Vorlesung am 10.11.2010.

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Vorlesung am 10.11.2010

Programm heute 1. Staatsaufgaben und Regierungstätigkeit in heutigen Demokratien

Themen der heutigen Vorlesung Welche Funktionen und Aufgaben hat der Staat heute? Was sind die Gegenstände des Regierens? Was bedeutet „Regieren“? Regieren in der politikwissen-schaftlichen Analyse

1. Welche Funktionen und Aufgaben hat der Staat heute?

Welche Rolle kommt dem Staat in der Gesellschaft generell zu? Definitionen Staatsfunktionen: Welche Rolle kommt dem Staat in der Gesellschaft generell zu? Staatsaufgaben: Welche konkreten Aufgaben übernimmt der Staat in Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur und wie weit geht er in die Privatsphäre?

Kein einheitliches Staatsbild oder Staats-verständnis Staatsfunktionen Kein einheitliches Staatsbild oder Staats-verständnis Minimales Staatsverständnis (Staat soll nur wenige Funktionen ausüben, traditionelles liberales Verständnis) Maximales Staatsverständnis (Staat als Len-kungsinstanz der gesamten Gesellschaft, marxistisches Verständnis) Die meisten Staaten verstehen sich irgendwo in der Mitte zwischen diesen Extremen

Um welche Funktionen geht es? Grobkategorien Staatsfunktionen Um welche Funktionen geht es? Grobkategorien Politische, ökonomische und gesellschaftliche Ordnung Sicherheit Wirtschaft Sozialstaatliche Funktionen Bildung, Kultur und Information

Staatsfunktion Ordnung Viele Staaten verstehen sich als Umset-zung einer bestimmten Ordnungsidee, die Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur anleitet USA Französische Republik Sowjetunion VR China Bolivarische Republik Venezuela Islamische Republik Iran

Staatsfunktion Ordnung Unterschiedliche Typen von Ordnung Merkantilistische Ordnung (17. und 18. Jahrhundert) Liberal-demokratische Staatsordnung des 19. Jhs. Liberal-demokratische Sozialstaatsordnung (Deutschland) Kommunistische, wissenschaftlich-sozialistische Ordnung (Sowjetunion, DDR) Autoritär-korporatistische Ordnung (Italien unter Mussolini, Deutschland unter Nationalsozialisten) Religiöse Ordnung /Islamische Republik Nationale Souveränitätsordnung (klassisches europäisches Modell, heute: Afrika, Asien)

Staatsfunktion Ordnung Fragen der richtigen politischen Ordnung haben im 20. Jahrhundert zu den umstrit-tensten Themen gehört Mehr als 100 Millionen von Menschen mussten dafür ihr Leben lassen Autoritärer Korporatismus und wissen-schaftlicher Sozialismus untaugliche Modelle, ebenso islamische Republiken

Staatsfunktion Ordnung Verschiedene liberal-demokratische Ord-nungsmodelle, die unterschiedliche Grade der Wahrnehmung von Staatsfunktionen kennen Liberales Model einer Demokratie (USA) Model eines Staates, der in die Wirtschaft eingreift und große Umverteilungen vornimmt (Schweden)

Staatsfunktion Ordnung Wichtigstes Gegenmodell ist heute das liberal-autoritäre Sozialstaatsmodell Liberale Wirtschaftsordnung Sozialstaat, der Exzesse abfedert und Bür-gern hilft in Wirtschaft zurecht zu kommen Elitenbildung nach Meritokratie; Demokratie nur als Nebensache Singapur, Taiwan, VR China

Staatsfunktion Sicherheit Schutz vor äußeren Bedrohungen (unstrittig) Militärische Verteidigung und politische Friedenssicherung (Diplomatie) Friedenssicherung im Inneren (unstrittig) Gesetzgebung, Rechtsprechung, Polizei etc. Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen (teilweise strittig) Natur- und Umweltschutz

Staatsfunktionen mit Bezug zur Wirtschaft Rolle des Staates in der Wirtschaft seit Jahrhunderten zentrales und strittiges Thema Unstrittig in liberalen Demokratien Geldwesen Marktordnung Strittig in liberalen Demokratien Zielrichtung und Ausmaß von Eingriffen Übernahme wichtiger wirtschaftlicher Funktionen durch Staat (Infrastruktur, Versorgung mit Dienst-leistungen)

Sozialstaatliche Funktionen Sicherung vor situations- oder altersbe-dingten Existenzrisiken Alter, Krankheit, Arbeitslosigkeit, Invalidität, Armut Gewährleistung sozialer Rechte Gleichberechtigung von Frauen Umverteilung Gleiche Bildungschancen

Sozialstaatsfunktion Unterschiedliche Sozialstaatsmodelle Liberaler Sozialstaat (USA) Konservativer Sozialstaat (Deutschland) Sozialdemokratischer Sozialstaat (Schweden)

Bildung, Kultur, Information Staat hat Rolle in der Vermittlung von Bildung, Kultur und Information Je nach Staatsmodell und Verständnis unterschiedlich ausgeprägt Liberale und soziale Demokratien legen Wert darauf, dass hohes Bildungsniveau durch den Staat garantiert wird (nicht ausschließlich) Autoritäre Staaten legen Wert auf Kontrolle der Inhalte von Bildung, Information und Kultur

Bildung, Kultur, Information In Deutschland und liberalen westlichen Demokratien Staat stellt den Großteil des Bildungsange-bots zur Verfügung Staat fördert Kultur durch Zuschüsse Staat kontrolliert nicht Information, bemüht sich aber Informationsangebot dort zu ver-vollständigen, wo private Träger nicht aus-reichen (ÖR Rundfunk und TV)

Staatsaufgaben sind Aufgaben, die der Staat auf seinen verschiedenen Ebenen konkret wahr-nimmt, um diese Funktionen zu erfüllen Staatsaufgaben differieren zwischen den einzelnen Staaten (je nach Modell und Selbstverständnis) und für jeden Staat gibt es auch eine historische Entwicklung

Es gibt unterschiedliche Formen der staatlichen Aufgabenwahrnehmung Staatsaufgaben Es gibt unterschiedliche Formen der staatlichen Aufgabenwahrnehmung Regulierung Förderung Leistung, Produktion Es gibt Phasen der Staatsentwicklung Merkantilismus (17., 18. und 19. Jh) Liberalismus (ab Mitte 19. Jh.) Demokratischer Wohlfahrtsstaat (Ende 19 Jh.)

Entwicklung der Staatsaufgaben

Seit 1. WK zunehmende Bedeutung des Staates Staatsaufgaben Seit Ende des 19. Jahrhunderts findet Ausweitung der Staatstätigkeiten statt Seit 1. WK zunehmende Bedeutung des Staates Sozialstaat um soziale Härten auszugleichen Interventionsstaat um Wirtschaft zu regulieren Zunehmende Bedeutung Bildung, Infra-struktur Rückgang des Sicherheitssektors

Entwicklung Staatsausgaben in Deutschland ab 1872

Entwicklung der zivilen Staatsausgaben

Veränderung der Staatsaufgaben - Erklärungsansätze Vier Typen von Erklärungsansätzen wirtschaftliche Faktoren Politische Faktoren Institutionelle Erklärungsansätze zivilisationstheoretische Ansätze

Wirtschaftliche Erklärungsansätze Josef Schumpeter: Kapitalismus tendiert zur Selbstzerstörung und bedarf umfassender staatlicher Ein-griffe und teilweise der Lenkung (Sozialismus) Infolgedessen muss sich der moder-ne Staat ausweiten und effektiver werden Demokratie muss der Effektivität angepasst werden

Wirtschaftliche Erklärungsansätze These der Gegenbewegung von Polanyi: Kapitalismus ist zu dynamisch und würde jede Gesellschaft zerstören wenn er nicht eingebettet wird Zunahme Staatlichkeit ist eine normale Reaktion

Wirtschaftliche Erklärungsansätze John M. Keynes Zyklische Krisen des Kapi-talismus sind das Haupt-problem Der Staat muss Krisen durch anti-zyklische Politik entgegenwirken Straßenbau, Investitionen, Schulden machen in schlechten Zeiten etc.

Wirtschaftliche Erklärungsansätze Marxistische Autoren sehen Staat als In-stanz, die die Herrschaft des Kapitals unter zunehmend krisenhaften Bedin-gungen sichert Neomarxistische Autoren sehen einen mehr und mehr autonomen Anpassungs-prozess, bei dem der Staat sich als Krisenbewältiger der Wirtschaft verselb-ständigt und sich eigendynamische Wechselbeziehung zwischen Wirtschaft und Staat entwickelt

Politische Erklärungsansätze John Dewey: Pragmatische Demokratietheorie Demokratie als ein Lern- und Anpassungsprozess an externe Bedingungen Demokratien sind besser geeignet mit neuen Herausforderungen fertig zu werden Mehr Demokratie bedeutet mehr Berücksichtigung vieler Interessen und daher auch mehr Staat

Politische Erklärungsansätze Politische Prozessfaktoren bestimmen die Ausweitung der Staatstätigkeiten Ausweitung von Staatsaufgabe das Er-gebnis politischer Willensbildungspro-zesse Je mehr Akteure beteiligt, desto größer die Ansprüche Jürgen Kohl, Jens Alber

Politische Erklärungsansätze Die beiden Weltkriege haben den Durch-bruch zur modernen Staatlichkeit bewirkt Erster und Zweiter Weltkrieg zeigten, zu welchen Steuerungs- und Organisationslei-stungen der Staat in der Lage war Erster Weltkrieg brachte allgemeines Wahl-recht und damit breites demokratisches Anspruchsniveau Marc Allen Eisner; Martin van Creveld

Institutionelle Erklärungsansätze Adolph Wagners Gesetz der wachsenden Ausdehnung der Staatsaufgaben Historischer Institutionalismus (Paul Pierson) Pfadabhängige Entwicklungen Koalitionstheorien (Mancur Olson)

Zivilisationstheoretische Erklärungen Staatsentwicklung ist Teil eines breiteren zivilisatorischen Prozesses Moderne ist eine seit Jahrhunderten an-haltender Prozess, der in verschiedenen Abstufungen zu einer stärkeren Differen-zierung und Organisierung der Gesellschaft führt Walt Rustow, Norbert Elias

2. Was sind die Gegenstände des Regierens?

Die wichtigsten Staatsaufgaben im Überblick Innere und äußere Sicherheit Schaffung, Erhalt, Anpassung von Rechtsrahmen (Regulierung) Infrastruktur Ernährung und Verbraucherschutz Eingriffe in das wirtschaftliche Leben, Wirtschaftsförderung Sozialstaat Bildung und Forschungsförderung Sonstige Staatsaufgaben

Innere und äußere Sicherheit Innere Sicherheit Verbrechensbekämpfung und –verhütung, Strafjustiz und Strafvollzug, wehrhafte Demokratie, Verkehrsregelung etc Polizei, BGS, Verfassungsschutz, Bund und Länder äußere Sicherheit Diplomatie, Verteidigung, wirtschaftliche Zusammenarbeit AA, BMVg, BMZ, andere Ministerien

Regulierung Staat hat die Aufgabe, Funktionieren der Wirtschaft und der Gesellschaft im Sinne einer Sozialen Marktwirtschaft durch Setzung rechtlicher Rahmen zu ermöglichen und diesen Rahmen auch entsprechend auszufüllen

Teilweiser Rückzug des Staates aus derartigen Dienstleistungen Infrastruktur Bund, Länder und Gemeinden sowie unabhängige öffentliche Träger bieten Vielzahl von Infrastrukturleistungen, u. a. Strassen, Bahn, Nahverkehr, Wasserver-sorgung, Abwasserentsorgung, Müllabfuhr, Flughäfen, Küstenschutz, Wasserstraßen; Luftraumkontrolle, Lotsendienste Teilweiser Rückzug des Staates aus derartigen Dienstleistungen Telekom, Gas- und Stromversorgung, Post

Ernährung und Verbraucherschutz Sicherstellung ausreichender Ernährung der Bevölkerung wichtige Staatsauf-gabe, allerdings heute nicht mehr dringlich Kompetenzen für Agrarmarkregulierung weitgehend an EU abgegeben Verbraucherschutz zunehmend im Mittelpunkt

Eingriffe in die Wirtschaft Steuerpolitik Geldpolitik Wirtschaftsförderung, Technologie-förderung, Subventionen, Steuerpolitik Außenwirtschaftspolitik Strukturpolitik Einkommenspolitik (Tarifautonomie)

Renten- und Versehrtenversicherung Kranken- und Pflegeversicherung Sozialstaat Renten- und Versehrtenversicherung Kranken- und Pflegeversicherung Arbeitslosenversicherung Sozialhilfe/Arbeitslosengeld II Familienpolitik, Wohngeld Ausgleich für Kriegsfolgenschäden

Finanzierung des Sozialstaates Durch volle staatliche Finanzierung (Kriegsveteranen, soziale Aufgabe Landwirtschaft) Durch Umlageverfahren mit staatlichem Zuschuss (Rentenversicherung) Durch Versicherungsbeiträge (Arbeits-losenversicherung) und Zuschüsse Durch Subventionen bzw. Steuerersparnis

Bildung und Forschung Ziel ist es, Anschluss an wissenschaft-lichen und technologischen Fortschritt nicht zu verlieren und die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen Instrumente: Finanzierung Universitäten und Forschungseinrichtungen durch Länder, Forschungsförderung durch Bund (DFG) und Finanzierung Hochschulbau

Sonstige Staatsaufgaben Erhalt und Förderung von Kultur Verschiedene Schutzfunktionen (Tiere, Natur, Umwelt, Schwache etc.) Reaktorsicherheit Verkehrssicherheit

3. Was bedeutet „Regieren“?

Strategische Steuerung In einer Demokratie bedeutet Regieren auch Regieren ist…. Problemlösung Strategische Steuerung In einer Demokratie bedeutet Regieren auch Entscheidungsprozesse zu haben, die Partizipation und Transparenz aufweisen Politische Führung auszuüben Politische Kommunikation Finanzmittel der Bürger zu erheben und verantwortungsbewusst auszugeben (Kommt alles demnächst dran)

Der Staat als Zentrum des Politischen Systems Problemlösung Der Staat als Zentrum des Politischen Systems nimmt Probleme aus der Gesellschaft auf, regelt diese nach vereinbarten Verfahren, in autoritativer Weise Begriff des politischen Systems nach David Easton „Politisches System“ ist breiter als Staat

Strategische Steuerung Politische Führung, die verschiedene Politikbereiche zusammenbindet und auf überordnete (strategische) Ziele bezieht Strategische Steuerung: in einer Demo-kratie ist dies wichtig, da ansonsten der Gesamtzusammenhang verloren geht Verantwortung für das Gemeinwohl

Formen der Staatstätigkeit Rechtssetzung und hoheitliches Handeln Fiskalisches Handeln Öffentlich-rechtliches Handeln Korporatismus Privatisierung von Staatshandeln Governance

Rechtsetzung und hoheitliches Handeln Staat nimmt souveräne Rechte wahr Vertritt die Rechte der Allgemeinheit auch gegenüber dem Individuum Kann in Grundrechte eingreifen Handeln muss auf Gesetze und Verfassung bezogen sein, ist gerichtlich überprüfbar Die meisten staatlichen Akte gehören in diese Kategorie

Staat nimmt Geld ein und gibt dieses aus Fiskalisches Handeln Staat nimmt Geld ein und gibt dieses aus Dadurch nimmt er Einfluss auf die Wirtschaft und auf das Leben der Bürger Fast 50% des BIP werden durch den Staat erbracht oder verteilt Fiskalisches Handeln kann entscheidend sein zur Abwehr von Wirtschaftskrisen

Öffentlich-rechtliches Handeln Keine hoheitliche und keine fiskalische Tätigkeit Staat wird indirekt als öffentliche Hand tätig, keine direkte Steuerung durch Regierung ÖR Rundfunk, öffentliche Wirtschafts-betriebe, Sozialversicherung

Enges Zusammenwirken von Staat und privaten Vereinigungen Korporatismus Enges Zusammenwirken von Staat und privaten Vereinigungen Delegation von Staatsaufgaben an private Vereinigungen bei Wahrung von Richtlinien, die auch für Staat gelten Beispiele TÜV, IHK, Berufsgenossenschaften

Privatisierung von Staatsaufgaben Staat zieht sich aus Aufgabenbereichen zurück und überlässt diese privaten Akteuren Staat beschränkt sich auf Regulierung Beispiele Telekom und Bahn Privatisierung

Governance Problemlösung und strategische Steuerung nicht nur durch Staat und seine Institutionen, sondern unter Mitwirkung privater Akteure Politiknetzwerke, public-private partnerships, neokorporatistische Kooperation

4. Wissenschaftliche Analyse von Regieren

Policy-Forschung Problemlösung und strategische Steue-rung sind Gegenstand von policy-For-schung Policy-Forschung befasst sich mit dem Zusammenwirken von Verfassung (polity), politischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen (politics) und den Folgen für politische Inhalte (policies)

Unterschiedliche Ausbildungen der Policy-Forschung Politikfeldanalyse (von den Problemen, den Akteuren, den Einflussfaktoren und den sonstigen Variablen her gesehen) Einzelpolitikanalyse (von der Problemlösung her gesehen, Adäquanzanalyse) Strategische Analyse von Politik Diskursanalyse

Literaturempfehlungen Arthur Benz: Der moderne Staat. Grundlagen der politologischen Analyse. München: Oldenbourg Verlag 2002; S.122 – 134 (Kap. 2.3.) und 215-256 (Kap. 4) Gunnar Folke-Schuppert: Staatswissenschaft. Baden Baden: Nomos 2003, S. 282-316 Karl Polanyi: The Great Transformation. Frankfurt: Suhrkam TB 1997, S. 297-329 Marc Allen Eisner: From Warfare State to Welfare State. University Park: University of Pennsylvania Press 2000, Kapitel 2 Renate Mayntz: Über Governance. Frankfurt: Campus 2009, S. 105-120

Policies In der Politikwissenschaft wird zwischen verschiedenen Politiken (policies) unterschieden Regulative Politik (formal verbindliche Festlegung von Handlungsanforderungen, Versuch ihrer Kontrolle durch Auflagen, Überwachungen etc.) Distributive Politik (Verteilung von Gütern und staatlichen Leistungen – z.B. Kindergeld) Redistributive Politik (Umverteilung von Ressourcen, z.B. durch progressive EKSt) Konstitutionelle Politik (Änderung von Verfassung)