Philosophische Fakultät – Institut für Kommunikationswissenschaft

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
EINFÜHRUNG IN DIE METHODEN DER UMFRAGEFORSCHUNG
Advertisements

Internet facts 2007-III Graphiken zu dem Berichtsband AGOF e.V. Januar 2008.
Vorlesung: 1 Betriebliche Informationssysteme 2003 Prof. Dr. G. Hellberg Studiengang Informatik FHDW Vorlesung: Betriebliche Informationssysteme Teil3.
Vorteile der Online-Produkte
What do you get marks for?
CPCP Institute of Clinical Pharmacology AGAH Annual Meeting, 29. Februar 2004, Berlin, Praktischer Umgang mit den Genehmigungsanträgen gemäß 12. AMG Novelle.
Modelle und Methoden der Linearen und Nichtlinearen Optimierung (Ausgewählte Methoden und Fallstudien) U N I V E R S I T Ä T H A M B U R G November 2011.
Modelle und Methoden der Linearen und Nichtlinearen Optimierung (Ausgewählte Methoden und Fallstudien) U N I V E R S I T Ä T H A M B U R G November 2011.
Die Deutschen im Herbst 2008
Untersuchungsarten im quantitativen Paradigma
„Netzwerk Medizin und Geschlecht“ an der Medizinischen Hochschule Hannover Projektleitung: Dr. phil. Bärbel Miemietz Projektkoordination: Larissa Burruano,
Workshop zur Medienarbeit der katholischen Kirche Aspekte des Religionsmonitors Berlin, 02. April 2008.
1 JIM-Studie 2010 Jugend, Information, (Multi-)Media Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK) Landeszentrale für Medien und Kommunikation.
Perfekt, Possessivpronomen und Imperative Winterurlaub.
Patrick Rössler Einführung in die Methoden der empirischen Kommunikationsforschung Vorlesung BA Kommunikationswissenschaft (123) Grundlagen-LVG.
Teil 1: Warum 1 % Beitrag für die IG Metall
Internet facts 2006-I Graphiken zu dem Berichtsband AGOF e.V. September 2006.
Internet facts 2009-IV Grafiken zu dem Berichtsband AGOF e.V. März 2010.
Internet facts 2006-III Graphiken zum Berichtsband AGOF e.V. März 2007.
Internet facts 2006-IV Graphiken zu dem Berichtsband AGOF e.V. Mai 2007.
Internet facts 2008-II Graphiken zu dem Berichtsband AGOF e.V. September 2008.
Internet facts 2006-II Graphiken zu dem Berichtsband AGOF e.V. November 2006.
Internet facts 2005-IV Graphiken zu dem Berichtsband AGOF e.V. Juli 2006.
Internet facts 2005-III Graphiken aus dem Berichtsband AGOF e.V. März 2006.
Vorlesung: 1 Betriebliche Informationssysteme 2003 Prof. Dr. G. Hellberg Studiengang Informatik FHDW Vorlesung: Betriebliche Informationssysteme Teil2.
Interview vs. Fragebogen
Erstellung von Fragebogen für die interne Evaluation
AWA 2007 Natur und Umwelt Natürlich Leben
1. 2 Schreibprojekt Zeitung 3 Überblick 1. Vorstellung ComputerLernWerkstatt 2. Schreibprojekt: Zeitung 2.1 Konzeption des Kurses 2.2 Projektverlauf.
Beschäftigtenbefragung zur Sozialpartnerschaft in Brandenburg
20:00.
„Küsse deine Freunde“ – FlexKom-App teilen
Internetverwendung und Werbeaffinität APA-IT Forum 7. Mai 2008
WIRTSCHAFT 2006 FESSEL-GfKCustom ResearchSozialforschung EINSTELLUNGEN DER ÖSTERREICHER\INNEN ZUM WISSENSCHAFTSSTANDORT IM WIRTSCHAFTLICHEN KONTEXT.
Studie Einfluss der Sitzposition in den Vorlesungsräumen auf die studentische Leistung Jochen Jung, Larry Maus und Steffen Brünske.
Geschlecht der Befragten Alter der Befragten Warum gehst du in ein Einkaufszentrum ?
DOKUMENTATION DER UMFRAGE
1 Die materielle Situation von Arbeitslosen Hauptergebnisse einer IFES-Studie Pressekonferenz am Georg Michenthaler.
Weinviertel-Südmähren-Westslowakei“
GBI Genios Wiso wiso bietet Ihnen das umfassendste Angebot deutsch- und englischsprachiger Literatur für die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Wir.
Dokumentation der Umfrage
Ergebnisse in Prozent Chart 1 Dokumentation der Umfrage F302 n= 209 telefonische CATI-Interviews mit Unternehmern, die über einen Lehrbefugten verfügen.
Bank Austria Market Research Wien, 11. Oktober 2012 Anlagebarometer Weltspartag 2012.
für Weihnachten oder als Tischdekoration für das ganze Jahr
Where Europe does business Lück, JDZB | Seite © GfW NRW 252 a.
Südwind Ethischer Konsum Auswahl
Befragung Schriftliche Interviews Mehr-Themen-Umfrage (Omnibus)
Südwind Ethischer Konsum / Spielzeug
PROCAM Score Alter (Jahre)
Omnibusumfrage „Vorsorge“
Die Stimmungslage der Nation im Sommer 2013 Allianz Zuversichtsstudie 2. Quartal 2013 Eine gemeinsame Studie der Allianz Deutschland und der Universität.
Das ist die Geschichte eines kleinen Jungen aus der Schweiz.
Symmetrische Blockchiffren DES – der Data Encryption Standard
Großer Altersunterschied bei Paaren fällt nicht auf!
Zahlentheorie und Zahlenspiele Hartmut Menzer, Ingo Althöfer ISBN: © 2014 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH Abbildungsübersicht / List.
MINDREADER Ein magisch - interaktives Erlebnis mit ENZO PAOLO
1 (C)2006, Hermann Knoll, HTW Chur, FHO Quadratische Reste Definitionen: Quadratischer Rest Quadratwurzel Anwendungen.
Produktvergleich durch Werbung und Fragebogen
Imperfekt Wie sagt man das mit Imperfekt
Dokumentation der Umfrage BR P2.t Ergebnisse in Prozent n= 502 telefonische CATI-Interviews, repräsentativ für die Linzer Bevölkerung ab 18 Jahre;
3. Fachtagung im Projekt Pflegebegleiter am 24. November in Bad Honnef Projekt Pflegebegleiter 3. Fachtagung Ein Projekt fasst Fuß KURZVERSION DER PRÄSENTATION.
Es war einmal ein Haus
Internetbasierte Fragebogenuntersuchungen und Surveys Christine Surer
Forschungsdesign Forschungsziel Methode Sample Timing
J-Team: Gymnasium Ulricianum Aurich und MTV Aurich Ein Projekt im Rahmen von UlricianumBewegt.de Euro haben wir schon…  8000 mal habt ihr bereits.
Datum:17. Dezember 2014 Thema:IFRS Update zum Jahresende – die Neuerungen im Überblick Referent:Eberhard Grötzner, EMA ® Anlass:12. Arbeitskreis Internationale.
1 10 pt 15 pt 20 pt 25 pt 5 pt 10 pt 15 pt 20 pt 25 pt 5 pt 10 pt 15 pt 20 pt 25 pt 5 pt 10 pt 15 pt 20 pt 25 pt 5 pt 10 pt 15 pt 20 pt 25 pt 5 pt Wie.
1 Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest KIM-Studie 2014 Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK) Landeszentrale für Medien und Kommunikation.
Durchgeführt von ISOPUBLIC Institut für Markt- und Meinungsforschung Ringstrasse 7 – CH-8603 Schwerzenbach Projekt-Nr.: 60928, Okt./Nov Bevölkerungswachstum.
Inhalt Schriftliche Befragungen Internetgestützte Befragungen
 Präsentation transkript:

Philosophische Fakultät – Institut für Kommunikationswissenschaft Ringvorlesung: Einführung in die Methoden der empirischen Sozialforschung II Befragungsmodi: persönliche, telefonische, schriftliche und Onlinebefragungen PD Dr. Wolfgang Schweiger

Regelwerke & Kuchbücher (Fortsetzung von letzter Woche)

Porst (2000): 10 Gebote Einfache, unzweideutige Begriffe verwenden, die von allen Befragten in gleicher Weise verstanden werden! Lange und komplexe Fragen vermeiden! Hypothetische Fragen vermeiden! Doppelte Stimuli und Verneinungen vermeiden! Unterstellungen und suggestive Fragen vermeiden! Fragen vermeiden, die auf Informationen abzielen, über die viele Befragte mutmaßlich nicht verfügen! Fragen mit eindeutigem zeitlichen Bezug verwenden! Antwortkategorien verwenden, die erschöpfend und disjunkt (überschneidungsfrei) sind! Sicherstellen, dass der Kontext einer Frage sich nicht auf deren Beantwortung auswirkt! Unklare Begriffe definieren! Porst, R. (2000). Question Wording - Zur Formulierung von Fragebogen-Fragen. ZUMA-How-to- Reihe, Nr. 2.

1. Verwende einfache & unzweideutige Begriffe Grundvoraussetzung für Befragungen: Frage muss von allen Befragten gleich verstanden werden Einfache, unzweideutige Fragen entwickeln! Ideal: gemäßigte, formal korrekte Umgangssprache Achtung: Einfachheit richtet sich nach dem befragten Personenkreis Expertenbefragung vs. repräsentative Befragung Konflikt zwischen einfacher und unzweideutiger Formulierung  im Zweifelsfall für einfache Fragen entscheiden Beispiel „Wie hoch ist Ihr eigenes monatliches Nettoeinkommen? Ich meine dabei die Summe, die nach Abzug der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge übrigbleibt.“ „Wie viel verdienen Sie im Monat?“

2. Vermeide lange & komplexe Fragen Formal & konzeptionell korrekte Fragen … werden schnell unverständlich können Zielperson verwirren enthalten häufig Redundanzen oder überflüssige Informationen Beispiel „Wie Sie wissen, sind manche Leute politisch ziemlich aktiv, andere Leute finden dagegen oft keine Zeit oder haben kein Interesse, sich an politischen Dingen aktiv zu beteiligen. Ich lese Ihnen jetzt eine Reihe von Sachen vor, die Leute tun. Bitte sagen Sie mir jedesmal, wie oft Sie persönlich so etwas tun bzw. wie häufig das bei Ihnen vorkommt. (Liste mit den Antwortkategorien oft - manchmal - selten - niemals). Zuerst: wie oft führen Sie eine politische Diskussion?“ „Wie häufig nehmen Sie an öffentlichen Diskussionen zu politischen Themen teil, oft, manchmal, selten oder nie?“

3. Vermeide hypothetische Fragen Hypothetische Fragen: Befragter muss sich in unrealistische bzw. unbekannte Situationen versetzen Problem: Hat sich der Befragte mit der hypothetischen Situation schon einmal auseinandergesetzt? Wie nahe oder entfernt ist diese Situation für sie/ihn?  Aussagekraft der Befunde? Beispiele „Einmal angenommen, Sie würden im Lotto eine Million Mark gewinnen - würden Sie dann aufhören zu arbeiten oder würden Sie weiterarbeiten?“ „Stellen Sie sich einmal vor, Sie wären verheiratet und hätten einen Sohn im Alter von etwa 16 Jahren, der seine Lehre abbrechen möchte, um Fußballprofi zu werden. Würden Sie ihn in diesem Wunsch unterstützen oder würden Sie ihm raten, zuerst seine Ausbildung zu Ende zu bringen?“

4. Vermeide doppelte Stimuli & Verneinung Bei doppelten Stimuli sind zwei unterschiedliche Antworten möglich Beispiel: „Hören Sie gerne Musik von Chopin und Wagner?“ Verwirrend und frustrierend für Befragte Ergebnisse unbrauchbar Doppelte Verneinung Verwirrend für Befragte Beispiel: „Es ist nicht gut, wenn die Wähler nicht zur Wahl gehen.“ mit der Antwortskala 1 „trifft überhaupt nicht zu“ bis 7 „trifft voll und ganz zu“

5. Vermeide Unterstellungen & suggestive Fragen Unterstellungen führen dazu, dass derjenige, der die Unterstellung nicht teilt, die Frage nicht beantworten kann Beispiel: „Hat der mangelnde Respekt der Schüler vor ihren Lehrern Ihrer Ansicht nach Einfluss auf die tägliche Unterrichtsgestaltung in den Schulen?“ Suggestive Fragen Suggestive Fragen legen Befragtem eine Antwort nahe  Befunde wertlos (Ausnahme: Legitimationsforschung) Beispiele „Finden Sie nicht auch, dass…?“ „Führende Wissenschaftler sind der Ansicht, …. Halten Sie diese Ansicht für richtig, oder halten Sie diese Ansicht für falsch?“

Beispiel - Unterstellung & Suggestivfrage

Beispiele – Suggestivfrage Es wird ja in Dresden darüber diskutiert, am Waldschlöss- chen eine Elb-Brücke für den Straßenverkehr zu bauen. Sind Sie für oder gegen den Bau der Waldschlösschenbrücke? dafür 58% dagegen 22% weiß nicht 14% Sind Sie dafür, statt der land- schaftszerstörenden, langen Waldschlösschenbrücke mindestens zwei Dresden- typische, kürzere und kosten- günstigere Brücken mit insgesamt höherer Entlas- tungswirkung zu bauen? dafür 59% dagegen 18% weiß nicht 21% DNN-Barometer

6. Vermeide zu schwierige Fragen Vermeiden von Fragen, die auf Informationen abzielen, über die viele Befragte mutmaßlich nicht verfügen Verfügt die anzusprechende Zielgruppe über Informationen, die zur Beantwortung der Frage ausreichend sein könnten? Frustrationseffekt, evtl. Fragebogenabbruch Beispiel „Sind in Ihrer Gemeinde bereits Maßnahmen zur Umsetzung der lokalen Agenda 21 getroffen worden?“

7. Verwende eindeutige Zeitbezüge Fragen mit eindeutigen zeitlichen Bezug verwenden Bei Sachverhalten oder Meinungen, die sich auf bestimmte Zeiträume beziehen, müssen diese Zeiträume definiert werden Schlecht „In der letzten Zeit ...“ „Früher“ „In naher Zukunft ...“ Gut „Seit dem ...“ „In den letzten 12 Monaten ...“

8. Verwende erschöpfende & überschneidungsfreie Antwortkategorien Antwortkategorien müssen vom Befragten zweifelsfrei zugeordnet werden können, daher dürfen Überschneidungen nicht möglich sein Beispiel: Einkommen 0-500 €, 500-1000 €; 1000-2000 € usw. Erschöpfende Antwortkategorien Abdeckung alle möglichen Antworten durch Antwortvorgaben Beispiel: „Was ist Ihr Lieblingssender?“ Antwortvorgaben ARD, ZDF, Arte, 3Sat Besser: „Nun folgt eine Liste ausgewählter Fernsehsender. Welchen davon mögen Sie am liebsten?“

9. Achte auf den Kontext Kontext der Frage darf sich nicht auf andere Fragen auswirken schwer zu kontrollieren Erfahrungen durch Pretest oder im ungünstigsten Falle bei der Datenauswertung Beispiel Frage: „Alles in allem: Was halten Sie ganz allgemein von der CDU?“ - Antwortskala von 1 = „überhaupt nichts“ bis 11 = „sehr viel“ Vorfrage 1: „Wissen Sie zufällig, welches Amt Richard von Weizsäcker ausübt, das ihn außerhalb des Parteiengeschehens stellt?“ – Mittelwert 3,4 Vorfrage 2: kein politischer Inhalt – Mittelwert 5,2 Vorfrage 3: „Wissen Sie zufällig, welcher Partei Richard von Weizsäcker seit mehr als 20 Jahren angehört?“ – Mittelwert 6,5

10. Definiere unklare Begriffe Unklare & ungebräuchliche Begriffe vermeiden Bei Bedarf definieren Problem: Forscher verfügt meist über ausgeprägten Wissenshintergrund Betriebsblindheit Unnötige Überforderung der Befragten Beispiele „Mediennutzung“ „Was glauben Sie: In welchem Alter beginnt bei Männern normalerweise die Andropause?“ „Mit dem Begriff Andropause umschreibt man das Eintreten hormoneller Veränderungen beim Mann, die sich auf das Gefühls- und Sexualleben auswirken können. Vergleichbar ist dieser Prozeß der Menopause bei Frauen, also den sogenannten Wechseljahren. Was glauben Sie....“.

Befragungsmodi im Überblick

Befragungsmodi im Überblick Persönliches, mündliches Interview face-to-face paper-and-pencil Selbstauszufüllender Fragebogen telefonisch Telefonisches Interview postalisch Befragung wird per Post zugeschickt online Befragung per E-Mail oder Web-Formular

Anwendung im kommerziellen Bereich ADM Arbeitskreis Deutscher Markt- und Sozialforschungs-institute e.V., http://www.adm-ev.de/

Befragungsmodi Persönliches, mündliches Interview face-to-face paper-and-pencil telefonisch postalisch online

Face to Face-Befragung (1) Varianten mit Papierfragebogen mit CAPI (Computer Assisted Personal Interview) Vorteile längere Interviews möglich Beobachtungsmöglichkeit durch Interviewer perfekte Kontrolle der Beantwortung & ‘Auffangen’ von Problemen Hohe Motivation für Befragten Hoher Rücklauf Rettung der Daten bei Abbruch CAPI: direkte Dateneingabe durch Interviewer Mediale Möglichkeiten: Bildblätter, Listen, Kartenspiele, Musik-/Klangbeispiele usw.

Optische Unterstützung - Skalen Frage: “Noch eine Frage zu Ihrer Arbeit. Wie schnell vergewht Ihnen bei Ihrer Arbeit die Zeit? Das ist sicher schwer zu sagen, deshalb habe ich ein Bildblatt mitgebracht. IfD Allensbach

Optische Unterstützung – Bildblätter

Optische Unterstützung - Markentests

Optische Unterstützung – konkrete Szenarien

Optische Unterstützung: Konzentrationstest

Face to Face-Befragung (2) Nachteile soziale Situation des Interviews Soziale Erwünschtheit bzw. ‚Isolationsfurcht‘ starke Interviewereffekte Problem Standardisierung Hoher personeller Aufwand Einsatz qualifizierter Mitarbeiter notwendig  intensive Interviewerschulung Hohe Kosten Zurückgehende Teilnahmebereitschaft

Befragungsmodi im Überblick face-to-face paper-and-pencil Selbstauszufüllender Fragebogen telefonisch postalisch online

Paper and Pencil-Befragungen (1) Varianten Selbstauszufüllender Fragebogen (Self-Administered Interview) CASQ (Computer Assisted Self-Administered Questionnaire) Vorteile Mehrere Personen können gleichzeitig ausfüllen  ökonomisch Direkte Überwachungsmöglichkeit  Reduktion von externen Einflüssen Interviewer kann bei Verständnisproblemen helfen Einfache optische Möglichkeiten Hoher Rücklauf Rettung der Daten bei Abbruch

Paper and Pencil-Befragungen (2) Nachteile Repräsentative Stichproben kaum möglich Seltener Einsatz in der Markt- und Meinungsforschung Weit verbreitet in akademischer Grundlagenforschung Mittelstarke Interviewer-Effekte Zurückblättern und Ausbessern möglich Bei gleichzeitigem Ausfüllen der Bögen Gemeinsames Ausfüllen, ‘Spicken’ Zeitdruck für langsame Personen Nachträgliche Dateneingabe & -bereinigung

Befragungsmodi im Überblick face-to-face paper-and-pencil telefonisch Telefonisches Interview postalisch online

Telefonische Befragung (1) Varianten Papierfragebogen CATI (Computer Assisted Telephone Interview) Einfache Dateneingabe, z.B. Excel, SPSS Professionelle CATI-Software Vorteile Preiswert & schnell (24-Stundenumfragen möglich!) Umfangreiche Filtermöglichkeiten Akustische mediale Möglichkeiten, z.B. Musik vorspielen Interview-Kontrolle durch Interviewer

Telefonische Befragung (2) Nachteile Grundgesamtheit: Personen mit Telefon Festnetz neuerdings Handy-Umfragen Stichprobenziehung problematisch (elektronisches) Telefonbuch Random Digit Dialing (RDD): zufallsgenerierte Telefonnummern Schwieriger Zugriff auf Zielpersonen Falsche Telefonnummern wg. steigender Mobilität: Non-Contacts Zielpersonen-Stichprobe innerhalb Haushalt schwierig Tageszeiteffekte

Telefonische Befragung (3) Nachteile (Forts.) Hohe und weiter zunehmende Verweigerungsrate Generell und besonders bei unteren Bildungsschichten  höhere Bildungsschichten überrepräsentiert Interviewereffekte, soziale Erwünschtheit (schwächer als face-to-face) Nur kurzes Frageprogramm möglich Keine optische Unterstützung Marktforschung: keine Präsentation von Produkten, Packungsgrößen & -gestaltungen, Geschmackstests usw.

Telefonische Befragung (4) CATI - elektronischer Fragebogen Ausschalten von Fehlerquellen durch ... direkte Antwortvalidierung (z.B. falsches ‘Ankreuzen’, fehlende Angaben) automatische Filterführung (z.B. Nicht-Beachtung von Filterfragen) Höhere Datenqualität Weniger Aufwand bei Datenbereinigung Dateneingabe bereits während des Interviews Mischen von Itembatterien oder Interview-Abschnitten möglich Vermeidung Reihenfolgeeffekte (Primacy/Recency-Effekte)

Beispiel: Mischen von Itembatterien Originalfassung Rotation Zufall Wie finden Sie Marke X? sympathisch -------- glaubwürdig -------- empfehlenswert -------- interessant -------- vorbildlich -------- kompetent -------- innovativ -------- überzeugend -------- kundenorientiert -------- glaubwürdig empfehlenswert interessant vorbildlich kompetent innovativ überzeugend kundenorientiert sympathisch überzeugend interessant glaubwürdig kundenorientiert vorbildlich kompetent empfehlenswert sympathisch innovativ Trifft gar nicht zu Trifft völlig zu

Befragungsmodi im Überblick face-to-face paper-and-pencil telefonisch postalisch Befragung wird per Post zugeschickt online

Postalische Befragung (1) Vorteile Minimaler personeller Aufwand (kein Interviewer) Befragter kann ohne Zeitdruck zu Hause ausfüllen Befragung schwierig erreichbarer Zielgruppen möglich (z.B. Politiker, Wissenschaftler) Nachteile Fragebogen muss einfach & kurz sein Schlechter Rücklauf Kostenfaktoren Papier , Druck, Umschläge Porto & Rückporto

Postalische Befragung (2) Nachteile (Forts.) Keine Überwachungsmöglichkeit: WER füllt den Fragebogen WANN & WIE aus? Mögliche Einflussnahme Dritter oder gemeinsames Ausfüllen Zuhilfenahme externer Mittel (z.B. bei Wissensfragen) Zurückblättern und Ausbessern möglich

Postalische Befragung (3) Erhöhung der Rücklaufquote Ausnutzen des Seriositätsbonus (große Sozialforschungsinstitute, Universitäten, bekannte Institutionen) Hinweis auf gesellschaftliche oder individuelle Bedeutung der Befragung Vorankündigungen per Telefon oder E-Mail Nachfassaktionen Zusatznutzen für Befragte: Gewinnspiel oder Incentives Häufig genügen symbolische Incentives Achtung vor ‘lächerlichen’ (zielgruppenfernen) Incentives Optimaler monetärer Wert von Incentives? 

Wirkung von Incentives Trussell, N. & Lavrakas, P. (2004). The Influence of Incremental Increases in Token Cash Incen- tives on Mail Survey Response. Is There an Optimal Amount? Public Opinion Quarterly, 68, 349- 367, S. 360.

Dillman: Total Design Method Fragebogen Fragebogen: Broschürenform, Front- & letzte Seite frei, weißes Papier Anordnung der Fragen: leichte, interessante Fragen am Anfang Anschreiben offizielles Papier, Erklärung der Nützlichkeit der Studie, persönliche Unterschrift Versand Idealer Versand-Zeitpunkt: Mitte der Woche Nachfassaktionen: 1 Woche nach Fragebogenversand Postkarte, 3 Wochen später nochmalige Zusendung des Fragebogens, 7 Wochen später Einschreiben Dillmann, D. (1978). Mail and Telephone Surveys: The Total Design Method. New York: Wiley

Befragungsmodi im Überblick face-to-face paper-and-pencil telefonisch postalisch online Befragung per E-Mail oder Formular im WWW

Soziodemografie der Internetnutzer

Online-Befragung – E-Mail (1) Vorteile Kostenloser Versand und Rückversand Minimaler personeller Aufwand (kein Interviewer) Automatisierte Dateneingabe extrem große Stichproben möglich

Online-Befragung – E-Mail (2) Nachteile Grundgesamtheit der Internetnutzer ist unbekannt Voraussetzung: Computer & Internetzugang Stichprobenziehung problematisch Geringer Rücklauf Darstellungsprobleme bei unterschiedlichen E-Mail-Clients Fragebogen muss kurz und einfach sein keine Überwachungsmöglichkeit Mögliche doppelte Teilnahme durch mehrfache E-Mailadressen Datenverlust bei Abbruch

Online-Befragung – Web-Formular (1)

Online-Befragung – Web-Formular (2) Vorteile Kostenloser Versand und Rückversand Minimaler personeller Aufwand (kein Interviewer) Umfassende multimediale Präsentationsmöglichkeiten (Klangbeispiele, Bilder, Filmsequenzen usw.) Optimale Filtermöglichkeiten Extrem große Stichproben möglich Automatische Datenvalidierung & -eingabe Ideal als Website-Besucherbefragungen: Publikumsfeedback ohne Medienwechsel

Online-Befragung – Web-Formular (3) Nachteile Grundgesamtheit & Selbstselektion (Selbstrekrutierung) Darstellungsprobleme bei unterschiedlichen Web-Browsern keine Überwachungsmöglichkeiten Datenverlust bei Abbruch ‘Überfischung’ im Web  geringe Teilnahmebereitschaft Schneller Abbruch  Fragebogen muss extrem kurz und einfach sein

Ergebnisse unterschiedlicher Befragungsmodi TV ist… Schweiger, W. (1999). Medienglaubwürdigkeit - Nutzungserfahrung oder Medienimage? Eine Befragung zur Glaubwürdigkeit des World Wide Web im Vergleich mit anderen Medien. In Rössler, P. & Wirth, W. (Hrsg.), Glaubwürdigkeit im Internet (S. 89-110). München.

Fazit zu Befragungsmodi Jeder Befragungsmodus hat Stärken & Schwächen.  Entscheidung für einen Modus je nach Forschungsgebiet, Verwertungszusammenhang & Budget

Fazit zur Befragung (1) Befragungen sind ein empfindliches & fehleranfälliges Instrument zur Rekonstruktion sozialer Realität Umsichtige Interpretation von Befragungsergebnissen Interner Plausibilitäts-Check: Ergebnisse schlüssig und widerspruchsfrei? Externer Plausibilitäts-Check: Vergleich mit Ergebnissen anderer Studien Bei der Auswertung: Herkunft der Daten nicht vergessen!!!

Fazit zur Befragung (2) Befragung = das einzige Instrument zur systematischen Erhebung der Aussagen von Individuen über Kenntnisse, Erfahrungen, Verhaltensweisen, Einstellungen & Emotionen in der Gesamtbevölkerung oder in Teilgruppen.

Surftipps GESIS – Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften http://www.gesis.org ADM – Arbeitskreis Deutscher Markt- und Sozialforschungsinstitute e.V. http://www.adm-ev.de

Literaturtipps Atteslander, P. (2008). Methoden der empirischen Sozialforschung. Berlin: Erich Schmidt. Bortz, J. & Döring, N. (2006). Forschungsmethoden und Evaluation für Sozialwissenschaftler. Berlin: Springer. Brosius, H.B., Koschel, F. & Haas, A. (2008). Methoden der empirischen Kommunikationsforschung. Wiesbaden: VS. Dillman, D.A. (2006). Mail and Internet Surveys: The Tailored Design Method — 2007 Update with New Internet, Visual, and Mixed-Mode Guide. New York u.a.: Wiley. Häder, M. (2006). Empirische Sozialforschung: Eine Einführung. Wiesbaden: VS. Porst, R. (2000). Question Wording - Zur Formulierung von Fragebogen-Fragen. ZUMA-How-to-Reihe, Nr. 2. Online unter: http://www.gesis.org/Publikationen/Berichte/ZUMA_How_to/. Schnell, R., Hill, P. & Esser, E. (2008). Methoden der empirischen Sozialforschung. München: Oldenbourg.