Vorlesung Christian Kaernbach

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 Präsentation transkript:

Vorlesung Christian Kaernbach Licht und Sehen Vorlesung Christian Kaernbach

Licht optisch sichtbares Licht: Sonderfall elektromagnetischer Schwingungen Wellenlänge: 400 – 800 nm, 0,4 – 0,8 µm, 0,0004 – 0,0008 mm Atmosphärisches Fenster: Gamma Röntgen Radio

Lichtausbreitung kurze Wellenlängen (im Verhältnis zu Objekten): anders gesagt: Objekte > 1-10 µm: geometrisch Refraktion (Brechung, z.B. Prismen, Linsen) Beugungslimit für optische Mikroskopie: 1 µm Reflexion Schatten lange Wellenlängen: anders gesagt: Objekte < 1-10 µm: Beugung

Lichtgeschwindigkeit Lichtgeschwindigkeit (Phasengeschwindigkeit) historische Diskussion um Endlichkeit irrige Vermutung der Unendlichkeit: Aristoteles, Kepler, Descartes erste Messungen ab 1676 (Rømer, Huygens) im Vakuum: Naturkonstante Vakuum: c = 299.792.458 m/s (Definition) Luft: 0,997 c Wasser:  3/4 c Glas:  2/3 c Brechzahl: Verhältnis der Phasengeschwindigkeiten, n = cv/cm Wasser: 1,33 Glas: 1,46-1,65 Diamant: 2,42 Bleisulfid: 3,9 Dispersion: Brechzahl hängt von Frequenz (Wellenlänge) ab normal: mit steigender Frequenz steigt die Brechzahl

niedrige Geschwindigkeit Brechung Metapher: Marschkolonne niedrige Brechzahl hohe Geschwindigkeit z.B. Luft hohe Brechzahl niedrige Geschwindigkeit z.B. Wasser

Linsen Prisma: konvexe Linse: Brechkraft: 1/Brennweite [m] [Dioptrien]

chromatische Aberration Prisma: konvexe Linse: Fotographie: Bildfehler Abhilfe in der Fotographie: Achromat Aberration

Aufbau des Auges Brechkraft des Auges: 58,6 Dioptrien Anteil Hornhaut/vordere Augenkammer: 43 Dioptrien Brechkraft der Linse beeinflußbar durch Ziliarmuskel Muskel entspannt: großer Durchmesser des Ziliarkörpers Zonulafasern gespannt Linse flach (gespannt) Fernsicht Muskel angespannt: kleiner Durchmesser des Ziliarkörpers Zonulafasern entspannt Linse dick (entspannt) Nahsicht Weitsichtigkeit Kurzsichtigkeit

Horizontalzellen, Bipolarzellen, Amakrinzellen Aufbau der Netzhaut Ganglienzellen Horizontalzellen, Bipolarzellen, Amakrinzellen

Aufbau der Netzhaut

Photorezeptoren Stäbchen (Nachtsehen) / Zapfen (Tagsehen, Farbsehen (3 Typen)) zweiphasiger Verlauf der Dunkeladaptation Achtung, Druckfehler im Birbaumer, 17.2.2 (Verwechslung Stäbchen / Zapfen) evtl. dritter Rezeptortyp, auf Ebene der Ganglienzellen, auf der Basis des Pigments Melanopsin. Keine Beteiligung an der Wahrnehmung, dafür Steuerung des circardianen Rhythmus. Licht

Photorezeptoren Aufbau: äußeres Segment (outer segment, OS) > 1000 discs, mit Sehfarbstoff Rhodopsin Rhodopsin = Retinal + Opsin (mehrere Arten) Retinal = Aldehyd (CHO) von Retinol Retinol = Vitamin A, -Carotin = Provitamin A 1(!) Photon: cis-Retinal → trans-Retinal → Potentialänderung der Rezeptorzelle Phagozytose: ca. 100 discs pro Tag Großteil in den ersten zwei Tageslichtstunden Grund für inversen Aufbau Verbindungscilium (connecting cilium, CC) inneres Segment (inner segment, IS) stoffwechselaktives Segment, Nachschub an Discs Zellkern (outer nuclear layer, ONL) Synapse analoge Signalübertragung, keine Aktionspotentiale Licht

Signalverarbeitung in der Netzhaut Rezeptoren (1) münden in „Endfuß“ = Ausgangssynapse (B) Horizontalzellen (2) Querverbindungen Bipolarzellen (3) „Center-Surround“ für Kontrastverstärkung (On-Off-Zellen) On-Zellen (Off-On-Zellen) Off-Zellen Amakrinzellen (4)  bis hierher kein Aktionspotential!  Ganglienzellen (5) erzeugen Aktionspotential Axone laufen auf der Innenseite der Retina Licht

Fovea Fovea centralis, Macula lutea, Sehgrube, gelber Fleck ca. 5° temporal der optischen Achse keine Ganglienzellen keine Blutgefäße „Grube“ gelbes Pigment ? Korrektur der chromatischen Aberration ? Sehgrube, gelber Fleck 1° (Fovea): keine Stäbchen kein foveales Dämmerungssehen 0,35° (Foveola): keine S-Zapfen (blau) L-Zapfen : M-Zapfen = 2 : 1 dichte hexagonale Packung 1 Rezeptor → 1 Ganglienzelle 1% der Retina, 50% des V1

Papille Austrittsort der Nervenfasern natürliches Skotom: „blinder Fleck“ embryonaler Kanal durch den Glaskörper zieht zum blinden Fleck

Von der Fovea zur Papille Blue Arc Phänomen (Purkinje, 1825, oft „wiederentdeckt“) intensiver Lichtpunkt (rot oder grün) in ansonsten völliger Dunkelheit fast foveal betrachtet: Blaue Bögen werden sichtbar (rechtes Auge nach rechts, linkes nach links) Entstehung unklar („Übersprechen“?), Verlauf von Fovea zur Papille zeichnet Verlauf der Axone fovealen Ursprungs nach Inzidenz

Stationen der Farbverarbeitung 3-Farb Theorie Gegenfarben Farbkonstanz Farbnamen Zapfen Bipolarzellen V4 Assoziationskortex

Frequenzgang der Photorezeptoren Maximum der Stäbchenempfindlichkeit: 500 nm Drei Typen von Zapfen (Unterschiede im Opsin) L-Zapfen (rot) spätes Produkt der Evolution abgeleitet von den M-Zapfen Empfindlichkeit der Rezeptoren

Warum Farbe? Vorteil bei der Szenenanalyse Farbtheorien Objekttrennung Objekterkennung Trennung von L und M erlaubt Beurteilung des Reifegrads von Früchten Rot-Grün-Blinde haben Schwierigkeiten, reife Früchte im Blattwerk zu erkennen Farbtheorien Young/Helmholtz: Dreifarbentheorie 3 Typen von Photorezeptoren Hering: Gegenfarbentheorie Gegenfarbenkanäle, schon retinal (Bipolarzellen)

Gegenfarben Nachbilder Vorstellung: + + Nachbilder Vorstellung: Wenn man sich ein bläuliches Orange, ein rötliches Grün oder ein gelbliches Violett denken will, wird einem so zumute wie bei einem südwestlichen Nordwinde. Philipp Otto Runge, 1806

Warum Gegenfarbkanäle? Die Absorptionsspektren der M- und L- Zapfen sind sehr ähnlich. Dadurch entsteht ein hohe Korrelation in den L- und M Signalen. Information wird redundant kodiert. Das ist nicht gut! Differenzbildung dekorreliert die Signale. © Thorsten Hansen L+M S-(L+M) L-M

Noch ein Versuch: Eine hypothetische Geschichte der Evolution der Farbwahrnehmung Monochromaten Rezeptoren sind empfindlich über gesamten Wellenlängenbereich (undifferenziert) reines Helligkeitssehen („schwarz/weiß“) viele Gestaltgesetze auf der Basis von Helligkeit, z. B. shape from shading Dichromaten Rezeptoren differenzieren sich: A-Rezeptor und B-Rezeptor, mit jeweils unterschiedlicher Sensibilität Maxime: erhalte das Bewährte, prüfe das Neue Helligkeit: A+B (shape from shading etc.) Farbe: AB (reife Früchte erkennen etc.) Trichromaten... Helligkeit Sättigung

Verschaltung der Gegenfarbenkanäle Theoretisch (Evolutionsmodell) Luminanz: S + ML /  S  ML Blau-Gelb: S  ML /  S + ML Rot-Grün: M  L /  M + L tatsächlich Luminanz: ML /  ML S M L SML SML ML S M L SML blau-gelb ML Luminanz ML grün-rot

Gegenfarbenanteile nach Judd reines Blau reines Grün reines Gelb „Urgelb“

Die Farbe transparenter Substanzen Vortrag „Die Farbe des Kernöls“

Visueller und auditiver Pfad Retinotopie Das linke Hemifeld ist in der rechten Hemisphäre repräsentiert, und umgek. Die Fovea ist beidseitig repräsentiert 1 Synapse bis zum V1 Tonotopie, Periodotopie (IC) Nur ein Teil der Verbindungen kreuzt: unilaterale Läsion: kein einseitiger Ausfall Die Zahl der Synapsen ist variabel (3-4) Obere Olive: Laufzeitunterschiede Inferior colliculus: „Tonhöhe“