Mikro und Makroprosodie

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 Präsentation transkript:

Mikro und Makroprosodie Jonathan Harrington Felicitas Kleber

Mikro- und Makroprosodie Mikroprosodie Nicht-intendierte, segmentelle Einflüsse auf die Dauer, Grundfrequenz, Amplitude. Makroprosodie Intendierte (geplante) Manipulationen der Dauer, Grundfrequenz, Amplitude Akustische Sprachsignal Phonetisch, also vom Kontext vorhersagbar Phonologisch, kontext-unabhängig Der Hörer entfernt (kompensiert für) die mikroprosodischen Einflüsse. Eine akustische Analyse der Makroprosodie setzt ebenfalls eine Entfernung mikroprosodischer Eigenschaften voraus.

Makroprosodie Mikroprosodie Offenere Vokale sind länger und lauter (zB [a] Vgl. [i]) Länger: Lauter: Kontrast ‚lamm‘ vs. ,Lahm‘ der Kiefer muss sich weit senken, Kieferbewegung ist langsam Lexikalischer Ton Lexikalische und Satz-Betonung Wegen der größeren Mundöffnung Höhere F1 bedeutet mehr Energie in den oberen Frequenz und daher lauter. Intonation

F0-Mikroprosodie 1. Vokalhöhe 2. Konsonanten-Stimmhaftigkeit 3. f0-Abstieg.

1. Vokalhöhe und F0 F0 ist im Verhältnis zur Vokalhöhe (Peterson & Barney, 1952; House & Fairbanks, 1953) F0: i > e > a Physiologische Erklärung Muskuläre Verbindung zwischen dem Zungendorsum und dem Kehlkopf über dem Zungenbein. In hohen Zungenpositionen wird dadurch der gesamte Kehlkopf angehoben – wodurch die Stimmlippen gespannter werden. (Gespanntere Stimmlippen haben eine F0-Erhöhung zur Folge).

2. K-Stimmhaftigkeit und F0 F0 zum Vokalonset ist höher nach stimmlosen Ks [pha] [ba] (aus Hombert et al, 1979) gilt für alle Obstruenten: [s] vs [z], [tS] vs. [dZ]. und auch wenn die stimmlosen Plosiven unaspiriert sind (siehe Löfqvist, 1989, JASA).

2. K-Stimmhaftigkeit und F0 Perzeption F0-Höhe zum Vokal-Onset kann sogar ein Cue sein fuer den /ba-pa/ Unterschied. (Haggard, 1970).

2. K-Stimmhaftigkeit und F0 2. K-Stimmhaftigkeit und F0. Physiologische Erklärung (siehe Löfqvist, 1989, JASA). (a) Zu Beginn der Stimmhaftigkeit müssen die Stimmlippen schlaff sein (je gespannter die Stimmlippen, umso mehr Kraft wird benötigt, um die Stimmlippen in Bewegung zu setzten). (b) Wenn die Stimmlippen schon einmal schwingen, dann je gespannter sie sind, umso höher F0. Zum Vokal-Onset sind daher die Stimmlippen Schlaff in [ba], gespannt in [pa] Und daher ist wegen (b) F0 zum Beginn des Vokals niedriger in [ba] als in [pa].

2. K-Stimmhaftigkeit und F0 diachrone tonale Entwicklung In vielen asiatischen Sprachen ist ein /ba-pa/ Kontrast durch /pá – pà/ (/pa/ mit steigendem, /pa/ mit fallendem Ton) ersetzt worden. In Kammu (Sprache im Norden von S.E. Asien) Dialekt (Nord) Adler Stein [klaN] [glaN] Dialekt (Süd) [klàN] [kláN]

Einfluss dieser Mikroprosodie auf die Makroprosodie Akzentuierte Wörter Wörter werden (absichtlich) vom Sprecher akzentuiert, oft um neue oder wichtige Informationen zu übertragen Marianna made the marmalade T Die Akzentuierung kommt zustande, dadurch dass ein Tonakzent (T) auf die primär betonte Silbe gesetzt wird. f0 Akustisch resultiert ein Tonakzent meistens in einen f0-Gipfel (oder auch f0-Tal).

Blühende Blumen (beide Wörter akzentuiert)

Marianna made the marmalade

= + Einfluss der F0-Mikroprosodie auf die F0-Makroprosodie Das Wort ist akzentuiert und: K ist stimmhaft T K ist stimmlos F0 fällt wegen des stimmlosen Ks = T + T

in the advances of science T with in the advances of science T Kein Gipfel wegen des davorkommenden stimmlosen Ks (obwohl ‘science’ ganz deutlich akzentuiert wurde) f0 I i: a ai Dauer

3. f0-Abstieg am Phrasenende Die Dauer vom Nachlauf beeinflusst den f0-Abstieg in fallenden Konturen. Nachlauf = Intervall zwischen dem letzten T und der rechten Phrasengrenze. Marianna made the marmalade T f0

Was passiert mit F0 wenn der Nachlauf kürzer wird? (/el/ + 2 Silben im Nachlauf) Ich besuche Melanie Ich besuche Minna T (/I/ + 1 Silbe im Nachlauf) Ich besuche Sven T /en/ im Nachlauf Ich besuche Mick T (/I/ im Nachlauf)

Was passiert mit F0 wenn der Nachlauf kürzer wird? 2 Möglichkeiten Kürzere Dauer Komprimierung Steilere F0-Senkung Trunkierung F0 endet früher F0 Dauer

Deutsch scheint zu trunkieren, englisch eher zu komprimieren (Grabe, Journal of Phonetics, 1998) Schiefer, Sheafer Schiff (deutsch) Trunkierung Shift (engl.) Komprimierung wird jedoch trotzdem von deutschen Muttersprachlern als ‚fallend‘ warhgenommen

Trunkierung, Komprimierung Ist ein kontext-bedingter, phonetischer Einfluss. Der Kontext: je kürzer der Nachlauf, umso trunkierter (deutsch) oder komprimierter (englisch). Englisch und deutsch haben beide eine fallende Kontur mit unterschiedlichen phonetischen Werten. d.h. eine fallende Kontur (phonologisch) wird auf unterschiedliche phonetische Weisen realisiert. Analogie: Deutsch und Französisch haben /p/, der sich phonetisch in diesen Sprachen jedoch unterscheidet ([ph] deutsch, [p] französisch)

Zusammenfassung Die Prosodie hat eine phonologische und phonetische Seite. Ganz wie bei Segmenten: sind die phonetischen Aspekte vom Kontext vorhersagbar (und daher redundant). sind sie nicht vom Sprecher intendiert werden sie vom Hörer ignoriert (oder aus dem Signal perzeptiv entfernt).