Leitbilder der Wettbewerbspolitik

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Leitbilder der Wettbewerbspolitik

Gliederung Aktuelle Probleme der Wettbewerbspolitik Gründe für ein Leitbild Definitionen Leitbilder 4.1 Vollkommener Wettbewerb 4.2 Harvard School 4.2.1 Funktionsfähiger Wettbewerb 4.2.2 Optimale Wettbewerbsintensität 4.3 Konzept der Wettbewerbsfreiheit 4.4 Chicago School 4.5 Koordinationsmängelkonzept 5. Diskussion Dominik Rudolph

Aktuelle Probleme der Wettbewerbspolitik Auf nationaler Ebene: Marktöffnung ehemals Monopolisierter Märkte: (Telekommunikation, Post, Schienenverkehr, Gas, Wasser) Auf globaler Ebene: Zunahme von Fusionen, Schaffung internationaler Standards Dominik Rudolph

Gründe für ein Leitbild Leitbilder sind theoretisch untermauert Leitbilder legitimieren politische Entscheidungen Leitbilder sind in sich logisch Dominik Rudolph

Definition Leitbild „Geschlossener und in sich widerspruchsfreier Zusammenhang von wettbewerbspolitischen Zielen sowie zielkonformen Instrumenten und Trägern der Wirtschaftspolitik.“ Quelle: Schmidt, Ingo (2001): Wettbewerbspolitik und Kartellrecht. Eine interdisziplinäre Einführung. 7. Auflage, Stuttgart, S. 1. Dominik Rudolph

Definition Wettbewerbspolitik „Gesamtheit der rechtlichen Regeln und staatlichen Maßnahmen, die Wettbewerbsbeschränkungen verhindern sollen.“ Vgl. Kerber, Wolfgang (2003), Wettbewerbspolitik, in: Bender et al. (Hrsg.), Vahlens Kompendium der Wirtschaftstheorie und Wirtschaftspolitik, Band 2, 8. Auflage, München, S. 302. Dominik Rudolph

Vollkommener Wettbewerb Freiburger Schule (Eucken, Böhm) Grundlage für die Schaffung des GWB 1958 Vollkommene Konkurrenz der Neoklassik als Ausgangspunkt Dominik Rudolph

Grundannahmen Vollkommener Wettbewerb führt zu optimaler Allokation  keine Verbesserung möglich Im vollkommenen Wettbewerb gibt es keine Gewinne  Preis = Durchschnittskosten Monopole verringern die Wohlfahrt Dominik Rudolph

Ziele der Wettbewerbspolitik Verhinderung des Entstehens und des Missbrauchs wirtschaftlicher Macht Sicherung der individuellen Freiheit Schaffung eines Rahmens zum geordneten Ablauf von Wettbewerbsprozessen Dominik Rudolph

Empfehlungen Präventive Konzentrationskontrolle Kartellverbot Staatliche Behörde zur Sicherstellung von „als-ob Wettbewerb“ bei natürlichen Monopolen Dominik Rudolph

Funktionsfähiger Wettbewerb Harvard-Schule (Clark 1940) Ausgangspunkt: neoklassisches Modell der vollständigen Konkurrenz ist unrealistisch Kurzfristige Marktmängel können auch wohlfahrtssteigernd sein (Fortschrittsmonopole) Dominik Rudolph

SVE-Paradigma Marktstruktur Marktverhalten Marktergebnis Anbieterzahl Produktdifferenzierung Markteintrittsbarrieren Vertikale Integration Preispolitik Produktstrategie Forschung u. Entwicklung Investitionsverhalten Wettbewerbsorientierung produktive u. allokative Effizienz technisch-wirtschaftlicher Fortschritt Beschäftigung und Einkommensverteilung Quelle: Franzke, Anton (1999), Grundlagen der Volkswirtschaftslehre, Stuttgart, S. 345. Dominik Rudolph

Grundannahmen Marktmachtthese: Unternehmen neigen dazu den Wettbewerb zu beschränken um ihre Marktposition zu sichern Marktzutrittsschranken verhindern Disziplinierung durch potentielle Konkurrenz Wenn es in einer Branche besonders hohe Gewinne gibt, liegt Marktkonzentration vor Dominik Rudolph

Ziele der Wettbewerbspolitik Multigoal- Approach: Bündel aus ökonomischen und nicht-ökonomischen Zielen Ziele sind politisch festzulegen Beispiele: Effiziente Allokation, technischer Fortschritt, Mittelstandsförderung, Machtbegrenzung, individuelle Freiheit, etc. Dominik Rudolph

Empfehlungen: Allgemeines Kartellverbot Strenge Fusionskontrolle Missbrauchsaufsicht Dominik Rudolph

Optimale Wettbewerbsintensität Grundidee: SVE-Paradigma Technischer Fortschritt bedingt gewisse Marktmacht Je enger die Marktstruktur, umso höher ist der Anreiz zu abgestimmten Verhalten Dominik Rudolph

Optimale Wettbewerbsintensität Effektive Wettbewerbsintensität Potentielle Wettbewerbsintensität Weite Oligopole Anbieterzahl Quelle: Schmidt, Ingo (2001), Wettbewerbsrecht und Kartellrecht, 7. Auflage, Stuttgart, S. 11. Dominik Rudolph

Schlussfolgerungen Höchste Potentielle Wettbewerbsintensität im Duopol, da Gewinne am höchsten Aber Anreize zu abgestimmtem Verhalten, Unternehmen nicht innovationswillig Minimale potentielle Wettbewerbsintensität im Polypol, ruinöse Konkurrenz Dominik Rudolph

Empfehlungen Förderung von Fusionen auf Polypolmärkten Umwandlung von engen Oligopolen in weite Fusionskontrolle auf weiten Oligopolmärkten Dominik Rudolph

Wettbewerbsfreiheit Neuklassik (Hoppmann) Als Antwort auf Kantzenbachs Leitbild entwickelt Wettbewerbsfreiheit als Wert an sich Dominik Rudolph

Grundannahmen Harmoniethese: Wettbewerbsfreiheit und individuelle Vorteilhaftigkeit bedingen sich Wettbewerbsfreiheit und ein „spirit of competition“ führen zu einem positiven Marktergebnis Wettbewerb ist ein „Entdeckungsverfahren“ Dominik Rudolph

Ziel der Wettbewerbspolitik Alleiniges Ziel ist die Sicherung der Wettbewerbsfreiheit Entschließungsfreiheit: Abwesenheit von Zwang durch Dritte Handlungsfreiheit: Abwesenheit der Beschränkungen des Tauschverkehrs durch Marktteilnehmer Dominik Rudolph

Empfehlungen: Bei natürlichen Hemmnissen: Schaffung von staatlich überwachten Ausnahmebereichen Bei künstlichen Hemmnissen: Deregulierung und per-se Verbote (ohne Einzelfallprüfung) Dominik Rudolph

Chicago-Schule Ende der 60er Jahre entstanden Beeinflusste in den 80er Jahren stark die amerikanische Wirtschaftspolitik unter Reagan Kritik am SVE-Paradigma Dominik Rudolph

Grundannahmen Wettbewerb ist ein Ausleseprozess („Survival of the fittest“) Unternehmenskonzentration ist Ausdruck überlegener Effizienz, daher nicht zu verurteilen Marktmacht ist nur temporär möglich Es gibt keine privaten Marktzutrittsschranken Dominik Rudolph

Ziel der Wettbewerbspolitik Steigerung der dynamischen und statischen Effizienz Erhöhung der Wohlfahrt Dominik Rudolph

Empfehlungen: Vertrauen auf die Selbstheilungskräfte des Marktes Keine Eingriffe in die Marktstruktur, da Märkte für optimale Effizienz sorgen Eingriffe gegen das Marktverhalten einzelner Unternehmen (Kartellverbot) Dominik Rudolph

Koordinationsmängelkonzept Grossekettler (1980) Versuch, die bisherigen Leitbilder zu integrieren Weiterentwicklung der ordoliberalen Ideen Dominik Rudolph

Ziele der Wettbewerbspolitik Beseitigung von „Sozialen Übeln“: Nichterfüllung von: Markträumung Renditenormalisierung Übermachterosion Produkt- und Verfahrensfortschritt Dominik Rudolph

Koordinationsmangel Funktionsstörung, die folgende Bedingungen erfüllt: Dauerhaft Theoretisch erklärbar Überzufällig häufig Dominik Rudolph

Bedingungen für einen Staatseingriff Es handelt sich um einen Koordinationsmangel Nachweis der Eignung der Maßnahme Nachweis der Effizienz der Maßnahme Nachweis der Verhältnismäßigkeit Dominik Rudolph

Empfehlungen: Schaffung einer unabhängigen Behörde zur Prüfung der Bedingungen Bei Erfüllung aller Bedingungen: Staatseingriffe mit Präferenz von per-se Regeln Dominik Rudolph

Dominik Rudolph Vollkommener Wettbewerb (Freiburger Schule) Funktionsfähiger Wettbewerb Optimale Wettbewerbs-Intensität Wettbewerbs-Freiheit Chicago-Schule Koordinations-Mängel-Konzept Wichtigste Vertreter Eucken, Böhm Clark Kantzenbach Hoppmann Demsetz, Posner Grossekettler Grundidee Wirtschaftliche Macht führt zu politischer Macht Marktmachtthese, SVE-Paradigma SVE-Paradigma, optimale Wettbewerbsintensität (Beseitigung von anhaltenden Fortschrittsmonopolen) in weiten Oligopolen Harmoniethese, Wettbewerb ist ein Entdeckungsverfahren „Survival of the fittest“ (Sozialdarwinismus) Staatsversagen, Nichterfüllung der Wettbewerbs-Funktionen ist „soziales Übel“ Hauptproblem des Wettbewerbs Kartellbildung Marktzutritts-Schranken, Unternehmens-Konzentration Marktzutrittschranken, Unternehmens-Konzentration Staatseingriffe Marktverhalten (Kollusion) Staatseingriffe, Marktverhalten Ziele der Wettbewerbs-Politik Individuelle Freiheit, Steigerung der Wohlfahrt Ökonomische und nichtökonomische Ziele Steigerung der Wohlfahrt Steigerung der Effizienz Staatliche Eingriffe Möglichst zu vermeiden Erforderlich (Marktmachtthese) Erforderlich, um optimale Wettbewerbsintensität zu erreichen Abzulehnen Nur unter ganz bestimmten Bedingungen Eingriffsziel Marktstruktur Marktverhalten Marktstruktur u. -verhalten Empfohlene Instrumente Kartellverbot, Konzentrations-Kontrolle, staatliche Behörde zur Sicherstellung von „als-ob Wettbewerb“ auf Monopolmärkten Kartellverbot, Fusionskontrolle, Missbrauchs-Kontrolle Umwandlung von engen in weite Oligopole durch Entflechtungsregelung, Förderung von Fusionen auf Polypolmärkten, Fusionskontrolle bei weiten Oligopolen Schaffung von wettbewerbspolitischen Ausnahmebereichen für natürliche Monopole unter Kontrolle, pauschales Verbot aller Wettbewerbshemmnisse durch per-se Regeln Kartellverbot, Vertrauen auf Selbstheilungskräfte des Marktes Schaffung einer unabhängigen Behörde zur Prüfung der Notwendigkeit von Staatseingriffen, generelles Verbot von wettbewerbs-beschränkendem Verhalten Dominik Rudolph

Diskussionsfragen Welche Ziele sollte Wettbewerbspolitik verfolgen? Sind die Leitbilder vor dem Hindergrund von zunehmender Globalisierung überhaupt noch zeitgemäß? (Problem der Abgrenzung der Märkte) Sollte die Wettbewerbspolitik an eine globale Behörde abgegeben werden? Dominik Rudolph