Lernen und Gedächtnis: Invertebraten-Modelle

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 Präsentation transkript:

Lernen und Gedächtnis: Invertebraten-Modelle Stephan Sigrist Bio-Imaging Center/Rudolf Virchow Zentrum Inst. f.klinische Neurobiologie Universität Würzburg Stephan.sigrist@virchow.uni-wuerzburg.de VL 8.6. und 15.06. und 22.6.07 Lernen und Gedächtnis: Invertebraten-Modelle Erinnerungssysteme des Säugergehirns (“Memory systems”) Synaptische Plastizität und Erinnerung Mechanismen - Kausalität?

Patient M.H. MRI Medialer Temporal-Lappen entfernt

Patient H.M.+ andere amnestische Patienten: intakt: Kurzzeit-Erinnerung Intelligenz Motorisches Lernen “priming” defekt: Erwerben neuer “deklarativer” (episodischer, semantischer) Langzeit-Erinnerungen (“anterograde Amnesie”) auch gewisse retrograde Einbußen, aber lange zurückliegende Erinnerungen (“Kindheit”) sind intakt

nicht-humane Primaten (Affen) Experimentelle Läsionen des Hippokampus Zeitabstand kritisch Wiedererkennungs-Gedächtnis (“recognition memory task”): Futter-Belohnung für Adressieren neuer Stimuli In Affen Hippokampus abhängig (bei längerem Zeitabstand)

Vergleichbare Organisation des deklarativen Erinnerungsystems in Affe und Nager Affe: Amygdala nicht Teil des deklarativen Erinnerungssystems Alleinige Deletion des Hippokampus: subtilere Defekte, Gleichzeitige Entfernung der assoziierten Cortexareale (parahippokampal): schwere Amnesie

Hippokampale Funktionen in Nagern: “Morris water maze” Orientierung an Landmarken in Raum, Plattform nicht sichtbar

Ratten mit Läsion des Hippokampus: Lernen einfache (räumliche) Unterscheidungen z.B. Finden der Plattform von immer derselben Startposition („cued test“) -> Verhaltenskontrolle anhand visueller/sensorischer Stimuli noch möglich ABER: Defekte Integration episodischer Erinnerung, kein “flexibler” Einsatz von Erinnerung während Verhaltens (keine Erfahrungsübertragung: kein Finden der Plattform bei wechselnder Startposition) Hippokampus auch für flexiblen Einsatz nicht-räumlicher Erinnerungen essentiell (z.B Lernen indirekter olfaktorischer Assoziationen) Feuermuster hippokampaler Neurone in in vivo Ableitungen: Assoziative Relationen (Koinzidenz von Objekten, “place + odor cells“)

„Schaltdiagramm“ des Hippokampus

„Place cells“, Koordination von Erregungssequenzen zwischen Kortex and Hippokamous

Hippokampus „Theorie“ Konsolidierung/Restrukturierung von Erinnerungen Medial temporaler Cortex (Hippokampus & Co.) <-> Kortex Experimentelle Schädigung des Hippokampus kurz (≤ wenige Tage) nach Lernen interferiert mit Erinnerung Information über Gelerntes: verteilt über Kortex Hippokampus: “mehrfaches Aufrufen” der Erinnerungen in Postphase -> langfristig: Verknüpfung der Erinnerungsinhalte mit intra-kortikalen Erinnerungsnetzwerken

Neostriatum = Teil der Basalganglien, Cerebellum = Kleinhirn

Prozedurale Erinnerung (Motorische Erinnerung): 2 Subsysteme: Gewohnheiten/Fähigkeiten (“Habits /Skills”) stereotyp, unbewusst, von Verfeinerung motorischer Muster bis zu Skifahren, Klavierspielen etc. Neostriatum: somatosensorischer und motorischer Input vom Kortex Output: Thalamus und motorischer Kortex, d.h. primär Modulation von motorischen “Routinen” aber keine direkte Kontrolle des motorischen Outputs Sensorisch - motorische Anpassung (z.B. Anpassung von Reflexen) Kleinhirn: Input von begrenztem Kortex-Areal, Output zum Thalamus reziproke Verbindung zum spinalen System, d.h. direkte Kontrolle des motorischen Outputs

Prozedurale Erinnerung (Motorische Erinnerung): 2 Subsysteme: Gewohnheiten/Fähigkeiten (“Habits /Skills”) stereotyp, unbewusst, Verfeinerung motorischer Muster bis zu Skifahren, Klavierspielen NEOSTRIATUM (Teil der Basalganglien): Input: somatosensorischer und motorischer Kortex; Output: Thalamus und motorischer Kortex -> primär Modulation von motorischen “Routinen” aber keine direkte Kontrolle des motorischen Outputs -> Erwerb spezifischer Stimuli - Antwort Assoziationen Sensorisch - motorische Anpassung (z.B. Anpassung von Reflexen) Kleinhirn: Input von begrenztem Kortex-Areal, Output zum Thalamus berühmtes Beispiel: „eyeblink response test“ in Kaninchen reziproke Verbindung zum spinalen System, d.h. direkte Kontrolle des motorischen Outputs

“T-maze test”: Aufsuchen des belohnten Arms Lern-Strategien: gleichen Platz im Raum aufsuchen (“place”) gleiche Bewegungsantwort (z.B. links abbiegen) (“response”) 180°C Drehung (gleicher Platz aber unterschiedliche Bewegungsantwort): Differenzierung der Lernstrategien

Eine Woche Training in Originalposition, 180°C Test (1) zweite Woche Training (overtraining) in Originalposition, 180°C Test (2) Kontrolle: Test (1): „place“, Test (2): „response“ Pharmakologische Blockade des Hippokampus: Test (1): kein Lernen, Test (2) „response“ Pharmakologische Blockade des Neostriatum: Test (1): „place“, Test (2) „place“ Initial: „place“ Strategie via Hippokampus, „overtraining“: “Response Strategie” Aber: „place“ Strategie kann reaktiviert werden

Amygdala (Mandelkern): Aufnahme emotionaler Information, Ausprägung von Emotionen + Emotionale “Einfärbung” zuvor neutraler Stimuli

Furcht-Konditionierung (“fear conditioning”) Ton (CS) gepaart mit Elektroschock (US) “Freezing” nach CS (Ton) = “cued fear conditioning” Amygdala “Freezing” schon bei Kontext = “contextual fear conditioning Amygdala + Hippocampus

Lernverhalten <-> (sub)zelluläres Substrat SYNAPTISCHE PLASTIZITÄT

Was bedeutet synaptische Plastizität (SP)? Wo im Gehirn wird SP beobachtet? Welche Eigenschaften machen SP zu einem plausiblen Substrat für Lernen/Gedächtnis? Welche Hinweise liegen für eine kausale Beziehung zwischen SP und Lernen/Gedächtnis vor?

Lernen und Gedächtnis: Invertebraten-Modelle Stephan Sigrist Bio-Imaging Center/Rudolf Virchow Zentrum Inst. f.klinische Neurobiologie Universität Würzburg Stephan.sigrist@virchow.uni-wuerzburg.de VL 8.6. und 15.06. und 22.6.07 Lernen und Gedächtnis: Invertebraten-Modelle Erinnerungssysteme des Säugergehirns (“Memory systems”) Synaptische Plastizität und Erinnerung Mechanismen - Kausalität?

brain neuron synapse n = 1 10-1 m n > 1011 10-4 m n > 1014 Theoretical postulate long term changes in the performance of our nervous system Underlined by changes in synaptic comm e.g. instructive activity patterns trigger Formation elimination Thus: sequence in time and space Merge Mechanistic cell biological and molecular Sequence of synapse formation Critically needed however not achieved yet At least for glut. synapses Our approach merging in vivo observation Of molecular dynamics together In intact living animals with Functional genetics Think that also in a pathologically oriented Research could be relevant To achieve this goal we in the moment Concentrate on a in comparison simple Synaptic model Drosohila NMJ n > 1011 10-4 m adapted from Jürgen Klingauf n > 1014 10-6 m

adapted from Andreas Prokop

Hippokampus

Löschen von LTP (Gyrus dentate) LTD (CA1 Hippokampus) Phänomene synaptischer Plastizität Löschen von LTP (Gyrus dentate)

„Klassische Eigenschaften“ von LTP: relevant für mögliche Rolle in Lernen/Gedächtnis Persistenz - Lernen/Gedächtnis dauern länger als Induktionsphase Input-Spezifität - genügend Speicherkapazität Assoziativität, Kooperativität - Verknüpfung von Informationen

LTP ist persistent

„Klassische Eigenschaften“ von LTP: relevant für mögliche Rolle in Lernen/Gedächtnis Persistenz - Lernen/Gedächtnis dauern länger als Induktionsphase Input-Spezifität - genügend Speicherkapazität Assoziativität, Kooperativität - Verknüpfung von Informationen

Or simpler: “cells that fire together wire together”

LTP: Input-Spezifität und Assoziativität

Plastizitätsmechanismen sind divers (Eigenschaften nicht immer “klassisch”

Molekulare Mechanismen synaptischer Plastizität

LTP: Input-Spezifität und Assoziativität