Texturwahrnehmung von Bela Julesz

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 Präsentation transkript:

Texturwahrnehmung von Bela Julesz Seminar: Visuelle Wahrnehmung Dozent: Dipl.Psych. Kai Hamburger Referentin: Astrid Weimer Datum: 28.06.2005

Inhalt Einführung Wahrnehmung von Mustern Texturwahrnehmung Rolle lokaler Formen in der Texturwahrnehmung Schlussfolgerungen Eine weitere Frage

Einführung „Es gibt Muster oder Texturen, die man nicht unterscheiden kann, obwohl ihre Elemente verschieden sind. An ihnen lässt sich untersuchen, auf welche Weise das visuelle System Figur und Grund voneinander trennt.“

Einführung Forschungsansatz Julesz: Aufdecken der Grenzen des visuellen Systems in Bezug auf Texturwahrnehmung Untersuchung mit Hilfe von Wahrnehmungsaufgaben, die die Fähigkeiten des visuellen Systems übersteigen Aufgaben beschränkt auf reine Wahrnehmung, ohne Hilfe der Kognition Definition Unter der„Textur einer Oberfläche versteht man deren charakteristische Eigenschaften, wie z.B. Körnigkeit, Feinzeichnung, Musterung Computergrafik: Beschreibung der Mikrostruktur einer virtuellen Oberfläche

Einführung Spiralen: Können nicht durch reine Wahrnehmung unterschieden werden, kognitive Hilfsprozesse nötig wie Nachfahren mit dem Finger oder mit den Augen

Einführung Starke Vereinfachung der Spiralen: Hier kann der Strukturunterschied durch reine Wahrnehmung festgestellt werden

Wahrnehmung von Mustern Links: zufällige Zellenanordnung Mitte: vier identische Quadranten rechts: zweifache Symmetrie (vertikal, horizontal)

Wahrnehmung von Mustern – Wiederholung und Symmetrie Links: zufällige Zellenanordnung Mitte: vier identische Quadranten rechts: zweifache Symmetrie (vertikal, horizontal)

Wahrnehmung von Mustern - Symmetrie In einem der beiden Quadrate Symmetrie zu erkennen? In welchem? Warum (Unterschied?)

Wahrnehmung von Mustern Ist der Abstand zwischen den Musterwiederholungen klein genug, kann die Periodizität auch in Zufallsmustern wahrgenommen werden.

Wahrnehmung von Mustern Wahrnehmung von Symmetrie hängt nicht vom gesamten Muster ab, sondern nur von symmetrischen Paaren von Zellen in der Nähe der Symmetrieachse Periodizität wird nur spontan wahrgenommen, wenn der Abstand zwischen den Musterwiederholungen klein genug ist. Überlastung des visuellen Systems entwickelt sich allmählich (mit Zunahme von Wiederholungsabstand oder Komplexität)

Wahrnehmung von Mustern Mögliche Gründe für die Beschränkungen des visuellen Wahrnehmungssystems: Analyse geht über die Verarbeitungsmöglichkeiten des Systems hinaus Evolutionäre Sicht: Bildeigenschaften waren für das Überleben unserer Vorfahren nicht von Bedeutung

Texturwahrnehmung Viele Texturen lassen sich plötzlich nicht mehr unterscheiden, wenn sie nur geringfügig komplexer werden Texturpaare sind nicht unterscheidbar, wenn sie identische Statistiken zweiter oder höherer Ordnung aufweisen Stat. 1. Ordnung: Wahrscheinlichkeit, mit der einzelne Punkte eine bestimmte Leuchtdichte haben (s,gr,w), Stat. 2. Ordnung Dipol

Texturwahrnehmung (Texturdiskrimination) Links: gute Unterscheidbarkeit wegen unterschiedlicher Statistiken 2. Ordnung, rechts: Beispiel für nicht unterscheidbare Texturpaare

Texturwahrnehmung Rechts: nicht unterscheidbare Texturpaare

Texturwahrnehmung Anzahl der schwarzen Bildpunkte gleich,links zufällige Verteilung, rechts Abstand von mind. 10 Punktedurchmessern; unterschiedl. Dipolstat., gleiche Wahrscheinlichkeit, dass beliebige Stelle die gleiche Leuchtdichte aufweist

Texturwahrnehmung (Markoff-Prozess, eindimensional) Links: unterschiedliche Statistiken 3. Ordnung, rechts: unterschiedliche Statistiken 2. Ordnung,als unterschiedl. Körnigkeit wahrgenommen

Texturwahrnehmung (Rolle lokaler Formen) Neurophysiologische Untersuchungen: visuelle Systeme von Katzen und Affen besitzen Merkmalsdetektoren (Detektoren lokaler Formen) Merkmalsdetektoren: Neuronen, die nur dann feuern, wenn in einem begrenzten Netzhautbereich um sie herum bestimmte Formmerkmale auftreten (Flecken, Liniensegmente) Einfache (Sehrinde), komplexe und hyperkomplexe Merkmalsdetektoren (höhere cortikale Regionen): ermöglichen komplexes Formensehen Antagonistisch, elliptische Form,

Texturwahrnehmung (Rolle lokaler Formen) Herstellung zweidimensionaler, statistisch beschreibbarer Texturen Weitere Methoden: Spiegelung, Drehung um 180 Grad Vorteil hier: 2 Mikromuster, die sich deutlich voneinander unterscheiden

Texturwahrnehmung (Rolle lokaler Formen) Links: regelmäßige Verteilung, zufällig gedreht (geringe Unterscheidbarkeit) Mitte: zufällige Verteilung, ohne Überlappung (schwieriger)

Texturwahrnehmung (Rolle lokaler Formen) Links:zufällig gedreht, regelmäßig verteilt Mitte:zufällig verteilt, rechts:unscharf, Stat. 2. 0rdnung ungleich, erleichtert Texturunterscheidung

Texturwahrnehmung (Rolle lokaler Formen – Liniendetektoren) KLM-Dreiecke mit einfachen Merkmalsunterschieden, identische Statistiken 2. Ordnung

Texturwahrnehmung (Rolle lokaler Formen – Liniendetektoren) T: dreifache Stimulierung eines Detektors für dünne Linien, Rechteck: vierfache Stimulierung eines Detektors für dicke Linien, links und Mitte: Unterscheidung kaum besser als bei c- und y-Formen

Texturwahrnehmung Rolle lokaler Formen - Liniendetektoren Rechtes Quadrat: nur zwei Rotationen erlaubt (0 und 90 Grad) Punkte können lange waagrechte od. senkr. Linien bilden, für beide Mikromuster verschieden

Texturwahrnehmung (Rolle lokaler Formen) Einfache Punkt- und Liniendetektoren tragen überraschend wenig zur Texturunterscheidung bei Schon bei regelmäßiger Anordnung von Mikromustern ist die Texturunterscheidung schwierig bis unmöglich, bei zufälliger Anordnung noch schwieriger: Hinweis auf die Grenzen des visuellen Systems

Schlussfolgerungen Hierarchie der komplexen und hyperkomplexen Merkmalsdetektoren erleichtert die reine Wahrnehmung bei der Texturunterscheidung nicht, spielt nur eine Rolle bei der genauen Analyse von Mustern Einfache Merkmalsdetektoren können unter bestimmten Umständen auf Grund zufällig entstehender lokaler Formen zwischen Texturen mit Statistiken höherer als 2. Ordnung unterscheiden Bezogen auf vorhergehendes Bild, rechts?

Modell für lokales und globales Wahrnehmen Ebenen der visuellen Informationsverarbeitung beim genauen Betrachten und Erkennen lokaler Formen/ bei der globalen Texturunterscheidung Mo Bei der Texturdiskrimination sind nur die einfachsten Merkmalsdetektoren beteiligt, die Ausgänge dieser Detektoren werden offenbar nur paarweise verglichen (Bsp.Symmetrieerkennung, Nähe der Paare zur Symmetrieachse) links: genaues Betrachten eines lokalen Mikromusters

Modell für globale und lokale Wahrnehmung Der Mechanismus der Texturdiskrimination kann die Ausgänge von höchstens zwei einfachen Merkmalsdetektoreinheiten vergleichen Möglicherweise werden hierbei nur Parameter der Statistiken erster Ordnung verarbeitet

Texturwahrnehmung Trotz unterschiedlicher Statistiken 2. Ordnung können die beiden verschiedenen Texturen nicht unterschieden werden (b = Spiegelbild von a)

Texturwahrnehmung

Eine weitere Frage Warum haben sich während der Evolution für das Sehen zwei Systeme entwickelt, eines für das lokale Erkennen von Formen, ein anderes für die globale Wahrnehmung? Antwort: Aufgrund der fundamentalen Dichotomie der Wahrnehmung, Dinge in Figur und Grund zu zerlegen – jedes Objekt kann entweder als Figur oder als Grund gesehen werden, nie beides auf einmal Die globale Texturwahrnehmung ist als allgemeiner Prozess zu verstehen, der die Wahrnehmung aller Dinge umfasst, die nicht im Zentrum unserer Aufmerksamkeit liegen.

Zwei Klausurfragen Wovon hängt die reine Wahrnehmung von Symmetrie in einem Muster ab? Welche Art von Merkmalsdetektoren ist für die globale Texturunterscheidung zuständig und wie sind diese verschaltet?

Danke für Eure Aufmerksamkeit! Literatur: Julesz, B.: Texturwahrnehmung. In: Spektrum der Wissenschaft: Wahrnehmung und visuelles System. Heidelberg, 1986.

Texturwahrnehmung Statistiken 1. und 2. Ordnung sind gleich, keine Unterscheidbarkeit Reserve

Texturwahrnehmung R gespiegelt, Windräder gespiegeöt Reserve