschwung/Boom: Budgetüberschüsse, kontraktive Politik Abschwung/Rezession: Hinnahme von Budgetdefiziten, expansive Politik langfristig ausgeglichenes Budget U.van Suntum VWL III Foliensatz 8

Kritik der antizyklischen Konjunkturpolitik Theoretische Kritik: Instabilität des privaten Sektors ist fraglich Multiplikatormodelle sind zu naiv Bei Berücksichtigung von Importen verpuffen Wirkungen Verhalten der WS ändert sich (Antizipation) Empirische Kritik: Konzept hat Schwankungen nicht verhindert Inflation und Staatsverschuldung wurden erhöht Arbeitslosigkeit ist langfristig gestiegen U.van Suntum VWL III Foliensatz 8

Kritik der antizyklischen Konjunkturpolitik Technologische Kritik: Dosierungsproblem Wirkungsverzögerungen  ggfs. Verstärkung der Zyklen „inside lags“ : Diagnose  Entscheidung  Handlung „outside lag“ : Reaktion der WS  Wirkung Praktisch/politische Kritik: Restriktive Politik unpopulär  Asymmetrie der Maßnahmen (Staatsverschuldung steigt, Inflation) Missbrauch zu Wahlzwecken  politische Konjunkturzyklen Missbrauch für Beschäftigungspolitik (Angebotspolitik) U.van Suntum VWL III Foliensatz 8

Konjunkturtheorien (verschiedene Unterteilungen möglich) Nicht-monetäre Konjunkturtheorien Monetäre Konjunkturtheorien Geldmenge bzw. Zinsen spielen zentrale Rolle bei Auslösung und/oder Verstärkung von Zyklen (z.B. monetaristische Modelle von Friedman, Laidler) Zyklen entstehen hauptsächlich im realen Sektor, z.B. durch asynchrone Ausweitung von Investition und gesamtwirt- schaftlicher Nachfrage (z.B. keynesianische Modelle von Hicks, Samuelson) U.van Suntum VWL III Foliensatz 8

Konjunkturmodell von J. R Konjunkturmodell von J.R. Hicks (1950) (alle Größen ohne Zeitindex = Periode t) Y = C + I + G (Im Originalmodell G = 0) C = cYt-1 (Konsumfunktion mit Robertson-lag) I = Iaut + a (Yt-1 – Yt-2) (Investitionsfunktion) Induzierte Investition Iind a = Akzelerator („Beschleuniger“) (4) G = Gaut (kreditfinanzierte Staatsausgaben) Anmerkung: Die genaue mathematische Herleitung der dynamischen Eigenschaften des Modells findet man bei A.E. Ott, Einführung in die dynamische Wirtschaftstheorie, Göttingen 1970 U.van Suntum VWL III Foliensatz 8

Im stationären Gleichgewicht (Nullwachstum aller Größen) muss gelten: d.h. in diesem Fall gilt der normale Keynes´sche Multiplikator Störungen (z.B. durch Erhöhung der Staatsausgaben) führen jetzt aber nicht mehr unbedingt zu asymptotischer Anpassung an ein neues Gleichgewicht wie bei Keynes, sondern u.U. zu Zyklen oder Instabilität: t Yt Hicks: Y t Yt Keynes: Y U.van Suntum VWL III Foliensatz 8

Zahlenbeispiel: Störung ab t1: Staatsausgaben ↑ C = 0,6Yt-1 a = 0,9 Iaut = 90 Iind = 0,9(Yt-1 – Yt-2) G = 18  Y* = 1/(1- 0,6) (90 + 18) = 2,5 · 108 = 270 Ausgangsgleichgewicht t0: C = 0,6Yt-1 a = 0,9 Iaut = 90 Iind = 0,9(Yt-1 – Yt-2) G = 0  Y* = 1/(1- 0,6)(90 + 0) = 2,5 · 90 = 225 (Erhöhung von autonomem Konsum oder autonomen Investitionen würde genauso wirken wie Erhöhung kreditfinanzierter Staatsausgaben) U.van Suntum VWL III Foliensatz 8

Anpassungsprozeß Hicks-Modell für das Zahlenbeispiel Wechselseitige Abhängigkeit von Y und I bringt die Dynamik: Volkseinkommen Y hängt von absoluter Höhe der Investitionen ab Investitionen I hängen wiederum von Änderung des Volkseinkommens ab Wendepunkte der Investitionen liegen früher als die Wendepunkte des Volkseinkommens (ist auch in der Realität der Fall) Investitionen schwanken prozentual stärker als Y (dito) U.van Suntum VWL III Foliensatz 8

Grafische Darstellung des Zahlenbeispiels: Y pendelt sich auf neues Gleichgewichtseinkommen (270) ein I kehrt zu ursprünglichem Gleichgewichtsniveau zurück Dynamische Eigenschaften hängen von quantitativen Werten für marginale Konsumquote c und Akzelerator a ab! U.van Suntum VWL III Foliensatz 8

Stabilitäts- und Schwingungseigenschaften des Hicks-Modells: c = 2 a0,5 - a 1 stabil instabil Schwingungen Keine Schwingungen K.S. a = 4 Das heißt es kommt auf zwei Bedingungen für das Systemverhalten an: a < 1  Tendenz zum Gleichgewicht c < 2 a0,5 – a  Schwingungen, sonst asymptotischer Verlauf U.van Suntum VWL III Foliensatz 8

Die 4 möglichen Fälle im Überblick: Hicksmodell.xls Sonderfälle: a = 1 => gleichbleibende Schwingungen c = 2 a0,5 – a => keine bzw „unendlich“ langwellige Schwingungen a A B C D Y t Fall A Y t Fall B U.van Suntum VWL III Foliensatz 8

Die 4 möglichen Fälle im Überblick: Hicksmodell.xls Sonderfälle: a = 1 => gleichbleibende Schwingungen c = 2 a0,5 – a => keine bzw „unendlich“ langwellige Schwingungen a A B C D Y t Fall C Y t Fall D U.van Suntum VWL III Foliensatz 8

Realistischster Fall laut Hicks: Fall C = explodierende Schwingungen Offensichtlich empirisch nicht beobachtbar. Gründe laut Hicks: Begrenzung von effektivem Sozialprodukt Yeff nach oben durch „ceiling“ (Produktionspotential) Begrenzung von effektiven Investitionen Ieff nach unten durch „floor“ (negative Investitionen höchstens in Höhe unterlassener Ersatzinvestitionen = Abschreibungen möglich) Erreichen der Begrenzung führt dennoch zu weiteren Schwingungen (ähnlich wie Billardkugel) Im folgenden vereinfachend angenommen: ceiling bzw. Produktionspotential in stationärer Wirtschaft ist konstant, Abschreibungen D ebenfalls (beide von Kapitalstock und Investitionen abhängig) U.van Suntum VWL III Foliensatz 8

Einfügung von ceiling und floor in das Modell Y Yceil ceiling floor I t Abschreibungen - D U.van Suntum VWL III Foliensatz 8

Hicks-Modell mit Wachstum der autonomen Größen Y = C + I + G (Im Originalmodell G = 0) C = Caut (1+g)t + cYt-1 (Konsumfunktion mit Robertson-lag) I = Iaut (1+g)t + a (Yt-1 – Yt-2) (Investitionsfunktion) G = Gaut (1+g)t Für ein steady-state-Gleichgewicht müssen alle autonomen Größen mit der gleichen Rate g wachsen! U.van Suntum VWL III Foliensatz 8

Einsetzen dieser Bedingungen ergibt schließlich: Im steady-state Gleichgewicht (konstantes Wachstum aller Größen) muss jetzt gelten: Auf dem Gleichgewichtspfad bzw. in einer Gleichgewichtsperiode des steady-state gilt jetzt also nicht mehr Yt = Y t-1 = Y t-2 Einsetzen dieser Bedingungen ergibt schließlich: „Supermultiplikator“ (Für g = 0  Keynes-Multiplikator) U.van Suntum VWL III Foliensatz 8

Ableitung des Supermultiplikators U.van Suntum VWL III Foliensatz 8

Grafische Darstellung (halblogarithmischer Maßstab) Neuer Gleich- gewichtspfad lnY Yt Alter Gleich- gewichtspfad Störung, z.B. Erhöhung von G t Die Bedingungen für die dynamischen Eigenschaften des stationären Modells gelten auch hier (hinsichtlich Stabilität und Schwingungen) der Supermultiplikator bestimmt das Niveau des Gleichgewichtspfades er gilt nur, wenn alle autonomen Größen mit gleicher Rate g wachsen U.van Suntum VWL III Foliensatz 8

Zusammenfassende Kritik des Modells von Hicks Positiv: Labilität des Gleichgewichts wird deutlich Vorlauf und Amplitude der Investitionen stimmen Sehr einfach, trotzdem relativ realistisch Negativ: Geldsektor fehlt, Arbeitsmarkt auch Amplituden viel zu stark Wachstum autonomer Größen bleibt exogen Monokausale Konjunkturerklärung U.van Suntum VWL III Foliensatz 8