Tarifkonferenz IG Metall Augsburg, 11. Juni 2005

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Tarifvertrag Qualifizierung
Advertisements

Tarifpolitik HuK 2002 IGM Vorstand Tarifabteilung Clemens Franzen1 Tarifpolitik in den Holz- und Kunststoffbranchen 2001/2002 Situation und Anforderungen.
ERA – Koordinationsfelder Entgelt, Eckentgelt
Neuer Claim: Natürlich gut beraten
Warum die Löhne steigen müssen!
Vertrauensleutekonferenz Leipzig: BR Wahlvorbereitung bei Daimler.
Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst
Evaluation von Gesundheitsförderung im Unterricht und in der Schule
Situation Textile Dienste
Verbetrieblichung der Tarifpolitik Erosion des Flächentarifs oder Gestaltungschance? Dr. Reinhard Bispinck WSI in der Hans-Böckler-Stiftung.
Flächentarifvertrag und Mindeststandards zwischen Erfolg und Erosion - 5 Thesen und einige Argumente - Dr. Reinhard Bispinck WSI in der Hans-Böckler-Stiftung.
Dr. Reinhard Bispinck Abschied vom Flächentarifvertrag? Wohin steuert das deutsche Tarifsystem? WSI-Tariftagung 2006 Düsseldorf, Reinhard.
Dezentralisierung der Tarifpolitik –
Wie kann betriebliche Gesundheitsförderung einen Beitrag zur Modernisierung des Öffentlichen Dienstes leisten? von Senatsdirektor Dr. Volker Bonorden Senat.
Ver.di/Bereich Wirtschaftspolitik Rahmenbedingungen Tarifverhandlungen 2007/ Gesamtwirtschaftliche Entwicklung und Perspektiven - Stand: Mai 2007.
Ver.di Bundesvorstand Bereich Wirtschaftspolitik, Gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen Gesamtwirtschaftliche Entwicklung und Perspektiven Rahmenbedingungen.
Tarifverhandlungen im Baugewerbe Wie raus aus der „Sackgasse“?
Carl-von-Ossietzky-Universität, Oldenburg
Tarifvertragliche Regelungen zur Leiharbeit
Betriebliche Bündnisse für Arbeit (BBfA)
Dr. Reinhard Bispinck Wohin geht die Reise? Strukturveränderungen im Tarifvertragssystem Dr. Reinhard Bispinck WSI in der Hans-Böckler-Stiftung Zukunft.
Vertrauensleute-Info
1. Sitzung der SPD-Unterarbeitsgruppe Berlin, 26. April 2007
Schaffung anpassungsfähiger Betriebsratsstrukturen
Effektive Betriebsratsarbeit
IT-Weiterbildung und Betriebsrat Situation am Beispiel der Software AG 2004 Karl-Heinz Hageni Regionaler Arbeitskreis IT/TK Qualifizierung.
Absender Präsentation Berlin Vereinbarung zur Weiterentwicklung der Tarifregelung zum flexiblen Übergang in die Rente zwischen Südwestmetall.
Bezirk NRW Arbeitszeitpolitische Initiative NRW Arbeitszeit gestalten – Lebensqualität verbessern.
Zeitliche Planung Tarif- und Betriebspolitik ERA-TV
Schichtarbeit vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung
Alternativen sichtbar machen Vertrauensleute der IG Metall
Operation Übernahme! Arbeitslos!
Selbstverständnis, Ziele, Zeitplan und Materialien
Handlungsanleitung Betriebliche Instrumente zur Beschäftigungssicherung.
1. Arbeitnehmerverbände
Möglichkeiten und Grenzen einer Flexibilisierung der tariflichen Entgeltpolitik
Dienstgeber./. Dienstnehmer Dienstgeber werden weiter versuchen das Arbeitsrecht in der Gesundheits- und Sozialbranche zu diktieren Satzung der DWs.
Menschen handeln.
Wirtschaft Technologie Umwelt Vorstand Wilfried Kurtzke Konjunktur: Aufschwung ohne breite Grundlage Einkommen, Nachfrage, Arbeitsplätze Kollektive Arbeitszeitverkürzung.
„Fit für die Zukunft“ als Ergänzungstarifvertrag durchgesetzt
IG Metall Trainee Seminar Arbeitsrecht I + II – DGB BZ Hamburg Sasel
Tagung des Hattinger Kreises am Juni 2008
Mehr als Beschäftigte haben ihr Votum abgegeben!
Warum ist Vereinbarkeit ein Thema?
Funktionsbereich Tarifpolitik
Vorstand FB Tarifpolitik Berufliche Weiterbildung und Qualifizierung Was können wir tariflich und betrieblich tun?
Das Motto Gleiche Arbeit Gleiches Geld Leiharbeit fair gestalten.
Prof. Dr. Wolfgang Schroeder
Aktionsplan Leiharbeit (Grundzüge)
Berufliche Weiterbildung und Qualifizierung
Wir bestimmen mit! JAV-Wahlen nach BetrVG
New ways of getting it/IT done
Beiratssitzung Detlef Wetzel (Stand: 7. Juni 2010)
HEUTE MITTE 30 - IN 15 JAHREN 50+!
Wie entstehen Tarifverträge ?
Evaluationen sind nicht nur technische Vorgänge, sondern immer auch soziale Prozesse. Bei der Gestaltung von Evaluationen muss auf beides geachtet werden,
Reinhard Bispinck Tarifpolitik im Umbruch: Entwicklungslinien und Herausforderungen Berlin, Dezember 2006 WSI-Herbstforum.
VWL werden eingesetzt zum Sparen in: Investmentfonds
Vorstand Ressort Bildungs- und Qualifizierungspolitik 01./02. November 2012 in Frankfurt am Main Das IG Metall-Projekt „Ein neues Leitbild für die betrieblich-
Baden-Württemberg Mehr Geld für Auszubildende … Wir sind es wert. Tarifrunde 2007 – Das Ergebnis.
Augsburg Angriffe auf die Tarifverträge über alle Branchen Tarifkonferenz in Gersthofen.
IG Metall Esslingen Die IG Metall - eine starke Gewerkschaft IG Metall 1.
Ruth Fischer-Pusch IG Metall Bezirksleitung Ba-Wü. Vertrauen ist gut – Betriebsrat ist besser.
1 IG Metall | FB Mitglieder und Kampagnen Foto: BMW Group.
Heidelberg Nah dran und kompetent Vertrauensleute der IG Metall Vertrauensleute-Wahlen 2012.
Automobilindustrie Aktuelle Entwicklung und Ausblick.
Vorstand 01 Arbeitsplätze sichern Konjunktur stabilisieren Zukunft gestalten Keine Entlassungen in 2009.
Pforzheim Tarifbewegung 2008 Metall- und Elektroindustrie Kurzdarstellung Verhandlungsergebnis Baden-Württemberg 12. November 2008 in Sindelfingen.
Vorstand IG Metall Vorstand / FB Betriebs- und Branchenpolitik / Ressort Vertrauensleute und Betriebspolitik Präsentation zur „Kleinen Arbeitshilfe für.
 Präsentation transkript:

Tarifkonferenz IG Metall Augsburg, 11. Juni 2005 „Hat der Tarifkonflikt 2006 bereits begonnen?“ oder Die Zukunft des Flächentarifvertrages im Spannungsverhältnis zwischen Dezentralisierung und Differenzierung Tarifkonferenz IG Metall Augsburg, 11. Juni 2005

Ausgangslage – Allgemein 2. Tariffähigkeit der IG Metall Entwicklung der Tarifbindung Ausgangslage – Allgemein Stellenwert und Strahlkraft FLTV nimmt ab Aktionen betrieblicher Tarifpolitik nehmen zu Verteilungs- und Abwehrkämpfe finden parallel statt Kontrollverluste bei Arbeitszeit und Effektivverdiensten Neue Branchen und Tätigkeiten werden teilweise vom FLTV nicht mehr erfasst AKTIONSFELD FLÄCHE SCHRUMPFT – AKTIONSFELD BETRIEB WÄCHST!

Ausgangslage – 2 – Tarifrunde 2006 2. Tariffähigkeit der IG Metall Entwicklung der Tarifbindung Ausgangslage – 2 – Tarifrunde 2006 Ökonomische Rahmenbedingungen ähnlich wie 2004 Tarifrunde und BR-Wahlen finden nahezu gleichzeitig statt Reine Entgeltrunde ohne weitere Themen? Problemfeld Pforzheim-Regelung (TV läuft in BY zuerst aus) Differenzierte Landschaft (auch durch Abweichungen) Bundestagswahl im Herbst 2005

Zu erwartende Angriffe auf den Flächentarif im Hinblick auf BT-Wahl: Betriebliche Bündnisse / Abweichende Vereinbarungen Aufhebung des § 77.3 BetrVG Tarifliche Öffnungsklauseln ermöglichen die Abweichungen auf Betriebsebene Neubestimmung des Günstigkeitsprinzips Teil-Ablösung des Flächentarifs durch Unternehmens- oder Tarifverträge für Teilbranchen Diese Angriffe zielen auf die Abschaffung des Flächentarifs bzw. untergraben den Flächentarif als Mindestnorm.

Koordinaten/Grundlagen von Tarifpolitik verschieben sich (1) 2. Tariffähigkeit der IG Metall Entwicklung der Tarifbindung Koordinaten/Grundlagen von Tarifpolitik verschieben sich (1) Trotz guter Abschlüsse der Vergangenheit keine erkennbare Weitergabe an die Beschäftigten – Lohndrift! Arbeitgeber(-verbände) stellen friedensstiftende und produktivitätsorientierte Funktion der FLTV zugunsten von Wettbewerbsorientierung in Frage Ebene des Betriebs rückt viel stärker in das Zentrum der Verteilungspolitik – Probleme hierbei: Betriebspolitische Schwäche / Organisationspolitische Trends und Erpressbarkeit durch Massenarbeitslosigkeit konzentrieren sich im Betrieb stark.

Tarif- und Effektiveinkommen (1992/2004)

Koordinaten/ Grundlagen von Tarifpolitik verschieben sich (2) 2. Tariffähigkeit der IG Metall Entwicklung der Tarifbindung Koordinaten/ Grundlagen von Tarifpolitik verschieben sich (2) Einige Organisationsbereiche sind faktisch tariffrei oder stark gefährdet Beispiele: - im Elektrohandwerk bundesweit keinen gültigen TV mehr - im KFZ-Handwerk Ost / auch Gesamtmetall verweigert zunehmend Abschlüsse, z.B. beim BMTV und bei der VWL Künftig mehrstufige Tarifwelt auch im M+E Bereich?: Tarifwelt 1 mit FTV in (größeren) Unternehmen mit intakter Organisation durch IGM Tarifwelt 2 mit firmenbezogenen TVs bzw. Abweichungen Tarifwelt 3 ohne tarifliche Bindungen

Steigende Zahl von firmenbezogenen Tarifverträgen, Vergleich 1993 – 2003 Der Prozess der Dezentralisierung findet latent, seit mindestens 10 Jahren, statt. Quelle: IAB Betriebspanel 1998/2002

Fazit aus dem Verschieben der Grundlagen Solidarische Tarifpolitik der muss künftig der Dualität von Fläche und Betrieb und der Dualität von Abwehrkampf und Verteilung/Gestaltung gerecht werden – mit allen noch auszulotenden Konsequenzen für die Tarif-, Betriebs- und Organisationspolitik der IGM. Weiter so, reicht scheinbar nicht aus!

Pforzheim – Ursachen und Folgen und Bewertung (1) Abschluss als Antwort auf bestehende Praxis betrieblicher Abweichungen (Härtefälle Ost, TV Beschäftigungssicherung) und den enormen Druck auf generelle Öffnungsklauseln (Anlage TR 2004 von Gesamtmetall!) Versuch durch Verfahrensregeln (Wachstum, Investitionen und Beschäftigungsaufbau) die Beteiligung der TVP zu sichern. Spielregeln definieren. Kontrollierte Dezentralisierung“ droht jedoch zu scheitern - steigende Zahl der Fälle - unterschiedliche Qualität und Standards der Vereinbarungen - Ausmaß Arbeitszeitregelungen (nicht „absolute Ausnahme“)

Pforzheim – Ursachen und Folgen und Bewertung (2) Fazit für die IGM: Trotz hoher Be- und struktureller Überlastung der Organisation (20% der Betriebe beschäftigen bis zu 100% der IGM) haben noch nicht zu einer (damals gewollten aber nie geliebten) Kontrolle der Erosion des FLTVs beigetragen. Ursachen von betrieblichen Tarif-Verhandlungen: Tarifvereinbarung Metallindustrie (Pforzheim) TV Beschäftigungssicherung (Sanierung) OT-Betriebe Erstherstellung einer Tarifbindung (alte/neuen Branchen)

Tarifpolitische Handlungsfähigkeit – Situation Bayern Steigende Bedeutung von tariffreien Bereichen und OT Verbänden Beispiel Bayern: VBM vertritt nach Angaben von Gesamtmetall per FTV (ohne FirmenTV) 58,5 v.H. der Beschäftigten (421.000) und 13 v.H. der Unternehmen (nach VBM: 18 v.H. der Unternehmen, nach BZL: 436.000 der Beschäftigten) 2002: 47 Betriebe aus Verband ausgetreten, für wieder 27 Tarifbindung Partielle Verabschiedung der Verbände aus ordnungspolitischer Funktion bzw. zentralen Lösungen – Bsp. BMTV, VWL, Orientierung auf Einmalzahlungen

Tarifpolitische Handlungsfähigkeit - Maßnahmen Offensive Anlage betrieblicher Konflikte („kleine Tarifrunden“) Im Betrieb genauso gut sein wie in der Fläche! Erhöhung der Tariffähigkeit im Betrieb durch Konzentration auf Mitgliederentwicklung und Beteiligung und positive Beispiele. Firmen ohne Tarifbindung in Flächentarifbewegung mit einbeziehen Betriebliche Tarifkommissionen Übergreifende Initiative zur Tariffähigkeit notwendig, im Hinblick auf BT- Wahl, TR 2006

Herausforderungen annehmen – Schritte aus der Defensive Tarifpolitisches Handeln der IGM orientiert sich dabei nicht an Ziel von Häuserkampfmodellen, sondern ist immer auf die Weiterentwicklung einer Regulierung in der Fläche ausgerichtet. Gesamtansatz notwendig: Allein Tarifpolitik kann es nicht richten: Öffentliche Wahrnehmung: einer offensiven IG Metall Strategie! Druck: auf Unternehmer die „unterlassen“ statt „unternehmen“! Durchsetzung von Entwicklung statt Verzicht! Alternativen zu Entlassungen und Einkommensverzicht! Abwehr von Angriffen auf Ansprüche und Rechte der Mitglieder! Herausforderungen annehmen – Schritte aus der Defensive

Ausblick Die Vorbereitung der Tarifrunde 2006 Metall findet heute statt – den Erfolg bestimmen wir selbst! Betriebliche Angriffe auf das Tarifniveau müssen in jedem Fall mit „echten“ Tarifbewegungen vor Ort beantwortet werden! ERA-Einführung und der Umgang mit den Angriffen im Betrieb und die Wende hin zur Stabilisierung der FLTVs zu schaffen sind die tarifpolitischen Schlüsselthemen der nächsten Jahre