FH-Kurs Wissensmanagement Formale Grundlagen I – Teil 3 (a.o.Univ.Prof. Dr. Franz Hörmann)
a.o.Univ.Prof. Dr. Franz Hörmann Expertensysteme Lernziele: Grundlegender Aufbau eines Expertensystems (ES) Problemstellungen, die für ES geeignet sind, identifizieren Funktionsweise eines einfachen ES mit Rückwärtsverkettung (backward chaining) Methoden zur Schlussfolgerung unter Unsicherheit Anwendungsbeispiele für ES (Bereich Medizin) a.o.Univ.Prof. Dr. Franz Hörmann
a.o.Univ.Prof. Dr. Franz Hörmann Expertensysteme Wissensgewinnung: … muss von menschlichen Experten erfolgen … liegt zumeist als Faustregeln vor (heuristisches Wissen) Ein Knowledge Engineer erstellt mittels Expert System Shell eine Knowledge Base, indem er einen Fachexperten (domain expert) interviewt (knowledge acquisition) – auch Endbenutzer sollten integriert werden! Zunächst wird ein Prototyp entwickelt und danach schrittweise verfeinert (stepwise refinement) a.o.Univ.Prof. Dr. Franz Hörmann
a.o.Univ.Prof. Dr. Franz Hörmann Expertensysteme Problemauswahl: Es sollte kein Allgemeinwissen bzw. manuelle Fertigkeiten erforderlich sein. Man sollte die Lösung innerhalb einer halben Stunde über Telefon übermitteln können. Kosten und Werkzeuge sollten erhoben werden. Die Problemlösung mittels ES sollte kostengünstiger, einfacher oder aus anderen Gründen vorteilhafter sein als eine Lösung durch einen menschlichen Experten. a.o.Univ.Prof. Dr. Franz Hörmann
a.o.Univ.Prof. Dr. Franz Hörmann Expertensysteme Architektur eines ES: a.o.Univ.Prof. Dr. Franz Hörmann
a.o.Univ.Prof. Dr. Franz Hörmann Expertensysteme Backward Chaining: Beweise Anfrage X: Ist X unter als Fakt gespeichert? Gibt es eine Regel um X abzuleiten? Erfrage den Wert von X über die Benutzerschnittstelle. X ist falsch. a.o.Univ.Prof. Dr. Franz Hörmann
a.o.Univ.Prof. Dr. Franz Hörmann Expertensysteme Erklärungskomponente (explanation subsystem): Der Anwender kann auf Fragen stets mit „warum“ antworten dann erklärt das System den Grund für die Fragestellung bzw. wie es eine bestimmte Schlussfolgerung abgeleitet hat. a.o.Univ.Prof. Dr. Franz Hörmann
a.o.Univ.Prof. Dr. Franz Hörmann Expertensysteme Schlussfolgerungen unter Unsicherheit: Subjektive Wahrscheinlichkeit w: 0 < w < 1 P(H) = Vertrauen zu einer Hypothese, wenn jeglicher Beweis fehlt P(H | B) = Vertrauen zur Hypothese H, wenn Beweis B vorliegt (probability of H given B) P(H & B) P(H | B) = ------------------- P(B) a.o.Univ.Prof. Dr. Franz Hörmann
a.o.Univ.Prof. Dr. Franz Hörmann Expertensysteme Schlussfolgerungen unter Unsicherheit: Z.B.: B = stechender Armschmerz, H = Herzinfarkt P(H | B) = Wahrscheinlichkeit, dass Herzinfarkt vorliegt, wenn stechender Armschmerz auftritt Es können entweder Ärzte befragt oder Daten erhoben werden a.o.Univ.Prof. Dr. Franz Hörmann
a.o.Univ.Prof. Dr. Franz Hörmann Expertensysteme Schlussfolgerungen unter Unsicherheit: Ermittlung der Wahrscheinlichkeit (Bayes‘sches Theorem): P(B | H) x P(H) P(H | B) = --------------------------- P(B) a.o.Univ.Prof. Dr. Franz Hörmann
a.o.Univ.Prof. Dr. Franz Hörmann Expertensysteme Schlussfolgerungen unter Unsicherheit: Wahrscheinlichkeit unabhängiger Ereignisse: P(E1 & E2) = P(E1) x P(E2) Wahrscheinlichkeit für 2x hintereinander Kopf beim Münzwurf: ½ x ½ = ¼ a.o.Univ.Prof. Dr. Franz Hörmann
a.o.Univ.Prof. Dr. Franz Hörmann Expertensysteme Schlussfolgerungen unter Unsicherheit: Bei diagnostischen Problemstellungen: gesucht wird die bedingte Unabhängigkeit einer Sammlung von Beweisstücken (B1, … BN): P(B1 & … & BN | H) x P(H) P(H | B1 &…&BN) = --------------------------------------- = P(B1 & … & BN) P(B1 | H) x … x P(BN | H) x P(H) = --------------------------------------------- a.o.Univ.Prof. Dr. Franz Hörmann
a.o.Univ.Prof. Dr. Franz Hörmann Expertensysteme Schlussfolgerungen unter Unsicherheit: Diese Vereinfachung gilt nur, wenn die Hypothesen vollständig aufgezählt werden können und sich gegenseitig ausschließen! Anderenfalls werden dennoch die Wahrscheinlichkeiten aller Beweise benötigt (joint probability): P(B1 & … & BN) a.o.Univ.Prof. Dr. Franz Hörmann
a.o.Univ.Prof. Dr. Franz Hörmann Expertensysteme Schlussfolgerungen unter Unsicherheit: A priori-Wahrscheinlichkeit (prior odds): P(H) O(H) = ------------- 1 – P(H) z.B.: Wahrscheinlichkeit, dass „Speedy“ ein Rennen gewinnt: 3:2 (=1,5) a.o.Univ.Prof. Dr. Franz Hörmann
a.o.Univ.Prof. Dr. Franz Hörmann Expertensysteme Schlussfolgerungen unter Unsicherheit: A posteriori-Wahrscheinlichkeit (posterior odds): P(H | E) O(H | E) = ----------------- 1 – P(H | E) z.B.: Wahrscheinlichkeit, dass „Speedy“ ein Rennen gewinnt, wenn „Très Vite“ ausfällt: 5:2 (=2,5) a.o.Univ.Prof. Dr. Franz Hörmann
a.o.Univ.Prof. Dr. Franz Hörmann Expertensysteme Schlussfolgerungen unter Unsicherheit: Positives Wahrscheinlichkeitsverhältnis (wie ausreichend ist B, um daraus H zu schließen?), level of sufficiency: P(B | H) LS = --------------------- P(B | non H) O(H | B) = LS x O(H) a.o.Univ.Prof. Dr. Franz Hörmann
a.o.Univ.Prof. Dr. Franz Hörmann Expertensysteme Schlussfolgerungen unter Unsicherheit: Bei bedingter Unabhängigkeit und mehreren Beweisen gilt: O(H | B1 & … & BN) = LS1 x … x LSN x O(H) a.o.Univ.Prof. Dr. Franz Hörmann
a.o.Univ.Prof. Dr. Franz Hörmann Expertensysteme Schlussfolgerungen unter Unsicherheit: O(Masern | Flecken & keine Temp) = 0,1 x 15 x 0,8 = 1,2 O(Mumps | Flecken & keine Temp) = 0,05 x 10 x 0,7 = 0,35 a.o.Univ.Prof. Dr. Franz Hörmann
a.o.Univ.Prof. Dr. Franz Hörmann Expertensysteme Schlussfolgerungen unter Unsicherheit: Schwächen einfacher Bayes‘scher Systeme Die Symptome können nicht wirklich unabhängig sein Die a priori-Wahrscheinlichkeiten können ungenau sein Falls die Prämisse der bedingten Unabhängigkeit fallen gelassen wird, werden riesige Tabellen benötigt: P(H | B1 & … & BN) Wenn es z.B. 16 Symptome gibt, benötigt man eine Tabelle mit 216 = 65.536 Einträgen für jede Krankheit. a.o.Univ.Prof. Dr. Franz Hörmann