2. Sitzung K3.1 Phonetik und Phonologie II

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2. Sitzung K3.1 Phonetik und Phonologie II http://menzerath.phonetik.uni-frankfurt.de/teaching/K3_1.html 1

Akustische Phonetik 2

Sprachsignale Stimmhafte Sprachschallsignale sind quasiperiodische Signale. Deren Analyse ist möglich durch Zerlegen in übereinandergelagerte sinusförmige Bestandteile. Dies Verfahren wird Fourier-Reihenanalyse genannt. 3

Fourieranalyse Der Sinusbestandteil mit der niedrigsten Frequenz wird als die sogenannte Grundfrequenz (f0) oder erste Harmonische bezeichnet. Die anderen Sinusbestandteile sind ganzzahlige Vielfache (2f0 ,3f0, 4f0 etc.) der Grundfrequenz. Frequenz wird in Hertz (Hz) gemessen = Schwingungen pro Sekunde 4

1f0 = 100 2f0 = 200 3f0 = 300 4f0 = 400 5f0 = 500 Etc. Harmonische Verhältnis der Harmonischen Grundfrequenz = 100 140 1f0 = 100 2f0 = 200 3f0 = 300 4f0 = 400 5f0 = 500 Etc. Harmonische 5

Verhältnis der Harmonischen Grundfrequenz = 100 140 220 1f0 = 100 140 2f0 = 200 280 3f0 = 300 420 4f0 = 400 560 5f0 = 500 700 Etc. 6

Verhältnis der Harmonischen Grundfrequenz = 100 140 220 1f0 = 100 140 220 2f0 = 200 280 440 3f0 = 300 420 660 4f0 = 400 560 880 5f0 = 500 700 1100 Etc. 7

Frequenz (Hz) ist der Kehrwert der Periodenlänge in Sekunden (s) Grundfrequenz - Periodendauer f = 1 / T Frequenz (Hz) ist der Kehrwert der Periodenlänge in Sekunden (s) T = 10 ms = 0,01 s f = 1/T = 1 / 0,01 = 100 Die Frequenz eines Signals mit einer Periodenlänge von 10 ms beträgt 100 Hz. 8

1. Harmonische = Grundfrequenz T = 0,01s = 10 ms 1/T = 1/0,01 = 100 Hz

1. + 2. Harmonische

1. + 2. + 3. Harmonische

1. + 2. + 3. Harmonische und resultierendes komplexes Signal

Höhere Harmonische haben geringere Amplitude wie in der unteren Abbildung schematisiert

Fourieranalyse 15

Hörbarer Bereich: 20-20.000 Hz Grundfrequenz Telefonqualität Übliche Frequenzen, die in Sprache vorkommen Hörbarer Bereich: 20-20.000 Hz Grundfrequenz Männer ca. 120 Hz Frauen ca. 220 Hz Kinder ca. 250-400 Hz Telefonqualität Festnetz 300-3.400 Hz Handy 300-3.200 Hz 16

Quelle-Filter-Modell Literatur: Gunnar Fant. Acoustic Theory of Speech Production. The Hague: Mouton 1960. Das Sprachschallsignal ergibt sich aus dem Quellsignal (Stimmlippenschwingung) und der Filterfunktion des Vokaltrakts (und evtl. Nasaltrakt). Quelle und Filter sind (weitgehend) unabhängig voneinander regelbar. D.h. die Höhe der Grundfrequenz hat keinen Einfluss auf die Filterfunktion des Vokaltrakts. 17

Quelle-Filter-Modell 18

Stimmlippenschwin- gungen Grundfrequenz und Obertöne Quelle-Filter-Modell Stimmlippenschwin- gungen Grundfrequenz und Obertöne Übertragungs- funktion des Vokaltrakts Am Mund abgestrahltes Signal 19

Stimmlippenschwin- gungen Grundfrequenz und Obertöne Quelle-Filter-Modell ungedämpfte Resonanz- bereiche gedämpfte Resonanz- bereiche f0 2f0 3f0 4f0 5f0 6f0 Stimmlippenschwin- gungen Grundfrequenz und Obertöne Übertragungs- funktion des Vokaltrakts Am Mund abgestrahltes Signal 20

Quelle-Filter-Modell 21

Modell des Vokaltrakts als zylindrische Röhre

Modell des Vokaltrakts als zylindrische Röhre

Geschlossenes Ende am Kehlkopf Offenes Ende an den Lippen Modell des Vokaltrakts als zylindrische Röhre Geschlossenes Ende am Kehlkopf Offenes Ende an den Lippen

Stehende (Sinus-)welle. Resonanzen einer geschlossenen Röhre Stehende (Sinus-)welle. Geschlossenes Ende am Kehlkopf Geschlossenes Ende an den Lippen

Stehende (Sinus-)welle. ¼ λ Modell des Vokaltrakts als zylindrische Röhre, die an einer Seite geöffnet ist. Stehende (Sinus-)welle. ¼ λ Geschlossenes Ende am Kehlkopf Offenes Ende an den Lippen

Geschlossenes Ende am Kehlkopf Offenes Ende an den Lippen Modell des Vokaltrakts als zylindrische Röhre Nächstmögliche (ungerade) Harmonische der stehenden (Sinus-)welle. 3 * ¼ λ Geschlossenes Ende am Kehlkopf Offenes Ende an den Lippen

Geschlossenes Ende am Kehlkopf Offenes Ende an den Lippen Modell des Vokaltrakts als zylindrische Röhre Nächstmögliche (ungerade) Harmonische der stehenden (Sinus-)welle. 5* ¼ λ Geschlossenes Ende am Kehlkopf Offenes Ende an den Lippen

Stehende (Sinus-)welle. ¼ λ Modell des Vokaltrakts als zylindrische Röhre, die an einer Seite geöffnet ist. Stehende (Sinus-)welle. ¼ λ Geschlossenes Ende am Kehlkopf Offenes Ende an den Lippen

Bestimmung der Resonanzfrequenzen in einer halboffenen zylindrischen Röhre (Vokaltrakt in Neutralform, entspricht etwa [ə]) λ Wellenlänge 4 * 0,175 m (17,5 cm Vokaltraktlänge wird häufig für durchschnittliche Vokaltraktlänge eines erwachsenen Mannes, 13,5 cm Vokaltraktlänge für eine erwachsene Frau angegeben) c Schallgeschwindigkeit in trockener Luft bei 20 °C 343 m/s (entspricht 1235 km/h) in feuchter wärmerer Luft höher ƒ Frequenz c = λ * ƒ d.h. die Frequenz ƒ = c / λ = 343 / 4 * 0,175 = 343 / 0,7 = 490 Die erste Resonanzfrequenz des neutralen Vokaltrakts liegt bei 490 Hz F1 ≈ 500 Hz

Bestimmung der Resonanzfrequenzen (Formanten) in einer halboffenen zylindrischen Röhre (Vokaltrakt in Neutralform, entspricht etwa [ə]) ¼ λ für die erste Resonanzfrequenz 3 * ¼ λ für die zweite Resonanzfrequenz 5 * ¼ λ für die dritte Resonanzfrequenz ƒ1 = c / λ = 343 / 4 * 0,175 = 343 / 0,7 = 490 Die erste Resonanzfrequenz des neutralen Vokaltrakts liegt bei 490 Hz ƒ2 = c / λ = 3 * 343 / 4 * 0,175 = 343 / 0,7 = 1470 Die zweite Resonanzfrequenz des neutralen Vokaltrakts liegt bei 1470 Hz ƒ3 = c / λ = 5 * 343 / 4 * 0,175 = 343 / 0,7 = 2450 Die dritte Resonanzfrequenz des neutralen Vokaltrakts liegt bei 2450 Hz F1 ≈ 500 Hz, F2 ≈ 1500 Hz, F3 ≈ 2500 Hz für [ə]

Literatur zum Nachlesen und für weitergehende Details Reetz, H./A. Jongman (2009) Phonetics. Wiley-Blackwell: Malden, Oxford, Chichester, Kap. 9. Johnson, K. (1997) Acoustic & Auditory Phonetics. . Blackwell: Malden, Oxford, Chichester, Kap. 5. Reetz, H. (1999) Artikulatorische und akustische Phonetik. Wissenschaftlicher Verlag Trier: Trier, S. 131ff. Clark, J./C. Yallop (1995) An introduction to phonetics and phonology. Second edition. Blackwell: Oxford, Cambridge, S. 243Ff Vowel Demonstrator – Ein Programm, das Vokale synthetisiert https://www.youtube.com/watch?v=sx5KNQYY_cg